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Performance Beurteilung

Heute ist es auf dem Platz wirklich besser als früher. An dem besteht kein Zweifel.

Aber es könnte noch viel besser sein.42 Trotz seiner Lage auf einer wichtigen Durchgangsroute, den Marktständen, Clubs und Café zieht Gillett Square nur wenige (alltägliche) BesucherInnen an, welche die- sen für längere Zeit aktiv nutzen. Dass der Platz neben den Straßen der einzige urbane Freiraum des Quartiers ist, scheint ihn auch nicht zu (er)füllen (vgl. London Borough of Hackney 2005b: 7).

Der antizipierten Funktion als Ruheoase und Gegenpol zur geschäftigen Kingsland High Street, wo Mann/Frau sich ein paar Minuten ausruhen kann,43 wird der Platz anscheinend (mehr als) gerecht. Jedoch präsentiert sich Gillett Square oftmals zu sehr als Ruheoase – eine Durststrecke entfernt von der Betriebsamkeit vergleich- barer Quartiersplätze und fernab vom fröhlich erfüllten Platzleben welches eine computergenerierte Darstellung des Platzes verspricht (s. Abb. 6.25).

Das Problem: Gillett Square fehlen Menschen – junge, jugendliche und ältere Menschen.

Auch weibliche Nutzende könnten es mehr sein, wie die Ergebnisse der Nutzendenbeob- achtung aufzeigen (s. Abb. 6.35 und 6.36).

42 Nicht nur Anbetrachts der öffentlichen Gelder die in das Projekt gesteckt wurden, damit es der Öffentlichkeit, d.h. den Menschen zu gute kommt.

43 Adam Hart im Interview.

Mehr Leben auf und im Square wünschen sich auch interviewte Platznutzende.44 In Internet Blogs wird der „Menschenman- gel“ am Gillett Squares ebenso beanstandet:

Unfortunately, despite the elegant granite paving and stainless-steel light fi ttings, very few people actually linger in the square.”

45; “Gillette`Square´ is the latest in a series of developments ripping out alive public space, leaving urban void across the capital.”46; „[…] Gillett Square stands empty, waiving its classical credentials as an increasingly hollow gesture.”47

Die erste Bloggerin macht dabei das Fehlen von aktiven Fronten für die Abwesenheit von Nutzenden verantwortlich. Der zweite die verfehlte ästhetische Sprache des Plat- zes – welche besser zu einem Bankenvier- tel passe als zu Dalston. Der dritte Blogger stellt den Platz an sich in Frage. Seiner Meinung nach erzeugt Design kein spon- tanes Leben, so wie etwa ein Boiler heißes Wasser erzeugt.

Animationsstrategie: Events?

Etwas gelassener sieht das ganze Adam Hart, der „Gründervater“ des Platzes und Leiter der Hackney Co-operative Deve- lopments. Er ist zuversichtlich, dass sich verschiedene Nutzungen mit der Zeit ent- wickeln und etablieren werden – obgleich nicht so schnell wie von manchen Kritike- rInnen verlangt. Eine bessere, intensivere Nutzung Gillett Squares „passiert“ aber

nach Hart nicht ohne massives Investment von Außen, womit er das Abhalten von Veranstaltungen meint.48

Aus der Perspektive dieser Evaluation liegt jedoch gerade im „Veranstaltungs-Fokus“, welcher ja bereits das Design des Platzes vordergründig geprägt hatte, das eigentliche Problem. One-off Events und die angedach- ten Kunst, Bio oder Musikmärkte sind sicher ein gutes Mittel zum Zweck. Beleben den Platz aber nur für die Dauer der Veranstal- tung. Danach ist es am Gillett Square für den Rest der Woche so wie immer. Eine Bühne für Events zu schaffen und dabei die nötige Ausstattung für das Schauspiel des Alltags zu vernachlässigen, rächt sich spä- testens zwischen den Veranstaltungen mit geringen Besuchendenzahlen. Auch Cooper Marcus et al. warnen: „Keep in mind that the success of some settings depends as much on the amenities provided (food, serv- ice, scheduled programs, entertainment etc.) as on the physical design.” (1998b: 347).

