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Föderalismus/Länder:

Föderalismus schwach, aber Stärkung durch Ländergerichtsbarkeit; Föderalismus festigt Demokratie; Gemeinderäte wichtig; Geschäftsordnung; interne Analysen; kein Zentralstaat; Kein wirklicher Föderalismus; Konferenz der Sicherheitslandesräte;

Landeshauptleutekonferenz; Landtagsbeschlüsse können revidiert werden;

Landeshauptleutekonferenz Stimme erheben; Landespolitiker vor Ort; Landesverfassung ist krisensicher; Mandatare in jeder Region; mehr Länderkompetenzen; Oberstaat und Gliedstaaten; Selbstbestimmungsrecht und Stärkung Vertretungskörper

Die oben angeführten Kategorien und Subkategorien bzw. Anmerkungen konnten für die Beantwortung der Forschungsfragen und Forschungsannahmen herausgearbeitet werden.

Bei der Interpretation wird darauf geachtet, dass diese möglichst nah an den Aussagen der Expert*innen in den Interviews sind. Daher werden auch Originalformulierungen verwendet.

Auf die Frage anhand des Interviewleitfadens, welcher im Anhang dieser Arbeit angeschlossen ist, wie es aus Sicht der Expert*innen dazu kommen könnte, dass in Oberösterreich die Demokratie gefährdet bzw. abgeschafft wird, sagten die meisten Interviewten, dass derzeit und auch in der jüngsten Vergangenheit keine akute Gefahr dafür in Oberösterreich besteht bzw. bestand. Einige Expert*innen waren auch der Meinung, dass aus heutiger Sicht auch zukünftig die Gefahr der Abschaffung einer Demokratie in Oberösterreich gegen Null ist. Lediglich die Rolle der Europäischen Union wurde als externe Gefahr von Expert*innen ausgemacht. Sie führten an, dass die Position der EU, deren Gesetze über die Rechtsprechung der nationalen Mitgliedsstaaten und somit auch über die der Bundesländer in Österreich liegen, wurde als mögliches Gefahrenpotential ausgemacht. Als Gefahrenpotential deshalb, da Brüssel für die Bürger*innen weit weg ist und manche Beschlüsse, Verordnungen etc. auf Unverständnis bei vielen Menschen gestoßen sind und für große Ablehnung und Unmut sorgten. Genau in dieser fehlenden Bürgernähe mangels räumlicher Nähe und mangels Akzeptanz von politischen Entscheidungen auf EU-Ebene sehen einige Expert*innen ein Risiko für das politische System in Österreich und speziell in Oberösterreich. Denn die politischen Verantwortlichen in Oberösterreich müssen die EU-Beschlüsse umsetzen und für die Bürger*innen geht nicht immer eindeutig hervor, wer der tatsächliche Urheber einer teilweise überbordender Bürokratie und der oft unverständlichen Vorschriften ist. So kann der Eindruck entstehen, dass dies Entscheidungen auf regionaler Landesebene sind. Darin sehen einige Expert*innen ein externes Risiko bzw. eine externe Vulnerabilität für die Resilienz einer Demokratie in Österreich bzw. in Oberösterreich.

Regionales Regierungshandeln

Regionales Regierungshandeln erfolgt in verschiedenen Varianten. Obwohl laut einhelliger Meinung der Expert*innen Regierungshandeln in Oberösterreich gesetzlich sehr eingeschränkt ist, da die meisten Kompetenzen in die Zuständigkeit des Bundes fallen, liegen wichtige Lebensbereiche der Menschen in einem Bundesland in der Entscheidungsgewalt der Länder. Durch den direkten Kontakt, sowohl räumlich als auch

persönlich, bildet sich eine unmittelbare Bürger*innennähe. Dieser enge Bürger*innenkontakt führt zu einem laufenden Austausch der Bürger*innen mit den regionalen Entscheidungsträger*innen. Dadurch kann Verständnis und Vertrauen aufgebaut werden, was sich wiederum als Schutzfaktor für eine Demokratie entwickeln kann.

