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Die gemischte Wanderung

No documento Asylpolitik im Wandel: (páginas 35-38)

3. STAND DER FORSCHUNG

3.5. Die gemischte Wanderung

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erscheinen müssen. Ebenso auf Verhandlungen zwischen staatlichen Institutionen und gemeinschaftlichen Akteuren sowie anderen Individuen ist die Festlegung zurückzuführen, dass lediglich Flüchtlingen Schutz gewährt wird, Migrant*innen aber nicht (vgl. Scherr;

Scherschel 2019, S.65f).

Für die Autorinnen zeigen sich klare Festlegungen bei der Klassifikation der Begriffe Flüchtlinge und Migrant*innen, auch wenn der letztere noch mehr Facetten aufweist.

Flüchtlinge sind jene Menschen, die ihr Heimatland aus einem Zwang heraus, dem zumeist politische Faktoren zu Grunde liegen, verlassen müssen. Sie suchen in anderen Ländern Schutz, weil es für sie unzumutbar ist, in ihrer Heimat zu bleiben. Die Angst davor, das Leben zu verlieren, veranlasst sie dazu, ihr Heimatland zu verlassen, oftmals auch auf Wegen, bei denen sie ebenfalls in lebensbedrohliche Situationen kommen. Die Genfer Flüchtlingskonvention enthält klare Vorgaben, die festlegen, wer als Flüchtling gilt. So beispielsweise die Verfolgung durch den eigenen Staat aufgrund der politischen Ausrichtung einer Person oder auch ihrer religiösen Einstellung sowie sozialen Zugehörigkeit. Jedenfalls muss seitens der geflüchteten Personen eine begründete Angst vor einer solchen Verfolgung glaubhaft dargelegt werden, um aufzuzeigen, dass die Flucht notwendig für das Überleben war. Ebenso muss die Unwilligkeit bzw. die Unfähigkeit des eigenen Staates Schutz zu gewähren nachgewiesen werden.

Migrant*innen hingegen haben im Grunde die Wahl, ob sie in ihrem Heimatland bleiben oder dieses verlassen wollen. Der Weggang aus ihrer Heimat hat zwar verständliche Gründe, passiert aber aus freien Stücken, wodurch sie nicht als Schutzsuchende angesehen werden können. Die meisten Migrant*innen handeln aufgrund ökologischer Aspekte oder wegen der wirtschaftlichen Gegebenheiten in ihrer Heimat. Es gibt aber auch einige, die sich dazu gezwungen fühlen, ihr Heimatland zu verlassen, weil ihnen durch die in ihrem Land vorherrschenden Umstände die Lebensgrundlage entzogen wird. Diese Umstände finden aber keine Berücksichtigung in der Asylpolitik.

Wenn Menschen auf ihrer Flucht ein Land erreichen in dem sie Schutz erhalten, so werden sie in diesem als Flüchtling angesehen. Verlassen sie dieses sichere Land aber aus irgendwelchen Gründen wieder, z.B. um zu ihren Familienmitgliedern zu gelangen, die sich in einem anderen Land aufhalten, so sind sie eigentlich nicht mehr auf der Flucht, sondern wandern aus freien Stücken weiter, wodurch sie in Folge als Migrant*innen zu bezeichnen sind (vgl. Luft 2016, S. 14).

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Entsprechend Angenendt und Koch (2017) wird es durch diese „gemischten Wanderungen“ für viele Länder immer problematischer, die tatsächlichen Motive hinter der Wanderung von Flüchtlingen und Migrant*innen differenzieren zu können. Es gibt zwar laut Angenendt und Koch althergebrachte Unterscheidungen, die festlegen, wer aus einem Zwang heraus fliehen muss und wer zum Migrationszweck freiwillig eine Wanderung vollzieht, jedoch entsprechen diese Zuordnungen nicht immer den aktuellen Gegebenheiten (vgl. Angenendt; Koch 2017, S. 7). Berücksichtigt man hierbei die Ausführungen von Oltmer, so müssten viele der Migrant*innen eigentlich ebenso als Flüchtlinge angesehen werden, da sie sich nicht freiwillig auf Wanderung begeben, sondern vielmehr aufgrund der vorherrschenden unmöglichen und oft auch unmenschlichen Lebensbedingungen dazu gezwungen werden (vgl. Oltmer 2017, S.53f).

