• Nenhum resultado encontrado

Feminismus im Cyberspace: Frauenspezifische Online-Beratung -

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2017

Share "Feminismus im Cyberspace: Frauenspezifische Online-Beratung -"

Copied!
14
0
0

Texto

(1)

3. Jahrgang, Heft 2, Art ikel 9 – Sept em ber 2007

Fem inism us im Cyberspace:

Frauenspezifische Online- Berat ung -

Qualit ät sk rit erien und H erausforderungen

Bet t ina Zehet ner

Zusam m enfassung

Der Art ikel st ellt die Anwendbarkeit der Prinzipien frauenspezifischer Berat ung im Online-Set t ing zur Diskussion. Neben inhalt lichen und t echnischen Qualit ät skrit erien werden anhand der Them en Anonym it ät sowie Nähe und Dist anz die Besonderheit en und Heraus-forderungen des Medium s dargest ellt . Durch die Verbindung von t heoret ischem Hint er-grund m it prakt ischen Erfahrungen aus der Online- Berat ungsarbeit im Verein „ Frauen berat en Frauen“ kann der Text auch als Einführung für Onlineberat ungs- I nt eressiert e dienen.

Keyw ords

Qualit ät skrit erien, frauenspezifische Berat ung, Einführung in die Online- Berat ung.

Aut orin

- M ag.

a Bet t ina Zehet ner

- psychosoziale Berat erin ( Schwerpunkt t hem en Trennung, Gewalt ,

Laufbahnberat ung) im Verein „ Frauen berat en Frauen“

- Fort bildungst ät igkeit zu Scheidungsbegleit ung, Telefonberat ung,

Gest alt ung von Erst kont akt en und Online- Berat ung

- Universit ät slekt orin für fem inist ische Theorie und Praxis am I nst it ut für

Soziologie in Wien

- Kont ak t : Frauen berat en Frauen

Seit enst et t engasse 5/ 7 A- 1010 Wien

+ 43 ( 0) 1 - 533 12 84

www.frauenberat enfrauen.at zehet ner@frauenberat enfrauen.at

1 . Vorw ort : W om en in Cyberspace

Seit Februar 2006 biet et der Verein „ Frauen berat en Frauen“ webbasiert e Online-Berat ung an. Auf www.frauenberat enfrauen.at können Mail- Anfragen zu allen Them en des weiblichen Lebenszusam m enhangs gest ellt und Einzel- und Gruppenchat - Term ine vereinbart werden. Das Angebot wird sehr gut an-genom m en - 1.145 I nform at ions- und Berat ungsanfragen allein im erst en Jahr, Tendenz st eigend – die Finanzierung gest alt et sich dennoch sehr schwierig.

(2)

Der vorliegende Art ikel soll zur Klärung folgender Fragen beit ragen:

Was sind die Qualit ät skrit erien frauenspezifischer Online- Berat ung?

Wie können die Prinzipien frauenspezifischer face- t o- face- Berat ung online angewendet werden?

Was sind die Herausforderungen des neuen Medium s?

I ch verbinde im Folgenden den t heoret ischen Hint ergrund m it m einen Erfahrungen aus der Online- Berat ungsarbeit .

2 . N eue Zielgruppen

Online- Berat ung st ellt eine sinnvolle Ergänzung und Erweit erung best ehender Face- t o- Face- Berat ungsangebot e dar und eröffnet neuen Zielgruppen Zugang zu I nform at ion und Berat ung. Online- Berat ung kann als niederschwellige Einst iegs-m öglichkeit und als Vorbereit ung auf ein persönliches Berat ungsgespräch genüt zt werden, ebenso kann sie als eigenst ändiges Berat ungsinst rum ent m it spezifi-schen Mit t eln für sich st ehen. Besonders geeignet ist Online- Berat ung als Ein-st iegserleicht erung für die Kont akt aufnahm e für folgende Zielgruppen:

Mädchen und j unge Frauen, für die die t ägliche Verwendung des Medium -I nt ernet eine Selbst verst ändlichkeit ist und die darum auch gerade im Net z nach I nform at ions- und Unt erst üt zungsangebot en suchen,

Frauen m it eingeschränkt er Mobilit ät ( Krankheit , körperliche Einschrän-kung) ,

gehörlose Frauen,

Frauen m it Hörbehinderung, Frauen, die sehr isoliert leben,

Frauen, die keine Berat ungsst elle in ihrer Nähe haben bzw. kein verfügba-res Verkehrsm it t el – et wa im ländlichen Bereich m it wenig I nfrast rukt ur, da auch der Ort der Anfragest ellung frei wählbar ist ( einzige Bedingung: I nt ernet zugang) ,

Frauen m it wenig frei verfügbarer Zeit ( Mehrfachbelast ung, Pflege- und Bet reuungspflicht en) – die Zeit der Anfragest ellung ist frei wählbar, Ter-m invereinbarung ist bei E- Mail- und Forenberat ung nicht nöt ig

Frauen m it Angst - oder Panikst örungen sowie sozialen Ängst en, die ihre Wohnung nicht verlassen können, besonders scham - oder schuldbeset zt e Them en, über die es der Frau sehr schwer fällt oder sogar unm öglich ist , im Face- t o- Face- Kont akt zu sprechen.

3 . Zur Annäherung: Fragen an die Berat erI nnen

Meine Halt ung zum Medium I nt ernet best im m t m eine Berat ungsarbeit , sie im m er wieder krit isch zu reflekt ieren zeichnet gut e Online- Berat ungsarbeit aus.

Sind I nt ernet - UserI nnen in m einen Augen VoyeurI nnen und Exhibit ionis-t I nnen, sozial inkom peionis-t enionis-t e Freaks, die I nionis-t erneionis-t - Konionis-t akionis-t e als Ersaionis-t z für „ echt e“ Kont akt e haben oder ist das I nt ernet für m ich eine int eressant e,

(3)

anziehende, reizvolle Möglichkeit , sich m it vielen Menschen aus-zut auschen?

I st Online- Berat ung für m ich nur die Vorbereit ung für die „ richt ige“ Berat ung oder nehm e ich sie als eigenst ändige Berat ungsform m it eigenen Möglichkeit en ernst ?