Von den Expert*innen hervorgehoben wurde die Wichtigkeit für eine Demokratie, dass die Bundesebene die Landesebene einschließt und nicht im Alleingang über die Länder hinwegentschieden wird. Durch die Einbindung der Landesebene wird vermieden, dass aus einem Sofortreflex heraus gehandelt wird. Denn die Landesebene zwingt die Bundesebene bei manchen Themen zur Kompromissbereitschaft. Rekursionsschleifen in der Entscheidungsfindung auf Bundesebene werden so über die Länder gewährleistet. Die Länder haben große Einflussmöglichkeiten auf der Gesetzgebungsebene. Beispielsweise durch die Mitwirkung beim Begutachtungsverfahren. Auch, aber in geringerem Ausmaß thematisiert wurde, dass das Land Oberösterreich rein juristisch betrachtet, doch erheblich schwächer als der Bund ist. Als Zeichen wurde angeführt, dass das Land bis vor kurzem überhaupt keinen Anteil an der Gerichtsbarkeit gehabt hat. Es gab auch entgegen der Mehrheitsmeinung der Expert*innen eine total konträre Meinung über die Einflussmöglichkeiten der Länder auf den Bund. Das eben kaum Bundesgesetze verhindert werden können. Auch die Tatsache, dass der Bund die wesentlichen Abgaben einheben darf und die Länder nur mitnaschen dürfen, ist laut Expert*innenmeinung ein Indiz dafür, dass die Länder erheblich schwächer sind.

Regionales Regierungshandeln kann sich in vielen Bereichen zeigen, auch wenn die meisten Befugnisse beim Bund liegen. Juristisch gesehen, nach der Kompetenzverteilung, sind die Länder erheblich schwächer als der Bund. Gerade über die Landeshauptleutekonferenz, Konferenz der Sozialexpert*innen oder Sicherheitslandesrät*innen etc. können sich die Länder gegenüber dem Bund stark einbringen. Die Realpolitik zeichnet aber ein anderes Bild. Es könnte sogar sein, dass das Verhältnis sogar umgekehrt ist. Dies zeigt sich durch die oben bereits erwähnte Landeshauptleutekonferenz. Durch gemeinsame Abstimmung und gemeinsames Auftreten bilden die Länder eine große Stärke, welche sich positiv bei den Verhandlungen bzw. bei der Positionierung gegenüber dem Bund auswirkt. Vor allem die Einflussmöglichkeiten der Landeshauptleutekonferenz werden von den meisten Expert*innen als die große Stärke der Länder gegenüber dem Bund gesehen. Die Landeshauptleutekonferenz als Machtfaktor sollte nach Ansicht einiger Expert*innen in der Zukunft noch viel stärker ausgespielt werden. Auch sei die verfassungsrechtliche Verankerung der Landeshauptleutekonferenz eine Möglichkeit, um diese im Moment noch informelle Zusammenkunft auch in ihrer Bedeutung aufzuwerten.

Reflektierend auf die vergangene Flüchtlingsbewegung im Jahre 2015 ist Oberösterreich laut der Meinung einzelner Expert*innen in Zukunft gut auf außergewöhnliche Ereignisse vorbereitet. Einige Expert*innen streichen als Vorteil heraus, dass es ein internes Kontrollsystem und Risikomanagementansätze gibt. Ersteres wird auch vom Landesrechnungshof gefordert, damit sich die Verwaltung Gedanken und Analysen über derartige Ausnahmesituationen macht. Intern ist die Verwaltung auf alle möglichen Szenarien in der Zukunft gut vorbereitet. Andere Expert*innen sahen den geringen

