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Weitere Handlungsoptionen bei der Umsetzung der state duty to protect in der Schweiz

No documento Menschenrechte in der Schweiz (páginas 43-46)

betriebswirtschaftlichen auch volkswirtschaftliche Gründe – wie etwa Effizienzüberlegungen oder gesamtgesellschaftliche Wohlfahrtsgewinne131 – angeführt werden können.

Sollte das entsprechende Verhalten einer marktbeherrschenden Unternehmung durch die [81]

Wettbewerbskommission für unzulässig erklärt werden, besteht auch in dieser Konstellation theoretisch wiederum die Möglichkeit eines Antrags beim Bundesrat auf Zulassung. Eine Anwendung von Art. 8 KG zwecks Schutzes der Menschenrechte wurde auch in diesem Zusammenhang in der Literatur bislang jedoch noch nicht diskutiert.

von Unternehmen aus. In diesem Kontext lässt sich auf regionaler wie internationaler Ebene die zunehmende staatliche Bekräftigung zur Umsetzung der staatlichen Schutzpflicht be- obachten.

Die dargelegten Entwicklungstendenzen der staatlichen Schutzpflicht im Bereich Men- [85]

schenrechte und Wirtschaft sind auch für die Schweiz als Standort international agierender Unternehmen von Bedeutung. Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, hat die Schweiz auf verschiedenen Gebieten punktuelle Anstrengungen unternommen, um die staatliche Schutz- pflicht im wirtschaftlichen Bereich umzusetzen. Neben gesetzgeberischen Massnahmen, hat etwa das SECO die Informationen zum Nationalen Kontaktpunkt aktualisiert und den revidier- ten OECD-Leitsätzen angepasst.136 Eine ganzheitliche Strategie zur Umsetzung der UN- Leitprinzipien wurde bis zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht in Angriff genom- men.137 Durch den jüngsten Entscheid des Nationalrats bezüglich der Annahme des Postulats Graffenried – dieses forderte die Ausarbeitung eines Berichts des Bundesrats zur Umset- zungsstrategie des Rahmenwerks Protect, Respect, Remedy in der Schweiz – besteht dies- bezüglich nun jedoch ein konkreter Handlungsbedarf.138 Als Mittel zur inhaltlichen Ausgestal- tung bietet sich für den Bundesrat der anvisierte Mehrparteiendialog mit Unternehmen und Vertretern aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft an.139

Zusammenfassend lassen sich für die weitere Diskussion zur Verwirklichung der staatli- [86]

chen Schutzpflicht in der Schweiz namentlich folgende Brennpunkte ausmachen:

– Der Bundesrat hat im Zusammenhang mit Rohstoffunternehmen zu Recht festgestellt, dass Menschenrechtsbeeinträchtigungen durch in der Schweiz ansässige Rohstoffunter- nehmen im Ausland zu Reputationsrisiken für die Schweiz führen können.140 Angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung dieses Sektors für die Schweiz stellt sich die Frage, ob und wie die Schweiz sicherstellen kann, dass schweizerische Unternehmen ihre men- schenrechtliche Verantwortung auch bei Tätigkeiten im Ausland wahrnehmen, ohne dass widerrechtlich in die Souveränität anderer Staaten eingegriffen wird und ohne den Unter- nehmen Aufgaben zu übertragen, die dem Gaststaat obliegen.141 Zu prüfen wäre etwa die Anwendung des aus dem Finanzaufsichtsrecht bekannten Grundsatzes der Heimatstaat- kontrolle (home country control)142.

– John Ruggie schlägt in seinem Konzept eine Kombination (smart mix) von freiwilligen Regelungen und verbindlichen Rechtsnormen vor. Verbindliche Normen tragen mit ihrer Transparenz zu vorhersehbaren, für alle Wirtschaftsakteure gleichermassen geltenden

136 Die Informationen sind auf der Homepage des SECO verfügbar. Dort findet sich auch die aktualisierte Verfahrensanleitung, abrufbar unter <http://www.seco.admin.ch/themen/00513/00527/02584/index .html?lang=de> (besucht am 27. Mai 2013).

137 Verschiedene parlamentarische Vorstösse regen die Ausarbeitung einer solchen Strategie an: Nationalrat, Postulat 12.3503 (Graffenried) und Nationalrat, Interpellation 12.3520 (Moser); Nationalrat, Interpellati- on 12.3456 (Haller); Nationalrat, Interpellation 12.3449 (Ingold).

