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Die Evolution der Nierenfunktion

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P . b . b . G Z 0 2 Z 0 3 1 1 0 6 M , V e r l a g s p o s t a m t : 3 0 0 2 P u r k e r s d o r f , E r s c h e i n u n g s o r t : 3 0 0 3 G a b l i t z

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Offizielles Organ der

Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie

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Die Evolution der Nierenfunktion

Mayer G

Journal für Hypertonie - Austrian

Journal of Hypertension 2011; 15

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Jetzt in 1 Minute

Früh-erkennung der PAVK: boso

ABI-system 100

PAVK – Die unterschätzte Krankheit

Die periphere arterielle Verschlusskrank-heit (PAVK) ist weitaus gefährlicher und verbreiteter als vielfach angenommen. Die getABI-Studie [1] zeigt, dass 20 % der > 60-Jährigen eine PAVK-Prävalenz aufweisen. Die PAVK wird oft zu spät diagnostiziert. Das liegt vor allem da-ran, dass die Betroffenen lange Zeit be-schwerdefrei sind und eine entsprechen-de Untersuchung daher meist erst in akuten Verdachtsfällen erfolgt. Mit dem Knöchel-Arm-Index („ankle- brachial in dex“ [ABI]) ist die Diagnose einer PAVK durchführbar. Der Knöchel-Arm-Index (ABI) ist ein wesentlicher Marker zur Vorhersage von Herzinfarkt, Schlag-anfall und Mortalität.

PAVK-Früherkennung mit dem boso ABI-system 100: Ein Gewinn für alle. Eine präzise und schnelle, vaskulär orientierte Erst untersuchung.

Der entscheidende Wert für die Dia-gnose der PAVK ist der Knöchel-Arm-Index („ankle-brachial index“ [ABI]). Das boso ABI-system 100 ermittelt die-sen Wert zeitgleich und oszillometrisch an allen 4 Extremitäten. Die eigentliche Messung dauert dabei nur ca. 1 Minu-te. Ein ABI-Wert < 0,9 weist im

Ver-gleich mit dem Angiogramm als Gold-standard mit einer Sensitivität von bis zu 95 % auf eine PAVK hin und schließt umgekehrt die Erkrankung mit nahezu 100 % Spezifität bei gesunden Perso-nen aus.

Das boso ABI-system 100 wurde wei-terentwickelt und ist jetzt optional mit der Messung der Pulswellenge-schwindigkeit ausgestattet.

Optional ist das boso ABI-system 100 ab sofort auch mit der Möglichkeit zur Messung der

Pulswellengeschwindig-keit (ba) verfügbar. Mit der Messung der Pulswellengeschwindigkeit („pulse wave velocity“ [PWV]) kann eine arteri-elle Gefäßsteifigkeit diagnostiziert wer-den. Die Steifigkeit der arteriellen Ge-fäße nimmt mit einer fortschreitenden Arteriosklerose zu, was sich durch eine Erhöhung der Pulswellengeschwindig-keit darstellt. PWV und ABI-Wert er-möglichen eine noch fundiertere Risi-kostratifizierung von kardiovaskulären Ereignissen.

Literatur:

1. http://www.getabi.de

Weitere Informationen: Boso GmbH und Co. KG Dr. Rudolf Mad

A-1200 Wien

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Die Evolution der Nierenfunktion

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Eingelangt am 22. Oktober 2010; angenommen nach Revision am 27. Januar 2011 Aus der Abteilung für Nephrologie und Hypertensiologie, Universitätsklinik für Innere Medizin IV, Medizinische Universität Innsbruck

Korrespondenzadresse: Univ.-Prof. Dr. med. Gert Mayer, Abteilung für Nephro-logie und HypertensioNephro-logie, Universitätsklinik für Innere Medizin IV, Medizinische Universität Innsbruck, A-6020 Innsbruck, Anichstraße 35;

E-Mail: gert.mayer@i-med.ac.at

Die Evolution der Nierenfunktion

G. Mayer

Kurzfassung: Die Aufgaben der Nieren in der Entgiftung, der Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltshomöostase sowie der Regulation des Wasserhaushalts werden durch ein extrem kom-plexes Zusammenspiel von glomerulären und tu-bulären Funktionen sicher gestellt. Das Studium der Anpassung der einzelnen Strukturen und Stoff-wechselabläufe an sich verändernde Umgebungs-bedingungen im Laufe der Evolution erlaubt es,

unser Verständnis der Physiologie, aber auch der Pathophysiologie zu vertiefen.