Ursachen der geringen Platznutzung Anbindung

Ein essentielles Problem Gillett Squares ist die Anbindung zur Kingsland High Street.

Entlang der Einkaufsstraße deutet nichts darauf hin, dass sich hinter der Häuser- zeile ein Platz „versteckt“. Am schmalen Eingang, welcher wie eine Seitenstraße aussieht, läuft Mann/Frau schnell vorbei –

44 Vgl. Nutzendeninterviews 2,6,10,13,14,15.

45 http://www.bdonline.

co.uk/story.asp?sectioncode

=436&storycode=3086688 [24.01.09].

46 http://www.occupi- edlondon.org/airportising [24.01.09].

47 http://fantasticjournal.

blogspot.com/2008/03/bas- piazzas.html [24.01.09].

48 Adam Hart im Interview.

ohne vom Gillett Square Notiz zu nehmen.

Der geschäftige Trubel auf der High Street lenkt ab.

„A good plaza starts at the street corner.”

lautet ein Grundsatz Whytes (2004: 54).

Der schmale Zugang erlaubt PassantInnen jedoch nur für wenige Sekunden einen Blick auf den Platz. Die direkte Aufforde- rung zum Besuch – zum Mitmachen fehlt.

Für Gehl ist es nämlich eine Frage der Sichtbeziehung ob Plätze einladend wirken oder nicht. Vorausgesetzt natürlich es gibt ein anregendes und vitales Platzleben zu erblicken. (Vgl. Gehl 2006: 113f).

Gestaltsprache

Ein genereller Kritikpunkt ist die strenge, puristische Gestaltsprache des Platzes. Im Alltag Dalstons wirkt Gillett Square beinahe fremd, unverstanden und steril:

„The square is located in Hackney but in terms of its aesthetics for all one knows it‘s stadium-like fl oodlights could be shinning [sic!] the ground between the towers of Canary Wharf.“ 49

Das „Corporate Design“ Gillett Squares ist zwar wahrlich elegant, passt aber eben nicht so recht zu einem Nachbarschafts- platz. Das eigentliche Problem ist dabei, dass die gewählte Gestaltsprache keinen Nachbarschaftsplatz suggeriert. Der Unter- schied zwischen der schmuddeligen, dicht

bevölkerten Kingsland High Street und dem sauberen Gillett Square ist gravierend. Man befi ndet sich plötzlich in einer anderen Umgebung. Auch ein Report warnt: „[…]

an overemphasis on creating public spaces that look good […] may lead to sterile places that people do not use.” (Worpole et al. 2007: 13).

Allerdings ist die Kritik an der gewählten (und durch das derzeitige Management erhaltenen) Gestaltsprache nicht falsch zu verstehen – denn dies ist keinesfalls ein Plädoyer für eine eklektische oder altherge- brachte Formgebung (was auch nicht besser wäre). Was dem Platz in seinem glatten Antlitz fehlt ist der Human Touch, das menschliche Gewisse Etwas, auch Nut- zungsspuren genannt.

Nutzungsspuren

Nutzungsspuren sind die Einladung, dass der Platz genutzt werden darf (vgl. Hei- nemann et al. 1979: 66). Sind Nutzungs- spuren – bei Abwesenheit der Menschen – nicht auf den ersten Blick wahrnehm- bar wirkt ein Freiraum unberührt, gar unmenschlich. Die wenigen (zaghaften) Aneignungen, wie die kunterbunten Stühle und Tische auf dem Deck, die Bistro- Tische und Pfl anzen vor dem Café, eine Sonnenblume auf dem Balkon darüber und die Infobanner auf der Gabionenwand, Abb. 6.63: Sonnenblumen

auf dem Balkon des Dalston Culture House.

