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Verkörperte Kognition und Subjektpositionierung

Danksagung

3. Zum Stellenwert Symbolischer Kompetenz in der Fremdsprachenlehr-/lern- und Evaluationsforschung

3.6 Grundkonzepte zur näheren Erläuterung der Symbolischen Kompetenz

3.6.2 Verkörperte Kognition und Subjektpositionierung

Spricht man über das Legitimieren kultureller Identitäten, erhebt sich die Frage, welche Inhalte zu jeder Identitätsäußerung gehören. Das obige Konzept deutet immer noch auf Freud’s psycho-psychischen Parallelismus (siehe Kap.2), in dem Sinne dass Bedeutungsgenerierungen nur in Äquivalenz zu den Inhalten der Identität legitim sind, was gemäß post-modernistischen und post-strukturalistischen Annäherungen inmitten der Problematik steht, denn unter Inhalten der Identität sind nicht nur das Selbst bzw. die Selbstperformanz (stärker geladen als die kommunikative Performanz) der Sprecher zu verstehen sondern auch die Performanzen „ihrer Kultur(en), ihrer Familie, ihrer Herkunftsländer und auch der Mythen und psychischen Erinnerungen, die ihre historische Realität formen‟ 141 (Kramsch/Whiteside 2008: 663). Der verkörperten Kognition142 wird hier also eine weitere Dimension verliehen; eine Dimension der intersomatischen bzw.

intertextuellen Kognition 143. Evans (2015: 6) spezifiziert die Verkörperungseffekte beim Sprachgebrauch, basierend auf den neuesten Befunden der Psychologie und der kognitiven Neurowissenschaft 144 . Durch die Mechanismen ihrer verkörperten

141 „[...] are performing […] but (also) their cultures, their families, their countries of origin or the mythic and emotional memories that these historical realities have become‟ (Kramsch/Whiteside 2008:

663) (übers. von E. V.).

142 „Die Hypothese [...] der verkörperten Kognition [...] sieht das Gehirn als eine Komponente eines größeren Systems an, das auch Körper und Umgebung einschließt, die beide eine wichtige Rolle für unsere Gedanken, Emotionen und Verhalten spielen‟ (Costandi 2015: 52).

143 Der literarische Terminus Intertextualität stammt von Julia Kristeva (1966) in Anlehnung an die Gedanken von Mikhail Bakhtin und Roland Barthes. In der vorliegenden Arbeit bedeutet intertextuelle Kognition, dass der Fokus jetzt nicht auf dem Sprecher, seiner Äußerung und deren Funktion liegt, sondern auf dem Prozess der Bedeutungsgenerierung beim Hörer. Im Forschungsrahmen der Kognitiven Linguistik wird desweiteren Intertextualität nicht nur auf der linguistischen Ebene sondern auch auf der Ebene der zugrundeliegenden kognitiven Prozessen auf der Basis der Conceptual Blending-Theorie untersucht.

144 „Embodiment effects in language (Table 1): a. Brain regions that are specialized for specific types of processing are activated when the corresponding language is processed, and conceptual processes are engaged. b. Specialised bodily behaviours are activated by the processing of the corresponding

77 Kognition transferieren Sprecher also in ihren Äußerungen die Somata, d.h. die Gedanken, Emotionen, Verhalten usw. ihrer Genealogie145. Wenn im Gespräch der Eine seine eigene kulturelle Identität projiziert und gleichzeitig nicht in Richtung der intersomatischen Kognition durch die Intelligibilitätsmatrix arbeitet, dann scheitert die Rekonstruktion gemeinsamer Realitätsfragmente; kein gemeinsamer Nenner sei zu finden, worauf eine erfolgreiche Kommunikation basieren könnte. Kommunikative Kompetenz kann sich also nur dann entfalten lassen, wenn Sprecher durch ihre Performanz historische Grenzen überschreiten und ein gemeinsames Bild fördern, das

„sich in der Subjektpositionierung146 individueller Sprecher neu einzuräumlichen braucht“147 (Rampton 1998 in Kramsch/Whiteside 2008: 663). Dieser neu erschaffene Raum, ein Raum der Legitimierung und dadurch der Akzeptanz, findet seinen Ausdruck in Homi Bhabhas (1994) Third Space Konzept148, was im weiteren Verlauf näher erläutert wird. Wie sich ein Sprecher als sozialer Akteur positioniert und wie dies durch seine Sprache zum Ausdruck kommt, schafft sein Feld der Erfahrung. Um in multikulturellen Milieus verstanden zu werden, soll es laut Bhabha (1994) zwischen sozialen Akteuren einen Aushandlungs- bzw. Spannungsraum geben, wo kulturelle Differenzen zusammenstoßen, Bedeutungen konkurrieren und Gleichheit gefährdet wird. Der Unterschied zwischen der Berücksichtigung der Subjektpositionierung und der Förderung einer interkulturellen Kompetenz ist, dass der Raum der dritten Ebene ein Raum jenseits aller Grenzen ist: Durch die Rekonstruktion von Identitäten in den Aushandlungsräumen darf kulturelle linguistic and conceptual processes. c. Language appears to be structured in terms of embodied brain states, especially representations grounded in sensimotor experience“ (Evans 2015: 6).

