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Danksagung

1. Einführung in die Problematik

1.5 Theoretische Einrahmung

18 interkulturelle Interaktion. Bei A- und B-Niveau stimmt das WIE mit dem WAS überein, während es beim C-Niveau Diskrepanzen zwischen dem WAS und dem WIE gibt.

 Steckt der Kernpunkt der Problematik in der Differenzierung zwischen Kandidatenproduktion und Prüfungsgespräch als mündliche interkulturelle Interaktion, was nach Meinung der Autorin als die sinnvollste Erklärung erachtet wird, ist dann der Einsatz des kommunikativen Modells für das Testen mündlicher Kompetenzen auf C-Niveau (soziolinguistische, interaktionelle, interkulturelle usw.) in Format eines Gesprächs, d.h. so wie das Konstrukt mündlicher Ausdruck bis zu diesem Zeitpunkt im Rahmen der KPG-Prüfung getestet wird, fraglich. Kommunikatives Testen würde das Prüfungsgespräch nicht nur als Format sondern in seiner Ganzheit, abhängig von allen seinen Parametern als mündliche interkulturelle Interaktion berücksichtigen.

Evaluiert man aber nur die Kandidatenproduktion als ein begrenztes, kontrolliertes, individuelles Konstrukt (siehe oben), das die kommunikative Aufgabe mehr oder weniger bewältigt17, das in Bezug auf Lexik, Grammatik, Aussprache usw. mehr oder weniger dem Niveau angemessen ist18, und wobei Prüfer, Stimuli und Testentwickler keinen bzw. nur kontrollierten Einfluss auf die Äußerungen der Kandidaten ausüben, dann verfehlt das kommunikative Ziel. Angesichts dieser Tatsache ist es Zeit für einen der interaktiven Natur eines Prüfungsgesprächs auf C-Niveau angemesseneren Ansatz, der im weiteren Verlauf vorgeschlagen wird (siehe Kapitel 2).

19 dem Titel „Third Places in Applied Linguistics“ widmete sich Kramsch (2008c) dem Konzept der Dritten Ebene (siehe Unterkapitel 3.6.6) und dessen Zusammenhang zu Sprache und Kultur. Kramsch (2008c) theorisiert darüber, welcher der Sinn von Kultur ist, indem sie besonderen Wert auf Begriffe wie Subjektivität, Historizität und Narrative20 legt, die unsere Diskurse prägen und daher unsere Realität neu formen. In Anbetracht auf das Lehren und Lernen von Fremdsprachen fragt sich Kramsch (2008c), „... welcherart Kultur man Lernern beibringen sollte, wenn man Fremdsprachen lehrt: Die historische Kultur einer ethnischen oder nationalen Gemeinschaft? Die kommunikative Kultur internationaler Austausche? Die hybride Kultur transkultureller Ströme?21 Und auf welcher Basis können Sprecher darauf hoffen, dass sie zu gegenseitigem Verständnis gelangen werden?“22 Die obige Fragestellung reflektiert den raumzeitlichen Übergang von einer monolingualen über eine interlinguale zu einer plurilingualen Gesellschaft, d.h. von einem strukturalistischen zu einem poststrukturalistischen Gesellschafts- bzw.

Kommunikationsbegriffes23. In diesem Kontext führte Kramsch zunächst den Begriff der symbolischen Kompetenz (Kramsch 2006, Kramsch/Whiteside 2008, Kramsch 2011) (siehe Unterkapitel 3.1) ein, anfänglich mit dem Ziel die Fähigkeit zu

20 Im weiteren Verlauf der Dissertation werden die Begriffe und ihr Bezug zum Hauptbegriff der symbolsichen Kompetenz ausführlich erläutert.

21 Obwohl dies über das Ziel und das untersuchte Anwendungsfeld der vorliegenden Dissertation hinausgehen würde, würde uns die Untersuchung plurikulturellen mündlicher Prüfungsinteraktionen, d.h. mündlicher Prüfungsinteraktionen, wobei die Interaktanten (Prüfer und Prüflinge) bilingual/bikulturell oder sogar trilingual/trikulturell aufgewachsen sind, sich sprachlich in plurilingualen/-kulturellen Gruppen, Gemeinden, Gesellschaften sozialisiert haben, kulturelle/sprachliche Assimilation miterlebt haben, Sprachverlust und/oder Spracherhalt in ihrer ethnischen Gruppe (vgl. Byram 1986, Strobel/Kristen 2015, Strobel/Seuring 2016) miterlebt haben, usw. usf., unter Berücksichtigung symbolischer Kompetenz einen Einblick in die nicht allzu ferne Zukunft gewähren, wo die (sprachliche) Identitäten der Beteiligten an Sprachprüfungen vielfältiger als die heutigen sein werden und daher neue Normen zur standardisierten, gemäß der obigen Faktoren differenzierten Messung geschaffen werden sollen.