Was sind m eine Krit erien für die Anwendbarkeit von Online- Berat ung? Gibt es für m ich Them en oder Problem int ensit ät en, bei denen ich direkt iv Face-t o- Face–BeraFace-t ung em pfehle und das Online- SeFace-t Face-t ing beende? ( z.B. beim Them a Gewalt )

Es ist erlaubt und sinnvoll, dem grenzenlosen I nt ernet eigene Grenzen und Grenzen der Online- Berat ung ent gegenzuset zen.

4 . Prinzipien frauenspezifischer Online- Berat ungsarbeit

Die Grundprinzipien frauenspezifischer Online- Berat ung ent sprechen – adapt iert für den Online- Kont akt – denen der face- t o- face- Berat ung:

4 .1 Frauen berat en Frauen

Eine frauenspezifische Grundhalt ung bedeut et , die Problem e der Frauen, die Berat ung suchen, vor dem gesellschaft lichen Hint ergrund einer st rukt urellen Benacht eiligung und einer fragwürdigen „ Norm alit ät “ von Frauen zu sehen. Dar-aus ergibt sich die polit ische Relevanz von frauenspezifischer Berat ung: Die Erkennt nis gesellschaft licher Bedingungen t rägt zum Ent kom m en aus Ver-einzelung und persönlicher Schuldzuschreibung bei. Reflexion, Erkennt nis und Selbst - Bewusst sein bilden die Basis für die Veränderung von Denk- und Handlungsweisen.

Frauen können frauenspezifische Erfahrungen besser - oft sogar ausschließlich wie bei körperbezogenen Them en oder sexueller Gewalt - verst ehen und kom m unizieren. Eine Frau als Berat erin kann als posit ive weibliche I dent ifikat i-onsfigur erlebt werden, deren em pat hische, unt erst üt zende aber auch krit ische Halt ung von der Klient in besser genüt zt werden kann als die Berat ung durch ei-nen Mann. Gefragt ist Expert inei-nenwissen über frauenspezifische Anliegen, gesell-schaft liche Bedingungen und den besonderen Um gang von Frauen m it Problem en des weiblichen Lebenszusam m enhangs: Auswirkungen von Gewalt , geschlecht s-spezifische Sozialisat ion, psychosom at ische Zusam m enhänge, weibliche Bewält i-gungsst rat egien, geschlecht sspezifischer Um gang m it Aggression u.v.m .

Aust ausch und Vernet zung: Ein öffent licher Frauenraum ...

biet et Raum zur Auseinanderset zung über Gem einsam keit en ( Geschicht e, Sozialisat ion, Erfahrungen, ...) aufgrund des Geschlecht s, aber auch über Differenzen ( Herkunft , Alt er, sexuelle Orient ierung, ...) ,

biet et einen schüt zenden Raum zur Aufarbeit ung von verlet zenden Erfahrungen ( Gewalt , Diskrim inierung, ...) ,

schafft unt erst üt zende Net zwerke zwischen Frauen durch Bezogenheit aufeinander und erm öglicht Solidarit ät ,

(4)

dient als Treffpunkt für Frauen, um Vereinzelung und I solierung ent gegen-zuwirken,

dient als frauenorient iert er kult ureller Raum , in dem Frauen erm öglicht wird, ihre spezifischen kom m unikat iven Fähigkeit en leicht er zu ent wickeln als in gem ischt geschlecht lichen Gruppen.

Die Möglichkeit en des I nt ernet sind hier in ihrer Geschwindigkeit , einfachen Verfügbarkeit und Vielfält igkeit erst m alig verfügbar. Es können sich beispiels-weise Menschen m it einer ext rem selt enen Krankheit auf Knopfdruck welt weit m it einander vernet zen und im gem einsam en Chat oder Forum über Bewält i-gungs- und Therapiem öglichkeit en aust auschen. Net working m it dem Ziel der Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen kann hier um so st ärkere Wirk-sam keit ent falt en, j e m ehr Frauen Zugang zu diesem Angebot haben. Online-Berat ung kann auch Frauen m it st ark eingeschränkt er Mobilit ät , wenig zeit lichen Ressourcen oder sozialen Ängst en einen Ausweg aus der Einsam keit biet en.

Konk ret e Anw endung:

Mit einer I nt ernet - Plat t form , einem Diskussionsforum , einem t hem enspezifischen Gruppenchat st ellen wir einen Raum zur Verfügung, in dem Aust ausch, Anregung, Best ärkung und Vernet zung zwischen Frauen m it ähnlichen Anliegen und völlig unt erschiedlicher Herkunft m öglich ist . Unsere Herausforderung ist dabei, diesen pot enziell grenzenlosen Raum im Rahm en unseres Angebot s zu st euern und zu m oderieren.

Wie weit greifen wir ein?

Nach welchen Krit erien greifen wir ein?

Unseren Prinzipien und Wert en ent sprechend biet en wir keine Plat t form für sexist ische oder rassist ische Aussagen.

Wicht ig ist hier die Transparenz der Krit erien ( auf Hom epage sicht bar m achen) : Welche Forum sbeit räge werden aus welchen Gründen gelöscht ?

Welche Chat - Userin wird aus welchen Gründen gesperrt ?

Das I nt ernet lässt sich nicht begrenzen – Anfragen können von allen m öglichen Ort en kom m en.

I m Team sind folgende Fragen zu klären:

Welche Anfragen beant wort en wir wie aufwendig? Was ist die Grenze unserer Zust ändigkeit ?

Problem / H erausforderung: Anonym it ät des Geschlecht s:

Wer ist die schreibende Person „ in Wirklichkeit “ ? Die Möglichkeit der selbst kreiert en I dent it ät kann Misst rauen begründen, et wa den Verdacht , ist diese „ Frau“ ein Mann, der sich als Frau ausgibt ? „ Nur- für- Frauen“ wird eine Forderung, deren Einhalt ung im I nt ernet nicht überprüfbar ist .

