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Zur Kirchengeschichte Brasiliens: eine kritische Auseinandersetzung mit Martin Begrichs "Kirchengeschichte Brasiliens im Abriss"

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Academic year: 2021

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Zur Kirchengeschichte Brasiliens

Eine kritische Auseinandersetzung

mit Martin Begrichs «Kirchengeschichte

Brasiliens im Abriss»

von Joachim Fischer

U nter dem Titel "Die K irche in ih rer G eschichte” geben K u rt D ietrich S chm idt (H am b urg) u n d E rn st W olf (G öttigen) seit 1961 ein neues H an db uch der K irchengeschichte h eraus, das im Verlag von V andenhoeck & R u prech t in G öttingen erscheint. Da das letzte "H an db uch d er K irchengeschichte” von evangelischer Seite in D eutschland b ereits vor n u n m e h r ü b er 30 Jah ren erschie- ' nen ist (in V erbindung m it G erhard Ficker, H einrich H erm elink, H ans Leube, W ilhelm M aurer, E rw in P reuschen u n d H o rst Stephan, herausgegeben von G ustav K rüger, 4 Bde., 2. Aufl. 1931, Verlag M ohr T übingen), leu ch tet der W ert des neuen H andbuchs von selbst ein.

Das neue H andbuch, an dem ru n d 40 M itarbeiter beteiligt sind, erschein t in Lieferungen. Davon liegen u ns in B rasilien bish er 7 Lieferungen vor, d a ru n te r die Lieferung S, die 1963 erschienen ist. Sie en th ält drei Beiträge:

1. K aw erau, Peter. K irchengeschichte N ordam erikas. 2. Begrich, M artin. K irchengeschichte B rasiliens im Abriss. 3. Jacobs, M anfred. Die K irchengeschichte S üdam erikas spa­ nisch er Zunge.

Zu den B eiträgen Begrichs u n d Jacobs’ b em erk t der Verlag: "Der zweite u n d d ritte B eitrag bieten zum ersten Mal eine deutsche G esam tschau d er K irchengeschichte M ittel- un d S üdam erikas, die über die territo rialg esch ich tlichen D arstellungen hinausgeht. Sie legen d am it den G rund fü r die hier bisher vernachlässigte F orschung und w issenschaftliche D iskussion.”

In der T at ist die E rforsch un g u n d D arstellung der m ittel- un d südam erikanischen K irchengeschichte in D eutschland bisher vernachlässigt w orden. In d er 11. Auflage des b ekann ten “Kom ­ pendium s der K irchengeschichte” von K arl H eussi (Tübingen 1957) z. B. sind auf w enigen Zeilen lediglich erw äh nt: die röm isch-katho­ lische M ission in Spanisch- un d Portugiesisch-A m erika im Zeital­ te r d er G egenreform ation, w obei Paraguay ausdrücklich erw äh n t w ird (§ 100 b, S. 386); die V ertreibung d er Jesu iten aus Paraguay u n d 1759 aus B rasilien (§ 111 k, S. 429); “das rom anische A m erika” im 19. J a h rh u n d e rt (§ 114 z, S. 450 f. u n d § 115 h, S. 453);

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Mittel-un d S üdam erika am Ende des 19. Mittel-un d Anfang des 20. Jah rh u n d erts (§ 116 p, S. 461); die E inw anderung Evangelischer nach M ittel­ und S üdam erika im 19. Jah rh u n d e rt (§ 125 o; S. 502) u n d die ka­ tholische K irche im rom anischen Am erika nach dem ersten W elt­ krieg (§ 132 w, S. 527). Es erü b rig t sich, w eitere Beispiele dafü r zu bringen, w ie knapp sich die deutsche K irchengeschichtsschrei­ bung m it der K irchengeschichte Mittel- und Südam erikas bisher

beschäftigt hat.

Um so verdienstvoller ist es, dass das neue H andbuch der K irchengeschichte m it den B eiträgen von Begrich, u n d Jacobs die K irchengeschichte B rasiliens un d die K irchengeschichte des spa­ nischsprechenden S üdam erika in seine D arstellung einbezieht. Weil jedoch deutsche V orarbeiten dazu fehlen, w ird m an nicht erw arten können, dass diese B eiträge so fort alle W ünsche erfüllen, die m an an die D arstellung der K irchengeschichte Südam erikas stellt. Das b estätig t sich vo r allem, w enn m an sich n äher m it Begrichs B eitrag beschäftigt. Im Folgenden m öchte ich m ich k ri­ tisch m it Begrichs “K irchengeschichte B rasiliens im A briss” au s­ einandersetzen. D am it hoffe ich einen B eitrag zu der b ish er ver­ nachlässigten "w issenschaftlichen D iskussion” d er K irchenge­ schichte B rasiliens zu liefern.

I. Bem erkungen zu r M ethode

Die einzelnen B eiträge des neuen H andbuchs bieten in einem relativ knappen Text einen Ü berblick ü b er den jeweiligen Zeit­ abschnitt. In einem reichhaltigen A pparat von A nm erkungen w er­ den die A usführungen des Textes d urch H inw eise auf Quellen und L iteratu r belegt. D adurch schliesst das H andbuch dem Benutzer die Quellen un d die L iteratu r w irklich auf. Es v erm ittelt einen zuverlässigen Ü berblick ü b er den gegenw ärtigen S tand der F or­ schung auf den einzelnen G ebieten d er K irchengeschichte. Die Fülle der Quellen- u n d L iteraturan gab en erm öglicht es dem Benutzer, auch selbständig an einem Them a w eiterzuarbeiten.

An Begrichs B eitrag ü b er die K irchengeschichte B rasiliens fällt sogleich auf, dass er die eben k u rz skizzierte M ethode nicht benutzt. Zw ar b rin g t B egrich nach den einzelnen A bschnitten seines Beitrags einige Quellen- u n d L iteraturangaben. Aber im Text fehlen die genauen Verweise.* D aher weiss der B enutzer nicht, wo er Ge­ naueres zu einer bestim m ten Frage findet . E r b leibt d arau f an ­ gewiesen, seine Schlüsse aus den Titeln der sum m arisch angege­ benen Quellen u n d L iteratu r zu ziehen. Auf sicherem Boden steht er dabei ab er nicht. Die Quellen u nd die L iteratu r zur K irchen­ geschichte B rasiliens w erden also n ich t in der Weise w irklich auf­ geschlossen, wie das in* den anderen B eiträgen des H andbuchs — auch in Jaco b s’ B eitrag ü b e r die K irchengeschichte des spanisch­ sprechenden Südam erika! — m it den einschlägigen Quellen und d er einschlägigen L iteratu r geschieht. V erm utlich w ird Begrichs B eitrag d er einzige B eitrag des H andbuchs sein, der d erartig von der K onzeption des H andbuchs abw eicht. Schon das nö tigt uns, ein

