Reglonalgericht Oberland
Zivilabteilung Gerichtspräsident Hiltpold
Scheibenstrasse 11 B 3600 Thun
Telefon 031 635 56 22 Fax 031 635 56 77
regional gericht-zivil.thun@ustice.be.ch www.justice. be.ch/regionalgerichte
Eingang
0 9.
Dez'
2016Rechtsarr',våltt:
Lugirrbühl & F-lrl;in';rtrt
Entscheid
clv 15 1511 SCR
Thun,8, Dezember2016
Gerichtspräsident Gerichtsschreiþer
Hiltpold Kocher
Þ^AÂ4
w
Zivilverfahren
Gewerkschaft UNIA, Weltpoststrasse 20, 3000 Bern 15
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur, Willi Egloff und Rechtsanwalt Thomas Tribolet, Zing- gstrasse 16,3007 Bern
Klägerin
gegen
DEDtCA,
lnteressenvereinigung spezialisierter Langzeitpflege-lnstitutionen im
Kan-ton
Bern, Bä11i264,3600 Thunvertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andreas Güngerich, Kellerhals Carrard, Effingerstras- se 1, Postfach 6916, 3001 Bern
Beklagte 1
Schweizerischer Verband des Personals
öffentlicher
Dienste (VPOD)' Birmenstorferstrasse 67, Postfach 8279, 8036 ZürichBeklagter 2
Schweizer Be
rufsverband
der Pf legefachfrauen u nd Pflegefachmä n ner, S BK, Choisystrasse 1, Postfach 8124, 3001 BernBeklagter 3
beide vertreten durch Rechtsanwalt Beat Luginbithl, Luginbühl & Eckmann Rechtsanwälte, Jubiläumsstrasse 41, Postfach, 3000 Bern 6
-
betreffend
Arbeitsrecht
Regionalgericht Oberland, Gerichtspräsident Hiltpold
clv'15 1511
Der Geric htspräsident entscheidet:
L
Die Klage wird abgewiesen.2.
Die Gerichtskosten, bestimmt auf CHF 12'OOO,OO (Entscheidgebühr CHF 12'000.00), werden der Klägerin auferlegt und mit dem von ihr geleisteten Vorschuss verrechnet' Wird keine schriftliche Begrúndung verlangt, reduziert sichdie
Entscheidgebühr auf CHF 10'000.00. Die Gerichtskosten betragen damit CHF 10'000'00.Wird keine schriftliche Begründung verlangt, sind der Klägerin CHF 2'000.00 aus der
G erichtskasse zurückzuerstatten.
3. Die
Kostendes
Schlichtungsverfahrensvon
CHF 600.00 wurdenvon der
Klägerin bezahlt. Sie hat diese endgültig zu tragen,4.
Die Klägerin hat der Beklagten 1 eine Parteientschädigung von CHF 22'803.10 (inkl'MWST und Auslagen) und den
Beklagten2
und3 ein
Parteientschädigung von CHF 20'856.45 (inkl, MWST und Auslagen) zu bezahlen'5.
Zu eröffnen:-
den ParteienRegionalgericht Oberland Zivilabteilung
Der Gerichtspräsident:
tpold
Der G
er
Rechtsm ittelbelehrung :
Jede Partel kann innert 10 Tagen seit Zustellung dieses Dispositivs eine schriftliche Begründung verlangen' Wird keine Begrûndung verlangl, so gilt dies als Vezicht auf die Anfechtung des Entscheides (Art' 239 Abs. 2 zPo).
Nach Zustellung der Entscheidbegründung kann der Entscheid innert 30 Tagen mit B_erufung.
.angefochten werden, Für die Einzelheiten wird auf die Rechtsmittelbelehrung verwiesen, die der Entscheidbegründung beigeftlgt werden wird.
