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Wahr ist was wirkt? Inszenierungen und Fakes in der Online-Beratung

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Academic year: 2017

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3. Jahrgang, Heft 1, Art ikel 3 – April 2007

W a h r ist w a s w ir k t ?

I n sz e n ie r u n ge n u n d Fa k e s in de r On lin e - Be r a t u n g

Birgit Knat z

Zu sa m m e n fa ssu n g

I n der Online- Berat ung Tät ige fragen sich häufig, ob die Mail, der Fall, „ echt “ oder gefakt ist . Durch den Wegfall der visuellen und audit iven Wahrnehm ung ist die Berat ung per Mail proj ekt ionsför-dernd und die Verunsicherung aufseit en der Berat enden größer, sie sind ausschließlich auf ihre in-nere Resonanz angewiesen. Dies erschwert es, in der Berat ungsrolle zu bleiben.

Ke yw or ds

I nszenierung, Fake, Online- Berat ung, Reflexionsverm ögen, Supervision, Online- Kom m unikat ion.

Autorin

- Bir git Kn a t z , Diplom - Sozialarbeit erin

- Leit ung der Telefonseelsorge Hagen m it Schwerpunkt Berat ung im I nt ernet ( seit 1996)

- Geschäft sführerin des I nst it ut s für Online- Berat ung: www.schreiben- t ut - der- seele- gut .de

- Trainerin, Ausbildungsleit erin Supervisorin, Online- Coach

- Aut orin: Hilfe aus dem Net z, Praxis und Theorie der Berat ung per E- Mail, Klet t - Cot t a 2003

- Fachgesellschaft en: Deut sche Gesellschaft für Supervision ( DGSv) und Deut sche Gesellschaft für Online- Berat ung ( DGOB)

- St ellvert ret ende Vorsit zende der Deut schen Gesellschaft für Online- Berat ung, www.dg- online- berat ung.de

- Kon t a k t : Alexanderst r. 25, 44137 Dort m und www.birgit - knat z.de

post @birgit - knat z.de

0 . V or be m e r k u n g

Was st eckt dahint er, wenn rat suchende MailerI nnen m it ihren Them en bei Bera-t erI nnen den VerdachBera-t auslösen, dass ihre Mail gefakBera-t isBera-t , es sich um eine I nsze-nierung handelt oder dass alles gar nicht st im m t , „ Es nicht zu glauben ist “ ?

1 . Be gr ifflich k e it

Zur Begrifflichkeit unt erscheide ich zwischen I nszenierung und Fake. Den Begriff der I n sz e n ie r u n g verst ehe ich aus dem int erpersonalen Ansat z der

Psychoana-lyse, hier wird die I nszenierung als eine spezifische Art der Beziehungsaufnahm e charakt erisiert . Sie ist dadurch gekennzeichnet , dass die Pat ient I n der Analyt ike-rI n und sich selbst Rollen zuweist , die gem äß einem verdeckt en Handlungsplan gespielt werden, den die Pat ient I n unbewusst dirigiert . Eine I nszenierung findet

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dann st at t , wenn Pat ient I n oder Analyt ikerI n m it einander in der unbewusst en Dynam ik der Dyade „ gefangen“ sind. I n der Psychoanalyse bildet die "Szene" enen wicht igen Schlüssel zum Verst ehen. Vereinfacht gesagt präsent iert die Pat i-ent I n so lange Variant en des "Sym pt om s", bis die Therapeut I n es hinreichend verst anden hat . Ohne I nszenieren bliebe t herapeut ische Kom m unikat ion gerade in der Anfangsphase der Beziehung nach diesem Konzept unm öglich, es geht um s Verst ehen und nicht um die Wahrheit .

Der Begriff Fa k e wurde im Zeit alt er des I nt ernet s „ erfunden“ . FakerI nnen sind

Menschen, die faken ( fälschen) , sie geben sich bewusst als andere Personen aus. Ein Wesensm erkm al der FakerI n ist das gewollt e Provozieren, das bewusst e Nut -zen von m ehreren I dent it ät en im Net z, um zu t äuschen oder zu fälschen. I m Ge-gensat z zur I nszenierung, die oft m als unbewusst passiert , beabsicht igt das Fa-ken die bewusst e Manipulat ion des Gegenübers. So weist gayrom eo ( www.gayrom eo.com ) , eines der größt en deut schsprachigen I nt ernet port ale für Kont akt seit en, auf seinen Seit en darauf hin; dass dem Faken unt erschiedliche Mot ive zugrunde liegen wie:

sich int eressant er zu m achen, virt uellem Rollenspiel zu bet reiben, zu bet rügen und

sich zu rächen.

