• Nenhum resultado encontrado

Detaillierte Beschreibung des Vorhabens

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2023

Share "Detaillierte Beschreibung des Vorhabens "

Copied!
5
0
0

Texto

(1)

Detaillierte Beschreibung des Vorhabens

Thema und Ziele des Forschungsprojekts „Subjekt und Kulturalität“

Vorbemerkung

Das Konzept wurde mit den Kooperationspartnern Prof. Dr. Andreas Cesana, Studium gene- rale und Philosophisches Seminar der Universität Mainz und Prof. Dr. Dr. h.c. Kurt Seel- mann, Abt. Rechtsphilosophie und Strafrecht an der Juristischen Fakultät der Universität Ba- sel durch zahlreiche Vorarbeiten erarbeitet.

Anlass

Vor allem die von den Neurowissenschaften angestoßene Debatte über die Willensfreiheit hat eine öffentliche Kontroverse ausgelöst, die fasziniert, aber auch polarisiert. Für die Hirn- forschung gilt die Freiheitserfahrung, die unsere Entscheidungsprozesse begleitet, als irre- führend. Bewusstseinsphänomene sind nach dieser Ansicht kausal determiniert. Für den freien Willen gibt es keinen Platz. Daraus folgt, dass das, was die mentale, innere Erfahrung bezeugt, keine Gegebenheit ist, sondern ein soziales Konstrukt, das kulturell gelernt und so- zial eingeübt wird, in kulturell begrenzten Räumen und Traditionen. Welch einen dramati- schen wissenschaftlichen Wandel bedeutet das für die traditionelle Anthropologie, die ja die Grundlage aller Sozialwissenschaften ist.

Für viele galt diese neue Erkenntnis als Provokation (wie einst Darwins Erkenntnisse) durch die Hirnforschung und führte zu zahlreichen hoch interessanten Stellungnahmen von rechts- und sozialwissenschaftlicher sowie geistes- und wirtschaftswissenschaftlicher Seite. Diese Kontroverse verdeutlicht, dass in hohem Maße unser Selbstbild und damit auch unsere ge- sellschaftliche und kulturelle Identität betroffen sind. Umso stärker wirkt sich das Defizit aus, dass diese Debatte bestenfalls als innerkulturelle geführt wird und die interkulturelle Per- spektive weitgehend ausgeklammert wird. Genau dieses Defizit war der Anlass eines enga- gierten Kreises, ein derartiges Forschungsvorhaben zu überlegen (Andreas Cesana, Univer- sität Mainz, Leiter des Studium generale/Kurt Seelmann, Universität Basel, Beauftragter zum Aufbau des Ethikkompetenzzentrums der Universität Basel).

Die Analyse der Selbsterfahrung der Freiheit (sei es von Personen oder Institutionen) zeigt die kulturelle und die historische Bedingtheit (Kulturalität) und ihre historische Formung auf.

Mit der Freiheitserfahrung eng zusammenhängende Phänomene (Verantwortung, Schuld, Schuld- und Handlungsfähigkeit etc.) wie auch Erfahrungen der Unfreiheit (Schicksal, Zufall, Bestimmung, Konventionen, Gewalt etc.) bestimmen unser Leben (zumindest nach unseren Vorstellungen). Aber die durch die Naturwissenschaften neu aufgeworfene Fragestellung verlangt von den Sozialwissenschaften einen neuen, durchdachten Zugang zum Freiheits- problem, wo die kulturspezifischen Bedingtheiten und Vorurteile bedacht und praxisorientiert verarbeitet werden.

Dies könnte gleichzeitig ein wesentlicher Beitrag zur Ursachenanalyse interkultureller Kom- munikationsschwierigkeiten sein. und zur kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Be- wältigung der Globalisierung. Das Vorhaben fördert interkulturelle Kompetenz und hat einen

(2)

ausgeprägten Praxisbezug, insbesondere aufgrund seiner Relevanz für Ethik, Rechtsver- ständnis und Rechtspraxis.

