• Nenhum resultado encontrado

4 _ Steuerhoheiten, Konkordate

tenverschiebung von den Kantonen zum Bund mit einer Verschiebung der Steuerhoheit in Richtung Bund. Das Vorgehen lässt sich am besten an einem konkreten Beispiel beschreiben:

_Werden Aufgabenlasten im Umfang von 5 Mrd. Fr. vom Bund zu den Kantonen verschoben, entspräche das 18,9 % der Einnahmen aus den direkten Bundessteuern | 96. Der Bund müsste also dazu gezwungen werden, die Steuertarife der direkten Bundessteuern durchgehend um 18,9 % | 97 senken.

_Den Kantonen sollte ihre Reaktion freigestellt werden. Rechnerisch entsprächen die 5 Mrd. Fr. einer Erhöhung der kantonalen Steuersätze um 7,4 % | 98. Hilfreich wäre die Festlegung dieser Steuersatzverände- rung als Referenzwert, so dass eine Änderung um diesen Wert keiner kantonalen Volksabstimmung unterläge, wohingegen eine Abwei- chung davon von den Stimmbürgern des Kantons gutgeheissen werden müsste. Diese Art von Steuertransfers wurde eine Staatsebene tiefer, also zwischen Kanton und Gemeinden, schon mehrmals erfolgreich, z.B. durch AI (2011) und AG (2017), bei Neuordnungen der Aufgaben- teilung bzw. der Finanzierungsverantwortungen angewendet. | 99 _Weil die direkte Bundesteuer auf Einkommen deutlich progressiver ist

als die Kantonssteuern, hätte eine solche Dezentralisierung der Steuer- hoheit ein gesamthaft weniger progressives Steuersystem, also weniger Umverteilung von Reich zu Arm, zur Folge. Wenn man das verhindern will, könnte man statt einer prozentualen Reduktion der direkten Bun- desteuer auf Einkommen eine fixe Entlastung pro Kopf vorsehen. Bei 3,63 Mio. Steuerpflichtigen mit tatsächlicher Belastung durch die di- rekte Bundessteuer (2013) ergäbe sich eine Steuerentlastung von 541 Fr.

pro Steuerpflichtigem. | 100 Bei einem solchen Vorgehen würde eine De- zentralisierung der Steuerhoheit das Gesamtsteuersystem progressiver machen.

Wichtig wäre, dass ein solcher Mechanismus des Steuerabtausches schon vor wesentlichen Lastenverschiebungen verbindlich definiert ist. Für den Automatismus müsste ein klarer Grundkonsens bestehen, das Vorgehen müsste in der Bundesverfassung verankert und in Gesetz und Verord- nung exakt festgelegt sein.

96 direkte Bundessteuer auf natürliche Personen + direkte Bundessteuer auf juristische Personen + übrige direkte Steuern des Bundes: 26,4 Mrd. Fr. im Jahr 2015

97 Achtung: Nicht Prozentpunkte, sondern Prozent. Ein bisheriger Steuertarif von 10 % würde also neu 8,11 % betragen.

98 Achtung: Nicht Prozentpunkte, sondern Prozent. Ein einfacher Steuersatz von z.B. 10 % würde somit neu 10,74 % betragen.

99 Wobei die Massnahme zwischen einem Kanton und seinen Gemeinden zugegebenermassen etwas einfacher und transparenter ist, weil dort (meist) direkt Steuerfusspunkte abgetauscht werden können.

100 Die 10,4 Mrd. Fr., die der Bund 2015 an Einkommenssteuern einnahm, entsprechen 39,3 % des Gesamtertrags der direkten Bundessteuern (26,4 Mrd. Fr.). Folglich müsste der Bund sein Steuervolumen hier um 1,97 Mrd. Fr. (0,393 mal 5 Mrd. Fr.) reduzieren. Angesichts von 3,63 Mio. Steuerpflichtigen, deren steuerbares Einkommen 2013 über der Steuerfreigrenze lag, ergibt das 541 Fr. pro Steuerpflichtigem. Rechnet man noch ein, dass die Steuerschuld eines Teils dieser Steuerpflichten weniger als 541 Fr. beträgt, so dürfte die Einsparung für die restlichen Steuerpflichten sogar noch etwas höher liegen.

Wichtig wäre es,

dass ein solcher

Mechanismus des

Steuerabtausches

schon vor wesentli-

chen Lastenverschie-

bungen verbindlich

definiert ist.

101 Beim bisherigen Dotationsmechanismus stiege die Dotation hingegen nicht, denn sie orientiert sich an der Entwicklung des aggregierten Ressourcenpotenzials (das unverändert bliebe) statt an den aggregierten Steuereinnahmen.