Und auch hier verschwim m en, wie so oft im Leben, die Grenzen. Allerdings ist der Spaß am Rollenspiel im m er noch einer der Haupt gründe zu faken. Und das I nt ernet biet et sich gerade dazu an, sich in eine „ perfekt e Traum person“ zu ver-wandeln. I m Net z können Menschen sich ein Selbst schaffen, „ I ch kann Viele“ sein. An dieser St elle unt erscheide ich deut lich zwischen „ I ch bin Viele“ als Krankheit sbild der m ult iplen Persönlichkeit und „ I ch bin Viele“ als Spiel m it den Facet t en m eines I chs im Cyberspace:

Du kannst alles sein, was du willst . Wenn du m öcht est , kannst du dich völlig um krem peln. Du kannst ein anderes Geschlecht annehm en, m ehr reden, w eniger reden. Egal. Wirklich, du kannst der sein, der du sein m öcht est , der zu sein du schaffst . Du brauchst dich nicht darum zu küm m ern, in was für Schubladen die Leut e dich sonst st ecken. Die Art , wie die Mit spieler dich wahrnehm en, kannst du leicht verändern, weil sie nur m it bekom m en, was du ihnen zeigst . Sie schauen dir nicht auf den Körper und ziehen Rückschlüsse. Sie hören nicht auf deinen Akzent und ziehen Rückschlüsse. Alles, was sie sehen, sind deine Wor-t e. Und das Ding isWor-t im m er da. Vierundzw anzig SWor-t unden am Tag kannst du an die nächst e St raßenecke gehen und t riffst im m er ein paar Leut e, die Lust haben, m it dir zu quat schen, w enn du das richt ige MUD gefunden hast ( so ein MUD Spieler ) “ ( Turkle, 1999, S. ) .

( Zur Erklärung: MUDs, Mult i- User Dungeons ( Vielnut zerkerker) , sind digit ale Treffpunkt e, in denen Menschen anonym m it einander int eragieren können, und in denen m an Rollen spielen kann.)

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2 . D a s I ch im I n t e r n e t

Das I nt ernet hat sich neben dem Fernsehen, dem Radio und den Print m edien als viert es t agesakt uelles Medium et abliert und hat unser Allt agsleben und unsere Gewohnheit en grundsät zlich verändert . I nnerhalb kurzer Zeit ist unsere Gesell-schaft online gegangen, was vielschicht ige Um gest alt ungen in allen Lebensberei-chen und Gewohnheit en m it sich gebracht hat und m it sich bringt . Herköm m liche I dent it ät en, soziale Beziehungen und Gruppen wandeln sich. Das I nt ernet ist zu einem Ort geworden, an dem sich Menschen unt erhalt en, inform ieren und dar-st ellen.

Sie m anagen ihr Wissen. Mit W ik ipe dia ist eine t äglich wachsende

Wissensm aschine ent st anden, eines der größt en und spannendst en I nt ernet -I m perien welt weit . Über eine Million Beit räge ent hält allein die englische Fassung, die zweit wicht igst e - die deut sche - ist zurzeit m ehr als 420000 Art ikel st ark. Jeden Tag kom m en hierzulande 500 neue hinzu. Wikipedia gehört zu den int ernat ional am häufigst en besucht en Web- Seit en - neben Google, Ebay und Yahoo.

Sie organisieren ihre I nt eressen. So wurde das I nt ernet von Beginn an als „ Selbst hilfegruppe“ genut zt .

Sie nut zen das Net z, um virt uelle Freunde zu finden. Mit m ehr als 100 Mil-lionen Mit gliedern ist „ m yspace.com “ z.B. eine der größt en Com m unit ys im Net z. Die I nt ernet plat t form biet et die kost enlose Möglichkeit , Text e, Fot os, und Videos ins I nt ernet zu st ellen und das kinderleicht .