Kompetenzspielraumes des Landes Oberösterreich in Angelegenheiten einer Migrationswelle, als viel zu eng an, damit das Land Oberösterreich tatsächlich wirkungsvolle Maßnahmen hätte setzen können. Es wurden damals laut einigen Expert*innenmeinungen Gesetze einfach nicht mehr vollzogen, sodass eine zielführende Einflussnahme bei der Flüchtlingswelle nicht mehr möglich war. Dies wäre nur über den politischen Druck der Landeshauptleute gegangen. Bei einer derart großen Herausforderung wie der Flüchtlingsbewegung vor einigen Jahren war klar, dass das Staatsganze zusammenwirken musste. Ein Bundesland alleine wäre da überfordert gewesen. Damals regelte das Bundesland Oberösterreich viel Organisatorisches unter Einbeziehung der Zivilbevölkerung. Weiters wurde angemerkt, dass das Land Oberösterreich für solche Ausnahmezustände künftig aber Maßnahmen setzen soll, in dem Gesetze eingehalten werden. Auch sollte sich die Landespolitik nicht vom medialen Druck in eine schwierige Position drängen lassen.

Als eine große Stärke des regionalen Regierungshandelns in Oberösterreich wurde von den Expert*innen die Konzentrationsregierungsform ausgemacht. Aufgrund dieser sind in OÖ. alle relevanten politischen Kräfte eingebunden. Vor allem die wöchentlichen Sitzungen der Landesregierung sind dabei von Vorteil. Dadurch können sehr schnell innerhalb weniger Tage dringend notwendige Regierungsbeschlüsse herbeigeführt werden und es kommt zu keinem unnötigen Zeitverlust. Auch das sogenannte E-ReSI-System, sprich das elektronische Informationssystem der Landesregierung, ist gut strukturiert und somit können sich alle Beteiligten ein rasches Bild über diverse Themen machen. Somit kann bereits jeweils am Mittwoch oder am Donnerstag elektronisch abgerufen werden, welche Tagesordnungspunkte auf der darauffolgenden montäglichen Sitzung der oberösterreichischen Landesregierung sein werden. Eine Expert*innenmeinung war auch, dass für den Fall einer Aufhebung des Proporzsystems in Oberösterreich auch die Minderheitenrechte gestärkt gehörten. In Oberösterreich sind 51 Prozent aller Stimmen im Landtag nötig, um einen Untersuchungsausschuss zu implementieren. Die Minderheitenrechte wären aktuell nicht geeignet, um das Proporzsystem aufzuheben.

Weiters wird angemerkt, dass mit der Aufhebung des Proporzsystems ein Informationsdefizit verbunden wäre. Hätte das Land Oberösterreich keinen eigenen Budgetdienst, sondern wären die Oppositionsparteien ausschließlich auf die Informationen der Finanzabteilung oder des Landesfinanzreferenten angewiesen, um vernünftige Aussagen zu den Landesfinanzen zu erhalten, dann wäre Oberösterreich aktuell noch nicht reif für die Aufhebung des Proporzes. Die Expert*innen sehen die Konzentrationsregierung als eine Gemeinschaftsregierung. Jeder, der daran beteiligt ist, hat die Verantwortung, zu Entscheidungen beizutragen. Wenn alle in der Regierung sind, dann haben auch alle einen Zugang zu den Regierungsinformationen. Bei der Konzentrationsregierung handelt es sich um ein konsensförderndes, typisch österreichisches Phänomen, so einige Expert*innenmeinungen. Diese Regierungsform ist somit ein stabilisierender Faktor, da keine größere Partei Fundamentalopposition betreiben kann, denn jeder muss sich in seiner Regierungsverantwortung bewähren.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es durch den engen Bürger*innenkontakt zwischen der Bevölkerung und den regionalen Entscheidungsträger*innen zu Verständnis und Vertrauen kommt, was sich positiv auf die