(5)

Ein Beispiel für die Anwendung des Prinzips Frauen berat en Frauen:

E- Mail- Anfrage: „ Mein Frauenarzt verst eht m ich nicht , er hört m ir nicht zu, er m eint ich wäre ein Hypochonder. Was kann ich t un?“

Mögliche I nt ervent ion: I nfragest ellen der selbst verst ändlichen I nanspruchnahm e eines m ännlichen Arzt es für ein spezifisch weibliches Anliegen, den eigenen Körper, Sensibilisierung für den Blick auf best ehende Geschlecht erverhält nisse und deren Veränderbarkeit

4 .2 Ganzheit lichk eit , M ult iperspek t ivit ät

Eine ganzheit liche Halt ung bezieht m öglichst viele Aspekt e des weiblichen Lebenszusam m enhangs in die Berat ung m it ein. Die Frau wird nicht über einzelne Funkt ionen ( als Mut t er, Ehefrau, Arbeit nehm erin, Pat ient in et c.) definiert und nur in Teilaspekt en „ behandelt ” sondern in ihrer psychischen, körperlichen, sozialen und ökonom ischen Sit uat ion wahrgenom m en. Die Zu-sam m enhänge und Wechselwirkungen dieser Ebenen werden zum Them a gem acht .

I n der konkret en Berat ungsarbeit bedeut et Ganzheit lichkeit :

Herst ellen des gesellschaft lichen Zusam m enhangs, in dem die Frau lebt , die Bedingungen unt er denen sich Beziehungen ent wickeln. Auch in Lie-besbeziehungen bilden sich die gesellschaft lichen Bedingungen ab.

Einbeziehen der st rukt urellen Benacht eiligung von Frauen und des Mach-t ungleichgewichMach-t s zwischen den GeschlechMach-t ern: Sexuelle GewalMach-t , Lohn-schere, Doppel- und Mehrfachbelast ungen, Vert eilung un- / bezahlt er Ar-beit , Hindernisse in Bildung und Beruf, „ gläserne Decke“ ...

Ent last ung von persönlicher Versagens- oder Schuldzuschreibung

Nicht - pat hologisierender Zugang zu Anpassungs- und Lösungsversuchen von Frauen als Reakt ion auf Belast ungen und krank m achende gesell-schaft liche Bedingungen. Der individuelle Versuch von Frauen m it Unt er-drückung und Exklusion zurecht zukom m en und die dam it verbundenen Problem e werden häufig m it angeblich obj ekt iven Krankheit s- und Persön-lichkeit sdiagnosen ent wert et .

„ Frauen m üssen sich, um als gesund zu gelt en, an Verhalt ensnorm en anpas-sen, die in sich widersprüchlich sind und zudem geringe gesellschaft liche An-erkennung finden. Verst ärkend wirkt sich dabei ihre zum eist isoliert e Lebens-sit uat ion aus, die es ihr oft unm öglich m acht zu erkennen, dass ihr individu-elles Leiden gesellschaft liche Ursachen hat . Psychische St örungen sind eben die Ant wort auf solche Konflikt e.“ ( Frauenberat ung, 1985)

Das fem inist ische Gesundheit s- und Krankheit sverst ändnis zeigt den Zusam m en-hang zwischen diskrim inierenden gesellschaft lichen Bedingungen und dadurch ent st ehenden Anpassungs- und Konflikt lösungsproblem en von Frauen auf und will dieses Verhalt en in seiner Sinnhaft igkeit verst ehen und dieses Verst ändnis nicht m it krankheit swert igen Diagnosen blockieren. Die frauenspezifische Halt ung in der Berat ung erm öglicht die Analyse von Sym pt om en wie depressivem

(6)

Verhalt en, psychosom at ischen Reakt ionen oder auch „ erlernt er Hilflosigkeit “ auf ihre verursachenden und der Gesellschaft dienlichen Aspekt e hin.

Auf der Text ebene kann die Anwendung des Prinzips Ganzheit lichkeit bedeut en: Aus der Vielfalt Spuren aufnehm en, die sprachlich ausgedrückt en Bilder auf-greifen und weit erführen, m ögliche Bedeut ungen und Zusam m enhänge anbiet en, z.B. Met aphern aus dem psychosom at ischen Bereich.

Auf der Angebot sebene soll dieser Halt ung der Ganzheit lichkeit eine m öglichst große Vielfalt ent sprechen: psychosoziale, j urist ische und m edizinische Berat ung, Einzel- und Gruppenangebot e, offene und t hem enspezifische Gruppen, Bildungs-angebot e, et c. opt im alerweise bereit gest ellt von Berat erinnen aus unt erschiedli-chen Berufs- und Alt ersgruppen in unt erschiedlierschiedli-chen Lebensform en und unt er-schiedlicher Herkunft , um Mult iperspekt ivit ät zu gewährleist en. Ebenso sind die Vernet zung m it anderen Einricht ungen und das Wissen um deren Angebot e wicht ig, um der Vielfalt der Anliegen zu ent sprechen.

Online- Berat ung biet et hier eine wicht ige Ergänzung für Frauen, die das Face- t o-Face- Angebot der Berat ungsst ellen nicht nut zen können oder wollen. I m Online-Set t ing können neue Zielgruppen erreicht werden und die Besonderheit des Medium s kann Frauen den Einst ieg in eine Berat ung erleicht ern und Frauen, die sonst keinen Zugang zum best ehenden Angebot gefunden hät t en, die Kont akt -aufnahm e überhaupt erst erm öglichen – z.B. bei st arker Hem m schwelle gegen-über dem Sprechen gegen-über Gewalt erfahrungen oder Sexualit ät , Frauen ohne Hörverm ögen oder m it st ark eingeschränkt er Mobilit ät .

4 .3 Frauenzent riert heit , Part eilichk eit

Frauenzent riert e Berat ung unt erst üt zt die Frau in dem , was sie will. Eine frauen-zent riert e Berat erin st eht auf der Seit e der Klient in und berücksicht igt , was es heißt , als Frau in dieser Gesellschaft zu leben. St rukt urell ähnliche Erfahrungen können eine solidarische Halt ung begründen, die bei der Durchset zung von Zielen, Recht en und Ansprüchen helfen will. Die Berat erin vert rit t die I nt eressen der Frau, ohne sich m it ihnen völlig zu ident ifizieren: „ differenziert e Part eilich-keit “ . Die Frauen wollen ein glaubhaft es Gegenüber, das ihnen erm öglicht , ihre eigenen Problem e unt er einem anderen Blickwinkel wahrzunehm en. Viele wollen sich ihrer eigenen blinden Flecken bewusst werden und ihre gewohnt en Sicht -weisen in Frage st ellen.

