C. Experimenteller Teil
I. Einwirkung von Salpetersäure auf Cellulose
a) Herstellung
vonOxycellulose
mitSalpetersäure.
Bestimmung
derHydrolysenprodukte
beim Behandeln mit Kalkmilch.In den
folgenden
Versuchen habe ich das Verfahren vonTollens und Faber
nachgeprüft,
dieOxycellulose
mit50%iger Salpetersäure herstellten; gleichzeitig
machte icheinenVersuch zur
Herstellung
vonOxycellulose
mitStick-stofftetroxyd.
1.) 200 gr
gebleichte
Baumwolle wurden in einem Rund¬kolben während 2
Va
Stunden auf dem Wasserbade derEinwirkung
von 1,5 L 50°oigerSalpetersäure
überlassen.Es bildeten sich reichliche
Mengen
vonStickoxyden,
dienach der ersten halben Stunde ein Maximum erreichten und nach
2-stündiger Einwirkungsdauer
fast ganz ver¬schwanden.Nach dieser Zeit noch
aufsteigende
Gasbläschen liefeenjedoch erkennen,
da& die Reaktion noch nichtbeen¬digt
war. Nach einer weitern halben Stunde konstatiertemankeine Reaktion mehr und das
Reaktionsprodukt
wurdeaufgearbeitet.
Dasselbe hatte dieursprüngliche
Strukturganzverlorenund bildeteeinvoluminöses Gerinsel. Nachdem
man den
Hauptteil
derSalpetersäure
durch ein Baumwoll¬tuch filtriert hatte, erhielt man einen
gallertigen
Rückstand.Dieser wurde mit SO
%igem
Alkohol versetzt und unter derFilterpresse
in einem Baumwolltuchabgepresst.
Dieses Verfahren wurde 3 mal mit 96°/oigem
Alkohol undzuletzt noch einmal mit Aether wiederholt, um
möglichst
alle RestevonSalpetersäure
zu entfernen Das über conc.Schwefelsäure
getrocknete
Produktbildete einweifces Pulver undwog 140gr, was einer Ausbeute von 70%
entspricht.Es löste sich mit
goldgelber
Farbe in verd.Natronlauge
und zeigte gegenFehling'sche Lösung
starkes Reduktions¬vermögen. 60 gr dieses Produktes wurden hierauf eine Stunde mit
l1/*
L Kalkmilch(enthaltend
20 gr Ca(OH)2)
unter
Rückflusskühlung
auf dem Wasserbade erhitzt. Nach dem Abfiltrieren wurde dieklare, hellgelbe Lösung
einge¬dampft,
bis einebleibendeTrübung wahrgenommen
wurde.Während dem Erkalten fiel ein wei&es Pulver aus. Dieses in einer Ausbeute von 2,3 gr
(
= 3,8%, bezogen
auf dieangewandte Menge Oxycellulose)
erhalteneProdukt,
dassich als das Calciumsalz der Isosaccharinsäure erwies, konnte durch Umkristallisieren aus viel Wasser gereinigt werden und bildete eine weiée,mehlige
Kristallmasse.0,3208 g Einwage ergaben 0,1562 g H2O und 0,4268 g CO2 0,2371 g Einwage ergaben 0,0337 g CaO.
Für (CeHnOeJa Ca:Ber. C 36,18 H 5,53 O 48,24 Ca 10,05 Gef. C 36,29 H 5,41 O 48,30 Ca 10,16 DieseFormel passt auf das Calciumsalz der Isosaccharin¬
säure.
Um diefreie Säure zu isolieren,wurde ein Teil des Salzes wiederum in viel Wasser
gelöst
und die berechneteMenge
Oxalsäurezugegeben.
Nach AbfiltrierendesCalciumoxalates wurde das Filtratzu einem dickenSyrup eingedampft
undüber conc. Schwefelsäure entwässert. Die
zurückgebliebene
Kristallmassewurde aus Alkohol umkristallisiert und hatte einen
Schmelzpunkt
von 91°.(Isosaccharinsäure
schmilztzwischen 92 -
94°).