22 „And what kind of culture should we teach when we teach language: the historical culture of an ethnic or national community? The communicative culture of international exchanges? The hybrid culture of transcultural flows? And on what ground can language users hope to achieve mutual understanding?“ (Kramsch 2008c: 144) (übers. von E. V.).

23 „Gemäß dem poststrukturalistischen Denken ist ein Element mit zentralem Wert für das Soziale immer schon über das Verwerfen eines Anderen konstruiert“ (Moebius/Gertenbach 2008: 4133).

20 beschreiben, „nicht nur die Sprache des Anderen anzunähern oder sich diese anzueignen, sondern auch den genauen Kontext, in dem sich die Sprache gelernt und benutzt wird, neu zu prägen“24 (Kramsch/Whiteside 2008: 664). Obwohl dem Konzept Symbolische Kompetenz Kapitel 3 gewidmet ist, sollte an dieser Stelle zugunsten der Akkommodierung des Lesers auf wesentliche Züge des Konzepts hingewiesen werden: Symbolische Kompetenz heißt die situations- bzw.

konversationsgebundene Kompetenz, die Sprecher in inter- und multikulturellen Umfeldern aufweisen, damit sie selbst verständlich werden und damit sie die Äußerungen ihrer Interaktionspartner als verständlich beurteilen können. Dies setzt die Wiederaufnahme des Kontextes, in dem sich jene Äußerungen jener Interaktionspartner verwirklichen, vonseiten der Sprecher voraus. In diesem Sinne könnte man symbolische Kompetenz als eine im Gespräch co-konstruierte Fähigkeit bezeichnen.

Warum war aber das neu eingeführte und im Rahmen des Lehrens, Lernens und der Evaluation von Fremdsprachen wenig eingesetzte oder (sogar noch nicht) praktisch angewendete Konzept der symbolischen Kompetenz für die Untersuchung mündlicher Prüfungsinteraktionen geeignet? Kommen wir zurück zur anfänglichen Frage der Autorin: „Was genau stimmt im Prüfungsgespräch nicht zu?“ Als erstes hat die Einführung des Konzeptes der symbolischen Kompetenz in die Diskussion dazu beigetragen, die Frage in Komponenten zu zerlegen und den Fokus nicht nur auf das WAS, d.h. auf vereinzelte Aspekte, sondern auf das Prüfungsgespräch zu legen, nämlich auf dessen Natur als mündliche interkulturelle Interaktion bzw. als einen komplexen, dynamischen Prozess, indem das Konzept der symbolischen Kompetenz selbst die dynamische Verhandlung der komplexen Eigenschaften inter- und plurilingualer/-kultureller Interaktionen vonseiten der Sprecher als Akteure ausdrückt.

Darüber hinaus, diente die Einführung der symbolischen Kompetenz der Konkretisierung der oben dargestellten Hypothesenbildung und zwar der Hypothesen 4 und 5 als die möglichst zutreffenden sowie der genauen Festlegung des Kernpunktes

24 „Symbolic competence is the ability not only to approximate or appropriate for oneself someone else’s language, but to shape the very context in which the language is learned and used“

(Kramsch/Whiteside 2008: 664) (übers. von E. V.).

21 der Problematik (siehe Unterkapitel 1.3 und 1.4). Gesehen aus der Perspektive der symbolischen Kompetenz legt Hypothese 4 folgende Parameter der Problemstellung fest: i. Die nach der KPG-Bewertungsskala25 gemessene Kompetenz, z.B. die kommunikative Kompetenz, reflektiert nicht (oder nicht genau) die entsprechenden Eigenschaften des Konstrukts mündliche interkulturelle Interaktion in ihrer Ganzheit (siehe Unterkapitel 1.4). Zusammenhängend könnte man weitere untergeordnete Parameter bestimmen: a. Die Komponenten der kommunikativen Kompetenz bzw. die Nebenkompetenzen26, die die KPG-Bewertungsskala zu messen versucht, reflektieren nicht (oder nicht genau) die entsprechenden Eigenschaften des Konstrukts mündliche interkulturelle Interaktion in ihrer Ganzheit, und b. die von den Testentwicklern ausgewählten Deskriptoren der kommunikativen Kompetenz sowie der Nebenkompetenzen, die den Prüfern als Orientierungshilfe bei der Arbeit mit der KPG-Bewertungsskala dienen, reflektieren nicht (oder nicht genau) die entsprechenden Eigenschaften des Konstrukts mündliche interkulturelle Interaktion in ihrer Ganzheit. Anhand also der Einführung des auf einen ersten Blick rein theoretischen Konzeptes der symbolischen Kompetenz in die Problematik der Evaluation des mündlichen Ausdrucks ermöglicht sich der Weg zu den Wurzeln der Leistungsmessung fremdsprachlicher Kenntnisse: Messen wir genau DAS, WAS gemessen werden soll?