Eine part eiliche Halt ung st ellt e eine Art I nt eressensvert ret ung als Gegenent wurf zu einer scheinbar „ obj ekt iven“ oder „ neut ralen“ , im Grunde hierarchischen Halt ung dar, die ein best ehendes Macht ungleichgewicht verschleiert . Beispiele für solche verschleiernden Vorurt eile: „ Eine Frau, die geschlagen wird, kann sich j a j ederzeit t rennen / ist selbst verant wort lich für die erlebt e Gewalt “ oder „ I n unse-rer Gesellschaft haben alle die gleichen Chancen am Arbeit sm arkt .“

Ein weit eres Beispiel st ellt der im m er noch häufig wirksam e doppelt e Bewer-t ungssBewer-t andard in Beruf und Karriere dar: Für dasselbe zielsBewer-t rebige VerhalBewer-t en kann eine Frau als aggressives „ Mannweib“ diskredit iert werden, während ihr m ännlicher Kollege als karriereorient iert er Mit arbeit er geschät zt wird. Dieser

(7)

„ double st andard“ für Männer und Frauen wurde 1970 von Broverm an et al. in der psychiat rischen Diagnost ik nachgewiesen und ist bis heut e in vielen Berei-chen unserer Gesellschaft gült ig: Der Mann wird als Norm geset zt , die Frau als sein Gegent eil – beide m it allen herrschenden Geschlecht errollenklischees. Der psychisch gesunde Mann soll rat ional, gelassen, obj ekt iv, wenig beeinflussbar, in sich selbst ruhend, selbst bewusst , unabhängig, konkurrierend und dom inant sein. Das kom plem ent äre Bild einer „ norm alen“ Frau ent spricht som it in Eigen-schaft en und Verhalt en dem Bild des kranken / defizit ären Mannes: sehr em ot ional bis irrat ioional, subj ekt iv, auf ihr Äußeres konzent riert , passiv, nicht konkurrierend, unt erwürfig, abhängig, leicht beeinflussbar. Für eine Frau ent -st eht som it ein unauflösbarer „ double bind“ : Will sie als weiblich gelt en, m uss sie dem Anderen der Norm ent sprechen – und wird som it in m ännlich geprägt en Be-reichen weniger wert geschät zt und ernst genom m en.

Eines der häufigst en Them en in der frauenspezifischen Berat ungsarbeit bet rifft Problem e m it der weiblichen I dent it ät :

Wie sieht die Klientin sich selbst als Frau?

Was darf sie, was darf sie nicht als Frau in ihren eigenen Augen? Wie erlebt sie sich in der Beziehung zu anderen Frauen?

Ein sehr frühes und in seiner Tragweit e radikales Ergebnis fem inist ischer Forschung, „ das Privat e ist polit isch“ , eröffnet neue Perspekt iven auf eben diesen Zusam m enhang und t rägt som it Wesent liches zur Berat ungspraxis bei: Das Wissen um frauenspezifische Sozialisat ion beispielsweise lässt die Problem e der Berat ung suchenden Klient innen im gesam t en weiblichen Lebenszusam m enhang bet racht en und verhilft durch die Erkennt nis gesellschaft licher Bedingungen zum Ent kom m en aus der Vereinzelung und der persönlichen Schuldzuschreibung. Zur I dent it ät sklärung t rägt bei, sich die Anforderungen von außen, die t eilweise einander widersprechenden, nicht zu erfüllenden, krank m achenden Rollen( vor) bilder bewusst zu m achen und dem gegenüber eigene Vorst ellungen und Wert e zu ent wickeln.

Die Am bivalenz zwischen den widersprüchlichen Rollenanforderungen an die Frau heut e - double bind in einer propagiert en Pseudofreiheit t rot z Gült igkeit alt er Rollenanforderungen: Fürsorgliche Mut t er und verfügbare Ehefrau/ Geliebt e/ Part nerin, die sich ihre At t rakt ivit ät bis ins hohe Alt er bewahrt , nebenbei m it Er-folg im Beruf zwecks „ Selbst verwirklichung“ - st ellt Frauen vor einen fast un-lösbaren Spagat , all diesen Forderungen zu genügen.

Die Berat erin respekt iert die Wert e der Klient in und kann alt ernat ive Möglich-keit en aufzeigen, ohne ihr die eigenen Wert vorst ellungen als angeblich „ bessere“ aufzudrängen. I nt ent ion der Berat ung ist es nicht , die Frauen an vorgegebene Norm en - seien es gesellschaft skonform e, seien es fem inist ische – anzupassen, sondern sie ihre eigenen Ziele und Ressourcen erkennen zu lassen und som it ihre Handlungsfähigkeit zu erweit ern. Ziel ist die St ärkung ihrer eigenst ändigen Ur-t eilskrafUr-t , ihrer UnabhängigkeiUr-t von norm ierenden Frem dbewerUr-t ungen und die Fähigkeit , ihr Leben nach ihren eigenen Wünschen und Vorst ellungen zu gest alt en.

(8)

Heikle Punkt e können dabei sowohl die Versorgungswünsche der Klient in als auch die „ Ret t erinnenfant asien“ der Berat erin sein.

Versorgungsw ünsche der Klient in:

z.B. Berat erin als wissende Mut t er, die helfen soll, sagen soll, wo’s lang geht , was richt ig ist , Ent scheidungen abnehm en soll : „ Sagen Sie m ir, was ich t un soll! “

Diese Rolle wird selbst verst ändlich st ark am bivalent erlebt , d.h. Rat schläge wer-den zwar gefordert , j edoch m eist nicht um geset zt . Die Berat erin kann die passive Erwart ungshalt ung t hem at isieren, event uelle Parallelen zum Verhalt en den Elt ern oder dem Part ner gegenüber aufzeigen und m it Fragen akt ivieren ( siehe 4.4 Em powerm ent ) .