Das in Wassergelöste
Produkt war optisch aktiv und drehte nach rechts. [a]D — 56,7° (statt 62-63°).0,1822 g ergaben 0,1016 g H2O und 0,2960 COa Gef. C 44,31 H 6,20 O 49,31
Diese Zusammensetzung
pafet
auf die Formel der Isosac¬charinsäure nicht,
hingegen
ganz gut auf ihr Lakton, dem die Formel C4H10O5 zukommt und für das sich diefolgende Zusammensetzung
berechnen lôèt:C 44,44 H 6,17 O 49,38
Die
Mutterlauge
des isosaccharinsauren Calciums wurde weiter bis zu einem dünnenSyrup eingedampft.
Durch Stehenlassen konnte keine Kristallisation erreicht werden,hingegen
lief) sich durchZugabe
von Alkohol ein schwachgelbliches, flockiges
Produkt abscheiden.Durchwiederholtes Lösen in Wasser und Wiederausfällen mit Alkohol erhieltman eine wei6e
plastische
undamorphe
Masse. Die Aus¬beute des über conc. Schwefelsäure
getrockneten
Produktesbetrug
3,2 gr oder5,3%»
berechnet auf dieangewandte Oxycellulosemenge.
Tollens und Faber konstatierten bei Behandeln desselbenmitJod-Jodkaliumlösung
undNatron¬lauge
einenNiederschlag
vonJodoform,
woraus sie auf die Anwesenheit vonMethylgruppen
schlössen. Siehielten dasProdukt fürDioxybuttersäure,
was ich auchbestätigen
konnte.
0,1831 g ergaben 0,0944 g H2O und 0,2039 g CO2 0,3204 g ergaben 0,0556 g CaO
0,3121 g ergaben 0,0369 g H2O
Für(C4H704)2Ca4-2H80:Ber. C30.57 H5,73 050,96Ca12,74; H2011,46 Gef.C 30,38 H 5,89 050,70Ca 12,39; H2011,82
2.)
200 gr bei 105°getrocknete, gebleichte
Cellulose wurden in einem Trockenturm 9Tage lang
der Einwir¬kung
vonStickoxyden
ausgesetzt (4 grflüssiges
Stickstoff-tetroxyd).
Nach dieser Zeit war die braune Farbe derStickoxyde
bereits verschwunden, tratjedoch
beim Durch¬blasen von Luft annähernd in der
gleichen
Intensität wieanfangs
wieder auf. Nachdem man dieStickoxyde
mitLuft
völlig weggeblasen
hatte, kochte man das Produktmit Wasser aus, filtrierte ab, wusch mit Alkohol und Aether nach und trocknete. Die Faser die schon nach der
Einwirkung
des N2O4 erheblichgeschwächt
war, verlor inWasser vollends ihre Struktur und zerfiel zu einer
gelati¬
nösen Masse, die nach dem Trocknen noch 160 gr wog
= 00
%
Ausbeute anOxycellulose.
Ich behandelte genau wie(sub
1.) mitKalkmilch und kam zufolgendem Ergebnis:
ErhalteneDioxybuttersäure ... 7,4 g= 4,67»
Erhaltene Isosaccharinsäure ... 6,2 g= 3,87o In Kalkmilch ungelöster Rückstand 148,0 g=75,07o
Tabelle I.
n.Tollens eigene Versuche
*Diese Za
Oxy¬
dations' mittel
Oxy¬
cellulose
Isosac¬
charin¬
säure*
Dioxybut¬
tersäure*
In Kalkmilch ungelöster Rückstand
6o7oigeHNO3
507„igeHNO3
fl. N2O4
707o
707o 80%
47o 3,87o 3,8o/o
5,37o 4,67«
85,0% 86,67»
75,07°
thlen beziehensich auf dasGewichtderangewandten,Oxycellulose-
Durch diesen Versuchwird die
Angabe
vonWitz(Gmelins
Handbuch der Chemie Band 7)
widerlegt,
da& nämlichStickoxyddämpfe
bei derEinwirkung
auf Cellulose keineOxycellulosebildung
bewirkten. ImGegensatz
zu dieserBehauptung
habe ich bei den erhaltenen Produkten eine starkeAnfärbbarkeit mitMethylenblau festgestellt.