Ein Grund für diese Problematik liegt darin, dass sich die Fluchtmotive im Verlauf der Zeit, beispielsweise jenen aus dem Zweiten Weltkrieg gegenübergestellt, stark verändert haben. Die Genfer Flüchtlingskonvention wurde bereits im Jahr 1951 verabschiedet und bezieht sich (vgl. Angenendt; Koch 2017, S. 7) „[…] vor allem auf eine individuelle oder gruppenspezifische Verfolgung durch staatliche Akteure.“ (Angenendt; Koch 2017, S. 7).

Dieser Umstand liegt am historischen Hintergrund des Dokuments. Wie gesagt haben sich die Fluchtursachen aber verändert. So ist heute nicht mehr nur die Verfolgung ein Fluchtmotiv, sondern beispielsweise auch Gewalt im Allgemeinen oder aus geschlechtsspezifischen Gründen. Zudem gibt es heutzutage ebenso eine Vielzahl an wirtschaftlichen oder auch ökologischen Gegebenheiten, aufgrund deren Menschen die Flucht antreten. Solche Gegebenheiten werden aber in der GFK nicht als Gründe berücksichtigt, wodurch Personen, die aus genau solchen Motiven fliehen, nicht als Flüchtlinge, sondern als Migrant*innen angesehen werden (vgl. Angenendt; Koch 2017, S.

7).

Auch innerhalb der Europäischen Union wird zur Entscheidungsfindung, ob eine Person als Flüchtling angesehen wird oder nicht, die Definition gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention herangezogen. Aber dennoch ist es für die Aufnahmeländer aufgrund der „gemischten Wanderung“ schwer, eine Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Migrant*innen vorzunehmen.

Einen bedeutenden Grund für die Schwierigkeiten, die bei der Unterscheidung von Flüchtlingen und Migrant*innen bestehen, sehen Angenendt und Koch vor allem auch in dem Umstand, dass die Routen, die die beide Personengruppen für ihre Flucht nutzen, immer häufiger deckungsgleich sind. Ein weiterer Punkt, der hierbei eine Rolle spielt, sind die Schleuserorganisationen, die ebenso von beiden Personengruppen für ihre Wanderung in Anspruch genommen werden (vgl. Angenendt; Koch 2017, S. 7f.).

Beleuchtet man die Herausforderung der gemischten Wanderung aus Sicht der politikwissenschaftlichen Flucht- und Migrationsforschung, so lässt sich feststellen, dass eine Analyse der Ursachen für Fluchtmotive im Verlauf der Zeit zunehmend schwerer geworden ist. Münch ist ebenso wir Angenendt und Koch der Ansicht, dass der Grund dafür der Wandel der Motive ist, welcher im Laufe der Zeit stattgefunden hat. In der heutigen Zeit sind die religiöse oder auch die ethnische Zugehörigkeit einer Person zumeist der Hintergrund für die Vertreibung dieser aus ihrem eigenen Land. Weitere Gründe sieht sie in der Tatsache, dass in vielen Ländern Kriege oder Bürgerkriege herrschen, die eventuell auch zu einer Knappheit an lebensnotwendigen Ressourcen führt. Der Umstand, dass die Motive für eine Flucht

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schwerer zu erkennen sind, führt dazu, dass das Phänomen der „gemischten Wanderung“, das auch als „mixed migration flow“ bezeichnet wird, immer bedeutender wird (vgl. Münch 2019, S. 51f). Bezüglich der möglichen Ursachen für die Schwierigkeiten bei der Unterscheidung der Personengruppen decken sich die Ausführungen Münchs mit denen von Angenendt und Koch.