Einer der größt en Unt erschiede zu den drei anderen Medien ( Radio, Fernsehen und Print m edien) liegt in der akt iven Nut zung des I nt ernet . UserI nnen sind gleichzeit ig auch Akt eurI nnen, wie es sich u.a. durch die vielen privat en Weblogs darst ellt . Welt weit gibt es m ehr als zwanzig Millionen Weblogs, allein im deut sch-sprachigen Raum gibt es über eine halbe Millionen akt ive Blogger. Laut der Blog-suchm aschine „ Technorat i“ wird j ede Sekunde ein neues Web- Tagebuch einge-richt et .

„ Weblog“ , ein Kunst wort aus 'Web' und 'Logbuch', bezeichnet ebenso wie seine Kurzfassung „ Blog“ eine Websit e, die regelm äßig akt ualisiert wird. Sie sind Sprachrohr für alle I nt ernet user, auf solch einer Seit e kann j ede und j eder belie-bige Beit räge veröffent lichen: Privat es wie Polit isches, I nt im es und I rrit ierendes, Bedeut sam es und Banales. I m m er m ehr st eigen von der passiven Mediennut zung in eine akt ive Rolle um . Ein Blog verleiht eine eigene St im m e im I nt ernet und hilft , ähnlich wie ein Tagebuch, eigene Gedanken zu ordnen oder auch die eigene Geschicht e zu erzählen. Bloggen wird nicht nur genut zt , um eigene Gedanken ins I nt ernet zu st ellen, sondern auch um Ant wort en zu erhalt en, Kont akt zu Men-schen herzust ellen, die ähnlich denken oder die ganz anderer Meinung sind. I m Phänom en Blogging set zt sich dicht fort , was das I nt ernet vor allem auszeichnet : Die "m any t o m any" - Kom m unikat ion, die m it E- Mail begann, die in Foren und Newsgroups, im Chat und im Blogging ihre Fort set zung findet . Ent scheidend ist dabei die Kom m unikat ion zwischen Personen, die sich häufig nicht kennen. Blogs zeichnen sich dadurch aus, dass sie diese Kom m unikat ion öffent lich m achen.

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2 .1 . E- M a ils lü ge n n ich t

I n der Online- Berat ung wird häufig unt erst ellt , dass die Mails der Rat suchenden Fakes sind und sie gewollt t äuschen wollen. Hier hat der am erikanische Forscher Jeff Hancock von der Cornell Universit y in I t haca ( Bundesst aat New York) he-rausgefunden, dass per E- Mail nur 14 Prozent seiner Probanden Lügen erzählt en, im Gespräch von Angesicht zu Angesicht im m erhin 27 Prozent und via Telefon flunkert en sogar 37 Prozent der Versuchst eilnehm erI nnen. Eine Erklärung, dass gerade in der Mail am wenigst en „ gelogen“ wird, erklärt Hancock so, dass die ge-schriebene Mail ein "Fest nageln" der SchreiberI n erm ögliche. Gesprochenes hin-gegen sei eher Schall und Rauch. Auch erm ögliche die zeit verset zt e Konversat i-on, über die Ant wort nachzudenken, eine andere „ Ehrlichkeit “ . Spont ane Not lü-gen fallen weg.

2 .2 . D a s Ch a r a k t e r ist ische de r On lin e - Kom m u n ik a t ion

Die sichere Dist anz in der Online- Kom m unikat ion, der schrift lichen Kom m unikat i-on, schafft oft eine andere, schnellere Form von Nähe, die sich in dieser Bedeu-t ung ersBedeu-t langsam in der persönlichen BeraBedeu-t ung hersBedeu-t ellBedeu-t .