Box 4

Das überhöhte Primat der Haushaltsneutralität

In der Realpolitik hat sich eingebürgert (nicht nur zwischen dem Bund und den Kantonen, sondern auch zwischen den Kantonen und ihren Gemeinden), dass die Neuzuteilung einer Aufgaben- bzw. Finanzierungskompetenz haushaltsneutral erfolgen muss. Eine Neuordnung der Aufgabenteilung hat ohne die Garantie einer «ausgeglichene Globalbilanz» geringe Chancen. Von den Kantonen hört man sogar Kritik an unterschiedlichen Dynamiken (zwischen Bund und Kantonen) in der Kostenentwicklung bestehender Aufgaben. So ein Vertreter der Sozialdirektorenkonferenz: «Im Sozialbereich sind die dynamischen Bereiche den Kantonen zugeteilt worden. Die finanzielle Belastung ist (…) weiter steigend. Weitere Belastungen sind für die Kantone nicht tragbar.»

Dabei sollte es eigentlich keine Rolle spielen, auf welcher Staatsebene die Ausgaben wie schnell wachsen, solange fiskalische Äquivalenz und Subsidiarität bei der Aufgabenerfüllung gewahrt sind. Die Einnahmeseite (Steuerbelastung) ist ja nicht gottgegeben, sondern lässt sich in einem demokratischen Prozess – der aber plausible Begründungen erfordert – anpassen.

Die Fixierung auf Haushaltsneutralität hat bisher konsequente Entflechtungen verhindert:

Die Entflechtung einer einzelnen Aufgabe kann per Definition nicht haushaltsneutral sein, weil ja von einer bisher gemeinsamen Finanzierung zu Gunsten der Finanzierung durch eine einzige Staatsebene abgerückt wird. Bei einer Kompensation der Mehrbelastung der Kantone durch pauschale Transfers ohne Zweckbindung wird nicht das ganze Potenzial der Entflech- tung genutzt, weil immer noch Transfers zwischen den Staatsebenen fliessen. Die Forderung nach fiskalischer Eigenverantwortung ist damit verletzt (vgl. Kapitel1, S. 10).

Effizienterer Einsatz der Steuergelder durch die Kantone

Den Kantonen wäre ihre Reaktion wie gesagt freizustellen. Das ist erstens unvermeidbar (der Bund kann den Kantonen ja keine Steuersätze vor- schreiben) und zweitens inhaltlich naheliegend, denn in verschiedenen Bereichen dürften durch die Dezentralisierung der Kompetenzen Einspa- rungen erzielt werden. Man denke z.B. an Verkehrsinfrastrukturen, wo sich die Kantone bei grösserer Finanzierungsverantwortung wohl schnell überlegen würden, ob sich eine Investition, für die bisher der Bund zum Grossteil aufgekommen ist, wirklich lohnt, oder ob das Steuergeld nicht anderswo effizienter investiert wäre (vgl. Box 5). Eine höhere allokative Effi- zienz bei der Investition der Steuergelder würde die staatlichen Leistun- gen also bei gleichbleibendem Nutzen günstiger machen (die Kantone würden ihre Steuern also nicht um den kalkulierten Prozentsatz erhöhen, womit die Steuerlast gesamthaft fallen würde) oder bei gleicher Steuerlast könnte ein höherer Nutzen für die Bürger erzielt werden.

Mit dem in Kapitel 2.1 vorgeschlagenen System zur Dotation des Ressour- cenausgleichs würde auch dieser automatisch korrekt auf eine solche Las- tenverschiebung reagieren. Erhöhte sich der aggregierte Steuerertrag der Kantone um die im Beispiel genannten 7,4 %, so stiege – ceteris pari- bus – auch die Dotation des Ressourcenausgleichs um diese 7,4 %. | 101

Box 5

Verzerrte Projektentscheide

Über die Programmvereinbarungen bei den verbliebenden Verbundaufgaben hinaus beteiligt sich der Bund an grösseren kantonalen Infrastrukturprojekten vielfach weiterhin in erhebli- chem Ausmass finanziell (vgl. z.B. Anmerkungen zur Rhône-Korrektur auf S. 57). Zu lesen sind Begründungen wie «Eine solche Massnahme ist notwendig und dringend, sie übersteigt aber die finanziellen Möglichkeiten des Kantons». Aus ökonomischer Sicht ist diese Begrün- dung seltsam:

_ Entweder ist der Nutzen einer Massnahme grösser als deren Kosten. Dann sollte sie ergrif- fen werden. Eine Unterstützung durch den Bund ist dabei nicht prinzipiell nötig. Notfalls kann sich der Kanton dafür verschulden – die meisten Kantone haben hervorragende Kreditratings, sie können also problemlos Fremdkapital aufnehmen. Bei einer langfristigen Investition in die Zukunft spricht nichts gegen dieses Vorgehen.

_ Oder der Nutzen der Massnahme ist geringer als deren Kosten. Dann sollte sie unterlassen werden.

Eine erhebliche Mitfinanzierung des Bundes erhöht das Risiko, dass nicht lohnenswerte Projekte durchgeführt werden: Finanziert der Bund z.B. 60 % – und der Kanton folglich 40 % – einer Infrastrukturmassnahme, deren Nutzen zu 80 % beim über die Durchführung

des Projekts entscheidenden Kanton anfällt, so würde dieser das Projekt auch dann noch durchführen, wenn die Gesamtkosten den Gesamtnutzen um bis zu 99 % übertreffen.