Problemstellung

Die Analyse der gegenwärtigen Kontroverse über Willensfreiheit zeigt trotz zunehmender Verästelung und Vielschichtigkeit der Diskussion eine Konfrontation zweier unvereinbarer Hauptpositionen. Ungeachtet aller Anstrengungen, vereinbare Konzepte herzustellen, und trotz diffizilerer Argumente und Gesichtspunkte ist die Inkommensurabilität eben die radikale Unvereinbarkeit der beiden Grundpositionen: Es handelt sich um die Konfrontation von zwei komplementären, aber einander widersprechenden Beschreibungssystemen. Die naturwis- senschaftlich argumentierende Position erklärt den freien Willen als Selbsttäuschung, entge- gen aller Evidenz der in der Selbsterfahrung bezeugten Freiheit. Die Gegenposition erklärt gerade diese Evidenz der je eigenen Freiheitserfahrung für unhintergehbar: Jeder Mensch erfährt sich selbst als freien und autonomen Akteur, der jederzeit sich auch anders entschei- den könnte. Diese Gewissheit, die aus dem Zeugnis der Selbsterfahrung hervorgeht, hält die Gegenposition der Freiheitsautonomie für vertrauenswürdiger als die Argumentation der neurowissenschaftlichen Position, die den Täuschungscharakter der Freiheitserfahrung nicht direkt beweisen kann, sondern ihn aus der Tatsache ableitet, dass Willensfreiheit den Prin- zipien der naturwissenschaftlichen Erkenntnisform widerspricht.

Die Diskussionslage ist, trotz mancher Versuche zur interdisziplinären Annäherung, apore- tisch. Von Seiten der Neurowissenschaften sind gewiss noch zahlreiche neue Erkenntnisse zum Thema zu erwarten, die allerdings nicht in der Lage sein werden, dem Zeugnis der Selbsterfahrung seine Evidenz zu nehmen. Somit können nur von Seiten der Sozi- al(Kultur)wissenschaften weiterführende Beiträge geleistet werden, indem sie neue Einsich- ten für die Beurteilung je eigener Freiheitserfahrung liefern. Insbesondere der interkulturelle Vergleich ist hier ein viel versprechender Ansatz.

Der Leitgedanke des interkulturellen Forschungsansatzes besteht in der Einsicht, dass es unmöglich ist, die eigene Identität zu bestimmen, ohne sie mit anderen zu konfrontieren.

Ebenso ist die historische und kulturelle Situierung der Formen und Muster unseres Erfah- rens, Erlebens und Denkens nur dadurch zu bewerkstelligen, dass sie den Formen und Mu- stern kulturfremden Erfahrens, Erlebens und Denkens gegenübergestellt werden.

Stand der Forschung

Die naturwissenschaftliche Welterklärung begreift das Verhalten des einzelnen Menschen als Folge einer letztlich unüberblickbaren Vielzahl von Determinanten. In einer kausal deter- minierten und durch Naturgesetze geordneten Welt gibt es für einen freien Willen des Men- schen keinen Platz mehr. Dies behauptet nicht erst die heutige Neurowissenschaft. Für Im- manuel Kant beispielsweise ist Freiheit aus den genannten Gründen "nur eine Idee der Ver- nunft, deren objektive Realität an sich zweifelhaft ist".

Die Frage, inwieweit das Zeugnis der subjektiven Freiheitserfahrung vertrauenswürdig ist, kann somit als eines der zentralen Probleme der derzeitigen Forschungslage bezeichnet

(3)

werden. Der naturwissenschaftliche Standpunkt ist skeptisch: Selbstzeugnisse der inneren Erfahrung sind nicht verlässlich. Weitgehend unstrittig ist hingegen die Feststellung der indi- viduellen und gesellschaftlichen Bedeutung der Freiheitserfahrung. Dies betrifft das kollekti- ve Bewusstsein von Institutionen wie das des einzelnen Menschen. Die Freiheitserfahrung ist in ihrem Einfluss auf das Verhalten subjektiv in derselben Weise real wie etwa Glaubens- und Wertsysteme. Willensfreiheit ist ein Code für die kollektive Regulierung individuellen Handelns. Deshalb wird nach dem Konzept Cesana/Fischer/Seelmann Willensfreiheit als In- stitution und integrierender Bestandteil unseres Kultursystems, wie etwa im Recht (Schuld- und Verantwortungsprinzip) gesehen. Die Willensfreiheit als Konstrukt ist eine institutionelle Tatsache und damit ein kulturelles Faktum.

