162
Dieser Entkräftungsversuch zeigt, daß offenbar nach wie vor unbeantwortete Fragen bleiben.
Eines scheint mir immerhin aus ihm klar hervorzugehen, daß nämlich das Problem «Ganzheitlich-keit des Organismus Summenhaftigkeit der Landschaft [und zwar der
Natur-
undKulturland¬
schaft]» nicht ohne weiteres zugunsten des einen bzw. zu Ungunsten des andern Phänomens zu
erledigen ist. Mich persönlich dünkt, die Lösung dürfte in einem mittleren Bereiche zu suchen und zu finden sein. M. a. W. die Landschaften sind für mich ebenso Vielheiten und Einheiten wie
Organismen (und alle konkreten Gebilde der
Wirklichkeit),
wobei klar sein dürfte, daß zwischenbeiden unzweifelhaft essentielle Unterschiede bestehen ansonst sie der Mensch ja auch gar nicht
verschieden benannt hätte. Ob hierbei Organismen mehr Einheiten als Vielheiten, Landschaften
mehr Vielheiten denn Einheiten darstellen, scheint mir ich vermute damit auch im Sinne E. Schmids zu sprechen in diesem Zusammenhang nicht entscheidend wichtig (wobei ja, völlig kon¬ kret gesehen, jeder Organismus ein solch vielfältiges Forschungsobjekt ist, daß die Einheit vorder¬
hand faktisch nicht weniger ein Problem bleibt als bei der Landschaft!). Andererseits ist die Frage der Einheit der Landschaft immerhin weder theoretisch noch praktisch, weder für ihre Erkenntnis
noch für ihre Planung, Gestaltung und Nutzung belanglos. Es ist keineswegs gleichgültig, ob Land¬ schaft a) nur als Einheit gelten kann (bei der die Teile völlig unselbständig sind und daher über¬
haupt vernachlässigt werden können), ob sie b) nur Summe darstellt (bei der keinerlei Bindungen der Komponenten aneinander und zum «Ganzen» zu berücksichtigen sind), oder ob sie c) Einheit und Vielheit zugleich (mannigfaltige Einheit oder einheitliche
Mannigfaltigkeit)
ist, bei welcher «Struktur» Teile und Ganzes ihrer Bedeutung gemäß zu würdigen sind, wenn realiter eine sinnvolle, «optimale» Existenz beider erzielt werden soll. Ich erblicke gerade in der Tatsache, daß Prof. Schmid sich von jeher nicht allein, ja nicht einmal vorzugsweise für den Schutz einzelner Organis¬ men, sondern für denjenigen «ganzer» Biozönosen (und damit im Grund für Landschaften) ein¬ gesetzt hat und dauernd einsetzt, einen sehr konkreten und wertvollen Beweis dafür, daß ihm offenbar der Zusammenhang aller Dinge worum es eigentlich bei der Kontroverse Ganzheit - (die m. E. an realen Dingen immer nur relativ erfüllt ist: welcher Organismus ist voll ganzheitlich Summen¬ haftigkeit geht, ihr Gefüge, doch nicht weniger real und wichtig erscheint als die «Einzelge¬bilde» selbst, und glaube, daß in dieser Hinsicht die Differenzen zwischen den Forschern im Grunde
mehr formalen als materialen Charakter tragen.
E.W.
LA CONCEPTION
D'INTEGRALITE
DANSLA BIOCENOLOGIE
ET DANS LA SCIENCE DUPAYSAGE
La conception d'integralite est discutee ici en relation avec la biocenologie et la science du paysage.
L'application de cette conception ä la biocenose et au paysage est inadequate. II est impossible de creer des classes et des systemes de Classification. Les phenomenes biocenologiques et geographiques, quelle que soit leur nature, meme s'ils sont homogenes ou uniques, ne peuvent pas etre consideres comme indivisibles ou comme un organisme. L'analyse des biocenoses et des paysages doit donc etre effectuee par celle des participants et des composants. Les biocenoses et les paysages ne sont
que des tranches plus ou moins homogenes, I'une de la Vegetation, l'autre de la superficie de la terre. Le paysage deforme par l'influence de l'homme doit etre traite separement du paysage naturel, lorsque les deformations sont predominantes.
DIE
LANDSCHAFT
IM
UNTERRICHT
DER
MITTELSCHULE*
Werner
Nigg
Über
«Landschaft»
zu sprechen,erscheint
imRahmen
einesKurzvortrages
bei¬nahe
unmöglich.
Nicht
zuletzt
deshalb,weil
derBegriff
heute nochimmer Gegenstand
lebhafter Auseinandersetzungen
bildet.
Obwohl
es m. E. falschwäre,
diese wissen¬schaftlichen Kontroversen
in dieMittelschule
zutragen,
da dieGeographie
an derMittelschule
ihrem Wesen
undZiel
nach doch etwas anderesdarstellt
als an der* Dieser Aufsatz entspricht dem Vortrag «Die Behandlung einer Landschaft in der
Mittel¬
Hochschule,
dünkt
es michnotwendig,
daßwir Lehrer
dieseDiskussionen mit
Inter¬
esse
verfolgen.