Abb. 6.64: Benachbarter Spielplatz in der St Jude Street.

49 http://www.occupied- london.org/airportising

[24.01.09].

[6.63] [6.64]

verleihen dem streng wirkenden Platz den ersten „Human Touch“ (s. Abb. 6.63). Aber es könnte mehr sein, auch wenn sich Ar- chitektInnen oftmals an diesen Nutzenden- Interventionen und Dekorationen stören – welche zugegebenermaßen selten ins ästhetische Gesamtbild passen. Wie z.B.

die Gegenstände auf dem Balkon des Kultur Hauses, über welche sich Russell Brown, Masterplaner und Architekt desselben, in einem Interview beschwerte (vgl. Buxton 2008: 1).

Jedoch sind diese Aneignungen, Dekoratio- nen und andere Statements für einen Nach- barschaftsplatz lebenswichtig. Suggerieren sie doch: hier entspannen, spielen, leben, arbeiten Menschen – tu es auch!

Kinder

Einfach zu erklären ist weshalb so wenige Kinder den Platz nutzen: Es gibt nichts was ihr Interesse längerfristig fesseln könnte.

Von den „interessantesten“ Einrichtungen machen die Kleinen bereits Gebrauch: sie beturnen Radständer und Handläufe, fl itzen zwischen Bühne und Mittelfeld hin und her, kicken einen Ball, skaten ein paar mal auf und ab oder drehen eine Runde mit dem Fahrrad. Damit hat es sich aber auch schon. Dass Eltern mit ihren Kindern oder gar Kinder alleine offensichtlich absichtlich zum Spielen auf den Platz kommen, konnte während der Feldforschung lediglich ein- mal festgestellt werden.50 Vielmehr konnte beobachtet werden, wie Eltern mit ihren Kindern den Platz zumeist schnurstracks überquerten. Manche auf dem Weg zum Spielplatz in die benachbarte St. Jude Street (s. Abb. 6.64). Auch nicht gerade der „pri- ckelndste“ Spielplatz, aber eben einer der von den Eltern als solcher wahrgenommen wird. Das Problem: kein Angebot, keine Aneignung.

Sicherheit

Auch die mangelhafte Sicherheit ist ein wichtiger, gar ausschlaggebender Faktor.

Gillett Square wurde bis zur Reparatur der Poller stark und vor allem rücksichtslos befahren. Welches Kind kann, will, bzw.

darf da noch Ballspielen oder Skaten? (Vgl.

Gehl 2006: 173). Es konnte z.B. beobachtet werden wie eine Mutter aus Angst vor dem Verkehr unentwegt ihre skatenden Söhne zügelte.51

Ebenso lässt die soziale, zwischenmenschli- che Sicherheit zu wünschen übrig. Auf dem Platz gibt es keine adäquaten öffentlichen Rückzugsräume um anderen „suspekten“

Personen auszuweichen. Insbesondere der Straßentrinkendengruppe, welche sich zuzeiten Bank und Podium gemeinsam aneignen.

Während der Feldforschungen kam es zu Kontakten mit ein paar Gruppenmitglie- dern, welche durchaus freundlich waren.

Aber eben nicht alle und nicht immer. Es konnte genauso beobachtet werden wie andere Nutzende willentlich „verscheucht“

wurden. Auch gab es einen Zwischenfall mit einem offensichtlich geisteskranken Betrunkenen, welcher wild schimpfend mit Flaschen und anderen Gegenständen um sich warf: innerhalb weniger Sekunden war der Platz „leer gefegt“.

Frauen

Vor allem Frauen sind empfi ndlicher auf (potentielle) „Störefriede“, bzw. ängstlicher wenn sie Gefahr wittern (vgl. Francis 2003:

26ff/Madden et al. 2005: 81/Carr et al.

1992: 97). Besonders in Begleitung ihrer Kinder.