Regionalgericht Oberland, Gerichtspräsident Hiltpold
s,3.3
clv 151511Hinweise:
Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist beim Gericht eingereicht oder zu dessen Handen der Schweizerischen post oder einer schweizeriõchen diplomatischen oder kbnsularischen Vertretung übergeben werden (Art. 143 Abs. 1 ZPO).
Eingaben per Fax und E-Mail sind nicht rechtsgültig und haben keine fristwahrende Wirkung'
Unter bestimmten Voraussefzungen können Eingaben elektronisch efolgen. Genauere Angaben hiezu finden Sie auf der lnternetseite der Berñer Justiz (http://www.justice.be.ch/elektronische-eingaben).
Bei Eingaben ist jeweils die Dossiernummer (ClV 15 151 1) anzugeben'
Oberland
Zivilabteilung Gerichtspräsident Hiltpold
Scheibenstrasse 11 B 3600 Thun
Telefon 031 635 56 22 Fax 031 635 56 77
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Beiblatt zum Entscheid vom 8. Dezember 2016
CIV 151511 SCR
Thun,8.
Dezembet2016lt^Anrl
w
KURZBEGRÜNDUNG DES ENTSCHEIDS VOM 8. DEZEMBER 2OI6
lm Zivilverfahren
Gewerkschaft UNIA, Weltpoststrasse 20, 3000 Bern 15
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Willi Egloff und Rechtsanwalt Thomas Tribolet, Zing- gstrasse 16, 3007 Bern
Klägerin
gegen
DEDICA,
lnteressenvereinigung spezialisierter Langzeitpflege-lnstitutionen im
Kan-ton
Bern, Bälliz 64,3600 Thunvertreten
durch
Rechtsanwalt Dr, Andreas Güngerich, Kellerhals Carrard, Effingerstras- se 1, Postfach 6916, 3001 BernBeklagte 1
Schweizerischer Verband des Personals
öffentlicher
Dienste (VPOD), Birmenstorferstrasse 67, Postfach 8279, 8036 ZürichBeklagter 2
Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner, SBK, Choisystrasse 1, Postfach 8124, 3001 Bern
Beklagter 3
beide vertreten durch Rechtsanwalt Beat Luginbühl, Luginbühl & Eckmann Rechtsanwälte, Jubiläumsstrasse 41, Postfach, 3000 Bern 6
-
betreffend
Arbeitsrecht
Regionalgericht Oberland, Gerichtspräsident Hiltpold s.2.4 ctv 15'1511
Vorbemerkung
Die
Klägerin verlangt als Vertragspartnerin des Gesamtarbeitsvertragsfür
das Personal bernischer Langzeitpflege-lnstitutionen (nachfolgend: GAV) aufgenommen zu werden, dies entgegen dem ausdrlicklichenWillen der
Beklagten1
und2
sowiedem
SBK Bern' als Gliedverband bzw, Sektiondes
Beklagten3.
Dass ein solcher Beitrittsanspruch-
auchohne
konkrete gesetzliche Grundlage-
besteht,ist in der
Rechtsprechung anerkannt,ebenso die hierfür von der um Beitritt
ersuchenden Sozialpartnerinzu
edullenden Voraussetzungen (grundsätzlichBGE
1131137, in:
Pra77
Nr'83; vgl'
auch Ufteil des Obergerichts des Kantons Bern vom 3. November 2013' in: JAR 2014 S, 395)'Ad
Ziff . 1 desEntscheiddispositivs
Als f{Jr der Klage erweist sich für das Gericht bereits die
;'fehl 3,r: (Bst.
A hiernach) sowie der
nichtiiebhtsgênüglich érbrachte Nachweis def genUgenden Repräse ntativität als Voraussetzung
für den geltend
gemachtenAusgangslage hat das
GeriBeitrittsvoraussetzu ng verzichtet.
Beitrittsanspruch (Bst.
