Fastentagung 11.11.17, Bern, Workshop Spirituelle Impulse, Pfrn. Noa Zenger, Lassalle-‐Haus, Bad Schönbrunn
1
Unsere Leiblichkeit wahrnehmen ist Beten
Genesis 2: Zur Zeit, als der HERR, Gott, Erde und Himmel machte 5 und es noch kein Gesträuch des Feldes gab auf der Erde und noch kein Feldkraut wuchs, weil der HERR, Gott, noch nicht hatte regnen lassen auf die Erde und noch kein Mensch da war, um den Erdboden zu bebauen,6 als noch ein Wasserschwall hervorbrach aus der Erde und den ganzen Erdboden tränkte, -‐ 7 da bildete der HERR, Gott, den Menschen aus Staub vom Erdboden und blies Lebensatem in seine Nase. So wurde der Mensch ein lebendiges Wesen.
1. Korinther 3: 16 Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und dass Gottes Geist in euch wohnt? 17 Wer den Tempel Gottes zerstört, den wird Gott zerstören; denn der Tempel Gottes ist heilig -‐ und das seid ihr.
1. Korinther 6: 19 Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist, der in euch wirkt und den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört?
20 Ihr seid teuer erkauft. Verherrlicht also Gott mit eurem Leib!
• Von der Erde (hebr. Adamah) sind wir genommen und aus ihr geschaffen als Erdlinge (hebr. Adam à bedeutet nicht wie fälschlich oft übersetzt Mann, sondern eben wörtlich Erdling à Mensch).
• Lebensatem wurde uns von Gott eingeblasen. Diesen empfangen wir mit jedem Einatem wieder neu, empfangen neues Leben. Es ist das grosse JA, welches über unserem Leben steht, das im Atem in uns fliesst. Mit dem Einatem sind wir geboren, mit dem Ausatem werden wir einst diese Welt verlassen.
• In diesem Horizont verstanden: Unsere Leiblichkeit bewusst und achtsam wahrzunehmen ist eine Dimension des Gebets. Es ist „im Kontakt, in Verbindung sein“ mit unserem Lebensgrund – Schöpfergott.
• Leiblich leben im Bewusstsein, dass wir das Leben aus Gott empfangen immerwährend, ist spirituell leben, d.h. leben vom spiritus sanctus (lat. Heiliger Geist) durchwirkt.
Ein Philosoph bedauerte einmal Antonius: „Wie kannst du ohne den Trost von Büchern
leben?“ Antonius darauf: „Mein Buch ist die Natur mit allen Geschöpfen. Dieses Buch ist immer bei mir, vor mir und um mich. Und wenn ich dann zu lesen beginne, lese ich die Worte des allmächtigen Gottes.“
Die Wüstenväter. Sag mir ein gutes Wort, (hg. v. Bonifaz Miller OSB), Topos 2012, 8.
• Der Wüstenvater Antonius beschreibt das Buch der Natur als gleichwertig zur Bibel, zum Wort Gottes. Zum Buch der Natur gehören auch wir leibliche Wesen. Den Leib
wahrnehmen bedeutet im Buch des Leibes lesen... Worte des Schöpfers vernehmen...
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Übung „Bodyscan“, achtsame Wahrnehmung des Leibes mit innerer Körperreise
Von der Erde bin ich genommen, geformt daraus. Durch den Atem Gottes bin ich belebt und erfüllt. Gefäss bin ich, Tempel für den Heiligen Geist. Wenn ich mich achtsam und wertschätzend meinem Leib zuwende, werde ich empfindsam für das Geheimnis Gott -‐ Mensch.
Ich spüre den Boden unter meinen Füssen, erde mich, nehme mich in Ruhe wahr mit vielen Einzelheiten von den Füssen bis hin zum Scheitel. Den Hals, die Brust, den Bauch, das Becken.
Meine Arme von den Schultern bis zu den Fingerspitzen. Entspanne bewusst die Muskulatur in den verschiedenen Bereichen. Staune über mein Gesicht, öffne meine Sinne, bewundere meine Hände. Versuche wahrzunehmen, wie es mir geht jetzt, innere Stimmung und im Leib à
beurteile nichts, lasse es „wahr sein“ wie es jetzt ist. Nichts tun ausser wahrnehmen, hin spüren...