Schlüsselwörter: Nierenfunktion, Evolution, vergleichende Physiologie

Abstract: The Evolution of Kidney Function.

The regulation of renal function in the context of detoxification, electrolyte as well acid-base and water homeostasis requires an extremely

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Grundzüge der Nierenfunktion

Filtration, Sekretion und Reabsorption zur Sicherung eines konstanten inneren Milieus

Zwanzig Prozent des Herzminutenvolumens fließen durch die Nieren. In den Glomerula werden 20 % davon in die Bow-man’sche Kapsel, den Beginn des Tubulussystems, abge-presst. Bei einer glomerulären Filtrationsrate von 100 ml/ Min. entstehen so 144 l Primärharn pro Tag. Neben Wasser enthält diese große Menge an Flüssigkeit verschiedene End-produkte des Stoffwechsels (z. B. Harnstoff), aber auch viele kleinmolekulare Substanzen wie Natrium, Chlorid, Amino-säuren oder Glukose: Diese finden sich im Primärharn in der gleichen Konzentration wie im Plasmawasser, während höhermolekulare Substanzen, je nach ihrer Größe, Konfigura-tion und elektrischen Ladung, teilweise oder komplett in der Blutbahn zurückgehalten werden. Die Aufgabe des nachfol-genden Tubulussystems ist es nun, einen massiven und be-drohlichen Verlust dieser kleinmolekularen wichtigen Sub-stanzen zu verhindern und die Elimination exakt der Zufuhr anzupassen. So werden in den verschiedenen Abschnitten des Tubulussystems ca. 99 % des filtrierten Kochsalzes und ande-re Substanzen wie Glukose bei Gesunden sogar zu 100 % wieder reabsorbiert. Quantitativ spielt in Bezug auf die Na-triumrückresorption das proximale Tubulussystem die größte Rolle. Nur 25–30 % der glomerulär filtrierten Menge errei-chen den nächsten Abschnitt, die Henle’sche Schleife, in der weitere 20 % aus dem Lumen entfernt werden. Die Reab-sorption erfolgt (wie auch im distalen Tubulus, der 3–4 % der Rückholleistung erbringt) isoosmolar, d. h. das Verhältnis von Natrium zu Wasser entspricht jenem im Plasmawasser, da die Abschnitte für Wasser gut permeabel sind und daher dieses dem Natrium isoosmolar folgt. Das bedeutet aber auch, dass in diesen Abschnitten ausschließlich das Volumen (i. e. die Gesamtmenge an Natrium und Wasser) des Extra-zellulärraums reguliert werden kann, nicht aber dessen Osmolarität (i. e. das Verhältnis zwischen den beiden). Wie viel Volumen rückresorbiert wird, bestimmen u. a. der Sympa-thikotonus oder Hormone, wie das

Renin-Angiotensin-Aldos-plex interplay between glomerular and tubular functions. A better understanding of the adap-tive processes during evolution and its changing environmental challenges is of great help to un-derstand modern physiology but also patho-physiology. J Hyperton 2011; 15 (1): 9–12. Key words: renal function, evolution, compa-rative physiology

teron- oder das ANP-System. Da aber nur sehr selten eine Kochsalzlösung mit der exakt gleichen Natriumkonzentration wie jene im Plasmawasser zugeführt wird, ist es notwendig, für die Osmoregulation (also die Regulation des Verhältnisses zwischen Natrium und Wasser im Körper) eigene Mechanis-men zu etablieren. In der Niere stehen dafür der dicke aufstei-gende Ast der Henle’schen Schleife oder das Sammelrohr zur Verfügung, da diese für Wasser nicht frei permeabel sind. Im dicken aufsteigenden Ast wird ausschließlich Natrium mit anderen Ionen resorbiert, Wasser kann nicht folgen. Daraus ergeben sich 2 Konsequenzen:

1. Die zurückbleibende Tubulusflüssigkeit wird im Vergleich zum Plasma hypoosmolar (i. e. sie enthält relativ mehr Wasser als Natrium). Lebewesen, bei denen dieses „Ver-dünnungssegment“ fehlt, sind nicht in der Lage, über einen verdünnten Harn freies Wasser auszuscheiden, also eine wesentliche Aufgabe der Osmoregulation über die Nieren-funktion zu lösen. Eine hohe glomeruläre Filtrationsrate er-laubt es prinzipiell, bei intakter Funktion des Verdünnungs-segments auch große Mengen an Wasser auszuscheiden.