Die Aus¬beutean
Oxycellulose
übertrifftdiejenige,
die mit60%
igerSalpetersäure
erhalten wird, während sich die Zahlen für Isosaccharinsäure undDioxybuttersäure
in dengleichen
Grenzenbewegen.
Derungelöste
Rückstand ist hier10%
kleiner als bei denmit
Salpetersäure hergestellten Produkten,
dieMenge
desSyrups,
der nach dem Ausfällen derDioxy¬
buttersäure durch weiteres
Einengen
entsteht ist wesentlichgrö&er.
Das
Sticksfofftetroxyd
ist also ein gutesMittel,
um eineOxycellulose
in hoher Ausbeute herzustellen. Es hat gegenŸber der
Salpetersäure
denVorteil, dafj die zu NO redu¬zierten Gase wieder regeneriert werden können.
Ferner läfet sich das mit
Stickstofftetroxyd
erhalteneProdukt viel leichter aufarbeiten als das mit
Salpetersäure erhaltene;
man erhält von vornherein reine Calciumsalze derDioxybuttersäure
und Isosaccharinsäure.b) Einwirkung
vonheifjer Salpetersäure
verschiedener Konzentration auf Cellulose.
Durch die
folgende
Versuchsreihe suchte ich dieAngreif¬
barkeit der Cellulose durch
Stickoxyde,
rauchendeSalpeter¬
säure und verdünnte
Salpetersäure
verschiedener Konzen¬trationen bei 100°, sowie die dabei entstehenden Produkte
zu ermitteln.
Auf dem Wasserbade wurden
je
drei Probengebleichter
Baumwolle, eine zu 10 g und 2 zu 50 g, mitSalpeter¬
säureverschiedener Konzentrationen
(7,5 %
igebis 94%ige)
einige Stunden erhitzt. DieMenge
der verwendeten Sal¬petersäure wurde so
gewählt,
daß das Verhältnis vonCellulose zu N2O4 ca. 1:1
betrug.
Diese 3 Parallelversuche wurden mit 7 verschieden starken Säurenausgeführt.
Schon nachkurzer Zeit
begann
beidenhöher konzentrierten Säuren eine starkeNO2-Entwicklung,
dieungefähr
eine56
halbe Stunde
dauerte,
umplötzlidi
aufzuhören. Bei den schwächern Säuren trat diese Reaktion erst viel später auf. Das Kochen wurdefortgesetzt,
bis keine Gasblasen mehr imReaktionsprodukt
wahrzunehmen waren.Der Ansatz mit 10 g Cellulose wurde zur
Kupferzahl- bcstimmung
nach Schwalbe verwendet: Das Reaktions¬produkt
wurde mit Soda neutralisiert und mitFehling'-
scher Lösung 5 Minutengekocht.
Dann filtrierte man ab undwusch mit Wasser nach. Das ai.geschiedene
roteCup- rooxyd
löste man mit einigenTropien Salpetersäure
und Wasser aus der Faser heraus,spülte
es in ein Kölbchen und fülltemit Wasser aufca. 100ccm auf. Dieelektrolytisch
bestimmte
Kupfermenge
in dieserLösung ergab
nach Mul¬tiplizierung
mit 10 dieKupferzahl
desReaktionsproduktes, bezogen
auf 100 g Cellulose.Der eine der beiden Ansätze zu 50 g Cellulose wurde
zur
Bestimmung
der Ausbeute anOxycellulose,
sowiederenStickstoffgehalt
benutzt.Zu diesem Zweck wurde das
Reaktionsgemisch
nach Verdünnen mit Wasser filtriert und der Rückstand gutaus¬gewaschen.
Zum Entfernen der letztenSalpetersäure-
reste kochte man noch einige Stunden mit viel Wasser.
Dann wurde wiederum filtriert, mit Alkohol und Aether
nachgewaschen
undgetrocknet.