B
hiernach). Aufgrund
diesercht auf die Prüfung der Loyalität als
weitereA) Die Klägerin macht ihren Beitrittsanspruch gegen den Willen der GAV Vertragsparteien geltend. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass
ein
Beitrittder
Klägerin zum GAV die Zustimmung aller am GAV beteiligten Parteien voraussetzt (vgl. Art. 356 Abs'4
OR). Umeinen Beitritt gegen den Willen der
einzelnen Vertragsparteienbzw. ohne
deren Zustimmungzu
erreichen,ist es
erforderlich,alle sich einem
Beitritt widersetzenden Vertragsparteien mit einer Klage ins Rechtzu fassen (vgl. auch BGE 11311 37,in:Pra77
Nr. 83, E, 3). Beklagtenseitig liegt eine notwendige Streitgenossenschaft vor (Art. 70ZPO)'lm
Verhältniszum
Beklagten3
(Verband)ist der SBK Bern eine
Sektionmit
eigener Rechtspersönlichkeit und selber ein Vereinim
Sinn von Art, 60ff.
ZGB (vgl. auch Art. 1 Sektionsstatuten).Er ist
damit selbständiger Trägervon
Rechtenund
Pflichten und alssolcher auch als
Vertragsparteides GAV, nebst den
Beklagten1
und2,
aufgetreten' Gemäss Statuten handelt es sich beim SBK Sektion Bern zudem fiicht um ein Or$an deqi' Beklagteni3 (Art, 28 Verbandsstatuten), Ëiäe gegenseitigé Haftungfür
Verbindlichkeitenwurde statutarisch ebenfalls ausþeschlòssen
(Aú,,27 Verbandsstatuten;
Aft. 19 Sektionsstatuten). Damitfehlt es
nach Ansicht des Gerichtsan
einer Verpflichtung des Beklagten3
durchdas
Handelndes
SBK Bern. Das Gericht anerkennt zwar, dass einestarke
Bindungbzw.
Einflussnahmedazu führen kann, dass, je nach Priifung
des Einzelfalls,eine
ldentitätvon Verband und
Sektion anzunehmenist' Mit
Blickauf
die Sektions- und Verbandsstatuten úÈiddie
Ausfilhrungenan der
Hauptverhandlung (u'a.fehlende Sanktionsmöglichkeiten, Bþitrítt und Austritt
der
Mitgliederauf
Stufe Sektion, Aufgabenteilung nationale Ebene/Sektionsebene), erachtet es eine solch enge Verbindung bzw. Einflussnahme vorliegend jedoch nicht als gegeben. Zudem erscheint die Berufung auf die Selbständigkeit von Verband und Sektionen auch nicht aus anderen Gründen als rechtsm issbräuch lích,Die Klägerin hätte folglich den SBK Bern
einklagenmüssen, als sich dem
Beitritt widersetzende GAV-Pafteiund
notwendiger Streitgenosse,und
nicht denim
Ver-fahren nicht passivlegitimieften Beklagten 3.Regionalgericht Oberland, Gerichtspräsident Hiltpold
clv'151511
B) Das Gericht folgt der Ansicht, dass sich das Erfordernis der
genügendenRepräsentativität einer Sozialpartnerin
-
als eine derzu
erfüllenden Voraussetzungen füreinen
Beitrittsanspruch- zu einem
gewichtigenTeil an deren
Repräsentativität imkonkreten
Anwendungsbereichdes GAV bemisst.
Hinsichtlichdes
Nachweises dergenügenden Repräsentativität erachtet das Gericht demnach die
folgendenBezugsgrössen
als
massgebend:Auf
Seitender
Klägerin die Anzahl Mitglieder, welche gleichzeitigals
Mitarbeitendeeines dem GAV
angeschlossenen Betriebsdem
GAV unterstelltsind. Auf Seiten der
Beklagten1 die Anzahl
Mitarbeitendeder dem
GAV angeschlossenen Betriebe, auf welcheder
GAV Anwendungfindet'
Damit scheiden auf beiden Seiten unbestrittenermassendie
Lernenden und Geschäftsleitungsmitglieder aus (vgl.Ad.3
Abs.1 GAV).