138 Angenommen am 14. Dezember 2012; abrufbar unter <http://www.parlament.ch/D/Suche/Seiten/

geschaefte.aspx?gesch_id=20123503> (besucht am 27. Mai 2013). Aktuell ist mit dem Postulat Com- te eine ähnliche Anfrage im Ständerat pendent; Ständerat, Postulat 12.4100 (Comte).

139 Bundesrat, Antwort auf Postulat 12.3503 (2012).

140 Bundesrat, Antwort auf Postulat 11.3803 (2011).

141 Eine andere Ansicht scheint diesbezüglich FORSTMOSER,S. 712 f., zu vertreten, wonach Unternehmen in Ländern mit schwachen Regierungen die Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte selber wahrnehmen müssten.

142 Vgl. PETER NOBEL, Schweizerisches Finanzmarktrecht – Einführung und Überblick, 2. Aufl., Bern 2004,

§ 5 N 6.

Rahmen- und Wettbewerbsbedingungen bei. Auf der anderen Seite lassen nicht verbindli- che, freiwillige Instrumente Raum, um auf branchenspezifische Besonderheiten oder neue vom Gesetzgeber nicht voraussehbare Entwicklungen einzugehen. Insbesondere für die KMU ist es wichtig, dass die Erwartungen, die bezüglich der Achtung der Menschenrech- te an sie gestellt werden, transparent und eindeutig sind. Im Hinblick auf die sich ab- zeichnenden Entwicklungen in der EU dürfte es für die Schweiz unerlässlich sein, eine ei- gene Position zu definieren, um mögliche Wettbewerbsnachteile, die sich aus einem regu- latorischen Gefälle zwischen der Schweiz und der EU im Bereich CSR ergeben könnten, für schweizerische Unternehmen zu vermeiden. Die Dynamik der Debatte in der Schweiz wird dabei mitgeprägt von zivilgesellschaftlichen Initiativen wie der Kampagne Recht ohne Grenzen, die allerdings nicht als Umsetzung der UN-Leitprinzipien (miss-)verstanden wer- den sollte.143

– Diese Studie zeigt, dass eine rechtliche Diskussion der menschenrechtlichen Verantwor- tung von Unternehmen verschiedene Rechtsgebiete und bislang noch wenig erforschte Zusammenhänge einbeziehen muss. Angesichts der Komplexität des Themas und der Entwicklungen im für die schweizerische Wirtschaft massgebenden Umfeld, insbesondere der EU, wäre eine über diese Studie hinausgehende detaillierte Bestandsaufnahme, die auch soft law und branchenspezifische Instrumente einbezieht, als Entscheidungsgrundla- ge für eine allfällige Strategie zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien sinnvoll. Ein solches Vorgehen stünde überdies in Einklang mit dem Vorgehen der UN Working Group on Busi- ness and Human Rights, die derzeit mit drei Ländern (Vereinigtes Königreich, Deutschland und Dänemark) sog. Pilot Mapping-Berichte144 erarbeitet, die gestützt auf eine einheitliche Methode die rechtliche Ausgangslage in Bezug auf die Umsetzung der UN-Leitprinzipien darlegen. Diese Studien sollen es den Staaten ermöglichen, die spezifischen Bedürfnisse zu identifizieren und daran anschliessend Aktionspläne zu entwickeln.

– Im Hinblick auf ein Mainstreaming der UN-Leitprinzipien könnte es sinnvoll sein, laufende Gesetzesrevisionen auf ihre Bezüge zur staatlichen Schutzpflicht bei wirtschaftlichen Tä- tigkeiten zu analysieren.

– Schliesslich ist die Rolle der Schweiz bei der normativen Konkretisierung der Leitprinzipien im internationalen Rahmen zu definieren. Die Schweiz hat die Erarbeitung der UN- Leitprinzipien massgebend unterstützt und könnte als kleine offene Volkswirtschaft und Heimatstaat zahlreicher multinationaler Unternehmen besonders zu deren Weiterentwick- lung beitragen.

143 Die Kampagne fordert u.a. explizit eine verstärkte Kontrolle von Unternehmen auf nationaler und interna- tionaler Ebene, abrufbar unter <http://www.rechtohnegrenzen.ch/de/kampagne/forderungen/> (besucht am 27. Mai 2013), ausführlich in Membrez, Studie 2012.

144 Mit der Veröffentlichung dieser Pilot Mapping Berichte ist im Verlauf des Jahres 2013 zu rechnen; siehe

<http://www.ohchr.org/EN/Issues/Business/Pages/ImplementationGP.aspx> (besucht am 27. Mai 2013).

BESCHWERDEMECHANISMEN BEI MENSCHENRECHTSBEEINTRÄCHTIGUNGEN

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