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Fragezeichen h in ter die B ehauptung zu setzen, auch in Begrichs B eitrag w erde ein — einigerm assen tragfähiger — "G rund fü r die. . . Forschung u n d w issenschaftliche D iskussion” gelegt. Dieser T atbestand ist um so bedauerlicher, als Jaco bs’ B eitrag ü b er die K irchengeschichte des spanischsprechenden S üdam erika k lar zeigt, dass auch die K irchengeschichte S üdam erikas in einer Weise be­ handelt w erden kann, die der K onzeption des H andbuchs entspricht. Man vergleiche beispielsw eise, w elche genauen A uskünfte m an bei Jacobs ü b er den von Begrich ü b erh au p t nich t erw ähnten "spanisch­ portugiesischen S taatsv ertrag von Tordesillas 1494” erh ält (S. 35 f.). D erart genaue A uskünfte, die auch auf die Forschungsproble­ m atik eingehen, sucht m an bei Begrich vergeblich. Dieser Mangel hätte sich w ohl verm eiden lassen, w enn Begrich der im H andbuch * sonst üblichen M ethode gefolgt wäre.

II. A nm erkungen zu r Sache

Es ist m ir nicht möglich, den gesam ten B eitrag Begrichs einer genauen Revision zu unterziehen. F ür die G eschichte der rö ­ m isch-katholischen K irche in Brasilien, die B egrich im ersten Teil seines B eitrags beh and elt ("A. Die katholische K irch e”, S. 23 — 27), bin ich nicht kom petent. Aus diesem Gebiet m öchte ich n u r einen P un k t herausgreifen, an dem m ir die Mängel der Be- grichschen D arstellung deutlich gew orden sind.

Begrich sch reibt vom “Ü bergang der politischen H errschaft von P ortugal auf Spanien fü r ru n d 60 Jah re (1580 bis 1640)" (S. 24). H ier h ätte m an den T atb estan d etw as genauer um reissen kön­ nen. Zum indest aber h ä tte d arau f hingewiesen w erden m üssen, dass m an G enaueres d a rü b er nachlesen kann bei Francisco Adolfo de V arnhagen, H istó ria Geral do B rasil (Allgemeine Geschichte B rasiliens), Bd. I (7. Aufl. der G esam tausgabe, 8. Aufl. des Bandes I, São Paulo 1962), S. 365 ff. Übrigens erw äh nt Begrich zw ar den " E is e n fa c h m a n n ... V arnh agen” als den "V ater von B rasiliens grösstem G eschichtsschreiber, dem Visconde de P ôrto S egu ro ” (S. 29). Aber die eben erw ähnte m onum entale G eschichte B rasiliens, die der Sohn V arnhagen, also “B rasiliens g rösster G eschichts­ sch reib e r”, verfasst hat, ist u n te r der L iteratu r nich t aufgeführt. Dabei ist sie auch fü r die D arstellung der K irchengeschichte B ra­ siliens unentbehrlich. Denn einm al b eru h t sie auf reichstem Quellen­ m aterial. Zum än dern w ar die röm isch-katholische K irche in dem gesam ten von V arnhagen dargestellten Z eitraum (bis zur T rennung Brasiliens von P ortugal 1821) S taatskirche, m uss also notw endi­ gerweise im m er w ieder auch in einer "Allgemeinen G eschichte B ra­ siliens” auftauchen.

A usführlich m öchte ich auf den zweiten Teil des Begrichschen B eitrags eingehen, der die G eschichte der evangelischen K irchen in B rasilien behan delt ("B. Die evangelischen Gemeinden un d K irch en ”, S. 27 — 34).

1. G rundsätzlich m uss m an fragen, ob es gerechtfertigt ist, sich fü r die G eschichte der röm isch-katholischen K irche in

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Bra-silien m it knapp 5 Seiten zu begnügen, den "evangelischen Gemein­ den u n d K irch en ” dagegen ru n d 7 Seiten zu w idm en. Die römisch- katholische K irche h a t in B rasilien eine b ereits ü b er 400jährige G eschichte h in ter sich, die evangelischen Gem einden und K irchen dagegen n u r eine G eschichte von noch nicht einm al 150 Jahren. Diese historische Perspektive m uss auch in der D arstellung ge­ w a h rt w erden. In seinem B eitrag ü b er die K irchengeschichte des spanischsprechenden S üdam erika behandelt Jacobs die Geschichte röm isch-katholischen K irche auf ru n d 22 Seiten, “die Geschichte des südam erikanischen P ro te sta n tism u s” hingegen auf n u r 7 Sei­ ten (S. 35 - 56 u n d 56 - 63). Das en tsp rich t den historischen Ge­ gebenheiten. F ür eine sachgem ässe D arstellung der K irchenge­ schichte B rasiliens ergibt sich ein ähnliches V erhältnis.

2. Es scheint m ir nich t gerechtfertigt, in einem Abriss der K irchengeschichte B rasiliens dem P ro testan tism u s in Brasilien

w ährend der Zeit von 1548 bis 1823 so viel Raum einzuräum en, wie Begrich das tu t. M an m uss fragen, ob die beiden ersten Ab­ schnitte im zw eiten Teil d er D arstellung Begrichs ("I. P ro testan ten in B rasilien w äh rend der K olonialzeit 1548 bis 1649”, S. 27 - 29; “II: Die Zeit der evangelischen Offiziere, Ingenieure un d W issen­ schaftler, 1650 bis 1823”, S. 29 f.) in dieser B reite ü b erh au p t in eine D arstellung der K irchengeschichte B rasiliens gehören. E rw ähn t w erden m üssen selbstverständlich die Episode d er H ugenotten in der G uanabarabucht (S. 28) u nd der V ersuch der H olländer, in N ordbrasilien eine Kolonie zu errich ten u n d eine evangelische K ir­ che aufzubauen (S. 28 f.). W enn auch beides ohne kirchengeschicht­ liche A usw irkungen geblieben ist, so gab es doch in beiden Fällen evangelische Predigt in Brasilien. Die H ugenotten in der G uanabara­ b u ch t fassten den Aufbau evangelischer Gem einden bew usst ins Auge. Die H olländer in N ordbrasilien b au ten tatsächlich evangeli­ sche Gemeinden auf. Aber die “evangelischen Offiziere, Ingenieure un d W issenschaftler”, die bis 1823 nach B rasilien kam en, verkündig­ ten w eder das Evangelium öffentlich, noch b au ten sie evangelische Gemeinden, noch trieben sie Mission. K irchengeschichte ist ab er in ihrem Z entrum die G eschichte der christlichen B otschaft, des W ortes Gottes, und ih rer vielfältigen W irkungen (vgl. K u rt D ietrich Schm idt, G rundriss der K irchengeschichte , 3. Aufl. G öttingen 1960, S. 11). In diesen Zusam m enhang gehören jene “evangelischen Offiziere, Ingenieure u n d W issenschaftler”, die n ach B rasilien ka­ men, nich t hinein. Dass sie evangelischen B ekenntnisses w aren, berechtigt fü r sich allein noch nich t dazu, ihnen, in einer D arstel­ lung der K irchengeschichte B rasiliens einen ganzen A bschnitt zu w idm en. Auch nach dem spanischsprechenden S üdam erika sind einzelne Evangelische bereits vor dem 19. Jah rh u n d e rt gekom m en. Aber Jacobs bezieht das m it Recht nich t in seine “G eschichte des südam erikanischen P ro testan tism u s" ein.

