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Auswirkungen der Bioökonomiestrategie auf die Ernährungssicherung in Deutschland . 90

No documento in Brasilien und der EU (páginas 90-93)

4. Ergebnisse und Diskussion

4.4 Exkurs: Auswirkungen der Bioökonomiestrategien in Deutschland und der EU auf die

4.4.2 Auswirkungen der Bioökonomiestrategie auf die Ernährungssicherung in Deutschland . 90

4.4.2.1 Inhalte und Vorteile der deutschen Bioökonomiestrategie

Durch die Nationale Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030 und die Nationale Politikstrategie Bioökonomie will die Bundesregierung die Bioökonomie in Deutschland konsequent durchsetzen (BÖR, 2014) und hat bereits im internationalen Vergleich eine Spitzenposition bei deren Aufbau eingenommen (BMBF, 2014b).

Die Bioökonomiestrategie in Deutschland umfasst folgende Punkte (BMBF, 2014b):

 Sicherstellen weltweiter Ernährung

 nachhaltige Agrarproduktion

 Produktion gesunder und sicherer Nahrungsmittel

 industrielle Nutzung nachwachsender Rohstoffe

 Ausbau der Biomasse als Energieträger

Das BMBF (2014b) weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass die Sicherstellung der Ernährungssicherheit eine höhere Wichtigkeit genießt als bspw. der Ausbau der Biomasse. Abbildung 17 zeigt vereinfacht die Ziele der Bundesregierung in Deutschland im Hinblick auf die Bioökonomiestrategie.

Abbildung 17: Die Ziele der deutschen Bioökonomiestrategie. Quelle: BMEL (2014a).

Deutschland gilt im Vergleich zu anderen Ländern als rohstoffarm, kann aber im Bereich Technologie als Vorreiter bezeichnet werden und nimmt zudem aktiv am globalen Wettbewerb teil. Mithilfe der Bioökonomie will Deutschland weiterhin global wettbewerbsfähig bleiben und gleichzeitig der

und der EU Christine Vorwerk

Seite 91 Generationengerechtigkeit durch eine nachhaltige Nutzung der Umwelt dienen. Dies beinhaltet unter anderem die nachhaltige Nutzung von Boden und Wasser sowie die Ernährungssicherung (BÖR, 2014), was allerdings in den Strategieprogrammen nur vage angeführt ist.

Bislang wurden diverse Förderinstrumente bereitgestellt, die u.a. - im Hinblick auf die Ernährungssicherung - zum Ziel haben, nachwachsende Rohstoffe in industrielle Prozesse zu integrieren, den biologischen Landbau zu fördern oder die Nachhaltigkeit im Agrarsektor zu verbessern (BMBF, 2014b). Allerdings wurde der Biolandbau bislang wenig gefördert und macht einen geringen Teil der agrarischen Produktion in Deutschland aus. Im Jahr 2013 wurden lediglich 6,4% der landwirtschaftlichen Nutzflächen biologisch bewirtschaftet und nur 8,4% der Agrarbetriebe in Deutschland besitzen eine Bio-Zertifizierung (BMEL, 2014b).

In Bezug auf die Ernährungssicherung in Deutschland spielt die Landwirtschaft - und damit einhergehend die Produktion von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln - eine bedeutungsvolle Rolle. Die Aufgabe der Landwirte besteht nach BMBF (2014a) u.a. darin, agrarwirtschaftliche Nutzflächen so zu bewirtschaften, dass zum einen der Bedarf gesichert ist und zum anderen die Umwelt so wenig wie möglich belastet wird.

Durch die global stetig ansteigende Bevölkerung steigt die Nachfrage nach Biomasse bei gleichzeitigem Sinken der Ackerfläche pro Kopf. Auch die Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln nimmt weiter zu. Um den Bedarf dennoch decken zu können, bedarf es laut nicht näher genannter Fachleute einer „Verbesserung der angebauten Nutzpflanzen9, um diese einerseits resistenter gegenüber Umwelteffekten zu machen und andererseits deren Leistungspotential zu steigern.

Außerdem müssen die Anbaumethoden verbessert werden (BMBF, 2014a).

In Deutschland werden derzeit ca. 30 Universitäten und 25 Institutionen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft finanziell unterstützt, um die Forschung in diesen Bereichen zu forcieren. Obwohl die Genomforschung und mögliche gentechnologische Anwendungen einen wichtigen Stellenwert haben, weist das BMBF darauf hin, dass Ressourcen umweltschonend genutzt und auch die Biodiversität nicht außer Acht gelassen werden darf. Darin wird offenbar kein Widerspruch gesehen und keine mögliche technologische Gefahr befürchtet.

Ebenfalls von großer Bedeutung für die deutsche Bioökonomiestrategie im Hinblick auf die Ernährungssicherung ist eine artgerechte Tierhaltung, die im Umgang mit Ressourcen vorausschauend handelt. Um der steigenden Nachfrage nach tierischen Lebensmitteln gerecht zu werden, sollen im Rahmen der Bioökonomiestrategie Nutztiere gezüchtet werden, die unempfindlicher und widerstandsfähiger gegen Krankheiten sind. Um dies zu erreichen, werden einerseits Forschungsprojekte durch das deutsche Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft

9 Es wird nicht näher angeführt, in welchem Ausmaß gentechnologische Verfahren angewendet werden sollen.

unterstützt und andererseits widmet sich die Forschung vermehrt dem Umgang mit und der Vermeidung von Antibiotika in der Nutztierhaltung. Auch Aquakulturen werden erforscht, um diese nachhaltiger zu gestalten (BMBF, 2014a).