Während
dessogenannten
propädeutischen
Geographieunterrichts
-
d. h. des¬jenigen
derunteren Klassen
-
sollten
dieSchüler mit
demBegriff
und derTypisie¬
rung
derErscheinung
«Landschaft»
einigermaßen
vertraut
werden.
Sie sollenlernen,
daß die
Landschaft
alsTeil
derErdoberfläche
nicht nur
eineFlächenausdehnung,
sondern auch eine
Vertikalentwicklung
von derGesteinshülle
biszur
Atmosphäre
hat, daß sienicht nur
nachihrer Form
undihrem
Inhalt,
sondern auch nach ihrenFunk¬
tionen
beschrieben unduntersucht
werden
muß;
daß eineLandschaft
in gewissem Sinne einOrganismus
ist, über dessenAnatomie,
Leben undEntstehungsgeschichte
die
Geographie
Auskunft
gebenwill.
Der Schüler
wird
bald erfassen, was eine Natur-und eineKulturlandschaft,
eineAgrar-
und eineIndustrielandschaft
ist.Er
wird
auch bald
verstehen,
daß dieBezeichnungen einzelner
Landschaften
zumeist
von do¬minierenden Elementen,
vonDominanten
auserfolgt.
Um
einenkonkreten
Ansatz
zufinden,
wollen
wir
denfolgenden
Ausführungen
eine ganz
bestimmte
Landschaft
zuGrunde
legen. Ichgreife
meine engereHeimat
heraus, die
durch
dieBündner Herrschaft,
d. h. denpolitischen Kreis
Maienfeld
repräsentiert wird.
DieseLandschaft
-
über derenBegrenzungsprobleme wir
uns hiernicht
langeaufhalten wollen
-
umfaßt
imwesentlichen
dasGebiet
imWinkel
zwi¬
schenRhein
imWesten
undLandquart
im Süden.Im
Norden
fällt
dieGrenze zur
Hauptsache mit
derLandesgrenze
gegenLiechtenstein
zusammen.
Erhöht
aufsanft¬
ansteigenden
Schuttkegeln,
umrahmt
vonwohlgepflegten
Weinbergen,
lehnen diestattlichen Siedlungen:
dasStädtchen
Maienfeld,
dieDörfer
Malans
undJenins
anden
Bergzug mit
denstolzen
Gipfeln
desFalknis
und derGleckhörner,
während
Fläsch
im Schutze deskleinen,
steilenFläscherberges liegt. Der
fruchtbare
Boden, die guteSpalierlage
und derwarme Föhn bilden
dieGrundlagen
für
diese gesegneteWeingegend,
die auch etwa«Garten Graubündens»
genannt
wird.
Wir
können
nun bei einerBehandlung
derHerrschaft
dassogenannte
länderkund¬
liche Schemaanwenden;
d. h.nacheinander
Lage,Größe,
Begrenzung,
Aufbau, Klima,
Gewässer,
Vegetation,
Mensch,
Wirtschaft
undSiedlung
beschreiben und dieseEle¬
mentezueinander
inBeziehung
setzen. Dieswäre
der z.T.
seitlangem verpönte,
als
langweilig
undabgedroschen bezeichnete
Weg.
Ist dieserWeg
abernicht
dochgut?
Gibt
ernicht
eineMöglichkeit,
dieursächlichen Zusammenhänge mit
den Schü¬lern
zuerarbeiten
Gibt
er demSchüler
nicht
einMuster,
nachwelchem
er später jede andereLandschaft
ohne großeSchwierigkeit
selbstuntersuchen
und beschreibenkann?
Und vor
allem:
bietet ernicht
dieeinzige
Möglichkeit,
sich vor derGefahr
der
Einseitigkeit
undUnvollständigkeit
derLandschaftserfassung
zuschützen,
diesevielmehr
in jedemFalle
-
gleichmäßig
alleLandschaftselemente berücksichtigend
-konkret
undobjektgemäß
vorzunehmen?
Ich möchte diese erstenFragen für
dieDis¬
kussionzurückstellen,
d. h. siedurch
einweiteres
Gremium beantworten
lassen.Eine
weitere
Methode nimmt
dominierende Elemente
alsAusgangspunkt.
Fra¬
gen
wir,
welches dasDominierende
in derHerrschaft
sei, sowerden
wir
-
je nachBetrachtungsweise
verschiedene
Antworten
erhalten.
Sehrwahrscheinlich
dürfte
aber eine davon
lauten:
Die
Weinberge.
DieseAntwort
stützt
sich auf dietatsächlich
insAuge
stechendenRebhänge
des Gebietes, die dem ganzenWirtschaftsleben
und auch denSiedlungen
dasGepräge
geben.Denn
sowohl
demBeobachter,
der von Sar¬ gans, wie dem, der vonChur
herkommt,
vor allem aberdemjenigen,
der auf demgegenüberliegenden, erhöhten
Wartenstein
steht,werden
besonders dieWeinberge
alsLandschaftselement auffallen. Vor
150Jahren,
als derWeinbau
auch in derweiteren
Umgebung
nochverbreiteter
war, wäre
dieHerrschaft
wohl
kaum sostark
als ein¬heitliche
Landschaft
aus denNachbargebieten
hervorgetreten.