2. Das apikal (i. e. an der dem Tubuluslumen zugewandten Seite) reabsorbierte Natrium wird basal von der Epithel-zelle in das umgebende Tubulointerstitium abgegeben und erhöht dort die Osmolarität. Bei entsprechender lokaler Gefäßarchitektur (Gegenstromprinzip) wird dieses Natri-um nicht sofort abtransportiert, sondern trägt zur Entste-hung des interstitiellen osmotischen Markgradienten, also der vor allem im Nierenmark bestehenden interstitiellen Hyperosmolarität, bei (Abbildung 1 zeigt, dass daran auch ein Harnstoffkreislauf beteiligt ist). Dieser Markgradient spielt ebenfalls in der Osmoregulation eine entscheidende Rolle, da er die Rückresorption von freiem Wasser aus dem Harn und damit die Reaktion auf eine Hyperosmolarität im Extrazellulärraum ermöglicht. Wenn von der Neurohypo-physe ADH ausgeschüttet wird, führt dies in der Niere in den Epithelzellen des Sammelrohrs zur Bildung von Aqua-porinen. Über diese kann dann Wasser aus dem hypo-osmolaren Harn in das hyperosmolare Interstitium fließen. Je höher die Osmolarität im Interstitium, desto mehr kann die Osmolarität des Harns über jene des Blutes angehoben werden. Um also die Aufgabe der Wasserkonservierung übernehmen zu können, ist ebenfalls das Verdünnungs-segment notwendig, allerdings müssen auch andere Vor-aussetzungen (z. B. die Anordnung der Gefäße, die

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rung der Niere in Rinde und Mark und die Möglichkeit der Bildung von Aquaporinen) geschaffen werden, um die Möglichkeit zu schaffen, Harn zu produzieren, dessen Osmolarität über jener des Blutes liegt. Tubulusepithel-zellen können aber auch Substanzen aktiv in den Harn se-zernieren; im proximalen Abschnitt z. B. organische Anio-nen oder KatioAnio-nen. Diese sind zwar klein, könAnio-nen den glomerulären Filter aber nicht passieren, weil sie an Eiweiß gebunden sind. Distale Tubulusabschnitte können u. a. Na-trium, Kalium oder Chlorid (mit Wasser) abgeben und tra-gen wesentlich zur Feinregulation des Volumenhaushaltes bei. Prinzipiell stellt sich aber die Frage, warum im Zuge der Evolution ein derart komplexes Organ entstanden ist, welches, zumindest auf den ersten Blick, absolut ineffizi-ent arbeitet. Homer Smith schrieb in seinem Buch „From Fish to Philosopher“: „What engineer, wishing to regulate the composition of the internal environment of the body on which the function of every bone, gland, muscle, and nerve depends, would advise a scheme that operated by throwing the whole thing out sixteen times a day and rely on grabbing from it, as it fell to earth, only those precious elements which he wanted to keep?“ August Krogh hat postuliert, dass es für jedes physiologische Problem eine Tierart gibt, die dafür eine spezielle Lösung entwickelt hat. Somit bietet die vergleichende Physiologie und/oder die Paläontologie die Möglichkeit, die Ursache für die Ent-wicklung bestimmter Vorgänge zu verstehen und damit vielleicht zu erklären, warum sie in der Niere so und nicht anders ablaufen.

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Protovertebraten und frühe

Meeres-wirbeltiere

Die Lebewesen im Urmeer benötigten keine Osmoregulation. Die Osmolarität im Organismus entsprach jener der Umge-bung (so genannte osmokonforme Lebensweise), da der Salz-gehalt des Meeres um 50 % niedriger als heute und damit die Osmolarität mit dem Leben durchaus kompatibel war. Es war erst die Wanderung der Fische in eine hypotone Umgebung (i. e. Süßwasser), die es notwendig machte, Mechanismen zur Osmoregulation zu entwickeln, um freies Wasser zu eliminie-ren. Die spätere Rückkehr in das bereits stärker salzhältige Meer oder die Besiedelung des Landes erforderten weitere Anpassungen.