Der geringe Frauenanteil ist aus Sicht dieser Evaluation vor allem das Ergebnis fehlen- der Rückzugsmöglichkeiten, bzw. sozial verträglicher Aufenthaltsplätze – Orten wo Frau sich wohl und sicher fühlt. Dies erklärt auch warum unter den Frauen der sozial kontrollierte Bereich des Decks bevorzugt wird. Ebenso liefert dies eine Begrün- dung für das ausgewogenere Verhältnis zwischen männlichen und weiblichen Cafébesuchenden (s. Ergebnisübersicht der Aktivitätenkartierung).

Ältere Menschen

Dasselbe gilt für ältere, gebrechlichere Menschen. Auch hier fi nden sich 50%

aller Personen über 65 Jahre auf dem sozial kontrollierten und somit sichereren Deckbereich.

50 Vgl. Nutzendeninterview 9.

51 Vgl.Ebenda.

Stärken Gillett Squares

Zusammenfassend kristallisierten sich aus der Post Occupancy Evaluation folgende

„Menschenmagneten“ heraus – Einbauten, Platzbereiche und Managementstrategien also, welche die alltägliche Attraktivität Gillett Squares begünstigen. Diese sind:

Markthütten -

Langbank -

Sekundäre Sitzplätze überwiegen Primäre -

Passive Überwachung durch andere -

Anwesende

Offene, rückwärtige Erschließung der -

Bradbury Street Workspaces Relativ gute Tag/Nacht Aktivität -

Gute Beleuchtung -

Gute Zugänglichkeit/Barrierefreiheit -

Angenehme Raumgröße/humane -

Dimensionen

Gute Umschließung durch angrenzende -

Gebäude

Platz und Raum für Veranstaltungen -

Alkoholverbot am Platz -

Robuste Materialien -

Niedriges Lärmlevel -

Gepfl egte Atmosphäre -

Rauchverbot in Lokalen -

Positive Nutzungsspuren (platzfremdes -

Mobiliar, Infobanner)

Schwächen Gillett Squares Folgende Platzelemente, Umstände und Aspekte wirken sich eher negativ auf die Qualität des Platzbesuchs, bzw. Nutzung des Platzes aus:

Fehlendes Angebot für Kinder, Jugendli- -

che und alte Menschen

Fehlende öffentliche Rückzugsbereiche -

Dominierende Nutzendengruppen -

Zu unbequeme öffentliche Sitzplätze -

Geringe Nutzungsdichte in der Erdge- -

schosszone (zwei Platzseiten sind ohne Randnutzung)

Schlechte Anbindung mit der

- Kingsland

High Street

Schlecht einsichtige Fronten/geringer -

Anteil an „belebten Fenstern“

Befahrung des Platzes -

Gastgarten liegt im Gebäudeschatten -

Einfl uss der geplanten Nordhälfte auf Platznutzung

Aus der Perspektive dieser Arbeit würde sich die heutige Situation mit Fertigstellung der nördlichen Platzhälfte grundlegend ver- bessern. Der Platz gewänne dadurch nicht nur an Größe, d.h. öffentlichen Rückzugs- möglichkeiten sondern auch an Attraktivi- täten, insbesondere dem Wasserelement.

Das Fontänenfeld hätte dabei nicht nur auf Kinder eine magische Anziehungskraft (s.

Abb. 6.65: Kind spielt wäh- rend eines Konzertevents mit

einer Wasserpfütze auf dem Gillett Square.

[6.65]

Abb. 6.65) – auch Erwachsene sind von zugänglichem, erlebbarem Wasser angetan (vgl. Whyte 2004: 47f).

Aber auch die antizipierte Bibliothek oder eine vergleichbare öffentliche Institution, weitere Cafés, Verkaufsfl ächen und Studios würden mehr Menschen auf den Platz führen und Gillett Square somit als gan- zes attraktiver machen (vgl. Madden et al.

2005: 77/Gehl 2006).