Die schrift liche Kom m unikat ion t rit t uns als eine zerdehnt e Kom m unikat ion ent -gegen. Sie ist eine Verst ändigung über Raum und Zeit hinweg. Es wird m it einem abwesenden, vielleicht sogar unbekannt en Gegenüber kom m uniziert . Das Produ-zieren des Text es geschieht in einem eigenen Prozess, der sich über eine gewisse Zeit erst reckt und an dem unt erschiedliche Teilhandlungen wie das Planen, das Form ulieren, das Niederschreiben, das Überarbeit en und Kont rollieren bet eiligt sind. Wer schreibt , kann die Dinge in eine selbst gewählt e Ordnung bringen und die I nt ensit ät der Beschäft igung selber best im m en. So gibt es Gedanken, Gefühle und Problem e, die m ag m an keinem Menschen sagen - aber m an will sie auch nicht für sich behalt en. Das berührt spezielle Them en und Problem e, die eine be-sondere Diskret ion erfordern, den Bet roffenen unangenehm oder die sehr scham beset zt sind. Menschen äußern sich freier, wenn sie kein reales Gegenüber haben. Zudem ist die Angst vor ent sprechenden I nt ervent ionen geringer, da in-t ernein-t gesin-t üin-t zin-t e Berain-t ungskonin-t akin-t e einen geringen Verbindlichkeiin-t sgrad aufwei-sen. Anders ausgedrückt wahren Rat suchende via I nt ernet im Schut ze der Ano-nym it ät in vollem Maße ihre Aut onom ie und Ent scheidungsfreiheit . Was sollt e es hier für einen Sinn m achen zu faken?

3 . Poe sie u n d W isse n sch a ft

3 .1 . Er z ä h lu n ge n

Eine Erzählung will et was bewirken, ein em ot ionales Anliegen gest alt en, das das Gegenüber verst ehen und m anchm al auch beant wort en soll. Das Aufschreiben eigener Problem e, Anliegen oder der eigenen Geschicht e, also das „ schrift liche Erzählen“ , erfüllt laut Dechant verschiedene Funkt ionen:

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Vergangenes w ird in die Gegenw art geholt .

Nähe wird hergest ellt und die ErzählerI n zeigt sich in einer best im m t en Weise. Sie passen sich in der Art des Erzählens und des Erzählinhalt s dem Publikum an und ent scheiden in einer sozialen Leist ung, wem sie was w ann w ie erzählen.

Erzählen dient dazu, Kont rolle über ein Geschehen zu haben oder zu er-langen und so Angst zu reduzieren oder zu bewält igen.

Die Erzählung kann das Geschehen um arbeit en und eigenen I dealen nä-hern. - Wer hat nicht schon einm al in einer Erzählung eigene Leist ung oder eigenes Leid bet ont , um Bew underung oder Mit gefühl zu ernt en? ( vgl. Dechant , 2005)

I n diesem Sinne sind Online- Berat ende Resonanzkörper für die SchreiberI nnen. Das em ot ionale Anliegen des Rat suchenden und die Erzählung erzeugen eine Wirkung in ihnen. Die Online- Berat erI nnen sind dazu eingeladen, sich in die Ge-schicht e der MailerI n einzuweben oder zu verst ricken oder es auch zu lassen. I n dem Maße, in dem die Verst rickung größer wird, wird die berat erische Freiheit kleiner. Die Mail wird dann als Fake konnot iert , da die Geschicht e „ doch so gar nicht st im m en kann“ . Und so unt erliegen Online- Berat erI nnen m ehr der Versu-chung, die Mail als falsch zu ent larven, als sie als I nszenierung zu verst ehen und die Szene berat erisch zu deut en.

3 .2 . Th e or ie a n sä t z e

Aus den vielfält igst en Theorieansät zen der Berat ung sind uns Erklärungsm odelle zur Realit ät und Wahrheit bekannt und vert raut .

3 .2 .1 . Kon st r u k t ivism u s

So lehrt uns der Kon st r u k t ivism u s, dass j eder Mensch eine eigene Vorst ellung

der Wirklichkeit , der Realit ät hat : "Die I nform at ion einer Beschreibung hängt von der Fähigkeit eines Beobacht ers ab, aus dieser Beschreibung Schlussfolgerungen abzuleit en"( v. Foerst er, 1985, S. 68) .

Anders form uliert : Jede Frau und j eder Mann, j edes Mädchen und j eder Junge haben eine eigene Landkart e, die sie zur Orient ierung in der Welt nut zen. So m acht es wenig Sinn, in den Kat egorien „ wahr“ oder „ erfunden“ , „ gut gem eint “ oder „ schlecht erdacht “ , „ echt “ oder „ unecht “ in Bezug auf die obj ekt ive Welt zu bewert en. Und dennoch wird es gerade in der Online- Berat ung im m er wieder gem acht .

