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Limitationen der vorliegenden Metaanalyse

No documento Supportive Physiotherapie – (páginas 77-83)

4 DISKUSSION

4.4 Limitationen der vorliegenden Metaanalyse

67 verlangt. Notwendigerweise müssten an dieser Stelle Langzeit follow-up‘s beider Interventionen vorliegen, deren Betrachtung jedoch nicht Gegenstand dieser Metaanalyse war.

Die als positiv interpretierbare Effektrichtung wird auch durch die Ergebnisse der Arbeit von Halm et al. (2009) bestätigt, auch wenn sich in dieser Darstellung die berichteten Effektgrößen zwischen kleinen und moderaten Effekten bewegen. Gegenstand dieses Reviews ist eine evidenzbasierte Graduierung von Entspannungstechniken, die einen angstlösenden Effekt mit sich bringen (Halm, 2009). Limitiert wird dieser Vergleich durch die ausschließliche Untersuchung von PatientInnen mit kardialen Erkrankungen. Für einen direkten Vergleich mit der gefundenen Effektgröße für die Subgruppe körperlich kranker ProbandInnen dieser Arbeit, besteht eine zu große Heterogenität der Diagnosen innerhalb dieser Gruppe; somit ist ein direkt interpretierbarer Vergleich nicht möglich.

Die Darlegung, und rückschließende Klärung der Wirkmechanismen der Progressiven Muskelentspannung auf das Konstrukt der Angst, wird durch das systematische Review von Conrad et al. (2007) versucht. Die durchgeführte systematische Literaturrecherche bestätigt den angstmindernden Effekt durch Progressive Muskelentspannung mit einer 63 % Superiorität gegenüber den Kontrollgruppen, in der Untersuchung von elf Studien, mit ProbandInnen mit Angststörungen. Ein direkter quantitativer Vergleich mit der Subgruppe der Angststörungen der vorliegenden Arbeit, die drei Studien beinhaltet, kann aufgrund der nicht signifikanten Heterogenität, durchgeführt werden; es wird im Review ein als moderat interpretierbarer Effekt beschrieben, der mit dem berechneten signifikanten Effekt von Hedges g = -0,59 übereinstimmt (Conrad & Roth, 2007).

68 spezielle Zusatzausbildung aus dem Bereich der Verhaltenstherapie erfordert, die nicht als grundsätzlich gegeben angenommen werden kann und darf. Die Entscheidung Entspannungsmaßnahmen grundsätzlich als passive Interventionen zu interpretieren mag ebenso ein Kritikpunkt der Interventionskriterien sein, wobei anzumerken ist, dass ausschließlich eine Studie (Sherman et al., 2010) als Primärstudie identifiziert werden konnte, in der eine „tatsächliche“ passive Intervention, therapeutische Massage in Kombination mit Thermotherapie, durchgeführt wurde.

Limitationen sind auch bezüglich der diagnostischen Ausschlusskriterien der ProbandInnen gegeben; die gefundenen Effektstärken für passive und aktive Interventionen stellen keine Relevanz für PatientInnen mit neurologischen Erkrankungen und/oder kognitiven Beeinträchtigungen dar; die Überlegung einer möglichen neuronalen Reorganisation durch die therapeutische Intervention im Rahmen der Bewältigung der Angst, erschien nicht greifbar zum Zeitpunkt der Definition der Kriterien. Ebenso die Entscheidung die Diagnose „Phobie“

nicht einzuschließen, mag auf den zweiten Blick nur bedingt berechtigt sein und einer bewussten positiven Vorauswahl, entsprechend einer selction bias, der Primärstudien, hinsichtlich der zu berechnenden Effektgrößen, entsprechen. Die Überlegung, spezifische Objektangst entspreche dem zu untersuchenden Konstrukt nicht, folgte jedoch dem evidenzgestützten Wissen der therapeutischen Überlegenheit der Kognitiven Verhaltenstherapie, und könnte einer selective reporting bias bezüglich der fehlenden extrahierten Daten innerhalb der Studie nahekommen, durch ein wissentliches Ausschließen aufgrund der Überlegenheit der Kognitiven Verhaltenstherapie gegenüber körperlicher therapeutischer Interventionen.

Das Konstrukt der Angst unter Einfluss physiotherapeutischer Maßnahmen über verschiedenen Diagnosen hinweg zu untersuchen könnte als das häufig zitierte „apples-and- oranges-problem“ interpretiert werden (Knippschild, Baulig, & Krummenauer, 2015); bedingt widerlegt kann diese Überlegung durch die durchgeführten Subgruppenanalysen werden, die eine Heterogenität auch innerhalb der diagnostischen geclusterten Gruppen aufweisen.

