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Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Leistungen und Leistungsumfang

4. Ü BERBLICK ZUM G RUNDVERSORGUNGSSYSTEM FÜR HILFS - UND SCHUTZBEDÜRFTIGE

4.2. Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Leistungen und Leistungsumfang

Landesgesetzen der Unterstützungswürdigkeit wie auch der Schutz- und Hilfsbedürftigkeit unterliegen. Die Hilfsbedürftigkeit betrifft all jene Personen, die die grundlegenden Bedürfnisse des Lebensbedarfs für sich und den im Haushalt lebenden unterhaltsbe- rechtigten Personen nicht oder ungenügend sicherstellen bzw. beschaffen können.

Darunterfallen u. a. Asylwerber*innen im laufenden Asylverfahren, Vertriebene, Asyl- berechtigte in den ersten vier Monaten nach Erhalt des Aufenthaltsstatus oder hilfs- und schutzbedürftige Fremde, die von Rechts wegen oder faktisch nicht abschiebbar sind. Aus dem Asyl- und Fremdengesetz können Ansprüche auf Grundversorgung entstehen (Art 2 Abs 1 GVV). Die Voraussetzung der Hilfsbedürftigkeit ist keine Voraussetzung in der Bundesbetreuung (GVG-B). Die Länder können neben der „Kernzielgruppe“ der ihnen zugewiesenen Personen selbst über den Weiterverbleib bzw. die Aufnahme von weiteren Fremden in das System entscheiden (Art 4 Abs 1 Z 2 und 3 GVV).

Nichtsdestotrotz können Personen vom Leistungsanspruch ausgeschlossen werden (Art 2 Abs 4 GVV; §3 GVG-B). Beispielsweise wenn diese sich nicht bei ihrer Identitätsfeststellung oder Hilfsbedürftigkeit beteiligen oder nicht die notwendigen Sachverhalte zur Durchführung des Asylverfahrens vorbringen (§ 3 Abs 1 Z 2, 4 und 5 GVG-B). Trotz des Aus-schlusses muss bei Bedarf die medizinische Notversorgung sichergestellt sein (§ 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 4 GVG-B). In der T-GVOG wird zusätzlich noch angeführt, dass die Grundver-sorgung eingeschränkt oder in Teilen nur gewährt werden kann (§5 Abs 2 T- GVOG). Der vollständige oder teilweise Entzug kann im Falle, dass die Sicherheit in der

Unterbringung fortwährend gefährdet wird und sich das Verhalten der Person nicht ändert, erfolgen. Gleiches gilt bei grob gewalttätigen Handlungen, bei Wegweisungen oder gerichtlich strafbaren Handlungen. Zu den zwei letztgenannten Punkten wird auf weitere Gesetze verwiesen, um einen (partiellen) Ausschluss durchzuführen (§5 Abs 3 lit. a bis d T-GVOG). Es kann sogar zu einer Rückerstattung des Kostenersatzes der Anspruchsberechtigten kommen. Beispielsweise falls bekannt wird, dass genügend Einkommen bzw. Vermögen vorhanden ist und gleichzeitig Grundversorgungsleistungen gewährt wurden (§10 Abs 1 lit. b T-GVOG).

Neben dem Ein- und Ausschluss von Personen innerhalb des Systems wird in der GVV der Leistungsumfang, die Kostenhochsätze sowie die Aufsplittung der Kosten zwischen Bund und Länder definiert. Grundsätzlich umfassen die Grundversorgungsleistungen die basalen Grundbedürfnisse des alltäglichen Lebens. Diese umfassen die Verpflegung, Unter- bringung, Krankenversicherung, Bekleidung und Information, Beratung und soziale Betreuung.

Hinsichtlich der Wohnform kann zwischen dem organisierten oder privaten Quartier unterschieden werden. Die Unterkunftgeber*innen sind vorwiegend beauftragte NGOs oder Gasthäuser von den jeweiligen Landesregierungen (vgl. Koppenberg 2014:11; König, Rosenberger 2010a: 277). In Tirol führt diese Aufgabe die Tochtergesellschaft des Landes Tirols durch (vgl. TSD 2017: 14). Bei der organisierten Unterkunftsart erfolgt wiederum eine Einteilung zwischen Selbst-, Teil- und Vollversorgerstruktur. Bei der erstgenannten Versorgung erhalten Asylwerber*innen Verpflegungsgeld, um ihr Essen zuzubereiten, wohingegen es in der Vollversorgerstruktur dreimal täglich bereitgestellt wird (vgl.