Eine kreative Auseinandersetzung mit diesem Konflikt können letztlich nur die Sozi- al(Kultur)wissenschaften dann leisten, wenn neue Wege beschritten werden, Die kulturim- manenten Forschungsansätze sind bei aller Wichtigkeit zu wenig, denn die zentrale Frage ist, ob die Freiheitserfahrung überhaupt zur menschlichen Selbsterfahrung schlechthin ge- hört. Handelt es sich überhaupt um eine durch die Zeiten und kulturellen Räume hindurch identifizierbare anthropologische Konstante? Die Begegnung und Auseinandersetzung mit Konzeptionen außereuropäischen Ursprungs richten eine ganze Reihe unerwarteter Fragen an unser Selbstverständnis. Die durch die interkulturelle Arbeit und Erfahrung gewandelte Selbstwahrnehmung schärft die Wahrnehmung der kulturellen Bedingtheiten eigener und anderer Positionen. Sie entwickelt ein Verständnis dafür, dass die Verbindlichkeit maßge- bender Kategorien und Lebenskonzepte kulturell begrenzt sind und ermöglicht durch Über- forderungsreduzierung Kommunikationsverbesserungen in Wissenschaft, Wirtschaft und Po- litik.

Forschungsziel und methodischer Ansatz

Erwartete Ergebnisse sind, dass die Reichweite und Überzeugungskraft der erarbeiteten Konzepte und die daraus abgeleiteten Diskussionen sich als kulturell begrenzt herausstellen.

Diese Erfahrung schärft den Blick für kultureigene Bedingtheiten und Vorurteile. Als selbst- verständlich geltende Prämissen müssen hinterfragt werden, um in einer globalisierten Welt der europäischen Interessen die sie bildenden Denksysteme und kategorialen Apparate fle- xibel und gezielt verwendet zu können.

Dabei werden vergleichbare Themen in unterschiedlichen kulturellen Traditionen miteinan- der verglichen in der Absicht, sie in ihrer jeweiligen kulturellen Bedingtheit zu begreifen. Die einzelnen Untersuchungen werden mit den bestehenden wissenschaftlichen Methoden der beteiligten Disziplinen durchgeführt. Erkenntnisleitend ist die Vorstellung, dass nur in der Auseinandersetzung mit dem jeweils Kulturfremden das Kultureigene in seiner Eigenart und in seiner Bedingtheit erkannt werden kann.

Das Vorhaben stützt sich in den einzelnen Untersuchungen sowohl auf empirische Metho- den, quantitativ und qualitativ als auch auf hermeneutische Methoden. Was die Originalität betrifft, so r liegen unseres Wissens bisher noch keine Untersuchungen vor, die im Rahmen einer interkulturellen Analyse Kulturalität und Freiheitserfahrung in Beziehung setzen und die

(4)

Folgen vor allem für den wissenschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Diskurs aufzei- gen.

Innovativer Charakter

Das Vorhaben geht von dem erst kürzlich in die wissenschaftliche Terminologie eingeführten Begriff der Kulturalität aus. Er bezeichnet sowohl das menschliche Angewiesensein auf die kulturelle Sphäre als auch die Bedingtheit durch sie. Die Formen und Muster des subjektiven Erfahrens, Erlebens und Wahrnehmens unterliegen der Dynamik von geschichtlichem Wan- del und lokaler Differenzierung. Die daraus resultierende Pluralität bestand immer schon, aber nicht zur selben Zeit am selben Ort, sondern entweder nacheinander in historischer Folge oder gleichzeitig in geographisch getrennten Räumen. Erst die Globalisierung verbin- det das zuvor räumlich Getrennte in der einen, globalisierten Welt, in der neben den "äuße- ren Welten" immer mehr auch die "inneren Welten" aufeinandertreffen.

Daher entstehen im Prozess der Globalisierung Konflikte, die bisher nicht auftraten. Zentral sind die Probleme, die sich aus den kulturell variierenden Vorstellungen von Freiheit, Ver- antwortung, Zurechnung und Schuld ergeben. Untersuchungen zu diesem Problemfeld lie- gen noch kaum vor.

