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P . b . b . 0 2 Z 0 3 1 1 1 7 M , V e r l a g s p o s t a m t : 3 0 0 2 P u r k e r s d o r f , E r s c h e i n u n g s o r t : 3 0 0 3 G a b l i t z ; P r e i s : E U R 1 0 , –
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Trends und Perspektiven in der
Psychiatrie: Neue
Neuroscience-basierte Nomenklatur
psychopharmakologischer Medikamente
Kasper S
Journal für Neurologie
Neurochirurgie und Psychiatrie
Das Buch wendet sich an Männer als potentielle Leser, schließt aber Frauen ausdrücklich mit ein, da sie oft die „Ge-sundheitshüter“ ihrer Ehemänner/Partner seien.
Im Zentrum der Darstellung steht die „Psychologie der Män-ner“, u.a. Aspekte der Männlichkeit und der Stressbewälti-gung bei Männern und insbesondere die Depression bei Män-nern bzw. der Prototyp der „männlichen Depression“ und der Weg, häufi g über eine chronische Stressbelastung, dorthin. Die Autorin sieht insbesondere im gesellschaftlich angesehe-nen „Männlichkeits“-Ideal ein Grundproblem für diese Ent-wicklung. Dieses Ideal prägt verschiedene Verhaltensweisen des Mannes wie die Tendenz, sich in der Arbeitswelt und sons-tigen Situationen zu überfordern, ein Übermaß von Stress in allen möglichen Lebensbereichen zu ertragen, stressbedingte körperliche und psychische Symptome nicht zu erkennen bzw. nicht wahrhaben zu wollen u.a. Auch die Tendenz, Gefühle für sich zu behalten, über Beschwerden nicht zu klagen, der Gesundheit keine nennenswerte Bedeutung im Alltagsleben einzuräumen, keine Vorsorgeuntersuchungen durchführen zu lassen und möglichst wenig in ärztliche Behandlung zu gehen, gehören zu diesem „Männlichkeits“-Ideal.
Irgendwann überwältigt die Depression dann den Mann, die aber selbst von Fachleuten oft nicht erkannt wird, da bestimm-te Symptomkonsbestimm-tellationen, wie die Neigung zu Aggressivi-tät, Alkoholabusus und externalisierendem Verhalten, vom Arzt nicht als Depressionssymptome (Prototyp der männli-chen Depression!) erkannt werden. Die Autorin stellt die inte-ressante Hypothese auf, dass die im Vergleich zu Frauen
deut-lich niedrigere Depressionsrate bei Männern weitgehend ver-schwinden würde, wenn die „männliche Depression“ erkannt würde und hat dazu einen eigenen Fragebogen als Screen-ing-Instrument entwickelt. Auch das Geschlechter-Paradox – Männer haben viel seltener Depressionen, begehen aber viel häufi ger Suizid als Frauen – würde sich dann aufl ösen.
All dies wird sehr detailliert (279 Seiten) und sachkundig dargestellt, u.a. unter Einbeziehung mehrerer eindrucksvol-ler Kasuistiken, und mit ausgewogenen Hinweisen zu den je-weiligen psychotherapeutischen, psychopharmakologischen und sonstigen neurobiologischen Behandlungsmöglichkei-ten.
Ein primär für Laien geschriebenes, durchaus aber wissen-schaftlich argumentierendes Buch, das auch von Fachleuten aus dem medizinischen und psychologischen Bereich mit Ge-winn gelesen werden kann, da es viele Informationen vermit-telt, die selbst in entsprechenden Lehrbüchern für Ärzte oder Psychologen nicht enthalten sind.
Die Autorin fi ndet einen auch für Laien gut verständlichen Stil, ohne dabei wichtige theoretische Konzepte zu vernach-lässigen und schreibt so spannend, dass man das Buch fast wie einen Kriminalroman liest. Obwohl sie Professorin für Sozial-wissenschaft ist (Psychiatrische Klinik der Ludwig Maximi-lians Universität München), fokussiert sie nicht nur auf so-zialpsychologische Konzepte, sondern bezieht gut balanciert auch neurobiologische Modelle zur Beschreibung und Erklä-rung von Stress und Depression mit ein.