3. Die Ü berschrift des A bschnittes IV ( “B rasilianische un d deutsche G em eindegründungen; die Synoden deutschen U rsprungs bis zur G egenw art”, S. 31) ist gänzlich irrefü h ren d . Der A bschnitt behandelt die G em eindegründungen nordam erikanischer u n d engli­

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scher D enom inationen. Von den “Synoden deutschen U rsp ru n g s” ist in diesem A bschnitt ü b erh au p t nicht die Rede! Freilich ist A bschnitt IV im Vergleich zu den relativ ausführlichen letzten beiden A bschnitten ( “V. Die Entw icklung der evangelischen E in­ w anderergem einden bis zum zw eiten W eltkrieg”, S. 32 f.; “VI. Die Evangelische K irche L utherischen B ekenntnisses in B rasilien ”, S. 34) zu knapp ausgefallen. Begrich ist hier in den Fehler verfallen, die Gemeinden, Synoden und K irchen deutschen U rsprungs zu stark in den V ordergrund zu rücken, die Gem einden un d K irchen nich t­ deutschen U rsprungs dagegen in den H intergrun d treten zu lassen. Das ergibt ein verzerrtes Bild des P rotestantism u s in Brasilien. Dass m an um gekehrt in einer D arstellung des brasilianischen Pro­ testan tism us auch die Gemeinden, Synoden u nd K irchen deutschen U rsprungs fast ganz übergehen u nd die D arstellung auf Gemeinden und K irchen no rdam erikanischen und englischen U rsprungs be­ schränken, das Bild des brasilianischen P rotestantism u s also in um gekehrter R ichtung wie Begrich verzerren kann, ist w eiter u nten zu erö rtern .

4. A usser den bisher angeführten Mängeln, die die G esam t­ sicht des brasilianischen P ro testan tism us betreffen, finden sich in Begrichs B eitrag viele Lücken, Fehler und U nklarheiten. So schil­ d ert Begrich auf S. 28 die Episode der “H ugenotten in d er Guana- b arab u c h t 1556 — 1559”. L iteratu r dazu ist nicht angegeben. Eini­ ges h ätte aber doch genannt w erden können. Begrich selbst h at ü b er die H ugenotten in der G uan abarabucht bereits einen Aufsatz veröffentlicht: "Villegaignon und die H ugenotten in der G uanaba­ rab u ch t" (S taden -Jah rb uch Bd. 5 - 1957 -, São Paulo 1957, S. 185 - 201). D ort n enn t Begrich die Quellen — die französischen W erke von Jean de Léry u n d Jean Crespin — u n d w eitere L iteratur. Ergänzend ist der A rtikel “Villegaignon" von O. Thelem ann und E. Lachenm ann in RE 3. Aufl., Bd. 20 (Leipzig 1908), S. 646 ff. (m it Quellen- und L iteraturan gab en) hinzuzufügen. A usserdem geht Gensichen! im selben H andbuch, in dem Begrich schreibt, auf den M issionsversuch der H ugenotten in d er G uanab arabu ch t ein (Lie­ ferung T, 1961, S. 7 f.). E r gibt in Anm. 38 (au f S. T 10) die neueste L iteratu r dazu an.

Im übrigen m uss es bei Begrich s ta tt “confessio flu m in e n s e ” heissen: “confessio flum inensis" (so richtig in dem erw ähnten Aufsatz Begrichs im S taden-Jahrbuch). Dieses B ekenntnis um fasst nich t 27, sondern n u r 17 A rtikel. Der hugenottische M ärtyrer, den Begrich im H andbuch Jeen de B ourdel nennt, heisst in seinem Auf­ satz im S taden-Jahrbuch u nd in der portugiesischen Ü bersetzung des französischen W erkes von Crespin (das O riginal ist m ir nich t zugänglich) Jean du Bourdel. M issverständlich ist schliesslich, was Begrich ü b er Peter R icher schreibt. Wo er von dem “Schriftenkrieg zwischen Villegaignon u nd P eter Richer" spricht, bezeichnet er Richer als den "deutschen P farrer der H u genottensiedlung”. Als der erw ähnte "S ch riften k rieg ” ausbrach, befand sich Richer jedoch nicht m eh r in Brasilien, sondern längst w ieder in F rankreich, w ohin er b ereits 1558 zurückgekehrt w ar.

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5. Auf S. 28 geht Begrich auf "die reform ierte holländische Synode in N ordbrasilien 1636 bis 1649” ein. In diesem Zusam m en­ hang spricht er ausdrückich von der "refo rm ierten Synode 1636 - 1649 u n te r Johann M oritz von N assau-Siegen”. U nter dem Schutz detf holländischen K olonialherrschaft in N o rdo stbrasilien h a t sich jedoch zunächst nicht eine Synode, sondern n u r eine Klasse, die K lasse von Pernam buco, als Teil d er refo rm ierten K irche H ollands ko n stitu iert, un d zw ar noch vor dem E intreffen des Johan n M oritz von Nassau-Siegen in Brasilien. Die K lasse von P ernam buco tagte zum ersten Mal am 16. Dezem ber 1636 (n ich t 1630, wie bei Begrich S. 29 zu lesen steh t), w ähren d1 Jo h an n M oritz e rst am 23. Jan u ar 1637 in Recife eintraf. 1643 oder 1644 w urde das A rbeitsgebiet der holländischen R eform ierten in N ord ostbrasilien in zwei K lassen geteilt, die zu einer Synode zusam m entraten. Im üb rig en verliess Joh an n M oritz B rasilien nich t e rst 1649, wie Begrich schreibt, son­ dern schon 1644. Alle Angaben, die das W irken des Jo h an n M oritz in B rasilien bgtreffen, finden sich in V arnhagens oben erw äh n ter "H istó ria G eral do B ra sil”, Bd. 2.