Planungs- und Management Empfehlungen

Auch ohne Fertigstellung der Nordhälfte ließe sich die Aufenthaltsqualität am Platz deutlich verbessern. Die Strategie lautet:

Mehr Sicherheit, Rückzugsräume, positive Nutzungsspuren und alltägliche Attraktio- nen für alle – damit das Platzleben selbst zur Attraktion wird (vgl. Whyte 2004: 19).

Im Folgenden ist eine kleine Auswahl an Maßnahmen zusammengetragen worden, welche die Attraktivität, als auch Auf- enthaltsqualität des Platzes beträchtlich steigern und so zur alltäglichen Animation des Platzes beitragen. Eine grundlegende Überholung des Platzdesigns oder andere utopische Vorstellungen standen im Rah- men dieser Arbeit jedoch von vornherein nicht zur Diskussion – die vorgeschlagenen Ideen sollten umsetzbar sein.

Hier werden folglich Maßnahmen aufge- listet welche: keine großen Investitionen

verlangen, für viele Mitglieder der Gesell- schaft von Interesse und ohne spezielle Ausrichtung auf zahlungskräftige Bevölke- rungsschichten sind.

Bessere öffentliche Rückzugsmöglichkeiten

Die Installation einer weiteren Holz- bank am Westende der Platzmitte würde Platzbesuchenden zu mehr Rückzugsmög- lichkeiten am Platz verhelfen. Schließt das Sitzelement zudem direkt an den Stahlgit- terzaun zwischen Platz und Parkplatz, er- setzt dieser auch eine Rückenlehne – ohne dass das Design durch ein neues Möbel- stück gestört würde. Die Zufahrt bliebe ebenso unbeeinträchtigt.

Strengere Handhabe des Fahr- und Parkverbots

Die Durchfahrt, bzw. Befahrung des Platzes ist komplett zu unterbinden. Alle rampo- nierten Poller sind folglich umgehend zu ersetzen. Die Lücke in der westlichen Ein- fahrt sollte mit Hilfe eines weiteren Pollers ebenso geschlossen werden.

Darüber hinaus muss das Parkverbot im Bereich Podium Nord strenger gehandhabt werden. Das „Sitzvergnügen“ auf Bank und Podium wird nämlich durch den regen Verkehr empfi ndlich beeinträchtigt.

Zusätzliche mobile Sitzgelegenheiten Um sich der großen leeren Fläche zu bemächtigen, sind Liegestühle das Mittel

der Wahl. Die Platzbesuchenden können sich so selbst(bestimmt) ein angenehmes Plätzchen suchen: sei es in der Sonne, im Schatten, in der Nähe von Fremden, am Rand oder in der Mitte. Außerdem sind Liegestühle bequemer als Holzbank oder Podium. Damit die Stühle aber nicht sofort verschwinden, oder vandalisiert werden könnte eine/einer der Marktstandsbetrei- benden diese gegen Kaution vermieten (bzw. gratis ausgeben). So hätten diese eine zusätzliche Einnahmequelle und die Liege- stühle eine „AufpasserIn“.

Spielgeräte

Auch andere „Publikumsmagneten“

könnten von den Marktleuten angeboten werden. Für diese Zwecke eignen sich z.B.:

Tischtennisplatten, Riesen-Schachspiele, Hupfbälle, Balancespiele und andere Spielgeräte.

Farben/Kinder

Ziel des Gillett Square Partnerships war es mit dem Gillett Square eine „leere Lein- wand“ zu schaffen, auf der alle möglichen Aktivitäten stattfi nden können.52 Um die steinerne Leinwand nun wörtlichst in buntes Leben zu tauchen, bieten sich Straßenkreiden geradezu an. Die abwasch- baren, erneuerbaren Gemälde, das Malen

und Bespielen würde sicherlich nicht nur Kinderherzen höher schlagen lassen. Die Kids könnten die Straßenkreiden für ein paar Pennys aus einem eigens installierten Automat lassen, oder von einem der Markt- stände (gratis) beziehen. (S. Abb. 6.66).