Resilienz einer Demokratie auswirkt. Ein weiterer positiver Faktor ist, dass durch die Einbindung der Landesebene der Bund zu einem Nachdenkprozess veranlasst werden kann. Dies kann wiederum dazu führen, dass Entscheidungen des Bundes nochmals überdacht werden und in Folge eine Kompromisslösung gefunden wird. Dadurch erhöht sich die Akzeptanz von Entscheidungen, was die Resilienz einer Demokratie steigert. Als weiterer wichtiger Aspekt für den Erhalt einer Demokratie ist die Landeshauptleutekonferenz. Diese realpolitische Institution steigert den Einflussbereich der Bundesländer gegenüber dem Bund enorm und trägt zu einer wesentlichen Stärkung der Länder bei. Eine verfassungsmäßige Verankerung der Landeshauptleutekonferenz würde sich positiv auf die Resilienz einer Demokratie auswirken.

Gewaltenteilung und Föderalismus

Die Bundesebene ordnet aufgrund der Bundesverfassung der Landesebene verschiedene Aufgaben zu. Grundsätzlich lässt sich bei allen Expert*innen ausmachen, dass es von Vorteil ist, dass es eine Landesebene gibt. Welche Aufgaben dies sind, darauf sind die Expert*innen in unterschiedlichen Ansätzen eingegangen, zum Beispiel dass die Gewaltenteilung auch innerhalb der Staatsteilgewalten eine Trennung vorsieht. Mehrere Ebenen der Staatsgewalten haben unterschiedliche Zugänge und können unterschiedlich auf Dinge reagieren. Zu bedenken wäre, laut Ansicht einiger Expert*innen, dass bei Fehlen der Länderebene es zu einer zu starken Machtkonzentration auf einer Ebene kommen könnte. Es wird dadurch befürchtet, dass es bei Vorhandensein eines Gesetzgebers wahrscheinlicher ist, dass er die Macht ausweitet, da ihn keiner kontrolliert. Diese Mehrfachebenen und die ausübende Kontrolle durch Dritte stärkt eine Demokratie und trägt zur Resilienz bei. Weitere Expert*innen gingen in diesem Zusammenhang auch auf die Rolle des Bundesrates ein. So wurde die Meinung vertreten, dass besonders Kontrollinstanzen wichtig sind. Eine generelle Abschaffung des Bundesrates wäre auch aus rechtlicher Sicht nicht so einfach möglich, denn das würde nach Expert*innenmeinung eine Gesamtänderung der Bundesverfassung bedeuten, was wiederum eine Volksabstimmung bedürfte. Es hat immer Stimmen gegeben, die gesagt haben, dass der Bundesrat verzichtbar sei, da vom Bundesrat kaum Gesetzesinitiativen gekommen sind, obwohl dieser initiativberechtigt wäre. Der Bundesrat hat den Expert*innen zufolge, eher eine realpolitische Bedeutung. Als Beispiel wurde das „SPÖ-Drittel“ des Bundesrates angeführt, welches es für eine Zeit lang gegeben hat und dadurch vom Bundesrat einige Anfechtungen beim Verfassungsgerichtshof gemacht werden konnten. Dieses „SPÖ- Drittel“ hat es aber damals im Nationalrat nicht gegeben.

Der Bundesrat hat in der Regierungsform der „Großkoalitionäre“ eine geringere Bedeutung gehabt, da die Konsensfindung damals teilweise sozialpartnerschaftlich erfolgte. Wird von diesem großkoalitionären Modell abgewichen, entwickeln sich plötzlich Institutionen, die bisher nicht so wahrgenommen wurden. Das wäre laut Expert*innen in diesem Fall der Bundesrat, aber auch der Bundespräsident. Interessant ist auch die Expert*innenaussage, dass Föderalisten sagen, dass in Wahrheit die Länder überhaupt die Träger des Staates sind. Obwohl bei genauerer Betrachtung des Machtgefüges insgesamt natürlich sehr viel Machtfülle beim Bund liegt und die Länder insofern juristisch betrachtet, doch erheblich