Zu den Wirbeltieren (Vertebrata) gehören die Klassen der Schleimaale (Myxini), der Neunaugen (Petromyzontida) und die Überklasse der Kiefermäuler (Gnathostomata). Sie dürf-ten sich im Kambrium, dem Beginn des Phanerozoikums vor ca. 550–530 Millionen Jahren entwickelt haben. Die symme-trische Form und das Rückgrat waren günstig, um sich im Wasser rascher fortzubewegen. Von diesen Lebewesen sind keine fossilen Überreste erhalten. Trotzdem kann man nach dem Gesetz von Haeckel, das besagt, dass in der Ontogenese die Phylogenese zumindest in groben Umrissen wiederholt wird, versuchen, über die embryonale Entwicklung der Nie-ren bei niedeNie-ren WirbeltieNie-ren Rückschlüsse zu ziehen. Dort findet man das so genannte Pronephros. Es handelt sich dabei um segmental paarig angelegte Tubuli, die über das Nephro-stom mit der Coelomhöhle (der primitiven Körperhöhle) in Verbindung stehen und von dort durch Zilien Flüssigkeit ab-saugen. Diese wird durch in jedem Segment vorhandene, paa-rig angelegte Glomerula gebildet, die aus der dorsalen Aorta ent-springen. Bei manchen Lebewesen bildete sich aus einer Peri-tonealfalte die pronephrische Kammer, die das Nephrostom und die Glomerula vom Rest der Coelomhöhle abtrennt. Die Tubuli münden in einen paarig angelegten Kanal, der segment-übergreifend nach kaudal verläuft und nach außen mündet.

Da niedere Wirbeltiere als Endprodukt des Stickstoffstoff-wechsels Ammoniak synthetisieren und dieser frei auch durch Epithelien diffundiert, hat die Niere bei Protovertebraten als Eliminationsorgan für Stickstoffhaushaltsendprodukte keine Rolle gespielt. Da diese Lebewesen wie erwähnt mit der Um-gebung osmokonform lebten, bestand auch keine Notwendig-keit einer spezifischen renalen Kontrolle der Balance mono-valenter Ionen. Die „Urnieren“ dürften aber für die Homöo-stase divalenter Ionen (z. B. Kalzium, Magnesium oder Sul-fat) wichtig gewesen sein, da diese im Umgebungswasser in höherer Konzentration vorlagen als im Körperinneren und die Entwicklung eines Skelettsystems letztendlich nur möglich war, wenn deren Haushalt aktiv und differenziert reguliert werden konnte. Somit entstand durch die Funktion des Pronephros ein im Vergleich zur Umgebung isoosmolares, jedoch nicht isoionisches internes Milieu. Zusammenfassend war eine hohe glomeruläre Filtration nicht nötig, da die Ent-giftung nicht renal erfolgte und der Wasserhaushalt nicht ex-tra reguliert wurde. Die wenig entwickelten Glomerula hatten nur die Aufgabe, so viel Flüssigkeit an das undifferenzierte (da die Niere keine Aufgabe in der Osmoregulation hatte) Tubulussystem heranzubringen wie notwendig war, um die Abbildung 1: Der Aufbau des interstitiellen Markgradienten in der Niere und die

Reabsorption von Wasser. (1) Reabsorption von Na+/K+/2Cl ohne H

2O hinterlässt

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Die Evolution der Nierenfunktion

11 Sekretion von bestimmten Anionen und Kationen zu erlauben

und u. a. die Kalzium-, Magnesium-, Sulfat- und Phosphat-homöostase sicherzustellen, sowie die Ausscheidung von Xe-nobiotika und mancher Toxine zu ermöglichen.

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Leben in hypo- oder hyperosmolarer

Umgebung

Osmokonforme Lebewesen können Energie sparen, weil kei-ne Substanzen gegen eikei-nen Gradienten transportiert werden. Allerdings besteht eine ständige Bedrohung durch sich verän-dernde Umweltbedingungen und der Lebensraum ist stark be-schränkt. Tektonische Verschiebungen im Silur und Devon und damit verbundene, veränderte klimatische Verhältnisse führten dazu, dass Teile der Vertebraten in Süßwasserumge-bung wanderten. Smith vermutete, dass die damit verbundene Entwicklung von Panzern der Versuch war, sich vor den völ-lig veränderten osmotischen Umgebungsbedingungen zu schützen. Langfristig wurde es jedoch nötig, Möglichkeiten zu entwickeln, hypoosmolare Flüssigkeit, die aus der Umge-bung aufgenommen wurde, wieder zu eliminieren. Notwendi-ge AnpassunNotwendi-gen waren eine arterielle Durchblutung der Glo-merula und somit das Abgehen von der bis dahin üblichen re-nalen Portalperfusion, die Entwicklung von Reabsorptions-mechanismen und die Anlage des Verdünnungssegments. Nachdem es nicht nötig war, den Harn zu konzentrieren, gab es noch keinen Markgradienten; der Stickstoffstoffwechsel hatte als Endprodukt nach wie vor Ammoniak und daher be-stand keine Notwendigkeit der renalen Entgiftung.