Vielmehr scheint es sich um eine Aggregation bias zu handeln, die auf unterschiedliche zeitliche Länge der Interventionen, beziehungsweise Häufigkeiten der Durchführung zurückzuführen ist, deckungsgleich mit den in der Metaregression gefundenen Größen. Eine Schwäche der Arbeit liegt in diesem Zusammenhang in der ungegliederten Darstellung von Interventionszeiträum, als auch der Einbezug einmalig durchgeführter Interventionen. Zudem erfolgte keine gegliederte inhaltliche Darstellung der aktiven Interventionen; weiters wurden, wenn in der Primärstudie mehr als eine Interventionsgruppe angegeben war, die Messwerte der psychometrischen Testung nach den Vorgaben von COCHRANE statistisch kombiniert

69 und die Interventionen somit nicht mehr isoliert darstellbar sind. Als Aggregation bias innerhalb der vorliegenden Metaanalyse muss auch die Überlegung einfließen, dass die primären Präferenzen, körperliche Aktivität versus Entspannungsmethoden, der PatientInnen im Rahmen der Interventionsstudien nicht angegeben beziehungsweise gemessen wurden (Harbord, 2010), und dies einen nicht unwesentlichen Faktor auf den Outcomeparameter, Verminderung der Angst, haben könnte; dies stellt eine metaphilosophische Schwäche dar.

Ein direktes Entgegenwirken dieser Verzerrung hätte die Aufnahme der Aggregation bias in die Qualitätsüberprüfung der Studien nicht bewirken können, jedoch wäre dadurch die Problematik für die LeserInnen mitteilbarer geworden, und hätte die Transparenz erhöht.

Dennoch konnte durch die in 3.2.1 dargestellten, vorab durchgeführten Qualitätsüberprüfungen der Primärstudien durch das CONSORT Formular und der Erhebung der Risk of bias, das als „garbage–in-garbage-out“ Problem, auf welches in der Kritik an Metaanalysen hingewiesen wird, auf ein vertretbares Maß reduziert werden; auch die Publication bias konnte einerseits qualitativ durch vorab gerichtete Anfragen an Experten, bezüglich unveröffentlichter Daten, andererseits durch die statistische Darstellung mittels Funnel plots und einer getrennten Fail Safe N Berechnung für aktive und passive Maßnahmen, weitest gehend ausgeschlossen werden.

Eine weitere Beachtung im Rahmen der Kritik soll der statistischen Überprüfung der gefundenen Effektgrößen durch die Metaregression zukommen; der gewählte Moderator

„Publikationsjahr“, wurde in eine statistische Korrelation zu den gefundenen Effektgrößen gebracht. Die Entscheidung den Moderator „Publikationsjahr“ zu wählen, wurde von der Tatsache geleitet, dass die Auswahl der Primärstudien einen Publikationszeitraum von 35 Jahren umspannen (Broman-Fulks et al., 2015; Chen et al., 2015; Hawkins et al., 1980;

LeBouthillier & Asmundson, 2015; Rawson et al., 2015). Dieser große Zeitraum bringt mit sich, dass sich wissenschaftliches Arbeiten an sich verändert hat, qualitativ in der Durchführung, quantitativ an den statistischen Möglichkeiten, aber auch, dass sich der Wissensstand durch Erkenntnisse der Forschung auf diesem Gebiet verändert hat und sich auf die Hypothesenbildung und offene Fragestellungen innerhalb der Studien auswirkt; unter anderem fiel die Wahl des Publikationsjahres als Moderator, als dass der Faktor der psychometrischen Messung der Angst über die Jahrzehnte hinweg konstant blieb und die hierarchisch geordneten Messinstrumente bei der am frühesten publizierten Primärstudie bereits etabliert waren. Im Rahmen der Metaregression konnte keine Korrelation zwischen der Effektgröße und dem Publikationsjahr, für beide Interventionsgruppen aktiv und passiv, bestätigt werden;

dieses Ergebnis lässt wiederum den Folgeschluss zu, dass die in die Metaanalyse eingeschlossenen Primärstudien, trotz der unterschiedlichen Publikationsjahre, dem jeweiligen Forschungsstand Rechnung trugen.