Wissenschaftliche Bedeutung

Aufgrund seiner transdisziplinären und internationalen Ausrichtung fördert das Projekt die in- terkulturelle Kommunikation und das gegenseitige Verständnis für divergierende Ansätze und Prämissen wissenschaftlicher Forschung. Das Projekt gibt Anstöße für die Auseinan- dersetzung mit dem neuen Forschungsthema der kulturellen Konstruktion von Freiheitser- fahrung, bietet Diskussionsforen und macht die Forschungsergebnisse möglichst umfassend und zeitnah zugänglich.

Bedeutung für die Wissenschaftsorganisation

Das Projekt fördert die inneruniversitäre Zusammenarbeit zwischen den Instituten der Ver- bundpartner und den Instituten zahlreicher Kooperationspartner. Es verstärkt nicht nur die wissenschaftlichen Kontakte, sondern bezieht auch außeruniversitäre Institutionen in die Projektarbeit ein. Die internationale Kooperation ist so strukturiert, dass die Mitwirkung von Partnern aus drei europäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz).

Wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung

Die globale Wirtschaft ist immer mehr auf die Grundlagenforschung im Bereich interkulturel- ler Beziehungen angewiesen. Das Projekt versteht sich als Beitrag dazu. Es sieht seine Auf- gabe darin, mögliche Konfliktfelder zu identifizieren und Probleme zu entschärfen, die da- durch entstehen, dass das westliche und global gewordene Wirtschaftsverständnis im ge- genwärtigen Weltbinnenmarkt auf kulturell bedingte Ansichten und Vorstellungen, Strategien

(5)

und Konzepte stößt, die mit den eigenen inkommensurabel sind. Das Projekt dient dazu, Missverständnisse im kulturellen Prozess transparent zu machen, die Kommunikation zu verbessern und funktionales, effizientes Handeln in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zu ermöglichen.

Fragen der Freiheitserfahrung sind von zentraler Bedeutung für das Strafrecht, für Rechts- probleme wie den Schutz des Geistigen Eigentums und insgesamt für die Rechtssicherheit sowohl innerhalb einer Gesellschaft als auch in der Begegnung mit anderen Gesellschafts- ordnungen. Dabei zielt das Projekt nicht einfach auf die Feststellung kultureller Unterschie- de, sondern sucht in Konfliktfällen zu eruieren, ob es für westliche Kategorien und Standards funktionale Äquivalente in anderen kulturellen Traditionen gibt.

Wissenschftliche Nachwuchsförderung

Neu ist nicht nur die Themenstellung, sondern auch der Versuch, jungen Wissenschaf- ter/innen optimale Einstiegsmöglichkeiten zu bieten und damit die Förderung eines dynami- schen, kommunikativ orientierten Arbeitsprozesses. Das Projekt verstärkt nicht bloß die wis- senschaftlichen Kontakte, sondern bezieht auch außeruniversitäre Institutionen in die Pro- jektarbeit mit ein. Die internationale Kooperation ist so strukturiert, dass die Mitwirkung von Partnern aus mindestens drei europäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz) gegeben ist. Die Workshops sollen abwechselnd in Basel und in Salzburg abgehalten wer- den, die Strategiebesprechungen finden in Mainz statt.

Es nehmen neben Expert/innen aus dem Kreis der Professor/innen, Dozent/innen, Habili- tant/innen und angesehenen beruflichen Praktiker/innen auch Student/innen teil, die mit En- gagement und fundiertem Wissen an ihren akademischen Qualifizierungen (Bachelor-, Ma- ster-, Diplomarbeit, Dissertantation) arbeiten. Für den wissenschaftlichen Nachwuchs be- steht die Möglichkeit, sich durch Bachelor- und MA-Arbeiten oder Dissertationen an den For- schungen zu beteiligen, und zwar sowohl im Rahmen des Gesamtprojektes als auch in den einzelnen Teilprojekten.

Referências

Documentos relacionados

No período em que participei neste processo, aquando da preparação, apercebi-me que a dispensa dos fármacos necessários a este serviço era feita de seguinte forma: cada vez que