„Ret t erinnenfant asien“ der Berat erin:

Diese sind kom plem ent är zu den Versorgungswünschen der Klient in, auch die Berat erin ist verführbar durch Zuschreibung von Wissen und Macht , z.B. „ Man hat m ir gesagt , Sie sind die Best en! “ , „ Sie sind m eine let zt e Hoffnung! “ , „ Sie sind die Expert in, Sie haben die Erfahrung.“

Ungelöst e Widersprüche zwischen t radit ionellem und fem inist ischem Frauenbild sowie kont räre Wert vorst ellungen sind m anchm al schwer auszuhalt en.

Beispiel: Eine Frau, die sich ( noch) nicht aus unbefriedigender / kränkender / krank m achender / gewalt t ät iger Beziehung lösen will. Der Wunsch der Berat erin m ag sein, dass sie sich t rennt , dennoch kom m t es darauf an, was die Frau selbst will.

Nicht j ede will und kann aufm üpfig und eigen- sinnig sein, die Angst vor Konfron-t aKonfron-t ion, KonflikKonfron-t , UnversKonfron-t ändnis, Aggression und NichKonfron-t - GeliebKonfron-t - Werden lässKonfron-t für m anche Frauen zum indest eine Zeit lang die Anpassung an die Norm en und Er-wart ungen I hrer Um gebung als brauchbare St rat egie wählen. Auch hier können Bewält igungsversuche online begleit et und Veränderungsschrit t e unt erst üt zt werden.

Das I nt ernet biet et einerseit s ein weit eres Spielfeld derselben klischeehaft en Be-wert ungen und Fant asien wie im realen Raum ( z.B. Flirt börsen, Pornoboom , ...) andererseit s st ellt das Online- Set t ing auch einen Bereich der Freiheit dar, in dem Frauen die Chance haben, sich so darzust ellen und so zu agieren, wie sie selbst es wollen, ohne auf ihr ( nicht sicht bares) Äußeres oder ihr Geschlecht fest gelegt zu werden. Ein Ziel frauenorient iert er Online- Berat ung kann darin best ehen, Frauen zu befähigen und zu best ärken, diesen Freiraum für sich zu nüt zen. Anregungen dazu finden sich in Donna Haraways’ „ A Cyborg – Manifest o“ .

4 .4 Em pow erm ent , Aut onom ie, Freiw illigk eit

Psychosoziale Berat ung eröffnet Kom m unikat ionsfreiräum e: Orient ierung st at t Pat hologisierung

Angebot e st at t Maßnahm en / Sankt ionen

Ziel von Berat ung nicht soziale Anpassung sondern Em powerm ent

(9)

Frauenspezifische Berat ung soll die Klient in in ihrer aut onom en Erkennt nis- und Handlungsfähigkeit best ärken und sie m ot ivieren, selbst best im m t und eigen-verant wort lich zu handeln.

Berat ungsziele:

Selbst erm ächt igung Hilfe zur Selbst hilfe

Unt erst üt zung der Frau bei der Wahrnehm ung und Nut zung ihrer eigenen St ärken und Ressourcen

St ärkung von Selbst vert rauen und Selbst sicherheit

Wahrnehm ung der eigenen Gest alt ungsfähigkeit als Alt ernat ive zur Opfer-halt ung

Aneignung eines lösungsorient iert en Ansat zes: angebliche „ Eigenschaft en“ als veränderbares Verhalt en wahrnehm en.

Aut onom ie und Freiwilligkeit : Die freiwillige I nanspruchnahm e von Bera-t ung bildeBera-t die VorausseBera-t zung für verBera-t rauensvolle, m oBera-t ivierBera-t e und kon-st rukt ive Berat ungsarbeit .

Die zum indest t eilweise Frust rat ion des Wunsches nach Tipps und Rat schlägen ist not wendig, da eine „ befürsorgende” Verhalt ensanweisung die passive Halt ung verst ärken würde: Die Frau selbst ist die Expert in für ihre Sit uat ion.

„ I n der Online- Berat ung ist die Angst vor ungewollt en I nt ervent ionen ge-ringer: Drogenabhängige können Berat ung in Anspruch nehm en, ohne sich st rafrecht lichen Konsequenzen ausset zen zu m üssen, Menschen m it psy-chischen Erkrankungen m üssen keine Zw angsm aßnahm en befürcht en und Personen m it einer körperlichen Erkrankung werden nicht unm it t elbar m it operat iven Eingriffen oder einer Therapie konfront iert . Rat suchende wahren also im Schut z der Anonym it ät in vollem Maß ihre Aut onom ie und Ent -scheidungsfreiheit ohne sozialem Erwart ungsdruck oder gar Zwangsm aß-nahm en ausgeset zt zu w erden.“ ( Knat z, 2005)

Frauen werden durch einen nicht - pat hologisierenden, nicht - essent ialist ischen Blick als Akt eurinnen im sozialen Feld verort et , auch wenn sie „ m isslingende“ / selbst schädigende Verhalt ensweisen zeigen. Dieser Perspekt ivenwechsel erm ög-licht die Polit isierung von Berat ung, die sich nicht aus dem Defizit erleben der Klient in und auch nicht nur aus den j e individuellen Bewusst seinsinhalt en der Berat erin ableit et . Psychische Krisen werden als im sozialen Raum verm it t elt an-gesehen und Berat ung dient so als polit isch m ot iviert e Dienst leist ung. Frauenberat ung kann dem nach bedeut en, Frauen ( neue Orient ierungsangebot e zu biet en und sie) dadurch zu unt erst üt zen, ihre Denk- und Handlungsm öglichkeit en zu erweit ern, um let zt endlich das deklariert e Ziel von frauenspezifischer Berat ung zu erreichen: die Lebensbedingungen von Frauen zu verbessern. ( vgl. Sabine Scheffler: "Frauen denken nach wie vor - Zur Differenzierung der Differenz" unveröffent licht er Vort rag im Rahm en der Tagung "20 Jahre Frauenberat ung" Wien 2001) .