Graffi ti/Murals

Für die unansehnliche Häuserwand am Ostende des Platzes bietet sich ein Graffi ti- oder Mural-Wettbewerb geradezu an. Auch dies wäre ein weiterer positiver Impuls zu mehr Aneignung und sichtbaren Nutzungs- spuren – selbst wenn die Bezirksverwaltung hier anderer Meinung ist.53

Rad-Reparaturstation

Die unbenutzten Radständer auf der Nordseite würden sich in Gesellschaft einer Reparaturstation inklusive Schlauch- Automaten sicherlich „wohler fühlen“. Der Automat brächte so nicht nur mehr Radfah- rerInnen auf den Platz, sondern auch einen kleinen Gewinn für ein lokales Fahrradge- schäft (s. Abb. 6.67).

Anbindung Kingsland High Street Ein offensichtliches Problem ist die Anbin- dung an die Kingsland High Street. Denn am schmalen Eingang läuft man nur allzuleicht vorbei ohne vom Platz Notiz zu nehmen.

Abb. 6.66: Straßenkreiden – ein Fest für Kinder.

Abb. 6.67: Fahrrad-Reparatur- station in Wien.

52 Adam Hart im Interview.

53 Vgl. Kapitel „Instandhal- tung und Reinigung“.

[6.66] [6.67]

Ein einfaches Banner über der High Street könnte Abhilfe schaffen – sofern mit den Aufl agen vereinbar.

Aktive Fronten

Mehr Attraktivität versprechen auch die angedachten (temporären) Marktstände entlang der nordseitigen Gebäudewand.

Allerdings würde deren positiver Einfl uss auf das Platzleben durch den nach wie vor bestehenden Parkplatz stark in Mitleiden- schaft gezogen. Eine Alternative lieferte jedoch ein junger Mann im Interview: die leere Ostseite.54

Beinahe gleich wichtig wie die Marktstände selbst ist auch deren Warenangebot. Beson- ders Essen ist beliebt, wie die Größe der

„Menschentraube“ vor dem nigerianischen Take-Away veranschaulicht (s. Abb. 6.50).

Die anderen Marktstände am Platz erhalten bei weitem weniger Kundschaft. „If you want to seed a place with activity, put out food.”, lautet hierzu das berühmte Rezept Whytes (2004: 50).

Ideen für die anzubietenden Gaumenfreu- den liefern eine interviewte ältere Dame und der oben erwähnte junge Mann: Guter Kaffee, Speiseeis, Waffeln, frische Frucht- säfte und pikante Snacks.55 Zusätzliche Marktstände mit frischen Esswaren aus aller

Welt wären auch eine preiswerte Alternati- ve zum Café, oder eine Möglichkeit wenn dieses geschlossen ist.

Grün

Dass sich der Platz nicht als grüner Dschun- gel präsentiert, liegt in der Natur der Sache.

Etwas mehr könnte es aber schon sein – fi nden auch manche BesucherInnen.56 Eine Idee wären Chinaschilf-Tröge auf oder neben den Markthütten. Oder Blumen- kisten entlang der Geländer der Bradbury Street Workspaces. Das Wichtigste an diesem improvisierten, selbstbestimm- ten Begrünungskonzept ist dabei: es darf

„menscheln“.

Straßentrinkende/„Unerwünschte“

Mit einer verstärkten Nutzung wird das

„Problem“ mit der angestammten Stra- ßentrinkendengruppe zumindest „unsicht- barer“ – denn auch sie haben grundsätzlich das Recht sich am öffentlichen Platz aufzuhalten.

Eine vitale Platznutzung hält, so Whyte,

„Unerwünschte“ aber auch auf Distanz, da diese leere Plätze bevorzugen würden (vgl.