70 4.5 Implikationen für die klinische Praxis

Diese Metaanalyse folgte dem Ziel, eine Korrelation zwischen dem Konstrukt der Angst und den möglichen physiotherapeutischen Interventionen quantitativ darzustellen. Die getrennte Berechnung der Effektstärken Hedges g für aktive und passive Maßnahmen ergab das signifikante Ergebnis eines großen Effektes, der durch passive Interventionen erreicht wird und der dem signifikanten moderaten Effekt der Angstminderung über aktive Interventionen überlegen ist. Die gefundenen Effektstärken geben allerdings die gleiche Effektrichtung wieder. Folgt man ausschließlich den Effektstärken, würde dies für die Umsetzung im therapeutischen Alltag bedeuten, dass die Anleitung mittels Entspannungsmethoden, die in dieser Arbeit als passive Interventionen vorab definiert wurden, bei der Arbeit an PatientInnen mit Vorzug gewählt werden sollten, um den größtmöglichen angstmindernden Effekt im Rahmen der physiotherapeutischen Betreuung zu erzielen. Abseits des angstmindernden Effektes, den es zu erzielen gilt, fließen im Rahmen der ganzheitlichen therapeutischen Betreuung noch weitere Aspekte ein, die es zu überdenken gilt. Die vorliegende Arbeit gibt keinen Aufschluss darüber, wie sehr das Ergebnis mit dem motivationalen Aspekt der PatientInnen korreliert, beziehungsweise welche Auswirkungen die persönlichen Präferenzen der PatientInnen in Bezug auf die ausgewählte Intervention auf den Effekt der Angstminderung hat; ein Aspekt der auch in den Primärstudien nicht erhoben wurde. Im Rahmen der Befundung und Definition des therapeutischen Ziels, sollte das individuelle „health belief model“ erhoben werden, um eine gemeinsame Entscheidung zwischen aktiver und passiver Intervention zu wählen. Durch das Erheben der subjektiven Präferenz, lässt sich auch die Einstellung bezüglich des Nutzen der gewählten Intervention erheben - diese individuelle Haltung trägt zu dem therapeutischen Ergebnis maßgeblich bei (Green & Murphy, 2014).

In den klinischen Alltag umgesetzt bedeutet dies, im Rahmen dieser Erhebung die persönlichen Ressourcen der PatientInnen zu achten und diese gezielt zu fördern, hinsichtlich einer körperlichen Bewältigung der Angstsymptome, begleitend zu einem kognitiven zugänglichen Erklärungsmodell der Wirkweisen der Intervention.

Ein weiterer Faktor der die therapeutische Entscheidung zwischen aktiver und passiver Intervention beeinflusst, ist die primäre Grunderkrankung, sowie das somatische und psychische Erleben der zu betreuenden Personen. Führend soll und muss bei der Entscheidungsfindung das individuelle Ziel des Patienten sein und die therapeutischen Überlegungen der Interventionswahl wesentlich miteinfließen. Betrachtet man die Diagnosen der Angsterkrankungen hinsichtlich der klinischen Symptomatik, lassen sich folgende

71 therapeutische Ansätze festhalten: Bei der Patientengruppe, die an Panikstörungen leiden, bedeutet das, das Bewegungsverhalten im Alltag genau zu eruieren, um dem bei diesem Krankheitsbild beschriebenen Vermeidungsverhalten an Bewegung, gezielt entgegenwirken zu können. Die auf den ersten Blick statistisch überlegene passive Intervention, zeigt sich bei dieser beschriebenen Problematik nicht als vorrangiges therapeutisches Interventionsmedium, sofern der Patient nicht ebendieses explizit präferiert;

Bewegungsverhalten zu fördern, kann aber auch im ersten Schritt bedeuten, dem Patienten mittels passiver Methoden einen vegetativ „sicheren“ niederschwelligen Handlungsrahmen anzubieten, um im zweiten Schritt den Patienten in ein aktiveres Bewegungsverhalten zu führen. Die passive Intervention der Entspannung, gewährt die Möglichkeit, die vegetativen Symptome unkommentiert zu beobachten, während der Hauptfokus auf der kontrollierten An–

und Entspannung spezifischer Körperabschnitte liegt. PatientInnen die an einer Generalisierten Angststörung erkrankt sind weisen, wie eingangs beschrieben, eine erhöhte vegetative Erregung auf; das gezielte Erlernen von therapeutisch geführten Entspannungstechniken gibt den PatientInnen die Möglichkeit, die eigene Einflussnahme auf die vegetative Erregung erfahrbar zu machen und die körperliche Symptomatik selbstständig zu beeinflussen.

