Der nikotinische Acetylcholinrezeptor vom Muskeltyp (AChR) gehört zur Familie der ligandengesteuerten Ionenkanäle und ist an der postsynaptischen Membran der motorischen Endplatte lokalisiert. AChR werden durch den Liganden Acetylcholin aktiviert, der präsynaptisch von der Axonterminale freigesetzt wird, und führen zu einer Depolarisation der postsynaptischen Membran. Im gesunden Organismus reicht jedes zur Präsynapse gelangende Aktionspotential aus, auch postsynaptisch in der
Muskelzelle ein Aktionspotential zu initiieren. Dies wird durch die räumliche
Konzentration der AChR an der postsynaptischen Membran ermöglicht, das wiederum hauptsächlich durch deren Clusterung bewerkstelligt wird.
Die Myasthenia gravis (MG) ist eine Autoimmunerkrankung der motorischen Endplatte, die klinisch durch eine schnelle Ermüdung charakterisiert wird. Dabei führen Antikörper gegen verschiedene Antigene der postsynaptischen Membran zu einer Beeinträchtigung der neuromuskulären Erregungsübertragung. Am häufigsten kommen Antikörper gegen AChR vor. Andere Antikörper dagegen binden an AChR nur in
geclustertem Zustand beziehungsweise sind gegen MuSK, LRP4 oder noch nicht identifizierte Antigene gerichtet (seronegative MG).
Obwohl AChR zu den am besten erforschten Ionenkanälen zählen, gibt es noch keine Untersuchungen zum Einfluss der Clusterung auf ihre elektrophysiologischen Eigenschaften. Dies ist jedoch von großer Bedeutung, da die AChR-Clusterung den physiologischen Zustand darstellt und manche MG-Formen hauptsächlich zu einer Störung der Clusterung führen. Es gibt keine Daten darüber, wie die Störung der AChR- Clusterung bei diesen MG-Formen die Erregbarkeit der Muskelzellen beeinträchtigt und somit klinisch zur Ermüdung führt.
Hypothesen:
I) Geclusterte und ungeclusterte AChR unterscheiden sich in den elektrophysiologischen Eigenschaften
II) MuSK-Antikörper beeinträchtigen die Funktion von geclusterten AChR III) Seren von MG-Patienten ohne Antikörper gegen bekannte Antigene können
die
elektrophysiologischen Eigenschaften von geclusterten AChR beeinflussen IV) Manche der beobachteten Effekte könnten auf eine Hemmung von Second-
Messenger-Systemen zurückzuführen sein
Methoden:
Die elektrophysiologischen Analysen werden unter Anwendung der Patch-Clamp- Technik durchgeführt. Untersucht und verglichen werden dabei zwei Gruppen von
TE671- und DB40-Zelllinien, die jeweils geklusterte und ungeklusterte AChR an ihrer Oberfläche exprimieren. Die Aktivierung der AChR erfolgt dabei durch die Applikation von Acetylcholin mithilfe eines schnell applizierenden Perfusionssystems. Um
auszuschließen, dass detektierte elektrophysiologische Unterschiede auf
unterschiedliche AChR-Zahlen zurückzuführen sind, werden die AChR zusätzlich quantifiziert.
Die gleichen Experimente werden außerdem nach Inkubation der Zellen mit den Immunglobulinfraktionen von MuSK-positiven und seronegativen MG-Patienten
durchgeführt. Überdies untersuchen wir den Einfluss von Second-Messenger-Systemen und der Phosphorylierung durch die intrazelluläre Applikation spezifischer Inhibitoren beziehungsweise durch Ergänzung von Second Messenger über die Patch-Pipette.
Präliminäre Daten:
In einer Pilotsutdie fanden wir Hinweise, dass die AChR-Clusterung mit höheren Amplituden der Spitzenströme sowie einer langsameren Desensitisierung einhergeht.
Somit scheint die AChR-Clusterung nicht nur durch die räumliche Konzentration der AChR an der postsynaptischen Membran die neuromuskuläre Erregungsübertragung zu verbessern, sondern auch durch Veränderungen der elektrophysiologischen
Eigenschaften von AChR.