(10)

4 .5 Beispiele für I nt ervent ionsm öglichk eit en

Fraget echnik en:

Mit Fragen st euern, in Bewegung bringen, zur Selbst reflexion anregen, neue Perspekt iven aufzeigen z.B. syst em ische, dissoziierende oder paradoxe Fragen für einen Perspekt ivenwechsel:

„ Warum m achen Sie das so und nicht anders?”

„ Was t ragen Sie bei zur Aufrecht erhalt ung dieser Sit uat ion?” „ Was würden Sie einer anderen Frau in I hrer Sit uat ion rat en?“

Die Sprache beim W ort nehm en:

Auf Passivkonst rukt ionen, Subj ekt - / Obj ekt set zungen und Frem dat t ribut ionen hinweisen und diese in Frage st ellen.

Klient in: „ Nun hat es m ein Lebensgefährt e geschafft , m ich im Laufe der Jahre völlig zu isolieren.“

Berat erin: „ Wer t ut was? Wer isoliert Sie? Was t ragen Sie dazu bei?“

Klient in: „ Er sagt ..., er m eint ..., er w ill ...“

Berat erin: „ Was sagen/ m einen/ wollen Sie?“

Subj ekt und Selbst wert st ärken: Text m it I ch- als- Subj ekt – Sät zen als „ Aufgabe“ Wünsche, Bedürfnisse, Forderungen klar form ulieren lassen „ st ändig“ , „ im m er“ – Wann nicht ? Wann anders? Unt er welchen Bedingungen? „ Heut e war es nicht ganz so schlim m wie sonst .“ – „ Wie genau war es?“

Die Asynchronit ät der Kom m unikat ion in der Mail- Berat ung nüt zen:

Was haben Sie seit dem Schreiben I hrer Anfrage verändert ? Was hat sich seit her get an?

Welche anderen Personen haben Sie in der Zwischenzeit zu I hrer Unt er-st üt zung herangezogen?

4 .6 Anonym it ät

I n der face- t o- face- Berat ung bedeut et Anonym it ät : die Klient innen m üssen keine persönlichen Dat en angeben, um Berat ung zu erhalt en. I m Online- Kont akt wird der Nam e durch einen Nicknam e erset zt . Das Aussehen, das Gesicht , der Körper, sogar die St im m e bleiben verborgen. Das Schreiben im Online- Set t ing gewährt höchst m ögliche Anonym it ät – m it aller dam it verbundenen At t rakt ivit ät und allen dam it verbundenen Schwierigkeit en ( Unverbindlichkeit , Misst rauen) .

Diese Besonderheit der absolut en Anonym it ät ( in der webbasiert en Berat ung ist nicht einm al eine Mail- Adresse nöt ig) biet et eine einm alige Chance, neue Ziel-gruppen zu erreichen. Für viele Online- Klient innen st ellt diese radikale Anonym i-t äi-t die noi-t wendige Voraussei-t zung für eine Koni-t aki-t aufnahm e dar, viele wären ( noch) nicht bereit , in anderer Form – sei es t elefonisch oder face- t o- face – Kon-t akKon-t aufzunehm en. Die Frau m uss nichKon-t s bekannKon-t geben, was sie nichKon-t von sich aus schreiben m öcht e und es werden keine I nform at ionen an Drit t e ( Angehörige, Jugendam t , AMS et c.) weit ergegeben. Geschüt zt durch die Anonym it ät fällt es

(11)

vielen Frauen leicht er, scham - , angst - oder schuldbeset zt e Them en anzuspre-chen. Für m anche ist das I nt ernet das einzige Medium , in dem sie Kont akt und Aust ausch über ein für sie schwieriges Them a zulassen können oder wollen, so-m it hat Online- Berat ung eine „ Türöffnerfunkt ion“ .

Durch die Anonym it ät und die geringe Verbindlichkeit des Online- Kont akt s werden neue Möglichkeit en für die Berat ung geschaffen und Menschen erreicht , die kein anderes „ persönlicheres“ Unt erst üt zungsangebot annehm en würden. Auch in diesem unverbindlichen Medium ist Kont inuit ät im Kont akt m öglich. Gerade hier ist das Angebot der Berat erin, sich wieder m elden zu können,

wicht ig: „ Sie können m ir gerne w ieder schreiben.“ „ I ch freue m ich, w ieder von

I hnen zu hören.“ – Bot schaft der Berat erin an die Klient in: „ I ch bin für Sie er-reichbar.“ Besonders wicht ig beim Them a Gewalt : Auf Grenzen der

Online-Berat ung acht en, diese behut sam ansprechen, Face- t o- Face- Möglichkeit en anbie-t en. Bei akuanbie-t er Gewalanbie-t bedrohung direkanbie-t iv vorgehen, konfronanbie-t ieren m ianbie-t der Ge-fahr, der die Frau sich/ sich und ihre Kinder ausset zt , konkret en Krisenplan, Wegweise- und Anzeigem öglichkeit sowie Frauenhauswohnm öglichkeit bespre-chen. Auch bei Suizidgedanken unbedingt neben konkret en Online- auch Face- t o-Face- Angebot e bei spezialisiert en Einricht ungen nennen.

N ähe, Dist anz und Geschw indigk eit im Online- Kont ak t :

Durch Anonym it ät und Pseudonym it ät ( selbst gewählt e Nam en/ Personen) werden Hem m ungen abgebaut . Die Folgen davon können sein: verst ärkt e Offen-heit , Ehrlichkeit , Freundlichkeit , Egalit ät und Ant eilnahm e oder aber Feindlichkeit , Aggression, Norm verlet zendes und ant isoziales Verhalt en ( z.B. in Foren, Chat s) . Erst aunlich schnell werden in Kont akt en über das I nt ernet sehr persönliche, int i-m e, auch gesellschaft lich t abuisiert e oder „ peinliche“ Dinge erzählt ( Sexualit ät , Gewalt , Unt reue, Affären, selbst verletzendes Verhalt en, sexueller Missbrauch, Suizidgedanken ...) . Eine m ögliche Erklärung ist das „ Nähe- Dist anz- Paradoxon“ ( Karlheinz Benke im e- berat ungsj ournal, 2005) : Dieses liegt dem I nt ernet als Wesensm erkm al zugrunde und kann in j edem Dialog wirksam werden. Dieses Paradoxon bedeut et , dass „ sichere“ geografische Dist anzen im welt weit en Net z dazu verführen können, eine neue/ andere Form von Nähe und Vert raut heit an-zunehm en und ent st ehen zu lassen. Dadurch werden Proj ekt ionen auf das Ge-genüber und I dealisierungen der Gesprächspart nerin gefördert , die real nicht ein-lösbar sind. Dies bedeut et At t rakt ivit ät und Gefahr gleichzeit ig.