Auch Münch erläutert die gemeinsamen Fluchtrouten als einen wichtigen Faktor für die Probleme, die durch die „gemischte Wanderung“ entstehen. Münch geht hier ebenso wie Angenendt und Koch auch auf die kriminellen Aspekte der Schlepperbanden ein. Sie weist darauf hin, dass Menschen, die Migrationsbewegungen durchführen, egal ob diese nunmehr Flüchtlinge oder Migrant*innen sind, in derselben Weise auf die Leistungen von Schlepperbanden zurückgreifen (vgl. Münch 2019, S. 51f). Sie erklärt des Weiteren, dass

„[…] für Migranten und Flüchtlinge sowohl national als auch international unterschiedliche Regelungen und institutionelle Zuständigkeiten vorgesehen“ (Münch 2019, S. 52) sind, was zu einer Einflussnahme auf die praktische Migrationspolitik führt. Den Grund dafür sieht sie beispielsweise darin, dass politische Strategien durch die „gemischte Wanderung“ schwerer umgesetzt werden können (vgl. Münch 2019, S. 52).

Angenendt und Koch zeigen auf, dass eine der Reaktionen der Anlaufländer auf die

„gemischte Wanderung“ darin bestand, Beschränkungen beim Zugang festzulegen. Einige Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und ebenso andere Staaten reagierten auf die Problematik der „gemischten Wanderung“ indem sie einerseits eine Verschärfung der Asylgesetze durchführten und andererseits strengere Regelungen für die Einreise von Migrant*innen festlegten (vgl. Angenendt; Koch 2017, S. 7). Bei der Betrachtung der Ausführungen Münchs in diesem Zusammenhang zeigt sich, dass die gesetzten Verschärfungen aber nicht die gewünschten Erfolge erzielen. Das Problem sieht sie hierbei darin, dass bei den Zufluchtsländern verschiedene Regelungen im Bereich der Asyl- und Migrationspolitik gelten. Diese unterscheiden sich nicht nur auf internationaler Ebene, sondern oftmals auch auf nationaler Ebene innerhalb eines Staates, wobei sie sich vor allem auf die Erstellung von politischen Strategien und deren Umsetzung bezieht (vgl. Münch 2019, S. 52). Angenendt und Koch sehen die „gemischte Wanderung“, ähnlich wie Münch, als einen Faktor der sich negativ auf die Asyl- und Migrationspolitik der Länder auswirkt. (vgl.

Angenendt; Koch 2017, S. 8). „Die Vermischung von Flucht und Migration setzt die ohnehin belasteten Asylsysteme unter zusätzlichen Druck und delegitimiert letztlich sowohl die Asyl- als auch die Migrationspolitik“ (Angenendt; Koch 2017, S. 8).

Demzufolge stellt die Vermischung von Flucht und Migration eine hohe Belastung für die diversen Asyl- und Migrationspolitiken der Zufluchtsländer der Flüchtlinge bzw.

Einwanderungsländern der Migrantinnen und Migranten dar, da die Motive für die Bewegungen dieser Gruppen nicht immer auf einfache Weise festgestellt werden können.

Die Regelungen für die Aufnahme von Flüchtlingen sind für gewöhnlich andere als jene für die Einreise von Migrant*innen. Der Umstand, dass oftmals nicht eindeutig festgestellt werden kann weshalb ein Mensch nun eigentlich emigriert ist, stellt ein Problem dar, weil dadurch nicht klar ist, welche Regelungen tatsächlich angewendet werden müssen. Zudem ist es für Flüchtlinge und Migrant*innen durch die Verschärfung der Regelungen oft schwierig, auf legalem Weg in ein Land zu kommen, was eine Erhöhung der illegalen Einwanderung mit sich zieht.

METHODISCHES VORGEHEN

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