DiesenWeinbau
neh¬men
wir
nun alsAusgangspunkt
unserer
Lektion.
Wir
untersuchen
einerseits,warum
und wie er hier
betrieben
wird, wir
fragen
nach seinennatürlichen
Voraussetzungen
164
(Aufbau,
Boden,
Klima,
Spalierlage
usw.),
nach seinerGeschichte
undversuchen,
seine
Auswirkunden
auf diePhysiognomie
und dasWesen
derLandschaft
undihrer
Bewohner festzustellen.
Auch hierbei werden
wir
also dieLandschaft
nachihren
Elementen
studieren; wir
folgen somit ebenfalls
einem Schema, das sich vomländer¬
kundlichen
imGrunde lediglich
durch
dieReihenfolge
deruntersuchten
Elemente
unterscheidet,
vielleicht
aberandrerseits
dieGefahr
in sichschließt,
daß 1.nicht
un¬bedingt immer
diewirkliche
Dominante
in denVordergrund
gerückt
wird
und 2.möglicherweise wichtige
Elemente
vernachlässigt
bleiben. Eswäre
wertvoll,
wenn
ander
Diskussion
Vor-
undNachteile
dieserMethode
und bereitsgemachte
Erfahrun¬
genmit
derselben besprochenwürden.
Grundsätzlich
nur wenig
von den beidengenannten
Betrachtungswegen
verschie¬
den sindfolgende,
die hiernur
nochkurz
angedeutet
seien:1.
Die
Anknüpfung
an eineSchilderung
der zubetrachtenden
Landschaft,
aufGrund
derer dieSchüler versuchen,
sich einBild
derLandschaft
selbst zuerar¬
beiten
(nach
Schema oderDominantenmethode).
2. Das
Ausgehen
vonBilderbetrachtungen
(Lichtbilder,
Film).
3.
Mittelst
desVergleiches
(anHand
vonKarte
undBildern),
z. B.gegensätz¬
licher
Landschaften
(Herrschaft-Gebiet
vonLandquart
oderlinke
Talseite
beiRagaz),
wobei
klarsteht,
daßvor
demVergleich
schon eine gewisseKenntnis
der zu
vergleichenden
Landschaften
vorhanden
sein muß.Daß
dieExkursion
das besteHilfsmittel
derLandschaftsbetrachtung
ist, scheintmir
selbstverständlich.
Bei
allen
diesenVerfahren
istoffensichtlich,
daßwir,
wenn
wir
eineLandschaft
erfassen
wollen,
diesnicht
ohne derenZergliederung
inElemente,
derenAnalyse
tunkönnen. Denn
obwir
noch so sehr eineLandschaft
als Ganzes zuerkennen
streben,werden
wir
in keinemFall
darum
herumkommen,
sie eben in undmit ihren Elemen¬
tenaufzufassen. Dem oft gehörten Ruf
nach Synthese-
demzweifellos Berechtigung
zukommt
muß demnachdamit
begegnetwerden:
keine Synthese ohneAnalyse.
Dabei bleibt
aber selbst dieFrage
nach der Synthesevorderhand
nochunabgeklärt.
Was
ist sie denneigentlich,
diese Synthese, vonwelcher
namentlich
in derGeographie
so
viel
gesprochenwird
Auch
dieseFrage möchte
ichdurch
dieDiskussion
beant¬worten
lassen. Esliegt mir nur
daran, zu betonen, daß man sichdarunter
nicht
«all¬
zuviel» vorstellen
sollte.Wenn wir
vomWortsinne
ausgehen, der«Zusammenstel¬
lung»,
«Verknüpfung»
undzwar
Verbindung
vonmehreren
Einheiten
zu einer neuen(höheren)
Einheit
bedeutet, dann ist uns ja derWeg
durchaus
klar
gewiesen. Syn¬thetische
Landschaftsbetrachtung
heißt dannnichts
mehrweiter
als derVersuch, durch
Zusammenfügen
derLandschaftsbestandteile
dasGanze
derLandschaft
sichtbar
zumachen.
Allerdings,
wie dies am bestengemacht
wird,
darüber
gehen dieMeinungen
nochauseinander.
In denangedeuteten
Verfahren dürften
jedoch
immerhin
-
das hat ja dieErfahrung
gezeigt-
geeigneteWege
bestehen.Welches
dievorteilhaftesten
sind undwie
man sie am besten begehen kann, das möge nun unsereDiskussion erweisen.
LE
PAYSAGE GEOGRAPHIQUE
DANSL'ENSEIGNEMENT
SUPERIEURA l'exemple de la « Bündner Herrschaft » nous discutons quelques methodes de l'enseignement
de la geographie ä l'ecole superieure surtout celle du Schema geographique et des dominantes. L'analyse est importante chaque fois qu'il est question du paysage geographique. Par contre, il faut
se demander en quoi consiste exactement la Synthese que l'on reclame toujours ä nouveau dans
notre branche. Nous aimerions connaitre l'opinion de nos collegues ä ce qui concerne les methodes