Laut BÖR (2015a) muss in Deutschland ein Agrarwachstum nicht um jeden Preis verfolgen, weil a) die resultierende Menge für das Weltagrarsystem vernachlässigbar ist und b) Deutschland die benötigten Rohstoffe für Nahrung und Industriezwecke, sofern erforderlich, auch importieren kann. Dennoch betont der BÖR (2015a) eine große Verantwortung der deutschen Landwirtschaft bezüglich der Welternährung.

4.4.2.2 Nachteile der deutschen Bioökonomiestrategie

Die Kritik an der Bioökonomiestrategie ist ebenso vielfältig wie die von Befürwortern geäußerten Vorteile. Anstößig ist vor allem, dass derzeit weder die betriebswirtschaftlichen noch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen gegeben sind, um eine bio-basierte Wirtschaft zu erreichen, und die aus der Bioökonomie resultierenden Folgen für Gesellschaft und Umwelt weder bekannt sind noch ausreichend untersucht wurden. Ferner sind die Umsetzung und die Gründe bzw. Ziele des geforderten Dialogs mit der Öffentlichkeit nicht präzisiert (Albrecht et al., 2012). Die Autoren kritisieren darüberhinaus, dass unklar ist, mit welchen Mitteln es der Wirtschaft gelingen soll, ihr Fundament auf die Biomasse zu stützen. Sowohl durch die Nationale Forschungsstrategie BioÖkonomie 2030 als auch durch die Nationale Politikstrategie Bioökonomie wird nach Albrecht et al. (2012) der Eindruck erweckt, es ginge eher darum, die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit biotechnologischer Maßnahmen zu überzeugen, als mit der Öffentlichkeit über gesetzte Ziele zu diskutieren. Auch das Ziel, die Nachhaltigkeit mit Hilfe der Bioökonomie zu stärken, ist umstritten, was eine von Albrecht et al. (2012) aufgestellte Rechnung unterstreicht. Daraus geht hervor, dass allein in Deutschland 3,2%

des globalen Biomassepotentials für die chemische Industrie bereitgestellt werden müssen. Werden weitere Zweige des produzierenden Gewerbes mit einbezogen, erhöht sich dieser Prozentsatz sogar auf 10%. In den genannten Politikstrategien wird davon ausgegangen, dass - global gesehen - südliche Länder für die Nachfrage des Nordens nach Biomasse aufkommen sollen. Dies hat zur Folge, dass die Ernährungssicherheit in diesen Ländern in ernsthafte Gefahr gerät, was im Gegensatz zum genannten Hauptziel der Bioökonomiebemühungen steht, die Welternährung sicherzustellen (Albrecht et al., 2012).

Außerdem wird die Bioökonomie und ihre Strategie kritisiert, zu sehr auf technologische Ansätze zu bauen und dabei soziale und ökologische Verteilungsfragen außer Acht zu lassen (Unmüßig, 2014a).

Ferner wird durch die Bioökonomie weiteres Wachstum befürwortet ohne auf ressourcenschonende Maßnahmen zu setzen und geringere Kohlenstoffumsätze zu fördern. Die Bioökonomiestrategie sieht auch vor, die Umwelt zu monetarisieren, um über Zertifikathandel zu ihrem Schutz beizutragen.

Zertifikate ermöglichen selbst in sensiblen Gebieten Raubbau an der Natur zu begehen. Diese Gebiete werden dadurch unwiederbringlich zerstört (Unmüßig, 2014a).

und der EU Christine Vorwerk

Seite 93 Dagegen sind Zahlungen, die bei entstandenen Umweltschäden zu leisten sind, sinnvoll, da sie in erster Linie davon abhalten, der Umwelt Schaden zuzufügen. Dennoch kommt der Wert von Naturschutzleistungen in politischen Debatten oft zu kurz. Erfahren allerdings Naturdienstleistungen entsprechende Wertschätzung, ist es möglich Ökosysteme zu schützen und dies in politische Entscheidungen einfließen zu lassen (Unmüßig, 2014b).

Obwohl die Bundesregierung angegeben hat, dass der Aspekt der Ernährungssicherheit in den Bioökonomieanstrengungen Berücksichtigung findet, wurden bislang weder ökologische noch nachhaltigkeitsorientierte Standards und Maßstäbe eingeführt, die sicherstellen, ob dies auch wirklich während des Produktionsprozesses von Biomasse und deren Verwendung geschieht (Schneider, 2014). Des Weiteren führt Schneider (2014) als Defizit im Kontext der deutschen Bioökonomiestrategie an, dass eine mögliche Einführung einer Politikfolgenabschätzung auf die globale Ernährungssicherheit durch die UN für Deutschland zur Folge haben wird, dass die bestehende Gesetzesfolgenabschätzung um den Bestandteil „internationale Verantwortung“ unter besonderer Berücksichtigung möglicher Folgen für die Ernährungssicherheit erweitert werden muss.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass aus der Bioökonomiestrategie Deutschlands nicht klar ersichtlich ist, welche Ziele mit welchen Mittel und welchen Verantwortlichkeiten verfolgt werden.

Außerdem werden keine klaren Aussagen über die Art und Weise der zielführenden Umsetzungen getroffen und auch ein Zeitrahmen ist nicht vorgegeben. Zudem werden mögliche Risiken sowie partizipative Prozesse bislang weitgehend ausgeklammert. Potentielle Schwierigkeiten und Gefahren im Kontext des Ziels der Ernährungssicherung sind ebenfalls nicht näher ausgeführt.

No documento in Brasilien und der EU (páginas 90-93)