• Nenhum resultado encontrado

Das vorliegende Kapitel dient der Darstellung des Forschungsvorhabens.

5.1. Erkenntnisinteresse und Forschungsfrage

Der Hauptanreiz der vorliegenden Forschungsarbeit war das tiefe Interesse der Forscherin für den Bereich des Frauenhandels, sowie für die vorhandenen und zukünftigen Mittel zur Verbesserung der Betreuungsleistungen und somit der Stabilisierungs- und Integrationsmöglichkeiten von Betroffenen des Frauenhandels. Die Tatsache, dass dieser Untersuchungsgegenstand bisher nur wenig untersucht worden ist, stellt auch einen Anlass dar, sich mit diesem Thema zu befassen.

Entscheidend für die Auswahl dieser Thematik war auch der Zugang der Forscherin zu der Interventionsstelle LEFÖ – IBF, da sie seit sieben Jahren bei der Organisation als Betreuerin tätig ist. Fachkräfte einer Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel und der damit verbundenen Schutzeinrichtungen begleiten die jeweiligen Betroffenen nicht nur zu sozialmedizinischen Terminen, sondern unterstützen sie auch auf einer psychosozialen Ebene. Im Rahmen der Betreuungsarbeit in den Schutzwohnungen ist ersichtlich, dass von Frauenhandel Betroffene nicht nur an körperlichen sondern auch an psychosozialen Krankheiten leiden.

Die Formulierung der Forschungsfrage hat sich aus dem Interesse der Forscherin ergeben, Faktoren zu erheben, die das Wohlbefinden von Betroffenen des Frauenhandels fördern könnten. Die Tatsache, dass die Klinische Soziale Arbeit auf einer salutogenetischen Sichtweise beruht und den Fokus auf die bio-psycho-sozialen Dimensionen des Individuums legt, trug weiters zu der Formulierung der zentralen Forschungsfrage bei.

35 Diese lautet wie folgt:

„Wie gestaltet sich die erfolgreiche Unterstützung und Integration von Betroffenen des Frauenhandels im Rahmen von LEFÖ (– IBF) und inwiefern kann Klinische Soziale Arbeit ihren Beitrag dazu leisten?“

Wie bereits erwähnt wurde, stellt die bio-psycho-soziale Perspektive eine Grundlage der Klinischen Sozialen Arbeit dar. Daher erscheint es als zweckmäßig, das körperliche und psychosoziale Gefüge und das Umfeld der Betroffenen sowohl zu Beginn als auch nach gewisser Zeit der Betreuung aus der Sicht der Expertinnen zu betrachten. Die optimale Unterstützung von Betroffenen des Frauenhandels erfordert auch die Erschließung von Mitteln, die eine direkte aber auch eine indirekte positive Beeinflussung auf das Wohlbefinden der Klientinnen haben. Folglich ist es wesentlich, diese Faktoren ebenso zu berücksichtigen. Zudem werden die für diesen Bereich wesentlichen Kompetenzen der Fachkräfte und die auftretenden Herausforderungen, mit denen sie konfrontiert sind, betrachtet.

In diesem Sinne werden aus der Hauptproblemstellung themenrelevante Unterfragen abgeleitet, welche als relevant für die Beantwortung der Hauptforschungsfrage erscheinen:

− Wie erfolgt der Erstkontakt der Betroffenen zu LEFÖ – IBF?

− Wie sieht die bio-psycho-soziale Situation der Betroffenen zu Beginn der Betreuung und nach einigen Betreuungsmonaten aus?

− Welche Faktoren fördern das Wohlbefinden der betroffenen Frauen?

− Über welche Kompetenzen (Hard bzw. Soft Skills) sollten die Fachkräfte von LEFÖ – IBF verfügen, um in diesem Bereich arbeiten zu können und die Betroffenen wesentlich zu unterstützen?

− Welchen Herausforderungen stellen sich Fachkräfte von LEFÖ – IBF in Beratung und Betreuung von Betroffenen des Frauenhandels?

Die Beantwortung der Forschungsfragen hat als Ziel, das wissenschaftliche Forschungsgebiet inhaltlich zu bereichern, da das Thema „Frauenhandel“ und insbesondere „Frauenhandel aus einem klinisch sozialarbeiterischen Blick“ bisher nur wenig behandelt worden ist. Außerdem sollen dadurch Handlungsmöglichkeiten, die eine erfolgreiche Unterstützung und Inklusion von Betroffenen des Frauenhandels ermöglichen, aufgezeigt werden.