3 .2 .2 . Kom m u n ik a t ion st h e or e t isch e M ode lle

Schulz von Thun verdeut licht in seinem k om m u n ik a t ion st h e or e t isch e n V ie r – Oh r e n - M ode ll die verschiedenen Aspekt e einer Mit t eilung, einer Erzählung. So

wirken neben der Sach– und Beziehungsebene der Appelcharakt er einer Erzäh-lung und die Selbst offenbarung ebenso int ensiv. Diesem Ansat z folgend kann sich die Online- Berat erI n: „ Was t eilt m ir die SchreiberI n von sich m it ?“ , „ Was will sie oder er erreichen?“ .

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Neben dem bekannt en Vier- Ohren- Modell biet et die Erkennt nis des „ I nneren Team “ geradezu eine I deal- Erklärung zur Selbst offenbarung, auf beiden Seit en. „ Mit dem Modell des I nneren Team s bet racht en wir die ‚I nnenseit e’ der Kom m u-nikat ion genauer. Denn ein Mit einander und Gegeneinander finden wir nicht nur zwischen den Menschen, sondern auch innerhalb des Menschen. Meist ens haben wir m ehrere Seelen in unserer Brust . Wenn wir in uns hineinhorchen, finden wir Laut gebungen dieser Seelen vor: I n Form von inneren St im m en, die sich zu ei-nem best im m t en Vorfall oder Them a zu Wort m elden, die sich m it einander selt en einig sind und die alles daran set zt en, auf unsere Kom m unikat ion und unser Handeln Einfluss zu nehm en. Obwohl ein zerst rit t ener Haufen in m ir überaus läs-t ig und quälend sein und bis zur Verhalläs-t enslähm ung führen kann, handelläs-t es sich dennoch nicht um eine seelische St örung, sondern um eine ganz norm ale m enschliche und let zt lich auch wünschenswert e ‚innere Pluralit ät ’< …> Som it be-kom m en wir es in der Kom m unikat ion < …> auch m it unserem I nneren Team “ ( Schulz von Thun, 1998, S. 46) zu t un.

3 .2 .3 . Biogr a fie a r be it

Au ch die Biogr a fie a r be it lehrt uns, dass es die Wahrheit nicht gibt . Die

Me-t hode des biographischen ArbeiMe-t ens begleiMe-t eMe-t und unMe-t ersMe-t üMe-t zMe-t den Erinnernden bei der Suche oder Fest igung der I dent it ät . Sie biet et die Möglichkeit einer Bilan-zierung des bisherigen Lebens und bei Bedarf einer Neudefinit ion des zukünft igen Lebens. Sie st ellt die Person in den Mit t elpunkt und ist som it Erinnerungsarbeit . Menschen t auchen in ihre Erinnerungen ein und schreiben ihre erlebt en Erfahrungen auf. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass Menschen ihre Biografie im -m er anders erzählen, dass es auch hier keine obj ekt ive Wahrheit gibt . Erlebt es wird auf dem Hint ergrund der eigenen Kennt nisse und m it der bewusst en und unbewusst en Absicht erzählt , eine Wirkung beim Gegenüber zu erzeugen und in der Berat ung oft verbunden m it dem Wunsch des Verst ehens.

4 . V e r st e h e n u n d H a n de ln

4 .1 . V e r st e h e n

Erzählungen in der Mailberat ung ent sprechen nicht der „ obj ekt iven Realit ät “ , j e-doch im m er der Wirklichkeit , denn sie sind „ wahr“ und hint erlassen ihre Wirkung. Vor diesem Hint ergrund st ellen sich die Fragen:

Welchen Sinn m acht es für die MailerI n zu inszenieren?

( Vielleicht ist das Anliegen so scham beset zt , dass es erst einm al nur über den Weg der I nszenierung geht ) .

Was m öcht e die SchreiberI n in Szene set zen? Was soll die Berat erI n verst ehen?

Worum geht es?

Was ist das Them a der Rat suchenden?

Welche Gefühle und Affekt e löst die Mail in der Berat erI n aus, so dass diese das Bedürfnis verspürt nachzuprüfen, ob denn das, was geschrieben ist , auch wahr ist ?