Übung Atem
Als die Nabelschnur zwischen mir und meiner Mutter durchtrennt wurde, habe ich mit dem ersten Atemzug diese neue Art zu leben erfahren. Ein Leben als ein selbständiges Wesen. Wenn ich atme, erfahre ich, dass bin und lebe und zugleich entdecke ich Verbundenheit. Wenn ich mich mit meiner ganzen Aufmerksamkeit dem Atem zuwende, spüre ich, dass ich gehalten bin.
Ich atme ein, lang atme ich aus. Den natürlichen Rhythmus verändere ich nicht, beobachte nur.
Blosses Einatmen und Ausatmen bringen mich in die Gegenwart. Da geschieht Leben. In der Gegenwart ist Gott am Wirken. Der Atem – ganz schlicht und unspektakulär. Und doch erahne ich darin Gott durch seinen Heiligen Geist.
da du alles schon weißt, mag ich nicht beten – tief atme ich ein lang atme ich aus und siehe:
du lächelst Kurt Marti
Übung Hände – mit Tagesrückblick grosser gott:
uns näher als haut
oder halsschlagader kleiner
als herzmuskel zwerchfell oft:
zu nahe zu klein –
wozu dich suchen?
wir:
deine verstecke Kurt Marti
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3
Die Verstecke Gottes in meinem Leben entdecken. Ich betrachte meine Hände. Zeichne mit einem Finger in der Fläche der anderen Hand die Linien nach. Lebenslinien. Wie sind sie verlaufen an diesem Tag?
Ich lege die Handflächen in einander. Spüre in die Hände hinein. Versuche loszulassen, was gedanklich von mir Besitz nehmen will. Nehme nur meine Hände wahr.
Wie sind meine Lebenslinien an diesem vergangenen Tag verlaufen? Ich lasse den Tag vor meinem inneren Auge nochmals aufsteigen. Wo entdecke ich darin Gottes Verstecke in meinem Leben? Treiben mich Sorgen um? Möchte ich um etwas bitten? Wofür möchte ich danken?
Ich komme wieder zurück zu den Händen. Spüre in sie hinein. Versuche wieder loszulassen, was mich gedanklich in Besitz nehmen will. Spüre meine Hände. Ich atme ein, ich atme aus. Lasse den Atem wieder kommen, atme gleichsam innerlich in meine Handflächen hinein. Wärme sammelt sich zwischen den Händen, fliessende Kraft wird spürbar. Ich verbleibe damit in der Stille und nehme wahr: Gott ist mit mir.
Übung „das grosse Du oder Ja in mir“
Wir wohnen Wort an Wort
Sag mir Dein liebstes Freund
Meines heisst DU
Rose Ausländer
„Nur Ein Du hört seinem Wesen nach nie auf, uns Du zu sein. Wohl kennt, wer Gott kennt, die Gottferne auch und die Pein der Dürre über dem geängstigten Herzen; aber die Präsenzlosigkeit nicht. Nur wir sind nicht immer da.“ Martin Buber, Ich und Du. 1923
Ich bete, indem ich schlicht da sitze oder gehe, meine Gedanken ziehen lasse, meinen Leib wahrnehme, die Hände, den Atem. Ich lege das „DU“ auf meinen Ausatem (der Ausatem ist das aktive Element im Atem). In jedem Ausatem lasse ich innerlich das „DU“ erklingen. Im Atem fliesst das „DU“.
Variante: Das grosse „JA“, das über meinem Leben steht, mir zusprechen lassen. In jedem Ausatem erklingt in mir „JA“.
Grundsätzliches zu allen Übungen
• Wahrnehmen bedeutet „wahr sein lassen“, im Sinne von alles was ich sinnlich wahrnehme, so sein lassen, wie es jetzt gerade ist.
• Wichtig ist: liebevolles Hinspüren, geduldig sein, nicht beurteilen.
• Immer mit genügend Zeit: Verlangsamung, Entschleunigung