Die Unterstützung vulnerabler Gruppen, die von Traumatisierung, Stigmatisierung, Isolation und Ausgrenzung betroffen sind, wie das bei ausgebeuteten Personen der Fall

36 ist, stellt einen der wichtigsten Kernpunkte und Arbeitsbereiche der Sozialarbeit dar. Durch einen klinisch sozialarbeiterischen Blickwinkel wird versucht Faktoren zu lokalisieren, welche die Klinische Soziale Arbeit in Betracht ziehen kann, damit sie als eigenständige Disziplin einen Beitrag zu deren Stabilisierung, Unterstützung und Integration liefert.

5.2. Erhebungsmethode

In diesem Arbeitsschritt wird die Erhebungsmethode erläutert, anhand welcher das Datenmaterial bearbeitet wurde. Die Autorin der vorliegenden Arbeit hat sich der Methodik der qualitativen Leitfadeninterviews bedient. Anhand eines passenden Leidfadens wurden halbstandardisierte Leitfadeninterviews mit Expertinnen3 durchgeführt. Dadurch wurde ein Überblick über das Forschungsthema erzielt.

Der Leitfaden soll methodologischen Prinzipien folgen, welche wie folgt lauten:

− Offenheitsprinzip: Die Fragen sollen so wenig wie möglich die inhaltliche Antwort der Gesprächspartnerin beeinflussen, bei der die Freiheit der Entscheidung über die Formulierung liegt (vgl. Gläser, Laudel 2010: 131).

− Neutralitätsprinzip: Die Fragen dürfen nicht provozieren oder so formuliert sein, dass sie eine bestimmte Antwort entlocken. Sonst besteht die Gefahr, dass die Frage zu einem bestimmten Fragentyp führt, nämlich die „Suggestivfrage“, welche dem Offenheitsprinzip widerspricht (vgl. ebd.: 135ff).

− Klarheitsprinzip: Die Fragen sollen klar und verständlich formuliert werden. Laut Scheuch Erwin Kurt (1967) müssen Fragen einfach, kurz und ohne schwierige grammatikalische Konstruktionen sein (vgl. ebd.: 140f).

− Einfachheitsprinzip: Fragen sollen ein Thema behandeln. Multiple Fragen in einem Satz oder mehrere aufeinanderfolgende Fragesätze sollen vermieden werden (vgl. ebd.:

141f).

5.3. Auswahlkriterien für die Befragten

Die Stichprobe besteht aus Expertinnen, die Beratungs- und Betreuungstätigkeiten übernehmen sowie Expertinnen mit Koordinationsaufgaben im Rahmen von LEFÖ – IBF, die anhand angepasster Interviewleitfäden befragt wurden.

Als „Expert*innen“ werden Personen gemeint, die aufgrund ihrer Position bzw. ihres Tätigkeitsfelds ein besonderes Wissen über ein Thema verfügen. In diesem Sinne wird ein

3 In dem empirischen Teil wird nur die weibliche Form „Expertinnen bzw. Interviewpartnerinnen“ verwendet, weil bei der Organisation LEFÖ (– IBF) nur Frauen tätig sind.

37

„Experteninterview“ als ein Interview mit einer Person charakterisiert, die sich einer bestimmten Sache kundig ist (vgl. ebd.: 11).

Zudem sollte die Auswahl der Interviewpartnerinnen nicht zufällig sein. Laut Gläser und Laudel (2010) ist die Auswahl der Interviewenden für den Forschungsverlauf von großer Bedeutung und soll vor dem Beginn der Erhebung ausgesucht werden (vgl. ebd.: 117f.).