Welche Fant asien wecken die rat suchenden MailerI nnen in Berat erI nnen, ihnen nicht zu ( ver- ) t rauen?

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Wieso ist es in der Online- Berat ung wicht iger als in der face- t o- face- oder Telefonberat ung, die Rat suchenden als Fakerin oder Faker zu ent larven? Welche Wirkung erzeugt die aufgeschriebene Geschicht e und die dahint er-st ehende Person, Berat erI nnen aus ihrer Berat ungsrolle zu bringen?

Wieso ist es für die Berat ung von Belang, einer Rat suchenden oder einem Rat suchenden einen Fake zu unt erst ellen und die Mail nicht als I nszenie-rung zu verst ehen?

Was unt erscheidet diese Mail von den anderen?

Eine m ögliche Ant wort liegt in unseren eigenen Wert vorst ellungen, Norm en, Mo-ralvorst ellungen, I dealen und Welt anschauungen ( Landkart en) . Sie werden durch die Geschicht e der Mail und durch die/ den Rat suchenden in Frage gest ellt , viel-leicht auch verlet zt oder abgewert et . Die eigene, berat erische Scham grenze wird überschrit t en. Dies löst häufig Gefühle von Unsicherheit , Abwert ung, Ohnm acht , Hilflosigkeit .usw. aus: Die Berat erI n als hilflose HelferI n? Schwer auszuhalt en. Eine Berat erI n ohne Macht : Welch eine absurde Vorst ellung ; - ) .

Gerade in der Online- Berat ung, die den Zugang für scham beset zt e Them en er-leicht ert , werden Berat erI nnen m it ihren eigenen Ängst en, Bedürfnissen, kult urellen und religiösen Prägungen und Moralvorst ellungen konfront iert . I n dem Maße, in dem Berat erI nnen beginnen, sich ( un- ) auffällig m ehr und m ehr m it der Geschicht e und deren Wahrheit sgehalt zu beschäft igen, ist es nicht verwunder-lich, dass sie aus ihrer Berat ungsrolle fallen und die Rat suchenden aus dem Blick verlieren.

4 .2 . H a n dlu n gsm öglich k e it e n

Eine grundlegende Vorrausset zung für gelingende Online- Berat ung ist das Refle-xionsverm ögen in Bezug auf die eigene Tät igkeit . Wie in j eder Berat ungst ät igkeit ist auch in der Online- Berat ung Supervision unabdingbar. Sie dient der Verbesse-rung der Berat ungskom pet enz, schafft Reflexionsräum e und erm öglicht ein Ver-st ehen der Sit uat ion, der eigenen Affekt e und Gefühle. Supervision hilft , ( wieder) in die berat erische Rolle zu finden. Erfolgreiche und kom pet ent e Berat ung schließt die Reflexion der eigenen Grenzen ein.

Die Qualit ät der Online- Berat ung wird in der I nt egrat ion von fachlichem Wissen, einer Medienkom pet enz, m et hodischen Kennt nissen und personaler Ent wicklung erkennbar. Fachliches Können zeigt sich in der prinzipiellen Ent wicklungsfähigkeit auf all diesen Ebenen. Die Online- Berat ung bedient sich eines Com put ers und fällt t echnisch unt er den Begriff der digit alen Kom m unikat ion. Beim Kom m unizie-ren per Mail oder Chat st ehen nicht m ehr alle verfügbaunizie-ren akust ischen, visuellen, kinäst et hischen und olfakt orischen Sinneswahrnehm ungen zur Verfügung. Die Art der analogen Kom m unikat ion ist begrenzt ; alleine der Text spricht . Dies be-darf sowohl einer Lese- , Schreib- und I nt ernet kom pet enz) und m et hodisch gelei-t egelei-t , wie auch fachlicher und kollegialer Ausgelei-t ausch sind fundam engelei-t ale Werkzeuge, die diese Ent wicklung fördern. Supervision und Fallbesprechung sichern Bezie-hungsfähigkeit und Belast barkeit . Sie definieren zugleich Möglichkeit en und Grenzen für die Arbeit im I nt ernet und fördern ihren Erfolg! !

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