schwächer bei den Kompetenzen sind. Wenn Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zusammenhängen und Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung zusammenhängen, dann dient gemäß den Expert*innen jede Einhegung der Staatsgewalt und letztlich der Demokratie. Indem sich die einzelnen Gewalten gegenseitig behindern und bremsen, sind Resultate der Staatsführung garantiert. Die Gewalten kontrollieren sich gegenseitig und genauso funktioniert dies im Föderalismus. Die Staatsgewalten werden aufgeteilt auf mehrere Teilgewalten, den Oberstaat und die Gliedstaaten. Die Gewaltenteilung in Österreich ist durch die Bundes- und Landesverfassungen effektiv und krisensicher ausgestattet.

Aus vielen Gründen plädieren die Expert*innen dafür den Bundesrat nicht abzuschaffen, sondern einzelne Expert*innen gehen im Gegensatz dazu noch weiter und fordern einen Ausbau der Rechte des Bundesrates. Der Bundesrat soll mit mehr Machtfülle ausgestaltet werden, damit eine starke Kontrollebene entsteht, was wiederum vorteilhaft für ein demokratisches System wäre. Es wurde auch auf den Umstand hingewiesen, dass entgegen früherer Tendenzen im derzeitig gültigen Regierungsprogramm von einer Abschaffung des Bundesrates aus gutem Grund nicht mehr zu lesen ist. Mehrere Kammersysteme haben laut Expert*innen den Sinn, dass Vorhaben bzw. Anliegen zeitlich und inhaltlich noch einmal überlegt werden können. Derartige Schleifen, die eingezogen werden, haben ebenso den Vorteil, dass es bei sensiblen Themen zu neuerlichen Nachdenkphasen kommen kann und es wird vermieden, dass aus einem Sofortreflex gehandelt wird. Mehrere Ebenen der Gesetzgebung und mehrere Justizebenen haben unterschiedliche Zugänge und können unterschiedlich auf Dinge reagieren, wodurch Demokratie gestärkt wird. Diese Stärkung sehen Expert*innen auch aufgrund einer stabilen Rechtsstruktur gegeben. Diese stabile Rechtsstruktur äußert sich auch durch Bürger*innenbeteiligungsformen wie Volksabstimmungen und vermeidet eine Gefährdung einer Demokratie. Andere Expert*innen sehen den Bundesrat nicht wirklich als Länderkammer, weil er in vielen Bereichen Gesetze nur aufschieben, aber tatsächlich nicht verhindern kann. Um den Bundesrat als Länderkammer zu bezeichnen, müsste der Bundesrat wirklich aufgewertet werden. Dies wäre im Sinne eines echten föderalen Staates auch wünschenswert.

Argumente gegen einen Zentralstaat sind laut den Expert*innen, dass die Nachteile gegenüber einem föderalen System überwiegen. In Oberösterreich gibt es 56 Mitglieder des Landtages für ungefähr 1,5 Millionen Einwohner*innen und eine Demokratie lebt nach einigen Expert*innenmeinungen davon, dass die gewählten Politiker auch regional verwurzelt sind. Eine Verringerung der Anzahl der Politiker würde zu einer geringeren Nähe der Politiker*innen führen und dies wiederum zu einem Nachteil für ein demokratisches System. Denn eine Verkleinerung würde einen gewissen Mangel an Repräsentation mit sich bringen und Mandatare wären nicht mehr in jeder Region vertreten. Um Demokratie lebensfähig zu gestalten, ist es wichtig, dass Landespolitiker*innen viel unterwegs sind, da diese von den Leuten angesprochen und mit vielen Anliegen konfrontiert werden. Durch diesen direkten Bürgerkontakt ist die Politik in der Lage, politische Entscheidungen im Sinne vieler Bürger*innen zu tätigen. Ebenso wurde der Kostenaspekt angesprochen und Expert*innen meinten dazu, dass eine diesbezügliche Einsparung sehr überschaubar sein

würde. Aus diesen Gründen sprachen sich die meisten Interviewt*innen für eine Stärkung des föderalen Systems und gegen eine Verringerung der Anzahl der Mandatar*innen aus.