Österreichischer Städtebund 2014: 2). Die Unterbringung hat unter „Achtung der Menschenwürde und unter Beachtung der Familieneinheit“ (Art 6 Abs 1 Z 1 GVV) zu erfolgen. In Tirol wurde weiters gesetzlich benannt, dass ebenso auf geschlechter- und alters-spezifische Gesichtspunkte Rücksicht genommen werden soll (§5 Abs 1 lit. a T- GVOG). So sind für Unterbringungsmöglichkeiten, in denen Minderjährige leben, Spiel- und Erholungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen bzw. sollten diese in naher Distanz gegeben sein (§5 Abs 1 lit. a Z 4 T-GVOG). Die Gewährung auf individuelle Unterbringung wird von den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt und von den behördlichen Entscheidungsträger*innen bewilligt (vgl. König, Rosenberger 2010a: 290).

Die Erläuterungen zu den organisationalen und strukturellen Bedingungen sowie die nachfolgende Darstellung und Beschreibung der Maximalsätze erscheint sinnvoll, da sich diese Aspekte auf die Wohn- und Lebensqualität der Asylwerber*innen auswirken. Ferner kann auf Basis der leistungsbasierten Einkünfte die operativen Tätigkeiten in den Grundver- sorgungseinrichtungen finanziert werden. Folglich kann sich dies wiederum auf die Dienst-

leistungsqualität auswirken. In der nachfolgenden Tabelle 1 werden die Kostenhochsätze aufgelistet, die einerseits die Anspruchsberechtigten bzw. Unterkunftsbetreiber*innen erhalten und andererseits spiegelt es großteils den Umfang der Grundversorgungs- leistungen wider. Es ist zu beachten, dass die Berechnungseinheit der Kostenhochsätze tageweise, monatlich, einmalig, wiederkehrend oder jährlich ausgewiesen wird. Außerdem ist zu unterscheiden, ob die Anspruchsberechtigten selbst oder die Quartiersgeber*innen diese erhalten (Art 9 GVV). Asylwerber*innen können neben Sachleistungen, auch direkt monetäre Leistungen (Art 6 Abs 1 Z 12 GVV) erhalten.

Tabelle 1: Leistungsumfang und Auflistung der abrechnungsfähigen Kostenhochsätze zwischen Bund und Ländern in Euro

Leistungen Pro Person/Tag Pro Person/Monat

Unterbringung und Verpflegung (Vollversorgerstruktur) 21,00 630,001 Unterbringung, Verpflegung und Betreuung von

unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (umF):

- in Wohngruppen (Betreuungsschlüssel 1:10) 95,00 2.850,001

- in Wohnheimen (Betreuungsschlüssel 1:15) 63,50 1.905,001

- im betreuten Wohnen oder geeigneten Einrichtungen (Betreuungsschlüssel 1:20)

40,50 1.215.001

Verpflegung bei individueller Unterbringung:

- Erwachsener 215,00

- Minderjähriger 100,00

- umF 215,00

Miete bei individueller Unterbringung:

- Einzelperson 150,00

- Familie (ab zwei Personen) insgesamt 300,00

Taschengeld 40,00

Sonderunterbringung pflegebedürftiger Personen 2.480,00

Bekleidungsgeld 12,50

Freizeitaktivitäten in organisierten Unterkünften 10,00

1 Betrag wird pro Tag in Art 9 GVV ausgewiesen. Zu Vergleichszwecken erfolgte eine eigene Berechnung auf 30 Tage.

2 Mietbeitrag gilt ab zwei Personen pro Monat

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Art 9 GVV und BGBI.I. Nr.48//2016

Aufgrund von KoRat-Vereinbarungen wurden ausgewählte Kostenbeiträge seit 2015 ange- hoben. Dies betrifft die Unterbringung und Verpflegung in organisierten Unterkünften bzw.

von umF, die Verpflegung von privatlebenden Personen bzw. die Miete (vgl. BGBl.I Nr.46/2013; LGBl. Nr. 71/2016; BGBI.I. Nr.48//2016). Erwähnenswert ist, dass diese Auflistung für Gesamtösterreich gilt, obwohl die Wohnkosten innerhalb des Bundesgebiets variieren (vgl. Statistik Austria 2019b: 39ff.) und es Präferenzen hinsichtlich der Wohnart von Seiten der Grundversorgungsstellen in den Ländern gibt. Ferner ist zu bedenken, welche zusätzlichen Personengruppen Anspruch auf die Leistungen haben, da es hierbei Unterschiede gibt. Beispielsweise erhalten in Tirol subsidiär Schutzberechtigte im abgeschlossen Asylverfahren die bedarfsorientierte Mindestsicherung, diese Regelung gilt aber nicht in Niederösterreich oder Salzburg. Hier erfolgt kein Systemwechsel und die Personen verbleiben in der Grundversorgung (vgl. Parlamentarischer Budgetdienst 2017:

57). Neben den dargestellten monetären Leistungen wie die Verpflegung, Taschengeld und Freizeitgeld oder fallweise Miete, haben alle Grundversorgungsbezieher*innen Anrecht auf Krankenversicherung. Des Weiteren gibt es die jährlich gewährten Leistungen wie Schulbedarf (200 Euro pro Kind) und Bekleidungsgeld (150 Euro pro Person). Keinen Taschengeldanspruch haben Personen, die privat leben. Für umF, die an Deutschkursen teilnehmen, können höchstens 200 Unterrichtseinheiten pro Person mit 3,63 Euro abge- rechnet werden. Zudem werden bei Rückkehr ins Herkunftsland einmalig pro Person 370 Euro und die Ausgaben der Rückreise mit dem Höchstsatz nach der IOM gewährt (Art 9 GVV). Es werden zusätzlich die Fahrtkosen zu behördlichen Ladungen und Überstellungen übernommen. Außerdem werden Begräbniskosten zum ortsgängigen Preis gestattet. Teilweise gibt es auch noch die Übernahme von Fahrtkosten und Schulmaterialien für Schüler*innen (Art 6 Abs 1 Z 9, 10 und 13 GVV). Zur Versorgung von Klient*innen mit erhöhtem Betreuungsbedarf kann der*die Quartiergeber*in einer organisierten Unterkunft zusätzlich zum gewährten Tagsatz 23 Euro täglich beantragen.

Alternativ können bei individueller Unterbringung externe Betreuungsleistungen bis zu 700 Euro monatlich veranschlagt werden (vgl. Institut für Föderalismus 2015: 137). Diese Art von zusätzlicher Versorgung muss durch ärztliche Befunde belegt werden und wird durch das BMI überprüft.

Bezogen auf Tirol werden die leistungsbezogenen Abrechnungsmodalitäten der GVV gänzlich ausgeschöpft. Die Leistungen erhalten u. a. Asylwerber*innen und Personen ab Asylgewährung in der 4-Monatsfrist oder mit einem rechtskräftig negativen Bescheid. Die Auszahlungsbeträge, die ihnen zustehen, werden je nach Unterkunftsart und nach Personengruppe aufgelistet. Das heißt, es wird zwischen Selbst- oder Vollversorger, umF,

Minderjährigen und Erwachsenen unterschieden. Die gewährten Leistungen inkludieren die grundlegenden Bedürfnisse wie Krankenversicherung, Verpflegungs-, Taschen-, Be- kleidungs- und Schulgeld, das Verpflegungsgeld in einer Selbstversorgerstruktur oder bei individueller Unterkunft je nach Zielgruppe. So beträgt das Verpflegungsgeld bei Minderjährigen 100 Euro, bei umF 215 Euro, sonst 200 Euro. Erwähnenswert ist, dass es hinsichtlich des Mietbezugs Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Dies inkludiert, dass der Höchstsatz von 150 Euro pro Person nur ausbezahlt wird, falls die Wohnkosten 180 Euro nicht übersteigen oder die Deckung der Kosten gesichert werden kann. Bei Familien, also ab zwei Personen, werden 300 Euro zugesichert, vorausgesetzt die Wohnkosten übersteigen nicht denselben Betrag. Beim Schulgeld gibt es die Prämisse, dass diese zweimal (Winter- und Sommersemester) ausbezahlt wird, sofern es sich um schulpflichtige Kinder (≤15 Jahre) handelt. Personen unter 18 Jahren erhalten die monetäre Leistung im Falle, dass eine Übergangsklasse oder ein Pflichtschulabschlusskurs besucht wird (vgl.

TSD 2018: 1; TSD 2017: 23). Zudem erhält die TSD zur Erfüllung von Integrations- und Sicherheitsmaßnahmen, die über Leistungsverträge geregelt sind, ein zusätzliches Budget.

Hierbei ist zu beachten, dass das Freizeitgeld von 10 Euro in organisierten Unterkünften für die Deutschkurse verwendet wird (vgl. TirLRHG 2017: 23ff.).