6. In A bschnitt I II ("Evangelische G em eindegründungen deutscher H e rk u n ft”, S. 30 f.) m üsste m. E. G enaueres ü b er die portugiesische bzw. brasilianische K olonisationspolitik gesagt w er­ den. Denn erst diese schuf die V oraussetzungen dafür, dass evan­ gelische D eutsche (u n d evangelische Angehörige an d erer V ölker) nach B rasilien einw andern konnten. Die planm ässige K olonisa­ tionspolitik begann, noch bevor B rasilien seine U nabhängigkeit von P ortugal erlangte. Drei Gesetze von 1808 u n d 1809 regelten die V erteilung von Land fü r K olonisationszw ecke, ein Gesetz von 1813 erstm alig die rechtliche S ituatio n der E inw anderer. Im Zuge der planm ässigen K olonisation, die sich auf diese Gesetze stützte, en tstan d en m ehrere K olonien eu ropäischer E inw anderer, d aru n ­ te r zwei K olonien deutscher E inw anderer in der Provinz Bahia. 1818 w urde der K olonisationsvertrag fü r die auch von Begrich erw ähnte Kolonie Nova F riburgo abgeschlossen. D araufhin trafen 1819 (n ich t e rst 1823, w ie Begrich sch reibt) ru n d 1700 katholische Schw eitzer in der neuen K olonie ein. Eine königliche V erordnung ü b er K olonisation von 1820 sah dann die A nw erbung von Ange­ hörigen der "verschiedenen V ölker D eutschlands un d an d erer S taa­ te n ” vor. Seitdem suchte der S ta a t bevorzugt deutsche E inw ande­ re r zu gewinnen. E rst gegen Ende des K aiserreiches gab die Re­ gierung die Bevorzugung d eu tscher E inw anderer w ieder auf.

Sowohl der K olonisationsvertrag fü r Nova F riburgo von 1818 als auch die königliche V erordnung ü b er K olonisation von 1820 schrieben vor, dass die E inw an derer katholischen B ekennt­ nisses sein m üssten. Denn u m die konfessionelle E inheitlichkeit Brasiliens zu w ahren, versuchte der S taa t zunächst, das Land m it H ilfe k ath olischer E in w an derer zu kolonisieren. S ehr bald ab er zeigte sich, dass sich das riesige dünn besiedelte B rasilien nicht ausschliesslich m it H ilfe katholischer E inw anderer kolonisieren liess, zum al offenbar K atholiken in E u ro p a w eniger ausw anderungs­ willig w aren als Evangelische — ein in teressan ter soziologischer

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Befund, d er einm al genauer zu u ntersu ch en w äre. Deshalb w urde die F orderung, dass die E inw an derer katholisch sein m üssten, nicht streng gehandhabt. Seit 1823 w urde in Nova F riburgo eine grössere Zahl evangelischer E inw anderer aus D eutschland angesiedelt (n ich t e rst seit 1824, w ie B egrich schreib t!). M it ihnen tra f Anfang 1824 der evangelische P fa rre r S au erbro nn ein. Zuverlässige Angaben ü b er die Zahl der evangelichen E inw anderer aus D eutschland gibt es nicht. F erdinand S chröder sp rich t in dem von Begrich auf S. 31 genannten B uch “B rasilien u n d W itten b erg ” einm al von ru n d 300 deutschen evangelischen Fam ilien (S. 29), an einer anderen Stelle hingegen von genau 334 evangelischen D eutschen aus Hessen (S. 317). Exakte Angaben lassen sich hier wie auch sonst an vie­ len Stellen n u r auf G rund zuverlässiger Quellen m achen, deren P ublikation dringend erfo rderlich ist, sofern die w issenschaftliche D iskussion der K irchengeschichte B rasiliens auf einer sicheren G rundlage ru h en soll.

7. Auf S. 30 schreib t Begrich^ in Art. 5 d er brasilianischen V erfassung vom 25. M ärz 1824 sei die R eligionsfreiheit p ro k lam iert w orden. Das ist m issverständlich. Der genannte V erfassungsartikel p ro k lam ierte lediglich eine eingeschränkte R eligionsfreiheit. E r lautet: "Die katholische, apostolische, röm ische Religion bleibt die Religion des K aiserreiches. Alle anderen Religionen sind m it ihrem häuslichen oder p riv aten G ottesdienst in d afü r bestim m ten H äusern zugelassen, die nich t die äussere Form eines G otteshauses haben d ü rfe n .” B ereits dieser V erfassungsartikel hinderte die Evangeli­ schen daran, K irchtürm e zu bauen u n d Glocken zu läuten. Das "Ver­ b o t von K irchenbauten m it Glocken u n d T ü rm en ” w ar also keine spätere E inschränkung der verfassungsm ässigen Religionsfreiheit, wie es nach Begrichs D arstellung zu sein scheint ("Dies h a tte die P ro klam ation der R eligionsfreiheit in B rasilien in dem A rtikel 5 der V erfassung von 1824 zu r F o lg e ... Dann setzten w iederum Ein­ schränkungen ein: V erbot von K irchenbauten m it Glocken u n d T ür­ m en. . Di e verfassungm ässige E inschränku ng der Religionsfrei­ heit fiel, als 1889 die R epublik ausgerufen w urde.

W irksam b eh in d ert w urde die E ntw icklung der evangelischen G em einden d eu tscher E inw anderer dagegen d u rch ein Gesetz von 1830. Freilich h a tte das Gesetz n u r m itte lb ar diese Folge. Es rich tete sich nich t etw a speziell gegen evangelische oder deutsche E inw an­ derer. Es w urd e ü b e rh a u p t nich t aus religionspolitischen G ründen erlassen, so ndern aus allgem einen politischen, ökonom ischen und gefühlsm ässigen G ründen. D urch das Gesetz w urd en im S taats­ h au sh alt alle M ittel fü r K olonisationszw ecke gestrichen. D adurch w urde der kaiserlichen Regierung die M öglichkeit genom m en, Ein­ w an derer au f ihre K osten anzuw erben u n d zu u nterstü tzen. Zwangs­ läufig m u sste d arau fh in die E inw anderung auch von Evangelischen zurückgehen.