Anne Maria Möller-Leimkühler
Vom Dauerstress zur Depression
Wie Männer mit psychischen Belastungen umgehen
und sie besser bewältigen können
Gebunden mit Schutzumschlag, 282 Seiten
22,99 € / 23,60 € (A)
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J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2015; 16 (1)
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Neue Neuroscience-basierte Nomenklatur
psychopharmakologischer Medikamente
Die gegenwärtige psychopharmakologische Nomen-klatur ist für nicht-psychiatrisch Eingeweihte meist verwirrend, spiegelt nicht die neueren Entwicklun-gen sowie das Wissen wider und führt „last, not least“ zu einer Verunsicherung bei den Patienten, die ihre Symp tomatologie mit der Diagnose nicht in Einklang bringen können. Dies ist am besten durch das Beispiel der Antipsychotika, die bei der Behandlung von De-pressionen Verwendung finden, gekennzeichnet [1]. Aus diesem Grund haben sich Vertreter der weltweit wichtigsten Organisationen des European College of Neuropsychopharmacology (ECNP), des American College of Neuropsychopharmacology (ACNP), des Asian College of Neuropsychopharmacology ( Asian CNP) und des International College of Neuropsycho-pharmacology (CINP) zusammengeschlossen und eine Nomenklatur entwickelt, die einem multiaxialen pharmakologischen System entspricht. Dieses System hat 5 Achsen:
1. Klasse (primäres pharmakologisches Ziel und re-levante Mechanismen)
2. Familie (die verschiedenen Neurotransmitter und Mechanismen betreffend)
3. Neurobiologische Aktivitäten
4. Effektivität und wichtige Nebenwirkungen 5. Von Zulassungsbehörden anerkannte Indikationen Durch dieses multiaxiale System werden die Indika-tionen durch pharmakologische Wirkmechanismen
er-setzt, wobei bei Achse 1 dem Klasseneffekt eine wesentli-che Bedeutung zukommt. In weiterer Folge sollen die verschiedenen Achsen dazu dienen, das Verständnis über die verwendete Substanz und die einbezogenen Wirk-mechanismen zu erweitern.
Eine in diesem Zusammenhang durchgeführte Befra-gung von in der klinischen Praxis tätigen Ärzten hat ergeben, dass das gegenwärtige System nicht als in-tuitiv, sondern als verwirrend und nicht hilfreich für die Patienten empfunden wird. Das neu vorgeschlage-ne System wiederum wird von 90 % der Ärzte positiv bewertet. Durch das neue System ist es nun auch mög-lich, die gegenwärtigen wissenschaftlichen Konzepte der Neuropsychopharmakologie weiter zu vertiefen. Als Beispiel für die Bearbeitung der psychopharma-kologischen Nomenklatur wurde die Behandlung der Hypertonie, die z. B. durch Diuretika, Betablocker, Angiotensin-konvertierende Enzymhemmer, Angioten-sin-2-Rezeptorblocker, Kalziumkanalblocker, Alpha-blocker, Alpha-2-RezeptorAlpha-blocker, zentrale Anta go-nis ten, periphere adrenerge Inhibitoren und blutge-fäßerweiter nde Substanzen gekennzeichnet ist, heran-genommen. In diesem Sinne wurden nun bei der psy-chopharmakologischen Nomenklatur als Klasseneffekt,
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Tabelle 1:
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6 J NEUROL NEUROCHIR PSYCHIATR 2015; 16 (1)
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das heißt als primärer pharmakologischer Angriffs-punkt, z. B. die Wiederaufnahmehemmung oder der Rezeptorantagonismus bzw. der partielle Agonismus beschrieben. Für das für die Depressionsbehandlung neu zugelassene Medikament Vortioxetin ergibt sich z. B. folgende Charakteristik, wie sie in Tabelle 1 fest-gehalten ist.
Die neue Nomenklatur liegt sowohl als Zeitschriften-artikel [2], in Taschenbuchform [3] als auch als kos-tenlos downloadbare Smartphone-App „NbN“ für den täglichen Gebrauch vor. Durch ein interaktives com-putergesteuertes System sollen regelmäßig Verbesse-rungen erarbeitet werden und dadurch kann die Neu-ropsychopharmakologie ähnlich wie bei der Behand-lung des Hypertonus durch den Klasseneffekt charak-terisiert werden, mit einer weiteren Differenzierung in den 5 Ebenen. Auch soll durch den globalen Ein-satz der weltweit führenden
neuropsychopharmakolo-gischen Gesellschaften eine bessere Hilfe für die Pa-tienten, deren Familien und die Gesellschaft geboten werden [4].
Literatur:
1. Konstantinidis A, Papageorgiou K, Grohmann R, et al. Increase of antipsychotic medication in depressive inpatients from 2000 to 2007: results from the AMSP International Pharmacovigilance Program. Int J Neuro psychopharmacol 2012; 15: 449–57.
2. Zohar J, Nutt DJ, Kupfer DJ, et al. A proposal for an updated neuropsychopharma-cological nomenclature. Eur Neuropsychopharmacol 2014; 24: 1005–14. 3. Zohar J, Stahl S, Möller HJ, et al. NbNomenclature – Neuroscience-based Nomenclature. Cambridge University Press, Cambridge, 2014.
4. Andersen PH, Moscicki R, Sahakian B, et al.; 2013 CINP Summit Group. Securing the future of drug discovery for central nervous system disorders. Nat Rev Drug Discov 2014; 13: 871–2.
O. Univ.-Prof. Dr. h. c. mult. Dr. med. Siegfried Kasper Editor Psychiatrie