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D IMENSION DER R ISIKO -K OMPONENTEN

Akzeptanz der Entscheidungen erhöhen, Vertrauen stärken

Durch Partizipationsprozesse kann Vertrauen aufgebaut und die Akzeptanz der Entscheidungen erhöht werden (Strategiegruppe Partizipation, 2004a, Arbter et al., 2005). Die Akzeptanz der Entscheidungen ist wesentlich für den gesamten Projektverlauf, kann aber auch aus individueller Perspektive der Beteiligten ein Anliegen sein. Eng verwoben mit der Akzeptanz von Entscheidungen ist der Aufbau von Vertrauen im Entscheidungsfindungsprozess. Die Stärkung des Vertrauens wird als wesentlicher Nutzen von parti- zipativen Prozessen betrachtet, obwohl das Vertrauensbildungspotential nicht systematisch getestet wur- de (Höppner et al., 2007).

Die erläuterten Nutzen-Komponenten sind stets in Relation zum damit einhergehenden Aufwand zu se- hen: “…es ist von wesentlicher Bedeutung, ob dieser Nutzen mit angemessenen Aufwand erreicht wer- den kann. Die lakonische Bewohnerantwort ‚Dafür habe ich keine Zeit’ drückt eben diese Relation aus.

Nutzen wie Aufwand werden jeweils vor dem Hintergrund der eigenen Lebenssituation, dem zur Verfü- gung stehenden Zeitbudget und der Kraft, die andere Aufgaben binden, beurteilt. Dabei entwickelt sich die Relation von Aufwand und Nutzen sozusagen spiralförmig: Je höher der erwartete Nutzen, umso höher die mögliche Intensität des Einsatzes“ (Selle, 1996, 177).

landschaftswandel oder vom Verlust an besonderen Biotopen und Arten – zu schaffen. Erst dann kann ein Thema auf die politische Agenda gesetzt und ein Beteiligungsprozess gestartet werden (Freese und Rüffer, 2005, Tiemann und Siebert, 2009). Andererseits wirkt sich ein hoher Komplexitätsgrad des Prob- lems hemmend auf den Informationsgrad aus. Je vielschichtiger, ambivalenter und unsicherheitsbehafte- ter ein Problem ist und je mehr Wissen zu seinem Verständnis notwendig ist, desto relativ schlechter wird der Informationsstand sein (Newig, 2003).

Fehlende politische Unterstützung

Bedeutend für die Akzeptanz von Partizipationsverfahren sind die Umsetzung der getroffenen Entschei- dungen und auch frühe Erfolge (Brendle, 1999). „Beteiligungsprozesse erfordern politische Rahmenbe- dingungen, die die Mitwirkung von BürgerInnen auch tatsächlich zulassen und die sicher stellen, dass mit den Ergebnissen des Prozesses so umgegangen wird, wie vereinbart wurde. Die Grenzen von Beteili- gungsprozessen sind erreicht, wenn sie von den politischen Entscheidungsträgern nicht mitgetragen, ignoriert oder gar boykottiert werden“ (Strategiegruppe Partizipation, 2004b, 5). Unterstützen politische VertreterInnen die gemeinsam erarbeiteten Pläne zur Landschaftsentwicklung und deren Umsetzung nicht, kann eine Beteiligung ineffektiv sein (Strategiegruppe Partizipation, 2004b, Bundeskanzleramt, 2008). Mangelnde politische Unterstützung ist oft eine Frage der Machtverhältnisse und möglicherweise unvereinbarer Ziele.

Mangelnde monetäre und infrastrukturelle Ressourcen

In Verbindung mit einer fehlenden politischen Unterstützung stehen mangelnde monetäre Ressourcen und fehlende Infrastruktur für partizipative Prozesse (Diduck und Sinclair, 2002, Mitchell, 2005, Plum- mer und Arai, 2005, Smith, 2008, Prager und Freese, 2009, Stenseke, 2009). Wie Tiemann und Siebert (2009) betonen, kommt es oft zu keiner „echten“ Partizipation im Sinne der höheren Stufen der Partizi- pationsleiter etwa nach Arnstein (1969), da die betroffenen Stakeholder nicht über die notwendigen Res- sourcen wie Geld und Infrastruktur, verfügen (Diduck und Sinclair, 2002, Tiemann und Siebert, 2009).