Die eine Hälfte des so er¬haltenenweissen Pulvers kochtemanmit
10%iger
Natron¬lauge. Die
Menge
des bei dieserBehandlung
Gelöstengab
ein Ma6 für dieBildung
vonOxycellulose,
dasich be¬kanntlich
Oxycellulose
inNatronlauge
löst.Die andere Hälfe diente zur
Stickstoffbesiimmung
nach
Lunge-Lubarsch
im Nitrometer.1Bei dem anderen Ansatz zu 50 g wurde der in Sal¬
petersäure ungelöste
Rückstand nach denAngaben
von Tollens aufDioxybuttersäure
und Isosaccharinsäure auf¬gearbeitet.
Dassalpetersaure
Filtrat neutralisierte man mitSoda,
säuerte mitEssigsäure
an und versetzte heiss mit Calciumchlorid.Nach12-stündigem
Stehen wurde abfiltriert und der Gehall an Calciumsalzen in demNiederschlag
durch Verbrennen des Filters und Glühen als CaO bestimmt.Die Resultate dieser Versuche sind in der Tabelle II
zusammengestellt.
1 Lunge, Techn-chem. Untersuchungsmethoden.
Tabelle
IL Oxy¬dations¬ mittel
Ein¬
wirkungs¬
dauerLöslidie Anteile (Niedere
Abbau¬produkte) Unlöslidie Anteile (Oxycellu-
lose)Gu-Zahl
dererhal¬
tenenOxy-cellulosen Stickstoff¬ gehali
der
erhaltenen
Oxy-cellulosen
Ca-Salze
(ausdemsalpeter¬
saurenFiltrat)
Dioxy- butter- säure* Ca(OH).' ungelöst* % % % % %
1Na049Tg.307018,2trocken
7,7 nach
Auswaschen
2,144,6 2HNOs94%2Std.100-23,8
- 10,2
- 3„65%37».356520,12,38,25,1 4.47%8.168420,91,163,6 5„25%18„148610,00,63,93,1 6,12%22.10907,10,22,22,2 7-7,3°/o20.4,895,25,8
Spuren
1,20,8 *)Dieze
Zahlen beziehen
sichaufdieMengederzur
Hydrolyse verwendeten Oxycellulose.
**)BeimAuskochen
mit
Wasser. Versuch
1wurdebei16°
Durchschnittstemperatur, Versuche
2-7bei100°aufdem
Wasserbade ausgeführt.
40
Aus der Tabelle ist zu ersehen, da& die
Kupferzahl
mitderKonzentration derSäure zunimmt. WieVersuch2 zeigt, besitzt auch das durch
vollständige Lösung
von Cellulosein starker
Salpetersäure
entstandene Produkt reduzierendeEigenschaften.
Das N2O4entspricht
in seinerOxydations¬
wirkung ungefähr
einerSalpetersäure
von 60°/o.
Weiterhinist ersichtlich, dafe die
Oxycelluloseausbeute
bei höhererSalpetersäurekonzentration abnimmt,
daßferner bei höherer Säurekonzentration bei derHydrolyse
der Produkte mit Kalkmilchgrö&ere Mengen
der beiden Calciumsalze ent¬stehen, während der in Kalkmilch unlösliche Rückstand kleiner wird. Der
Stickstoffgehalt
der Produktesteigt
mit der Konzentration derjeweils angewendeten Salpetersäure.
Wir
sehen,
da& derStickstoffgehalt
derOxycellulose
beiHerstellung
mit65% iger
HNOsnur2,3% erreicht,währender in der mit
Stickoxyden
erhaltenenOxycellulose
zu7,7%
bestimmt wurde. Beim Behandeln dieses Produktes mit Wasser sinkt er unterAbspaltung
vonSalpetersäure
auf 2,1%.
Dieses Resultat stimmt mit den Knecht'schen1Angaben überein,
derähnliche Versuchemitkalter65%
igerSalpetersäure ausgeführt
hat. Es müssen also intermediärunbeständige
Nitrategebildet werden,
die durch Wasserhydrolytisch
zersetzt werden.Erwähnt sei an dieser Stelle noch die geringe
Angreif¬
barkeit der Cellulose durch weniger als 10% ige
Salpeter¬
säure bei einer