Die kaiserliche Regierung verfolgte jedoch ihre K olonisations­ politik tro tz dem W iderstand der republikanischen P artei u n d der G rossgrundbesitzer u n d tro tz ein er offenb ar w eitverbreiteten Anti­ p ath ie gegenüber allen E in w an derern w eiter. Da ih r selbst die M ittel

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dazu fehlten, au to risierte sie d u rch einen Zusatz zur V erfassung vom 12. A ugust 1834 die Provinzialregierungen, K o lo nisationsunter­ nehm er oder -gesellschaften m it der K olonisation zu beauftragen Das d afü r erforderliche Land m usste anfangs in jedem Fall von der kaiserlichen Regierung freigegeben w erden. 1848 gab ein Gesetz je­ doch auch den Provinzialregierungen das Recht, nach eigenem E r­ m essen Land fü r die K olonisation zu verteilen. Die oft un klaren B esitzverhältnisse an G rund u n d Boden sollten d u rch ein Gesetz von 1850 sam t A usführungsbestim m ungen von 1854 geklärt w erden, um den Landbesitz der eingew anderten K olonisten zu schützen.

Auf G rund der A utorisation von 1834 erliessen m ehrere Pro­ vinzialregierungen K olonisationsgesetze. Begrich d a tie rt das Kolo­ nisationsgesetz d er Provinz S an ta C atarina auf 1838, das der P ro­ vinz Rio G rande do Sul auf 1845. F erd inand S chröder g ib t in sei­ nem Buch “B rasilien u n d W itten b erg ” dagegen an, das K olonisa­ tionsgesetz der Provinz S anta C atarina sei 1836 erlassen w orden u nd in Rio G rande do Sul seien seit 1845 eine Reihe von Koloni­ sationsgesetzen erschienen; das endgültige K olonisationsgesetz der Provinz Rio G rande do Sul d a tie rt S chröd er auf 1854. Von diesen Differenzen u n b e rü h rt bleib t aber die Tatsache, dass die K olonisa­ tionsgesetze der Provinzialregierungen die E inw anderung auch von Evangelischen auf einer neuen G rundlage un d d am it das w eitere rasche W achstum der evangelischen E inw anderergem einden erm ög­ lichten.

Die staatliche K olonisationspolitik endete wenige Jah re vor der A usrufung der R epublik. 1880 - 1882 w u rden alle staatlich verw alteten Kolonien aus d er staatlichen V erw altung entlassen. Die Kolonien w urden selbständig oder gingen in die H ände von priv aten U nternehm ern über.

8. Auf S. 31 schreibt Begrich, die preussische Regierung habe 1859 durch das von der H eydtsche R eskrip t die A usw anderung nach der Provinz São Paulo verboten. Das R eskript sei d u rch die “d ü rf­ tigen un d unw ürdigen V erh ältn isse” d er K olonisten in den Parcerie- Kolonien von São Paulo veranlasst gewesen. T atsächlich jedoch verbot das R eskript die A nwerbung von A usw anderen nach B ra­ silien ü berh aup t. V eranlasst w ar es nicht n u r d u rch die “d ürftigen un d unw ürdigen V erh ältn isse”, in denen die K olonisten leben m uss­ ten, sondern irv e rste r Linie dadurch, dass die rechtliche Stellung der Evangelischen in B rasilien — besonders in der Frage der An­ erkennung evangelischer Ehen u n geklärt w ar. Diese besondere F ra­ ge w iederum w ar dad urch a k u t gew orden, dass deutsche Jesuiten, die seit etw a 1850 in B rasilien zu arbeiten begannen, eifrig d afü r käm ften, evangelische Ehen n ich t als rechtm ässige Ehen anzuer­ kennen. Der preussische G esandte in Rio de Janeiro, Levenhagen, verhandelte zw ar seit 1855 m it dem brasilianischen In nen m in ister N ascentes d ’A zam buja ü b er die E infüh ru ng d er obligatorischen Zi­ vilehe, um die evangelischen Ehen rechtlich zu sichern. Die k aiser­ liche Regierung w ar dazu bereit. Der K aiser e rk lä rte 1860 in seiner T hronrede: “Es w ird g ut sein, die bürgerlichen W irkungen d er Ehe u n te r Personen zu ordnen, welche sich nich t zu r S taatsreligion

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bekennen" (zitiert bei S chröder, B rasilien u n d W ittenberg, S. 47). Die Regierung versuchte das dad u rch zu erreichen, dass sie die evangelischen P farrer seit 1863 auf A ntrag einer b estim m ten Zahl von G em eindegliedern staatlich reg istrierte. Ein d e ra rt reg istrierte r evangelischer P farrer kon nte rechtsgültige kirchliche H andlungen, vor allem rechtsgültige Eheschliessungen zwischen evangelischen P artnern, vollziehen. Das b o t den evangelischer Ehen einen ge­ w issen rechtlichen Schutz.

Neben dieser von der kaiserlichen Regierung gebilligten Li­ nie der R eligionspolitik liefen allerdings die V ersuche d er katho li­ schen K irche her, die staatliche A nerkennung der evangelischen Ehen als rechtm ässiger Ehen zu verhindern. Dem Einfluss der katholischen K irche ist es zuzuschreiben, dass die rechtliche Stel­ lung der evangelischen Ehen n ich t einheitlich u n d zufriedenstellend geregelt w erden konnte, ja dass die kaiserliche Religionspolitik geradezu durchk reuzt w urde. 1865 gelang es der katholischen Kirche, ein Gesetz durchzubringen, nach dem alle K inder aus evangelisch­ katholischen M ischehen der katholischen K irche angehören m ussten. Auf eine B ehinderung des W achstum s der evangelischen Gemeinden lief es auch hinaus, dass in der Provinz Rio G rande do Sul alle Kolonieschulenj 1869 gesetzlich der Schulaufsicht der Jesuiten u n ­ te rstellt w urden. Diese B estrebungen, die sich seit etw a 1850 abzu­ zeichnen begannen, haben die evangelischen K olonisten viel h ä rte r getroffen als die in d er T at o ft "d ü rftig en u n d unw ürdigen V er­ h ä ltn isse ” in den Parcerie-Kolonien. Das von d er H eydtsche Res­ k rip t ist in e rste r Linie als A ntw ort auf jene B estrebungen zu ver­ stehen, die die Evangelischen diskrim in ierten u n d behinderten.