Die in der Literatur beschriebene Verstärkung der Angstsymptomatik, die durch Entspannungstherapien auftreten kann, beruht mitunter auf der kognitiven Bewertung der auftretenden Symptome; unter anderem ist dies der Grund, dass diese passive Intervention, trotz des signifikant großen Effektes, ausschließlich als ein Part eines interdisziplinären multidimensionalen Behandlungsansatzes gesehen werden kann.

Der als statistisch signifikant moderate Effekt aktiver Interventionen lässt klinisch den Schluss zu, PatientInnen, sollten sie aktive Interventionen den passiven vorziehen, Bewegungstherapie anzubieten. Eine mögliche Erklärung des als positiv anzusehenden angstmindernden Effektes könnte unter anderem in der Bildung des Brain derivered neutrophic factors (BDNF) liegen, der durch körperliche Aktivität angeregt wird und mitverantwortlich für die Modulation von kognitiven Funktionen ist (DeBoer et al., 2012). Dadurch wirken sich aktive therapeutische Interventionen auch auf Ebene der kognitiven Modulation, im Sinne einer

„Überwindung“ und Neubewertung der vegetativen Situation, aus. In der Gesamtschau zeigen beide Interventionsmöglichkeiten, aktiv und passiv, einen positiven angstmindernden Einfluss auf das Konstrukt der Angst und die jeweilige Therapieentscheidung muss gemeinsam mit den PatientInnen als auch dem interdisziplinären Team getroffen werden auf der Grundlage eines Gesamtkonzeptes, welches individuell auf die PatientInnen abgestimmt ist.

72 4.6 Implikationen für weitere Forschung

Im Rahmen der Auseinandersetzung mit den möglichen physiotherapeutischen Einflussnahmen auf das Konstrukt der Angst, konnte in dieser Metaanalyse zumindest die Frage nach dem Effekt, beziehungsweise der Effektgröße, aktiver und passiver Interventionen geklärt werden. Auf der Suche nach passiven physiotherapeutischen Maßnahmen fand sich, im Kontext manueller Methoden gesehen, nur eine Studie, die den Einschlusskriterien entsprach; weitere Forschung bezüglich der Auswirkungen manualtherapeutischer Interventionen zur Minderung der Angst sind notwendig, um auch diese physiotherapeutische Möglichkeit zu überprüfen, um diese in Folge eventuell dem therapeutischen Behandlungsspektrum hinzuzufügen. Ein weiterer Aspekt dem sich zukünftige Forschung zuwenden sollte, ist die individuellen Präferenz der ProbandInnen; zumindest sollte dieser Aspekt erhoben werden und in die Betrachtung und Interpretation der Ergebnisse miteinfließen. Neben der persönlichen Präferenz der PatientInnen, spielt auch die Compliance eine wesentliche Rolle für das Ergebnis der physiotherapeutischen Behandlung. Zukünftige Studien sollten diese in der psychometrischen Erfassung der Outcomeparameter berücksichtigen. Dieser Arbeit lagen ausschließlich Ergebnisse psychometrischer Testverfahren zugrunde, deren schriftliche fundierte Interpretation im Rahmen des Verfassens eines Befundes in Österreich Klinischen PsychologInnen vorbehalten ist; um die Befunderhebung und das Erkennen des Auftretens von Angstsymptomen im Rahmen der physiotherapeutischen Intervention festhalten zu können, wäre es abzuwägen ein Instrument zur Erfassung der Angst zu entwickeln, welches physiotherapeutisch beobachtbaren Parametern objektiv zugänglich ist und die vegetativen Symptome um die Beurteilung des Gleichgewichtes und der Stabilität einzelner Körperabschnitte miteinbezieht. Eine weitere Frage wirft, in Anbetracht des möglichen Vermeidungsverhaltens der PatientInnen als Folgeerscheinung der Angsterkrankung, der genutzte kinesphärische Raum bei dem Bewegungsverhalten der Patientinnen auf; welcher ebenfalls ein Parameter zur Darstellung der Angst aus physiotherapeutischer Sicht sein könnte und spezifischer Forschung bedarf. In Anbetracht der Allgegenwärtigkeit von Angst und ihren klinischen Ausprägungen, sollten auch zukünftige Forschungsprojekte sich diesem umfassenden Thema widmen, unter Einbezug der Relevanz der Physiotherapie, die sich, gestützt auch durch diese Metaanalyse, in der Angstminderung als eine bewährte Intervention erwiesen hat.

No documento Supportive Physiotherapie – (páginas 77-83)