2004: 61ff). Während eines Konzertevents, welches Gillett Square randvoll mit Men- schen füllte, waren die Straßentrinkenden dann auch tatsächlich verschwunden.

54 Vgl. Nutzendeninterview 2.

55 Vgl. Nutzendeninterviews 2 und 15.

56 Vgl. Nutzendeninterviews 4,6,9 und 14.

Wallensteinplatz Wien

[7] Eine Post Occupancy Evaluation

Kontext

Der Wallensteinplatz liegt in der Brigitte- nau, dem 20. Gemeindebezirk im Nord- osten Wiens. Vor seiner Neugestaltung bestand der gründerzeitliche Platz aus einer kaum nutzbaren, verwahrlosten Grüninsel, welche von vier Verkehrsstraßen umschlos- sen war. Darunter auch die Wallenstein- straße – eine traditionell wichtige, jedoch strukturschwache Einkaufsstraße.

Ziel der Neukonzeption des Wallenstein- platzes war deshalb einerseits die Aufwer- tung der Einkaufsstraße und des Grätzels als ganzes. Andererseits sollte der Freiraum auch der lokalen Bevölkerung zugute kommen. Der neue Wallensteinplatz wurde folglich als multifunktionaler Erholungs- und Kommunikationsraum projektiert. Mit der Aufnahme des Viertels um den Wallen- steinplatz in das Ziel 2 Programm der Eu- ropäischen Union waren schließlich auch die fi nanziellen Mittel für die grundlegende Umgestaltung gegeben.

Nach einer mehrjährigen Vorbereitungs- und Planungsphase konnte der Platz 2004

fertig gestellt werden. Entstanden ist ein großzügiger verkehrsberuhigter Nachbar- schaftsplatz, dessen roter Klinkerbelag eine starke Identität erzeugt. Zum Verweilen laden etliche Holzbänke ein, welche sich um mit Japanische Schnurbäume bestückte Pfl anzwannen arrangieren. Zusätzliche Attraktionen sind ein begehbarer Spring- brunnen und mehrere Spielgeräte. Weiters befi nden sich am Platz: ein Expedit1 der Wiener Linien mit integrierter öffentlicher WC Anlage, eine Citybike Station, mehrere Telefonzellen und ein Würstelstand. In den Sommermonaten betreiben zwei anliegen- de Gaststätten zudem einen Schanigarten.

Neben diesen fl ankieren den Platz: mehrere Geschäfte, ein Nachtclub, ein Wettbüro und eine derzeit stillgelegte Kabarettbühne.

Im Gegensatz zu früher präsentiert sich der Wallensteinplatz heute als vitaler, vielsei- tig genutzter Freiraum. Zum vielfältigen Klientel des Platzes gehören sowohl junge als auch ältere Menschen, besonders viele Familien mit Kindern, sowie die verschie- densten Volksgruppen.

Abb. 7.1: Panoramabild Wallensteinplatz.

1 Rast und Wartehaus für Bedienstete der Wienerlinien.

[7.1]

Abb. 7.1: Panoramabild Wallensteinplatz.

Aufbau

Wie bereits das vorherige Kapitel unterglie- dert sich der nachstehende Post Occu- pancy Evaluation Bericht in folgende vier Abschnitte:

1. Analyse der Sozial- und Raumstruktur der Brigittenau, dem Heimatbezirk des Untersuchungsprojektes.

2. Ausführliche Projektbeschreibung (Vergangenheit des Wallensteinplatzes, planerische und soziale Zielvorstellun- gen der Neugestaltung, Gestaltungs- und Entwicklungsprozess, Erbauungskosten, räumliche Beschreibung sowie Er- und Unterhaltungsstrategien).

3. Nutzenden- und Nutzungsanalyse des Wallensteinplatzes (Ergebnisse der Feldforschung).

4. Schlussfolgerungen zur Performance des Wallensteinplatzes, als auch Empfehlun- gen zu Gestaltung und Management.

Abschnitt 1: Sozial- und