9. In Begrichs D arstellung finden sich m ehrere u n k lare An­ gaben und Form ulierungen.

a) U nklar ist zunächst das G rü nd un gsjah r von Rio de Ja­ neiro. Bei Begrich h eisst es auf S. 27: "G ründung von Rio de J a ­ neiro 1565”, auf S. 24 u n d 28 dagegen: “ 1 5 6 7 ... G ründung von Rio de Jan eiro " bzw. “G ründung von Rio 1567". V arnhagen g ibt in dem oben erw äh nten W erk 1565 als G rü n d u n g sjah r an (Bd. I, S. 322 ff.).

b ) M issverständlich ist Begrichs Satz: “Seit 1862 w urden Minas Geraes, Téofilo Otóni (dam als F iladélfia), Juiz de F ora u n d Umgebung kirchlich v erso rg t” (A bschnitt V, 1; S. 33). W er m it den V erhältnissen n ich t v e rtra u t ist, kan n daraus nich t entnehm en, dass M inas G erais die Provinz (heute: der B u n d esstaat) ist, in d er die heutigen S täd te Teófilo Otoni un d Juiz de F ora liegen.

c) M issverständlich ist auch, w as B egrich auf S. 34 im letz­ ten A bschnitt ("V I. Die Evangelische K irche L utherischen B ekennt­ nisses in B rasilien ”) schreibt. E r sagt do rt, die Synoden, die von Gemeinden deutscher E inw anderer u n d ih re r N achkom m en ge­ b ildet w orden w aren, h ätten ih ren Zusam m enschluss "in der 'Ig re­ ja Evangélica de Confissão L utherana no B rasil”' gefunden. "Aus diesem 1950 erfolgten Z usam m enschluss ist die 'Evangelische K irche L utherischen B ekenntnisses in B rasilien’ entstanden, d er 'B und'

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(F ederação Sinodal) d er Synoden.” So kann m an jedoch nicht sa­ gen. Aus der Ig reja Evangélica de Confissão L uteran a no B rasil (IEC LB ) sind w eder die Evangelische K irche lutherischen Be­ kenntnisses in B rasilien (EK LB) noch gar d er B und der Synoden entstanden. V ielm ehr ist zunächst die Evangelische K irche luthe­ rischen B ekenntnisses in B rasilien identisch m it der Ig reja Evan­ gélica de Confissão L u terana no Brasil; die deutsche Bezeichnung ist w örtliche Ü bersetzung d er portugiesischen. Sodann ist der Bund der Synoden (portugiesisch: Federação Sinodal) nich t aus der Ig reja Evangélica de Confissão L uteran a no B rasil entstanden. Mit viel grösserem Recht kön nte m an vielm ehr das U m gekehrte sagen. Denn 1950 schlossen sich die Synoden zunächst zum Bund der Synoden (Federação Sinodal) zusam m en. Dieser Zusam m en­ schluss erhielt bald danach die Bezeichnung “Evangelische K irche lutherischen B ekenntnisses in B rasilien ” (Ig re ja Evangélica de Confissão L u terana no B rasil), u n d zw ar zusätzlich zu d er Bezeich­ nung "B und d er Synoden". 1962 beschloss die 4. K irchenversam m ­ lung des Bundes, die Bezeichnung “B und d er S ynoden” (Federação Sinodal) aufzugeben. Seitdem heisst der Zusam m enschluss n u r noch “Evangelische K irche lutherischen B ekenntnisses in B rasilien ”

(Ig re ja Evangélica de Confissão L u terana no B rasil).

d ) . N icht ganz k la r sind schliesslich Begrichs Angaben ü ber die O rgane des frü h eren B undes der Synoden, der jetzigen Evan­ gelischen K irche lutherischen B ekenntnisses in B rasilien. Aus Beg­ richs F orm ulierung könnte m an herauslesen, dass der B undes­ präses (seit 1962: K irchenp räsident) neben den Synodalpräsides un d den M itgliedern des R ates steht. N ach der G rundordnung von 1962 sind jedoch O rgane der K irche die K irchenversam m lung, der Leitende R at (Conselho D ireto r) u n d d er K irchenpräsident, dabei ist der K irchenpräsident eo ipso M itglied des Leitenden Rates. Die M itglieder des Leitenden Rates w iederum seid eo ipso M itglieder der K irchenversam m lung. Von den 12 M itgliedern des Leitenden Rates gehören diesem G rem ium sechs k ra ft ihres Amtes an (K irchen­ p räsid ent, Präses u n d 1. V izepräses der R iograndenser Synode u n d der V ereinigten Evangelisch-Lutherischen Synode, Präses d er M ittel­ brasilianischen Synode). Von den 24 M itgliedern, die zusam m en m it dem Leitenden R at die K irchenversam m lung bilden, w erden 20 von den Synodalversam m lungen gew ählt, vier vom Leitenden R at be­ rufen.

10. An einigen Stellen b ed arf Begrichs D arstellung der E r­ gänzung.

a) Auf S. 31 n enn t Begrich evangelische Gem einden deutscher H erkunft, die bis 1858 en tstan d en sind. In diesem Z eitraum sind

ausserdem noch w eitere evangelische Gem einden entstanden, die Begrich nicht au ffü h rt: 1826 Três F orquilhas, 1829 Campo Bom m it H am burger Berg (1845 tren n te sich H am burger Berg vom Pfarr- bezirk Campo B öm ), 1837 Rio de Janeiro, 1856 P ôrto Alegre, 1857 S anta Isabel (C am pinho) in der Provinz E sp írito Santo. Es ist m ir nich t deutlich gew orden, nach w elchem K riterium Begrich m anche “G em eindegründungen’' nennt, an dere ab er übergeht. Über­

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h a u p t m uss m an sich einm al grundsätzlich d a rü b er k la r w erden, w as m an als G ründungsdatum einer Gemeinde ansehen will. K ann m an schon von d er G ründung einer evangelischen G emeinde spre­ chen, w enn sich irgendw o ein p a a r evangelische K olonisten ange­ siedelt haben? O der ist eine evangelische Gemeinde gegründet, w enn in ih r evangelische G ottesdienste gehalten w urden, w as in den A nfangsjahrzehnten oft n u r sporadisch der Fall w ar? Oder soll m an von der G ründung einer evangelischen Gemeinde e rst dann reden, w enn die Gemeinde selbständig gew orden ist u n d einen ständigen P fa rre r erh alten hat? Oder h a t als G ründungsdatum einer Gemeinde der Tag zu gelten, an dem eine G em eindeversam m lung G em eindestatuten angenom m en hat, die sp äter vom S taa t reg istriert w urden?