Das heißt, dass die jeweiligen Interviewpartnerinnen bestimmte „informelle“ Prinzipien dieser Forschungsarbeit erfüllen sollten, sodass Multikulturalität, Multiprofessionalität und Multiperspektivität in Zusammenhang mit verschiedenen Bildungshintergründen ermöglicht werden kann. Aus diesen Gründen wurden drei Betreuerinnen, drei Beraterinnen und eine Wohnungskoordinatorin für die Interviews selektiert. Alle sind bei der Arbeitsabteilung der LEFÖ – Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel tätig und neben ihren verschiedenen Tätigkeiten, sind sie unterschiedlicher Herkunft und verfügen über folgende Bildungshintergründe: Kommunikationswissenschaft, Soziologie, Psychologie, Menschenrechte, Kultur- und Sozialanthropologie, Filmtheater- und Medienwissenschaft sowie Sozialarbeit. Die oben genannten Fachkräfte sprechen u. a.

folgende Muttersprachen: Spanisch, Bulgarisch, Serbisch, Italienisch, Deutsch. Auch wenn einige der befragten Expertinnen die gleiche Muttersprache haben, kommen sie doch aus verschiedenen Herkunftsregionen, wodurch verschiedene Sprachdialekte vorhanden sein können. Darüber hinaus verfügen sie über weitere Sprachkenntnisse: Serbisch, Ungarisch, Russisch, Chinesisch und Englisch.

5.4. Durchführung der Interviews mit Expertinnen

Es wurden insgesamt sieben Interviews mit Expertinnen aus dem Arbeitsbereich LEFÖ – IBF durchgeführt. Der Ort und die Dauer der Interviews variierten zwischen einer Stunde und zwei Stunden vierzig Minuten. Drei der Interviews fanden in der Interventionsstelle für Betroffene von Frauenhandel statt, zwei Interviews im alten Gebäude der Technischen Universität Wien und ein Interview wurde in einem Café realisiert. Von einer der befragten Personen wurde wegen des Tätigkeitsfeldes ausdrücklich um Schutz ihrer personenbezogenen Daten gebeten. Aufgrund der Gefährlichkeit des Arbeitsbereiches und des Risikos einer möglichen Identifikation wurde nach schriftlicher Kommunikation mit der Leiterin der Interventionsstelle die Anonymisierung aller Interviewpartnerinnen als notwendig betrachtet.

38 Aus diesem Grund werden in der folgenden Tabelle (vgl. Tab 1) neben dem Datum und der Dauer der Interviews nur Daten der Expertinnen dargestellt, die lediglich ihre Funktion betreffen:

Code Funktion Datum des

Interviews

Dauer des Interviews

IP 1 Betreuerin 04.03.2019 1 Stunde und 31 Min.

IP 2 Betreuerin 05.03.2019 1 Stunde und 19 Min.

IP 3 Beraterin 11.03.2019 1 Stunde und 19 Min.

IP 4 Beraterin 14.03.2019 1 Stunde und 6 Min.

IP 5 Wohnungskoordinatorin 12.03.2019 1 Stunde und 50 Min.

IP 6 Betreuerin 02.04.2019 1 Stunde und 48 Min.

IP 7 Beraterin 26.06.2019 2 Stunden und 38 Min.

Tab 1: Daten zu Expertinneninterviews

5.5. Auswertungsmethode

Da der Fokus auf die Aussagen der Expertinnen gelegt wird und verschiedene Themenaspekte behandelt werden, scheint die Themenanalyse nach Froschauer und Lueger als die geeignetste Datenanalyse für die vorliegende Arbeit zu sein. Dieses Auswertungsinstrument erweist sich als dienlich, da größere Textmengen systematisch bearbeitet werden können (vgl. Froschauer, Lueger 2003: 111). Außerdem bietet diese Analyseform die Möglichkeit, Meinungen und Sichtweisen von Personen detailliert aufzubereiten. Um die große Menge zu reduzieren und eine Übersicht über die Vielfalt der auftretenden Themen und deren Zusammenhänge zu erhalten, wurden die Kernaussagen anhand des Codierverfahrens gesammelt und mithilfe des Textreduktionsverfahrens der Themenanalyse zusammengefasst. Konkreter formuliert, wurden vorweg bestimmte Kategorien gebildet, die für den Forschungsverlauf maßgeblich sind. Anschließend wurden alle Textpassagen aus den Gesprächstexten zusammengesetzt und resümiert, die relevant für die Kategorien waren. Der Vorteil des Codierens besteht darin, dass Antworten, die in anderem Zusammenhang gegeben wurden beim Codieren der entsprechenden Kategorie zugeordnet werden können (vgl. ebd.: 158ff.).