Wicht ig für die Berat ungsarbeit :

N achfragen, welche Erwart ungen und Wünsche verbindet die Klient in m it dem Online- Berat ungskont akt

Feedback von der Klient in einholen

Klärung: Was ist m öglich im Online- Set t ing, was nicht

• Wenn nöt ig auch Desillusionierung, krit isches I n Frage St ellen des Set

-t ings selbs-t , Grenzen und not wendige Alt ernat iven ansprechen ( z.B. bei

Selbst - oder Frem dgefährdung)

Die Gefahr best eht in der Verst ärkung der I solat ion durch ausschließlich virt uelle Kont akt e als „ Ersat zkont akt e“ für Begegnungen in real life. Dagegen biet en die

neuen Kont akt m öglichkeit en über das I nt ernet die Chance, aus der eigenen I

so-lat ion herauszut ret en. Ein Ziel von Online- Berat ung kann sein, Brücken zwischen

(12)

virt ueller und realer Lebenswelt zu schaffen, indem sie die Klient in darin be-st ärkt , die virt uelle Realit ät als Ergänzung und Bereicherung, nicht aber als Ersat z für real life zu nüt zen.

Nähe- Dist anz- Am bivalenz ist ein klassisches Them a der Online- Berat ung, als I nhalt ebenso wie als Met hode/ Gest alt ungsform des Kont akt s, z.B. gibt es häufig eine sehr schnelle Annäherung in der Chat - Berat ung, schnelles Preisgeben von in real life schwer auszudrückenden int im en/ scham - / schuldbeset zt en Dingen, gefolgt von Rückzug und Wiederannäherung oder auch „ auspacken“ und weg-bleiben, Kont akt abbruch. Bei der Berat erin kann das Gefühl des „ Überfahrenwer-dens“ ent st ehen: so viel, so schnell, so „ nahe“ – z.B. Klient innen im Chat , die unt er Druck alles hier und j et zt sofort besprechen und lösen wollen und im Ver-lauf der Berat ung m ehr und m ehr „ Baust ellen“ ansprechen, die als alle gleicher-m aßen dringend präsent iert werden und sofort einer Lösung bedürfen. Hier kann die Berat erin brem sen und realist ische Ziele ansprechen: Hier und j et zt in diesem Medium kann der Kont akt Ent last ung biet en, j edoch m eist keine sofort ige Problem lösung. Die Berat erin darf und soll der Ungeduld im schnellen Medium Gelassenheit ent gegenset zen und sich die Zeit nehm en, die der j eweilige Berat ungsprozess braucht . Supervision und I nt ervision, Gegenlesen von Mail-Ant wort en nach dem 4- Augen- Prinzip und Chat berat ung zu zweit ( Co- Berat ung) – all diese Met hoden dienen einerseit s der Ent last ung der Berat enden sowie andererseit s der Qualit ät ssicherung der Online- Berat ung.

4 .7 N iederschw elligk eit , Benut zerinnenfreundlichk eit

Einfache Erreichbarkeit - m öglichst wenig Hürden zum Berat ungskont akt – m acht es Frauen leicht er, sich Unt erst üt zung zu holen, noch bevor die belast ende Sit ua-t ion dram aua-t isch eskalierua-t . Hier zeigua-t sich die prävenua-t ive Wirkung von Online-Berat ung. Das I nt ernet ist schon j et zt in unserer Kult ur ein relat iv niederschwel-liges und breit genüt zt es Medium , dessen Verwendung im m er selbst verst ändli-cher in den Allt ag int egriert wird. Zielgruppen, die ganz besonders von Online-Berat ung profit ieren können: vgl. Kapit el 2.

Zeit liche und ört liche Flexibilit ät :

Die Klient in kann j ederzeit , an j edem Ort m it I nt ernet zugang I hre Anfrage for-m ulieren und abschicken, dies bedeut et eine sofort ige Ent last ung, da das Schrei-ben selbst oft schon einen Klärungsprozess bedeut et ! Das st ellt einen klaren Vor-t eil gegenüber der TelefonberaVor-t ung dar ( GebundenheiVor-t an besVor-t im m Vor-t e BeraVor-t ungs-zeit en, Durchkom m en oft schwierig) sowie gegenüber Face- t o- Face- Berat ung, bei der eine Term invereinbarung oft m it langer Wart ezeit verbunden ist .

Wie bei j eder Art der Online- Berat ung ist auf Usabilit y, Dat enschut z und – sicherheit zu acht en. I ch fasse im Folgenden die wicht igst en Krit erien zusam -m en:

(13)

Benut zerinnenfreundlichk eit , Usabilit y:

Klare, übersicht liche Gest alt ung der H om epage, über welche die On-line- Berat ung angebot en wird, keine grafische Verwirrung durch unzählige kleine Einheit en oder Werbung

Barrierefreiheit für den Bildschirm auft rit t . Für Sehbehindert e wird alles Sicht bare m it t els t echnischer Hilfsm it t el in Sprache überset zt , Rast er m achen dies schwierig, es gibt t echnische St andards für barrierefreie Hom epage- Gest alt ung

Klare, einfache, verst ändliche Sprache im Webauft rit t , für die Beschreibung des Angebot s und der Nut zungsbedingungen, Verst ändlichkeit auch für Frauen m it Lernschwierigändlichkeit en und geringen Deut schkennt -nissen

N icht zu viele Dat en gleich zu Beginn fordern; erklären, warum welche I nform at ion gefordert wird ( z.B. St at ist ik) , vert raulichen Um gang zusichern und gewährleist en

Klarheit und Transparenz des Angebot s und der Bedingungen: Was kann in welcher Zeit gebot en werden? Was ist die m axim ale Zeit spanne, in der die Klient in eine Ant wort auf I hre Anfrage erhält ? Was sind die Grenzen ( z.B. t hem at isch) des Angebot s und der Zust ändigkeit ?