U rteilt m an nach theologischen G esichtspunkten, so ist eine evangelische Gemeinde d o rt u n d dan n gegründet, wo u n d w ann in ih r der erste evangelische G ottesdienst gehalten w orden ist. Das gilt tro tz der Tatsache, dass die auf diese Weise begonnen evan­ gelischen G ottesdienstes besonders in den A nfangsjahrzehnten oft n u r unregelm ässig u n d in grösseren Z eitabständen stattfan den. Auch heute noch w ird in den m eisten K olonistengem einden in der Evangelischen K irche lutherischen B ekenntnisses wegen der Grösse d er P farrbezirke, der grossen E ntfernungen u n d d er oft ungünstigen V erkehrsverhältnisse nicht jeden Sonntag G ottesdienst gehalten. Trotzdem käm e niem and auf den Gedanken, diese Gem einden nicht als Gem einden anzusehen. D arum m üssen w ir auch in Bezug auf die A nfangsjahrzehnte ü b erall d o rt von der G ründung einer evan­ gelischen Gemeinde sprechen, wo G ottesdienste m it W ortverkündi­ gung u n d D arreichung d er S ak ram en te stattgefu nd en haben, wie unregelm ässig auch im m er das der Fall gewesen sein mag.

Von d er eben b erü h rten , n u r an H and theologischer K riterien zu beantw o rtend en Frage scharf zu un terscheiden ist die Frage, ob m an in kirchengeschichtlichen Ü berblicken jede in der angegebenen Weise b egründete Gemeinde einzeln als evangelische “G emeinde­ g rü n d u n g ” an füh ren soll. D ann m üsste m an allein fü r die Riogran- denser Synode bis 1961 insgesam t 673 Einzelgem einden aufzählen. Das scheint m ir fü r einen kirchengeschichtlichen Ü berblick zu w eit zu führen. F ü r besser h alte ich es, lediglich auf die G ründung selbständiger P farrbezirke hinzuweisen. Als G ründungsdatum gilt dabei das D atum , an dem der betreffende P farrbezirk m it M utter- und Tochtergem einden selbständig gew orden ist, d. h. einen stän ­ digen P fa rre r erh alten h at. In diesem Sinne sind schon Begrichs Angaben ü b er evangelische G em eindegründungen bis 1858, aber auch m eine Ergänzungen dazu zu verstehen.

b ) 1866 ist d er P farrbezirk C uritiba gegründet w orden (Be- grich S. 32). Die ersten evangelischen K olonisten kam en jedoch schon viel frü h er aus der Kolonie Dona Francisca (P aran á) in die Gegend von C uritiba, die erste H aup tgrup pe bereits seit! 1851.

c) Der P farrbezirk P onta G rossa (B egrich S. 32 f.), der 1897 einen ständigen P farrer erhielt, um fasste im w esentlichen Gemein­

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den von evangelischen W olgadeutschen, deren M ittelpunkt P onta sa selbst bildete. Die zahlreichen Gem einden von W olgadeutschen in diesem Gebiet ( Quero-Quero, Bela V ista — sp äter E n tre Rios — , G uarauna, Lapa, Taquari, D ona G ertrudes, Papagaios Novos, Im- bituva — Cupim ) w aren anfangs durch R eiseprediger kirchlich versorgt w orden.

d) In A bschnitt V, 1 schreibt Begrich au f S. 33, nach der Provinz E spírito S anto seien deutsche E inw anderer seit 1847 gekom m en. Andere Angaben besagen, dass S anta Isabel (Campi- n h o), die erste Kolonie d eu tscher E inw anderer in E spírito Santo, bereits 1846 b egründet w urde. 1856 w urden die evangelischen Kolo­ nisten in S anta Isabel zum ersten Mal von einem evangelischen P fa rre r besucht, dem P fa rre r von Rio de Janeiro. 1857 erhielt der P farrbezirk S an ta Isabel einen ständigen P farrer. Ein selbständiger Pfarrbezirk bestan d von 1861 bis 1866 im Bereich d er seit 1854 besiedelten Kolonie Rio Novo; der Bezirk schloss sich in den 80er Jahren dem P farrbezirk S an ta Isabel an. Im Gebiet der seit 1856 besiedelten Kolonie S anta M aria (sp ä te r in S anta Leopoldina um ­ ben an n t) en tstan d ein selbständiger P farrbezirk 1864, im Gebiet der Kolonie Jequitibá, das kirchlich zunächst zu S anta Leopoldina g ehört h atte, 1881.

e) Juiz de Fora in der Provinz Minas Gerais w urde zw ar seit 1862 "kirchlich v e rso rg t” (B egrich S. 33). Ein selbständiger P farrbezirk w urde d o rt aber erst 1887 gegründet.

f ) In A bschnitt V, 2 auf S. 33 m ü ssten m. E. einige erläuternd e W orte ü b er die "M uckertragödie” gesagt w erden, w enn m an schon diese Episode erw ähnt. S onst kann sich niem and etw as d a ru n te r vorstellen, zum al nicht in D eutschland, wo ja das H andbuch am m eisten benu tzt w erden w ird.

g) In A bschnitt V, 6 (S. 33) m üsste auch auf den ersten V ersuch zui*\ G ründung einer Synode hingew iesen w erden, den Dr. B orchardt, P farrer in São Leopoldo, 1868 u n tern ah m . Sofern m an in diesem A bschnitt ü b erh au p t d etailliert au f den Spiegelberg in São Leopoldo eingeht, m üsste m an wohl auch sagen, dass sich dort neben Theologischer H ochschule (Faculdade de Teologia), S chrif­ tenzentrale und D iakonissenm utterhaus auch das sog. P rosem inar (eine O berschule, die die Schüler speziell auf das S tudium der Theologie v o rb ereitet), das Colégio Sinodal (eine O berschule nach brasilianischen M uster, die von der K irche u n te rh a lte n w ird ), der Sitz der Leitung der R iograndenser Synode und — w enigsten vor­ läufig noch — der Sitz der Leitung der Evangelichen K irche lu th eri­ schen B ekenntnisses in B rasilien befinden.