Die wirklichen Handlungsfehler liegen nicht beim Bund, sondern auf kommunaler Ebene bzw. maximal auf Landesebene. Hätten wir einen reinen Zentralstaat würde sich das auch auf die Gemeindeebene und in Folge auf die Gemeinderäte negativ auswirken. Denn in Österreich gibt es nicht nur Bundesländer, sondern auch Bezirke und Gemeinden. Dies ist laut einigen Expert*innen auch der Grund, weshalb föderale Strukturen wichtig sind, zumal auch die Meinung der Gemeinderät*innen und nicht die der Landtage für viele Entscheidungen wesentlich sein könnte. Für die Expert*innen ist es daher nicht denkbar, Gemeinden oder gar Bundesländer aufzulassen. Weiters vertraten Expert*innen die Ansicht, falls es einen reinen Zentralstaat gibt, dass es in den Bundesländern keine so gute medizinische Versorgung gäbe und auch der Straßenzustand wesentlich schlechter sei.

Es gab auch kritische Expert*innenstimmen über das derzeitige föderale System in Österreich. Diese lauteten, dass Österreich kein wirklich föderaler Staat sei. Echte föderale Staaten sind Deutschland und die Schweiz. Österreich hingegen habe sich nie entscheiden können, ob es ein zentral organisierter Staat oder ein föderaler Staat sein will. Österreich ist de facto zwar kein Zentralstaat, aber die Bundesverfassung trifft da auch keine klare Aussage dazu. Nachteilig bei einem föderalen System ist die Lösung der Frage, wo welche Kompetenz am sinnvollsten angesiedelt wird. Nachteilig ist auch, dass Entscheidungen manchmal etwas länger dauern, weil auch andere Teile einbezogen werden müssen oder weil beispielsweise auch die Länderkammer im Parlament ein Veto einlegen kann oder ein Gesetzesbeschluss nicht durchgelassen wird.

Abschließend ist die überwiegende Mehrheit der Expert*innen der Meinung, dass das föderale System in Österreich ein erfolgreiches ist. Auch im Rest von Europa sind die meisten Staaten föderal organisiert. In einem föderal organisierten Staat stellt sich immer die Frage, wer welche Kompetenzen hat. Diese Kompetenzaufteilung wäre in Österreich noch ausbaufähig, denn die Möglichkeit, dass vor Ort sehr viel geregelt, viel selber entschieden und gestaltet werden kann, hat einen enormen Vorteil für die Resilienz einer Demokratie. Mehrere Ebenen der Staatsgewalten haben den Vorteil, dass diese unterschiedlich auf Dinge reagieren können und es zu keiner zu starken Machtkonzentration auf einer Ebene kommt. Daraus kann abgeleitet werden, dass dies ein positiver Faktor für die Resilienz einer Demokratie ist. Ebenso wäre eine Erweiterung der Befugnisse des Bundesrates hin zu einer echten Länderkammer für ein demokratisches System von Vorteil. Auch der Umstand der unmittelbaren Bürger*innennähe der Landespolitiker*innen durch die geografische Nähe zu den Bürger*innen ist ein positiver Aspekt für die Resilienz einer Demokratie. Die geringen finanziellen Einsparungsmöglichkeiten bei einer Verkleinerung der Landtage würden in keiner Relation zum Preis des möglichen Verlustes für das Verständnis der Bürger*innen in ein demokratisches System stehen. Geringerer direkter Bürger*innenkontakt würde sich als Risiko- bzw. Vulnerabilitätsfaktor für eine Demokratie erweisen.