Wicht ig ist es, Alt ernat ivangebot e auf der Hom epage anzugeben, I nst it ut ionen, an die häufig verwiesen wird sowie rund um die Uhr t elefonisch erreichbare Krisenint ervent ions- und Gewalt schut zeinricht ungen aufzulist en.

4 .8 Dat enschut z und Dat ensicherheit

Dat enschut z: verschlüsselt e Übert ragung, Anonym it ät und

Ver-schwiegenheit sind bei sensiblen personenbezogenen Dat en unbedingt

not w endiger St andard.

Dat ensicherheit: sichere Speicherung, Dat en dürfen nicht verloren ge-hen, m üssen wiederauffindbar sein, z.B. Archivierungssyst em nach Nick-nam e und Anfragezeit punkt en.

W ebbasiert e Berat ung ist aufgrund der Dat ensicherheit der Bera-t ung per E- M ail unbedingBera-t vorzuziehen. I n der webbasiert en Berat ung sind alle Dat en auf einem ext ernen Server gespeichert , nur die Klient in selbst hat über ein Log- I n m it persönlichem Passwort Zugang zu I hren Nachricht en. Webbasiert e Berat ung funkt ioniert wie ein persönlicher Brief-kast en im virt uellen Raum . Som it ist höchst e Anonym it ät gewährleist et , da nicht einm al eine E- Mail- Adresse angegeben werden m uss. Die Anfrage hint erlässt keine Spuren am PC, dies kann für Frauen, die von Gewalt be-t roffen sind und den Com pube-t er gem einsam m ibe-t dem Gewalbe-t Ausübenden benüt zen, wicht ig sein. Berat ung per E- Mail ( z.B. über Out look oder ande-re E- Mail- Client s) ist aufgrund m angelnder Dat ensicherheit nicht zu em pfehlen.

5 . Fazit

Neben den oben genannt en Prinzipien des Dat enschut zes und der Dat ensicher-heit , der Usabilit y, der Anonym it ät , der Niederschwelligkeit , der Freiwilligkeit und

(14)

des Em powerm ent , die Gült igkeit für j ede Art von Online- Berat ung haben, zeichnet sich die Besonderheit in der frauenspezifischen Berat ungsarbeit zusam m enfassend vor allem durch folgende Krit erien aus: Frauen berat en Frauen, vielfält iges frauenspezifisches Fachwissen sowie die ganzheit liche, m ult iperspekt ivische und differenziert part eiliche Halt ung der Berat enden.

6 . Lit erat ur

Benk e, K. ( 2 0 0 5 ). Virt ualit ät als Lebensraum ( gefühl) : Einsam keit , Gem einschaft und Hilfe im virt uellen Raum . I n: e- berat ungsj ournal.net [ online] , 1/ 1 ( 19) .

Verfügbar unt er: ht t p: / / e- berat ungsj ournal.net / ausgabe_0105/ benke.pdf ( 22.8.2007) .

ChEck iT! ( W ien) , Part ypack ( Köln) und Kids- H ot line ( M ünchen) ( 2 0 0 6 ) . St andards der Onlineberat ung. Wien: Eigenverlag. Zugleich erschienen in: e- berat ungsj ournal.net [ online] , 2/ 1 ( 22) . Verfügbar unt er: ht t p: / / www.e- berat ungsj ournal.net / ausgabe_0106/ lachout .pdf

( 07.09.2007) .

Frauenberat ung ( 1 9 8 5 ) . Erfahrungsbericht der Frauenberat ungsst elle in Wien: Eigenverlag.

H araw ay, D. ( 1 9 9 1 ) . A Cyborg Manifest o: Science, Technology, and Socialist - Fem inism in t he

Lat e Twent iet h Cent ury, in: Sim ians, Cyborgs and Wom en: The Reinvent ion of Nat ure. New York: Rout ledge, pp.149- 181.

Verfügbar unt er: ht t p: / / www.st anford.edu/ dept / HPS/ Haraway/ CyborgManifest o.ht m l ( 22.8.2007) .

Knat z, B. ( 2 0 0 5 ) . Rat und Hilfe aus dem I nt ernet - Die Berat ung per Mail, St andards und Heraus-forderungen. I n: e- berat ungsj ournal.net [ online] , 1/ 1 ( 7) .

Verfügbar unt er: ht t p: / / www.e- berat ungsj ounal.net / ausgabe_0105/ knat z.pdf ( 22.8.2007) .

Referências

Documentos relacionados

– Die Interpretation der Ergebnisse dieser und weiterer Studien zu diesem Thema ist durch die Tatsache er- schwert, dass die Zirkumzision im Erwachsenenalter in der Regel

Já em relação aos dados acerca de impostos diferidos e variáveis qualitativas como o tipo de empresa de auditoria externa, país e sector, são recolhidos manualmente através

seus primeiros anos de jornalismo, tomando como ponto de partida a análise de alguns dos seus textos reunidos na obra Retalhos de jornais velhos onde é possível ter contato com

The number of revertant colonies obtained from the mutagenicity tests of PAH extracts of particles emitted in combustion of the seven wood species and briquettes by

Dies aus zweierlei Gründen: Zum einen biet et die Anonym it ät im Net z die Möglichkeit , sich selbst zu inszenieren oder frei erfundene Geschicht en anzubringen ( sogen. „

Wünschenswert wäre es, dass bereits von Beginn an der Hy- brid-OP exklusiv durch die Gefäßchirurgie genutzt werden kann, um so eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung auch komple- xer

Ebenso ist aber auch die dem modernen Denken enstammende Vorstellung von der Planbarkeit der Dinge nicht unbeschränkt, denn sie wird ebenfalls durch die Veränderungsprozesse

Das Zurückgreifen auf eigene Erfahrungen spielt hierbei eine große Rolle und wird von den Peer-BeraterInnen häufig auch als Motiv für die Mitarbeit in der