Der Kostenhochsatz beim Personal, liegt lt. Art 9 GVV bei 1:170. Mit Jänner 2015 wurde dieser Schlüssel auf 1:140 reduziert (vgl. BLRH 2018: 35; TirLRHG 2017: 45). Dies bedeutet, dass ein*e Betreuer*in (maximal) für 140 Asylwerber*innen zuständig ist bzw. die Kostentragung zwischen den Bundesländern und dem Bund gesplittet wird. Die Tätigkeit umfasst die Informationsweitergabe, Beratung sowie soziale Betreuung durch ent- sprechendes Personal mit Dolmetscher*innenunterstützung (Art 6 Abs 1 Z 8 GVV). Dabei ist das Ziel, den hilfs- und schutzbedürftigen Fremden eine Orientierungshilfe zur Gestaltung des alltäglichen Lebens im Rahmen der Grundversorgung und zur freiwilligen Rückkehr anzubieten (Art 6 Abs 1 Z 8 GVV; Art 5 Abs 1 2013/33/EU). In Tirol wurde ein Betreuungsschlüssel von 1:70 im Jahr 2014 eingeführt. Erst drei Jahre später wurde durch die Tiroler Landesregierung mittels Beschluss dieser Personalschlüssel fixiert (vgl.

TirLRHG 2017: 47).

Grundsätzlich haben die Betreuer*innen lt. Art 6 Abs 1 Z 8 GVV nachfolgende Aufgaben.

So sollte die „Information, Beratung und soziale Betreuung“ durch entsprechende Mitarbeiter*innen unter Beteiligung von Dolmetscher*innen die Anspruchsberechtigten der Grundversorgung bei der Orientierung in der Republik Österreich und freiwilligen Rückkehr, unterstützt werden. In diesem Abschnitt wird die Sonderstellung von umF, welche sich in einem zusätzlichen Betreuungsumfang bzw. in einen erweiterten Personalschlüssel äußerst, nicht aufgegriffen. Dies ist im Art 7 GVV festgelegt. Die T-GVOG hebt noch einige

Zielgruppen durch die Auflistung im Gesetz hervor. Gemäß §5 Abs 1 lit. a Z 1 T-GVOG wird bei Personen, die „Opfer von Folter, Vergewaltigung und anderen schweren Gewalttaten“

waren, eine Betreuung von entsprechend ausgebildeten Fachkräften sichergestellt sein, welche der Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Zudem wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass (unbegleitete) Minderjährige, ältere Personen, werdende Mütter, Alleinerziehende mit Kindern, Betroffene von Menschenhandel oder Folter bzw. Gewalt, Personen mit Beeinträchtigungen, schweren physischen oder psychischen Erkrankungen, besondere Bedürfnisse hinsichtlich der Betreuung und Unterbringung haben (§1 lit. f T- GVOG).

Wie bereits erwähnt, gibt es Sonderbestimmungen zur Personengruppe der umF. Diese Vorgaben entsprechen der EU-Aufnahmerichtline 2003/33/EU, die explizit die Notwendigkeit hervorhebt, umF zu schützen, durch Aktivitäten, wie zum Beispiel durch ein Clearing zur Klärung und Stabilisierung der umF. Wenn nötig, ist ihnen eine erweiterte Versorgung durch sozialpädagogische und psychologische Interventionen zu gewähren.

Die Personen sollten je nach Bedarf geeigneten Unterkünften zugewiesen werden. So gibt es Wohngruppen, -heime, betreutes, privates Wohnen oder sonstige organisierte Unterkünfte. Die Betreuung hat tagesstrukturierende Maßnahmen zu setzen, die Themen der Freizeit- und des Bildungsbereichs aufgreifen. Des Weiteren soll ein Perspektivenplan in Kooperation mit den Behörden und persönliche Informationen wie das Alter, die Identität, den Aufenthaltsort der Angehörigen und dem eigenen Ursprung ermittelt werden. Bei Möglichkeit sollte Unterstützung zur Familienzusammenführung geboten werden. Ebenso sollten Aktivitäten zur Schul-, Ausbildungs- und Berufsförderung durchgeführt werden, um die umF auf die Erwerbstätigkeit vorzubereiten (Art 7 GVV). Neben der GVV, der EMRK und EU-Grundrechtecharta wirken die UN-Kinderrechtskonvention sowie BVG- Kinderrechte als Indikatoren zur Versorgung der umF ein.

Generell enthalten die Gesetzestexte keine explizite Erwähnung, inwieweit und auf welche Betreuungsinhalte die Grundversorgungsbezieher*innen Rechtsanspruch haben, da diese nicht von Seiten der Gesetzgebung definiert werden. Durch die vorgenommene detaillierte Ausführung der gesetzlichen, strukturellen, organisationalen und personellen Aspekte sollte ein Einblick in die (Tiroler) Grundversorgung und zu den (in)direkten (Qualität)standards gewährt werden. Ein Gesichtspunkt, der noch nicht angesprochen wurde, ist das Finanzierungsmodell, welches anschließend erfolgt.