Mit der Rückkehr der Knorpelfische (frühes Devon) und der Knochenfische (spätes Devon) in das Meerwasser musste wieder eine Möglichkeit entwickelt werden, Wasser zu kon-servieren oder den Organismus auf andere Art und Weise auf die umgebende Hyperosmolarität einzustellen. So veränderte sich z. B. bei Knorpelfischen (Haie oder Rochen) der Stick-stoffstoffwechsel; das neue Endprodukt war Harnstoff. Dieser wurde jedoch nicht renal eliminiert, sondern retiniert, um die innere Osmolarität an jene des Meerwassers anzugleichen oder knapp darüber anzuheben. Die Harnstoffkonzentration im Blut von Haien beträgt 2,5 %; zum Vergleich liegt sie bei anderen Wirbeltieren zwischen 0,01 und 0,03 %. So einfach diese Adaptation auch erscheinen mag, der Nachteil liegt darin, dass eine Vielzahl von weiteren Körperfunktionen ver-ändert werden muss, um sie vor der Toxizität hoher Harnstoff-konzentrationen zu schützen.Knochenfische haben daher in der Evolution eine andere Lösung gewählt. Sie verlieren zwar kontinuierlich Wasser an die Umgebung, sind aber in der Lage, dieses wieder zu ersetzen, indem sie Salzwasser aufneh-men, entsalzen und die Mineralien über die Kiemen ausschei-den (auch bei Reptilien oder Vögeln, die über dem Meer le-ben, wie Albatrosse, übernehmen so genannte Salzdrüsen die-se Aufgabe). In Anbetracht der ständigen Gefahr der Dehy-drierung durch den Verlust von Wasser an die hyperosmolare Umgebung war es auch nicht mehr sinnvoll, hohe Mengen an Glomerulumfiltrat zu bilden. Da auch die Stickstoffelimi-nation der Knochenfische weiter über die freie Diffusion von Ammoniak erfolgt, finden sich oft nur degenerierte oder gar keine Glomerula. Die Blutversorgung der Nieren erfolgt wieder über ein venöses Portalsystem aus der distalen Körper-hälfte (bei langen Tieren gibt es ein kaudales Herz, um die

Niederdruckperfusion aufrecht zu halten). Das Verdünnungs-segment und die Sammelrohre fehlen, da osmoregulatorische Aufgaben nicht von der Niere wahrgenommen werden. Aller-dings kommt bei diesen Tieren wieder der tubulären Sekretion als einzigem Weg der Elimination bestimmter toxischer Sub-stanzen große Bedeutung zu. Diese wurde dementsprechend auch erstmals von Marshall 1923 bei einem aglomerulären Fisch, dem Lophius piscatorius, nachgewiesen, rezente Studien von Beyenbach haben hier weitere Aufschlüsse erbracht. So erzeugt alleine die notwendige Sekretion von Chlorid, Natrium, Magnesium, Phosphat oder Sulfat mit der damit verbundenen Wasserelimination einen ausreichenden Harnfluss (in einem Liter Meerwasser finden sich 537 mmol Chlorid, 461 mmol Natrium, 53 mmol Magnesium und 10 mmol Kalzium). In die-sem Zusammenhang sei auch kurz erwähnt, dass es Experimen-te bei aglomerulären Fischen waren, in denen bewiesen wurde, dass PAH der ideale Marker des renalen Plasmaflusses ist.

Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass bei im Meer le-benden niederen Wirbeltieren die Hauptaufgabe der Nieren die Elimination von toxischen Substanzen (Anionen und Kat-ionen sowie divalente Ionen) durch tubuläre Sekretion war. Osmoregulatorische Aufgaben wurden von anderen Organen übernommen bzw. über eine osmokonforme Lebensweise ge-löst. Eine Wasserelimination oder Entgiftung im Sinne der Elimination von Stickstoffstoffwechselendprodukten war nicht nötig. Diese begrenzten Aufgaben wurden durch Tubuli ohne wesentliche segmentale Differenzierung übernommen. Diese starke Ausrichtung der Niere auf tubuläre Sekretion steht scheinbar im kompletten Gegensatz zu ihrer heutigen Funkti-on beim Menschen, wo es den Anschein hat, dass das Tubu-lussystem eine hauptsächlich reabsorptive Aufgabe erfüllt. Ob dies allerdings tatsächlich so ist, bleibt unklar. Die sekre-torische Arbeit des proximalen Tubulus und der distalen Ab-schnitte wurde bereits erwähnt. Die exakte quantitative Erfas-sung der Vorgänge ist allerdings schwer, da z. B. eine Natriumsekretion im proximalen Tubulus wegen der starken Reabsorption nur schwer beweisbar ist. Grantham et al. konn-ten zeigen, dass alleine durch die Sekretion von Hippursäure unter physiologischen Bedingungen ca. 1 l Flüssigkeit sezer-niert wird. Bei Patienten mit einem akuten Nierenversagen und de facto völlig zusammengebrochener glomerulärer Filt-ration bleiben in Biopsien die Tubuli offen und ausgeweitet und sind nicht kollabiert, wie dies eigentlich bei völligem Sis-tieren des Harnflusses zu erwarten wäre. Bei Patienten mit polyzystischer Nierenerkrankung konnte gezeigt werden, dass ab einem Zystenvolumen von ca. 200 ml die Verbindung des betroffenen Tubulus zum Glomerulum verloren geht. Trotzdem hält das Zystenwachstum durch einen aktiven Sekretionsprozess weiter an. Dies kann auch als Beispiel da-für herangezogen werden, dass im Rahmen von Krankheiten Mechanismen, die im Rahmen der Evolution verloren gegan-gen sind, wieder aufgegan-genommen werden.

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Leben an Land

Eine andere Möglichkeit, neue Lebensräume zu erobern, war die Besiedelung des Landes.

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Möglichkeit der Anpassung an das Leben an Land und an den damit verbundenen drohenden Wassermangel ist es, Wasser in einem Reservoir zu speichern. Frösche nutzen dafür ihre Blase, aus der bei Bedarf unter dem Einfluss eines ADH-ähnli-chen Hormons Wasser in den Körper abgegeben wird. Zusätz-lich drosseln Frösche bei Volumenmangel massiv die glomeruläre Filtration, das Portalsystem der venösen Durch-blutung und die damit verbundene Tubulusfunktion der Sekre-tion bleiben erhalten. Bei Amphibien spielt auch noch die Haut eine wesentliche Rolle in der Osmoregulation, erlaubt sie doch die passive Wasseraufnahme, wenn die Tiere im Wasser leben. Reptilien, die fast nur mehr an Land leben, wie Lurche und Schlangen, passen sich an, indem sie die Haut de facto wasser-impermeabel machen und als Endprodukt des Eiweißstoff-wechsels Harnsäure bilden. Diese ist fast unlöslich und benötigt daher 50× weniger Flüssigkeit als Ammoniak, um eliminiert zu

werden. Dieser Uricotelismus (der auch bei Vögeln anzutreffen ist) ist eine generelle Eigenschaft von Tieren, die in trockener Umgebung leben, aber nicht in der Lage sind, einen konzen-trierten Harn zu bilden. Die Harnsäure wird tubulär sezerniert, es wird nur so viel Flüssigkeit in das Tubuluslumen abgegeben, wie nötig ist, um die Harnsäurepaste weiter zur Kloake zu trans-portieren. Dort wird auch die letzte verbleibende Flüssigkeit wieder reabsorbiert, sodass diese Tiere auch teilweise leben können, ohne jemals oral Wasser zuzuführen, da bereits die Produktion durch den normalen Stoffwechsel ausreichend ist. Eine Folge dieser Adaptierung ist es, dass die glomeruläre Fil-tration wieder gedrosselt wird. Dies wird erzielt, indem im Gegensatz zum Menschen, bei dem die glomerulären Kapilla-ren ein komplexes Netzwerk mit vielen Anastomosen bilden, diese zum Beispiel bei Vögeln nur mehr aus einer einzigen Schlinge bestehen. Um die Rückresorptionsmöglichkeiten wei-ter zu optimieren, kann bei Reptilien Wasser nicht nur gemein-sam mit Natrium, sondern auch mit Sulfat oder organischen Teilchen, wie Cholin, reabsorbiert werden.