145 „Genealogy focuses on disruptions and breaks in discourse; it is interested in relations of power more than relations of meaning, and; it draws upon the same documents used by historians whilst also referring to that which we tend to feel is without history - sentiments, love conscience and instincts.

[…] (Genealogy) questions how subjectivities are constructed and given meaning; it considers how discourses produce subjects with particular kinds of power and capacities, […]“ (Butler 1993 in Cormack 2001: 2).

146 Weedon’s (1987) poststrukturalistische Annäherung zum Begriff der Subjektivität besagt, dass Subjektivität genau dieses individuelle Charakteristikum der Psyche ist, wodurch die Person sich selbst und deren Platz in der Welt bzw. innerhalb sozialer Gruppen und Subgruppen identifiziert.

147 „[...] awaits to be reterritorialized in the subject positionings of individual speakers“ (Rampton 1998 in Kramsch/Whiteside 2008: 663) (übers. von E. V.).

148 Konzept der Dritten Ebene, des Dritten Raums.

78 Differenzierung und Exklusion widerstanden werden, indem die Träger verschiedener Kulturen eine gemeinsame Basis zur Interaktion schaffen. In den Worten eines Ökolinguisten lautet dies: „Unser Bild von der Welt muss zu einem (solchen) werden, wo Prozesse herrschen und menschliche Akteure verschwinden“149 (Goatly 2001:

219). Dahingegen impliziert die Förderung der interkulturellen Kompetenz eine kulturelle Assimilation der schwächeren von der dominanten Kultur, was lediglich eine Art kulturellen Imperialismus verschleiert. Assimilation und Adaption als Kernkonzepte der Interkulturellen Kompetenz „repräsentieren den Ausmaß, in dem jener Fremde sich in dem Aufnahmeland integriert oder dem ähnelt. [...] Adaption auf der Makro-Ebene bedeutet, dass ein Sprecher in der Lage ist, sich auf geschickter Weise durch Erlebnisse und Interaktionskontexte der Aufnahmekultur einstellen zu können“ 150 (Spitzberg/Changnon 2009: 6). Spricht man also in Bezug auf interkulturelle Kompetenz über Zielland und Zielkultur, dann spricht man immer über die L1-L2 und C1-C2Dualität, die Grenzen eher verstärkt.

Einen weiteren Unterschied, der sich von den oben Erwähnten ablesen lässt, könnte man wie folgt formulieren: ‚Auf geschickter Weise‘ deutet hier darauf hin, dass der Einsatz interkultureller Inhalte im Fremdsprachenunterricht und die daraus erfolgte Förderung einer interkulturellen Kompetenz bewusste Versuche sind. Ein Sprecher soll sich anhand seiner interkulturellen Fähigkeiten einer anderen Kultur bewusst anpassen, was großen Aufwand voraussetzt. Diese Art von Assimilation nimmt wenig Rücksicht darauf, dass die Subjektpositionierung eines Sprechers in einem bestimmten soziohistorischen Feld ein unbewusster Prozess ist. „Diese Position ist historisch bedingt, in sozialer Hinsicht das Individuum überschreitend, und deswegen unbewusstbar. In anderen Worten: Wir können uns unseren interpretativen Strategien

149 „...our image of the world has to become one in which processes predominate and human Actors disappear“ (Goatly 2001: 219) (übers. von E. V.).

150 „ [...] represents the extent to which a sojourner blends in with or becomes similar to the host culture. ... Macro-level adaptation means that the communicator is adept at making adjustments to the host culture across episodes and contexts of interaction within that culture“ (Spitzberg/Changnon 2009:

6) (übers. von E. V.).

79 nicht bewusst sein in dem Moment, in dem wir sie aktivieren“151 (Kramsch 2009b:

237). Eine Anpassung zur Zielkultur scheint also ein eher gezwungener Prozess zu sein, wenn dabei die Subjektpositionierung nicht berücksichtigt wird. Die obige Feststellung lässt sich auch in den Gedanken der Poststrukturalisten Stoddard und Cornwell (2000) entfalten, die behaupten, dass man sich bei der Förderung einer interkulturellen Kompetenz die Metapher eines Satellitennavigationssystem berücksichtigen (GPS) sollte: „Dies könnte ein Modell dafür sein, auf welcher Weise man Perspektiven von Kennern und Bürgern zu sammeln braucht, die sich in unterschiedlichen Orten auf der ganzen Welt befinden, damit man so in der Lage sein kann, fundierte Entscheidungen zu treffen und eine ausreichende Basis zur Erkenntnis zu bilden“ 152 (Stoddard/Cornwell 2003: 5). Eine solche Annäherung zum Plurikulturalismus würde Rücksicht auf die Subjektpositionierung und die Schwächen der Integration-via-Assimilation153 nehmen, basierend auf der Geschichte, dem sozialen und institutionellen Umfeld und der Ökologie jenes Sprechers und jener Sprachgemeinschaft.