Auch umgekehrt betrachtet, erweist sich symbolische Kompetenz für die Untersuchung von Prüfungsgesprächen als besonders angemessen. Was genau sind mündliche Prüfungsgespräche, wenn nicht authentische institutionelle Gespräche? Im Bereich fremdsprachlicher Evaluation spricht man oft von Authentizität;

Testentwickler streben sogar danach, dass Testitems und Teststimuli so authentisch wie möglich sind, d.h. dass sie kommunikativen Situationen in der Zielsprache/im Zielland/zwischen Muttersprachlern so weit wie möglich ähneln. Mündliche Prüfungsgespräche sollten also so authentisch wie mündliche Interaktionen in der Zielsprache/im Zielland/zwischen Muttersprachlern konstruiert und als solche

25 Auf C-Niveau (siehe Anhang Seite CLV).

26 Beispiele für Nebenkompetenz, obwohl dies kein sachgerechter Terminus ist, wäre die linguistische, die soziolinguistische und die pragmatische Kompetenz als Komponenten des übergeordneten Terminus kommunikative Kompetenz (Trim/North/Coste 2001: 109).

22 beurteilt und bewertet27 werden. Authentische Interaktionen finden auch zwischen Muttersprachlern und Nicht-Muttersprachlern im Zielland statt. Mündliche Prüfungsgespräche versuchen dieses Modell mündlicher interkultureller Interaktionen zu simulieren: Der Prüfer bzw. der Muttersprachler und der Prüfling bzw. der Nicht- Muttersprachler interagieren anhand eines authentischen bzw. der Kultur des Ziellandes angemessenen Themas, mit dem kommunikativen Ziel verstanden und miteinander einig zu werden. Das obige Schema hört sich immer noch eher strukturalistich an, obwohl jetzt die unabhängige Variable der interkulturellen Kommunikation in der Gleichung hinzugefügt ist; Eine erste Frage taucht auf:

Inwiefern sind diejenigen Dynamiken, die eine mündliche Prüfungssituation prägen, den Dynamiken mündlicher interkultureller Interaktionen ähnlich? Messen wir DAS, WAS gemessen werden soll?

Im Falle der KPG-Prüfung, und mit Sicherheit auch in vielen anderen Sprachevaluationssystemen auf der Welt, ist oft zu beobachten, dass der Prüfer kein Muttersprachler ist und sogar über dieselbe L1 wie die Prüflinge verfügt. Eine zweite Frage lässt sich also wie folgt formulieren: Inwiefern sind diejenigen Dynamiken, die eine mündliche Prüfungsinteraktion prägen, wobei Prüfer und Prüfling über dieselben von der L1 determinierten kognitiven und semantischen Strukturen, über dieselben Kontexte sprachlicher Sozialisierung usw. verfügen aber die Zielsprache verwenden, den Dynamiken mündlicher interkultureller Interaktionen ähnlich? Eine weiterführende Frage wäre dann wie folgt zu formulieren: Sollte uns die L1 des Prüfers auf C-Niveau beschäftigen? Wie wäre das oft bestrittene Thema der Diskriminierung zwischen native language teacher, non-native language teacher, near-native language teacher und des daraus folgenden Begriffes nativespeakerism in Bezug auf die Rolle des Prüfers mündlichen Ausdrucks zu beurteilen, ohne die schon bestehende Kluft zwischen Lehrern und Prüfern unterschiedlicher L1 zu schärfen?

Aus Gründen der Ökonomie des Testverfahrens sowie der Beseitigung der oben beschriebenen Diskriminierung ist die Mitarbeit nicht-muttersprachlicher Prüfer bei der KPG-Prüfung eher sinnvoll. Je sinnvoller dies aber scheint, desto erforderlicher ist die Untersuchung bzw. die Analyse von Prüfungsgesprächen zwischen

27 Im Hinblick z.B. auf das Kriterium „Bewältigung der kommunikativen Aufgabe“ der KPG- Bewertungsskala (siehe Anhang Seite CLV).

23 muttersprachlichen Prüfern und nicht-muttersprachlichen Prüflingen in der Zielsprache anhand konversationsanalytischen Prinzipien sowie die Analyse von Prüfungsgesprächen zwischen nicht-muttersprachlichen Prüfern und nicht- muttersprachlichen Prüflingen in der Zielsprache, die L2 oder L3 von beiden Prüflingen und Prüfern ist28, und schließlich der Vergleich der Befunde beider Analysen.

Wie schon erwähnt, hat sich der kommunikative Ansatz für die Evaluation mündlicher interkultureller Prüfungsinteraktionen als mangelnd erwiesen (siehe Unterkapitel 1.3).

Infolgedessen wurde zu Zwecken der theoretischen Einrahmung des untersuchten Konstrukts, nämlich des Prüfungsgesprächs als eine institutionelle Form mündlicher interkultureller Interaktion, sowie der untersuchten Dynamiken im Lichte symbolischer Kompetenz ein ökolinguistischer Ansatz vorgezogen. Die besonderen Gründe für diese Auswahl werden in Kapitel 3 näher erläutert.