Transparente und offene Demokratie

Laut Expert*innen ist es wichtig, dass es eine Möglichkeit gibt, die Bürger*innen in die Entscheidungsprozesse miteinzubeziehen. Dazu gehört auch, dass die Landesebene direktdemokratische Entwicklungen auf der kommunalen Ebene nicht behindern soll, da wirkliche Handlungsfelder auf kommunaler und maximal auf Landesebene liegen. Das Land Oberösterreich könnte zum Beispiel die direktdemokratischen Elemente stärken. Als Maßnahmen wurde von den Expert*innen einige Beschlüsse zum Ausbau der direktdemokratischen Elemente genannt, welche Einstimmigkeit im Landtag erhielten.

Dabei handelt es sich um sogenannte Veto-Volksabstimmungen, die der Bund zulassen sollte. So könnten bestimmte Gesetzesbeschlüsse des Landtages durch Volksabstimmung revidiert werden. Natürlich könnte es dadurch auch dazu kommen, dass Gesetzesvorgänge noch länger dauern würden.

Die Bürger*innenbeteiligung hält sich nach Expert*innenmeinung in Österreich quer durch alle Bundesländer absolut in Grenzen. Trotz vieler Hürden, die dabei überwunden werden müssen. Das Hauptproblem ist die tatsächliche Umsetzung. Es gibt bereits vieles von der Online-Petition bis zur Bürger*innenbefragung und Volksbefragung. Und diese werden im Unterschied zur Schweiz äußerst parteipolitisch geführt. Ein Kritikpunkt dabei ist, dass eine professionalisierte Information der Bürger*innen in Österreich so gut wie nicht stattfindet, sondern lediglich über die Parteien erfolgt. Eine Verbesserung wäre eine Herabsetzung für direktdemokratische Elemente. Die Politik würde sich antizipatorisch danach richten, wenn sie weiß, dass die „Gefahr“ einer Bürger*innenbeteiligung vorhanden wäre, dass also eine andere Meinung als ihre eigene eine Mehrheit haben könnte. Weiters müsste auch der Gesetzgeber verpflichtet werden, dass direktdemokratische Ergebnisse umgesetzt werden müssen und eine Aufklärung der Bürger*innen stattfinden muss. Wenn dadurch die Willensbildungen nicht nur zur Kenntnis genommen werden würde, sondern es tatsächlich zur Umsetzung käme, so könnte auch die Wahlbeteiligung wieder erhöht werden. Eine Gefahr, dass die Bürger*innen überfordert sein könnten, wird von den meisten Expert*innen nicht gesehen. Für sie gibt es kein Thema, das zu komplex wäre, um es den Bürger*innen vorzulegen.

Einen Vorteil brächte auch die Einführung von neuen technischen Möglichkeiten, damit die Beteiligung der Bürger*innen erhöht werden würde. Dieses weitere direktdemokratische Element wäre etwa die Online-Abstimmung, also eine Abstimmung auf elektronischem Wege. Dieser elektronische Bereich bietet nach Experten*innenansicht auch andere neue Bürger*innenbeteiligungsmöglichkeiten. Etwa zur Stärkung der Demokratie könnten in Zukunft im Begutachtungsverfahren die Stellungnahmen auch im Internet zur Verfügung stehen. Dadurch könnte eine Rückmeldemöglichkeit geschaffen werden. Die Bürger*innen könnten sozusagen relativ unkompliziert Online-Rückmeldungen abgeben. Es bräuchten keine ausführlichen Stellungnahmen geschrieben werden, sondern es genügt, zum Beispiel einfach auf Antworten zu klicken oder möglicherweise auch nur ein „Like“ zurück zu senden. Laut Expert*innen gibt es bereits konkrete Überlegungen zur aktiven Umsetzung in naher Zukunft. Wichtig dabei ist die Frage, wie mit den Rückmeldungen umgegangen wird. Sie könnten herangezogen werden, um etwa bestimmte Stimmungsbilder zu vermitteln, welche wiederum direkt bei den Überlegungen

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