Entgegender
Ansichtder
Klägerin, erachtetes das
Gericht zudem ñichtr alsr'ausreichend, dìè'genügende Repräsentativitätnur in
Bezugauf
einen ausgewählten Betrieb nachzuweisen.Unter der Annahme, dass
auf
Seitender
Beklagten1
mit rund 1'600 Mitarbeitenden zu rechnen ist, welche die vorgenannten Voraussetzungen erfilllen, wäre os an der Klägerin gewesen, ihrerseits den Nachweis von rund 80-110 Mitgliedern (5-7%; vgl. die eingangs enruähnte Rechtsprechung)zu
erbringen,welche die
vorgenannten Voraussetzungen er-füllen. Vor dem Hintergrund dieser zahlenmässig relativ geringen Anforderungen an eine repräsentative Anzahl Mitglieder, kommt den einzelnen behaupteten Mitgliedernfür
den Nachweis des prozentualen Erfordernisses grosses Gewicht zu. Das Gericht erachtet esdeshalb als
notwendig,dass ftlrl alle
behaupteten Mitglieder einerseits deren 'Beitritt nachgeçiesenwird u¡d
andererseitsdiese
Mitglieder auchals
solche wahrgenommen werden können, weshalb es den Mlnimalnachweis einer Bezahlung des Mitgliederbeitrags verlangt hat (vgl. bereits Verfügung vom 7' September 2015)'Die von
der
Klägerin eingereichte biste (KB 14) genugt nach Ansicht des Gerichts dem Erforderniseines schlüssigen
Beweisesder
Mitgliedschaft nicht,lWeder sind
darinAngaben oder Belege zum Beitritt ersichtlich, noch lässt sich daraus herauslesen, ob und wann der Mitgliederbeitrag bezahlt worden ist, Mit Blick auf das im vorliegenden Fall relativ schnell erreichbare Mass der Repräsentativität, wäre es der Klägerin zumutbar gewesen{
diesen Nachweis
in
geeigneter Formzu
leisten. Nach Ansichtdes
Gerichts,ist es
der Klägerindamit
nicht gelungen,den
geforderten Beweisder
Mitgliedschaftder von
ihr behaupteten Personen zu erbringen.AdZiff.2
und 4 desEntscheiddispositivs
Der
für die
Prozesskosten massgebende Streitwed (Art. 91 ZPO; BGE 140lll 65
E, 3'1 S. 66f. und
Art.3 PKV) beträgt gemäss unbestrittener Darstellung der
Klägerin CHF 1O0,OO0.OO.Mit den Parteien geht das Gericht ebenfalls von
einervermögensrechtlichen Streitigkeit aus (vgl. auch Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern
vom
27,Oktober 2015,2K15494,8.9). Die
Gerichtskostenfür das
vorliegende Verfahren werden bestimmtauf
CHF 12'0O0.OO (Art,36
Abs,1
i,V.m.Art.5
VKD). Die parteientschädigung spricht das Gericht nach den kantonalen Tarifenzu (Art'
105 i.V'm'96 ZPO sowie
Parteikostenverordnung,PKV; BSG 168'811). lnnerhalb
desHonorarrahmens bemisst sich der Parteikostenersatz nach dem in der Sache gebotenen Zeitaufwand und
der
Bedeutung der Streitsache sowie der Schwierigkeitdes
Prozesses (Art.41
Abs.3 KAG), Die von den
RechtsanwältenDr. Güngerich und
Luginbühlgeforderten Honorare sind in
Anwendungder
vorerwähnten Grundsätzeund
unterRegionalgericht Qberland, Gerichtspräsident Hiltpold
s.4.4
ctv 151511Berücksichtigung des zeitlichen Aufwands und der für die Parteien grosse Bedeutung der Streitsache angemessen