11. Einige Angaben Begrichs b edü rfen der K o rrek tu r. Zu­ m indest aber w äre d arau f hinzuweisen, dass die Angaben un d D aten

in der L iteratu r keineswegs feststehen.

a) So sind einige der Angaben Begrichs ü b er evangelische G em eindegründungen bis 1858 (S. 31) u m stritte n . F erdinand Schrö­

der, der sich in seinem Buch "B rasilien u n d W itten b erg ” auf die Akten des Evangelischen O berkirchenrats in B erlin stützt, also

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m it einigerm assen zuverlässigen U nterlagen arbeitet, d atiert die G ründung der Gemeinde bzw. des P farrbezirks von Joinville auf 1851 (nicht 1852), die von P etrópolis auf 1846 (n ich t 1845), die von S anta Isabel in S anta C atarina auf 1861 (n ich t 1848). H ier m üsste erst noch K larheit geschaffen w erden.

b) N ach Dona Francisca-Joinville kam en die ersten deutschen E inw anderer lau t der Angaben F erdinand S chröders 1851, nicht schon 1850 (B egrich S. 32).

c) H erm ann Dohms w ar als Präses der R iograndenser Sy­ node nicht der u n m ittelb are N achfolger von D. R oterm und (Be­ grich S. 34). V ielm ehr w ar R o term und Synodalpräses von der G ründung der R iograndenser Synode 1886 bis 1893 un d noch ein­ m al von 1909 - 1919. Ihm folgten als Präsides der Synode die P far­ re r G ottschald (1919 - 1921) un d Theophil Dietschi (1921 - 1935). Dohms w urde erst 1935 zum Präses gew ählt.

12. Schliesslich sind in Begrichs B eitrag einige D ruckfehler zu verbessern. Auf S. 29, Z. 1 m uss es "C resp in ” sta tt "C respien”, eb end ort auf Z. 2 "G u a n ab ara” (ohne Akzent!) sta tt "G u a n ab ára” heissen. In d er L iteraturan gab e auf S. 30 m uss in der ersten Zeile der P unkt h in ter dem A wegfallen. Auf S. 31, Z. 11 ist "S an ta Isa­ b e l” n u r m it einem 1 zu schreiben. Unmöglich richtig sein kann die von Begrich auf S. 32, Z. 26 angegebene Zahl von jä h rlich 440 Begräbnissen in den “ru n d 13 evangelischen D enom inationen” nach der S tatistik des Jah res 1957; da m ir jedoch die von Begrich be­ nutzten statistischen U nterlagen nicht zur Verfügung stehen, kann ich hier die richtige Zahl nicht angeben. Auf S. 33, Z. 1 ist "E spi­ ritei S a n to ” m it einem Akzent zu schreiben. E ben do rt ist auf Z. 4 richtig "M inas G erais” (so die gegenw ärtige R echtschreibung), "Teófilo O ton i” (Akzent!) u n d "F ilad élfia” (Akzent!) zu schreiben. Schliesslich m uss es a u f S. 33 in der zw eiten Zeile des 6. Absatzes richtig "R iograndenser S ynode” (so Begrich selbst auf S. 34) sta tt "Rio G randenser S ynode” heissen.

13. Begrichs L iteratu rang aben zur K irchengeschichte B rasi­ liens könnten noch ergänzt w erden. Doch ist es m ir an dieser Stelle nicht möglich, einen Ü berblick ü ber diese L iteratu r zu geben. Das w ürde einen besonderen Aufsatz erfordern. H inw eisen m öchte ich lediglich auf das w ichtige Buch von Émile-G. Léonard, O Pro­ testan tism o B rasileiro (D er brasilianische P ro testan tism u s), São Paulo 1963. Diese D arstellung der Geschichte des brasilianischen P ro testan tism us ist vor Jah ren b ereits in Fortsetzungen in einer brasilianischen historischen Zeitschrift erschienen. Freilich ist der Titel des Buches irrefüh rend . Léonard stellt fast ausschliesslich die Geschichte der evangelischen D enom inationen am erikanischen und englischen U rsprungs dar. Die G eschichte der Gemeinden, Synoden und K irchen d eutscher H erk un ft übergeht er fast ganz, weil er sie nicht zum brasilianischen, sondern zum deutschen P ro testantism us rechnet. Es w äre aufschlussreich, sich m it dieser eingenartigen kirchengeschichtlichen K onzeption einm al im einzelnen kritisch auseinanderzusetzen. Doch ist auch d afü r hier nicht der geeignete Ort.

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III. Schlussbem erkungen

Die vorstehenden A usführungen w erden deutlich gem acht haben, wieviel A rbeit auf dem Gebiet der E rforschung u n d D ar­ stellung der brasilianischen K irchengeschichte noch zu leisten ist. Es ist die Absicht dieses Aufsatzes, auf diese Aufgabe aufm erksam zu m achen. Wie aber können w ir zu gesicherten D aten und Angaben u n d dam it zu einer einigerm assen zuverlässigen D arstellung gelan­ gen?

Der richtige Weg w äre es, zunächst einm al die Quellen für die brasilianische K irchengeschichte zu erfassen und zu publizieren, also allgemein zugänglich zu m achen, o der m onographische Ein­ zeldarstellungen ü b er b estim m te Them en d er b rasilianischen K ir­ chengeschichte zu schreiben, un d zw ar auf G rund der Quellen. Die­ sem U nternehm en stellen sich freilich fast unüberw indliche H ind er­ nisse entgegen. W er sollte die ohne Zweifel teu re A rbeit finanzieren? Allein schon diese Frage m uss vorläufig ohne A ntw ort bleiben. Es kom m t hinzu, dass die A rbeit angesichts d er besonderen b rasilian i­ schen V erhältnisse erstens sehr zeitrau ben d sein w ird und zweitens von einem einzelnen in ab seh b arer Zeit auch dann n ich t zu bew älti­ gen ist, w enn dieser M ann ausschliesslich zur E rfassung u n d H er­ ausgabe der Quellen freigestellt w ird. Denn das zu sichtende Ma­ terial ist ungeheuer um fangreich, teilweise wohl sogar schw er zu­ gänglich. Uns fehlt eine kirchengeschichtliche G esellschaft (socie-

dade) oder ein kirchengeschichtliches In s titu t (in s titu to ), das sich m it V orrang der Aufgabe w idm en könnte, die brasilianische K ir­ chengeschichte aufzuarbeiten. E instw eilen w erden w ir an die G rün­ dung einer solchen G esellschaft oder eines solchen In s titu ts auch nicht denken können. Da unsere P farrer sowieso schon in der Ge­ m eindearbeit ü b erla stet sind, w ird sich kaum jem an d finden, der noch eine solche zusätzliche A rbeit üb ernehm en könnte. D aher können w ir fü r die n ächste Zeit lediglich im m er w ieder auf die Aufgabe hinw eisen — in der H offnung, dass einm al die Zeit kom m en w ird, in der die Aufgabe ta tk rä ftig in Angriff genom m en w erden kann.

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