Somit ist bei vielen Amphibien und Reptilien sowie Vögeln die Niere bereits ein Organ, welches bei der Elimination der Endprodukte des Stickstoffstoffwechsels eine Rolle spielt, allerdings im Sinne einer Elimination von Harnsäure. Da Harnsäure kaum Flüssigkeit braucht, um ausgeschieden zu werden, ist es für diese Tiere nicht notwendig, aufwendige Mechanismen zu entwickeln, um den Harn zu konzentrieren.

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Säugetiere

Säugetiere sind homoiotherm; diese Eigenschaft ist günstig, erlaubt sie es doch auch zum Beispiel, in der Nacht aktiv zu bleiben. Allerdings ist der Metabolismus auch wesentlich ak-tiver und da das Endprodukt des Proteinstoffwechsels bei Säugern Harnstoff ist, welcher zwar weniger toxisch ist als Harnsäure, aber mehr Wasser zur Elimination benötigt, ist es notwendig, eine hohe glomeruläre Filtration zu erreichen. Um nun alle Aufgaben übernehmen zu können, war es nötig, alle Möglichkeiten zu kombinieren, im Laufe der Evolution ent-standen sind:

1. Die hohe glomeruläre Filtration erlaubt es, Harnstoff suffi-zient zu eliminieren. Homoiotherme Lebewesen sind

stoff-wechselaktiv, Harnsäure als Endprodukt des Stickstoff-stoffwechsels ist zu toxisch, Harnstoff ist weniger toxisch, benötigt aber eine ausreichende glomeruläre Filtration von Flüssigkeit.

2. Die hohe Filtrationsrate sorgt auch dafür, dass an das Verdünnungssegment ein ausreichendes Flüssigkeitsan-gebot herangebracht wird, um bei Bedarf die Möglichkeit zu schaffen, freies Wasser zu bilden und so vor einer Wasserintoxikation zu schützen.

3. Der interstitielle osmotische Markgradient erlaubt es, den Harn trotz der Notwendigkeit Harnstoff auszuscheiden, maximal zu konzentrieren und so einer Dehydrierung ent-gegenzuwirken.

4. Die tubuläre Sekretion bleibt ebenfalls erhalten und trägt zur Entgiftung bei. Darüber hinaus kann durch ein abge-stimmtes Gleichgewicht zwischen Sekretion und Reab-sorption die Homöostase optimal gesteuert werden.

Der Preis, der für eine derart differenzierte Leistung erbracht werden muss, ist allerdings ein hoher Sauerstoffbedarf und die damit verbundene Anfälligkeit für Störungen der Funktion.

Abschließend sei auch noch erwähnt, dass es innerhalb der Gruppe von Säugetieren noch einmal eine Adaptation der Niere gibt, je nachdem, ob viel oder wenig Wasser zur Verfügung steht. Während die menschliche Niere den Harn auf maximal 1200 mosmol/kg konzentrieren kann, sind Wüstenbewohner wie das Kamel oder die Känguruhratte in der Lage, Harn-osmolaritäten von 9000 bzw. 13.000 mosmol/kg zu erreichen.

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Interessenkonflikt

Der Autor verneint einen Interessenkonflikt.

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Danksagung

Ich bedanke mich bei Univ.-Doz. Dr. Christoph Schwarz (KH der Elisabethinen, Linz) für die kritische Durchsicht des Ma-nuskripts und die wichtigen Anregungen

Literatur beim Verfasser.

Univ.-Prof. Dr. med. Gert Mayer

Geboren 1959. 1977–1983 Medizinstudium an der Universität Wien. 1989–1991 Max-Kade-Forschungsstipendium der Österreichischen Aka-demie der Wissenschaften (Abteilung für Ne-phrologie, Stanford University). 1991 Facharzt für Innere Medizin und Ernennung zum Oberarzt, 1992 Universitätsdozent für Innere Medizin (Ha-bilitation: „Kardiovaskuläre und leistungsphysio-logische Effekte der Therapie der renalen Anä-mie mit rekombinantem humanem

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Die neue Rubrik im Journal für Kardiologie:

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In dieser Rubrik werden Flow-Charts der Kardiologie kurz und bündig vorgestellt

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