Ein erfolgreicher partizipativer Prozess braucht ausreichend finanzielle Ressourcen und Unterstützung und Maßnahmen zur Wissenssteigerung, um eine Stakeholder-Beteiligung zu gewährleisten (Arbter et al., 2005, Freese und Rüffer, 2005, Tiemann und Siebert, 2009). Oftmals wurde auch die Notwendigkeit einer finanziellen Abgeltung für die Beteiligten hingewiesen (Diduck und Sinclair, 2002, Arbter et al., 2005). Neben der finanziellen Unterstützung des Planungsprozesses sind aber auch ausreichend monetäre Mittel notwendig, um die Maßnahmen zu finanzieren. Diese Mittel müssen den betroffenen Eigentüme- rInnen oder LandschaftspflegerInnen direkte Kosten einer Maßnahme, die Opportunitätskosten und Transaktionskosten für Information, Planung, Administration, Monitoring, Evaluierung abgelten (Tiemann und Siebert, 2009). Darüber hinaus braucht es professionelle Moderatoren und flexible Pro- jektkoordinatoren (Brendle, 1999), die in Regel auch bezahlt werden müssen.

Vorab entschiedene Pläne und Ergebnisse

Eine oftmalige Kritik an partizipativen Prozessen ist, dass Entscheidungen bereits vor der Beteiligung lokaler AkteurInnen getroffen, aber nicht kommuniziert wurden. In diesem Fall fehlt der Handlungs- und Gestaltungsspielraum (Konisky und Beierle, 2001, Strategiegruppe Partizipation, 2004b, Arbter et al., 2005, Prager und Freese, 2009). Smith (2008) spricht von Scheinheiligkeit und einem Gegensatz zwi- schen offizieller Rhetorik zu derartigen Prozessen und der Wirklichkeit in der Umsetzung. Lokale Akteu- rInnen werden als Informationsquelle herangezogen, aber von der tatsächlichen Entscheidungsfindung ausgeschlossen. Dies hat mit Machtverhältnissen und dem Widerwillen, Macht abzugeben zu tun

ihre Zeit und Wissen ein, ohne die Möglichkeit zu erhalten, tatsächlich die jeweilige Thematik zu beein- flussen (Diduck und Sinclair, 2002). „Nur wenn das Planungsergebnis nicht von vornherein feststeht, wenn einzelne Planungsschritte also mehrfach durchlaufen und inhaltlich verändert werden, können An- regungen überhaupt verarbeitet werden, ist die Kommunikation aus der Perspektive der an ihr Teilneh- menden überhaupt sinnvoll“ (Selle, 1996, 169).

Dominierende Meinungen und Personen

Auch dominierende Personen und Meinungen können sich negativ auf die Zusammenarbeit und die Er- gebnisse auswirken. Böcher (2002) zeigt die Bedeutung eines „organisatorischen Kerns“ auf, und meint damit eine Gruppe von Stakeholdern, in der Informationen angereichert sind und die von allen relevanten Stakeholdern in einem Planungsprozess erreicht wird. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Meinungen der Kerngruppe die Interessen der Bevölkerung nicht repräsentieren oder der Prozess anfällig ist, von einer Organisation dominiert zu werden. Einzelne Interessensgruppen können andere Gruppierungen in deren Möglichkeiten hintanhalten (Hodge, 2007, Ishihara und Pascual, 2009). Die zeitlichen, finanziellen und persönlichen Möglichkeiten sich zu beteiligen, sind nicht für alle Menschen gleich groß. Gelingt es nicht, BürgerInnen gleich welchen sozialen Umfeldes anzusprechen, laufen Beteiligungsprozesse Gefahr, als elitär wahrgenommen zu werden (Strategiegruppe Partizipation, 2004b). Die Folge können Ernüchte- rung und Unzufriedenheit sein.

Fehlende Übereinkommen und negative Gruppendynamik

Weitere Risiken umfassen einen Mangel an Vereinbarungen zum Prozess an sich und eine unzureichende Kommunikation mit allen Beteiligten zu Möglichkeiten und zum Spielraum des Partizipationsprozesses (Strategiegruppe Partizipation, 2004b, Arbter et al., 2005). Diese Vereinbarungen sind grundlegend, da meist Interessen, Erwartungen und Motivationen der Beteiligten durchaus unterschiedlich sein können.

Unrealistische Erfolgserwartungen sind frühzeitig zurechtzurücken, da diese ansonsten in Enttäuschun- gen münden und in eine Abwertung des partizipativen Prozesses umschlagen (Selle, 1996, Strategie- gruppe Partizipation, 2004b). Mitchell (2005) sowie Plummer und Arai (2005) weisen auf die Bedeutung einer „gemeinsamen Vision“ hin. Ohne Vision, ohne Vereinbarungen verfolgen die Beteiligten eigene Ziele, ohne das gemeinsame Ziel, auf das hingearbeitet werden soll, im Sinn zu haben. Die Folge können ineffektive Diskussionen und fehlende oder mangelhafte Ergebnisse sein (Zachrisson, 2004, Carlsson und Berkes, 2005, Ishihara und Pascual, 2009). Dies schürt Konflikte in der Zusammenarbeit und kann zu einem schlechten Gesprächsklima führen und das Gruppenklima negativ beeinflussen. Intransparente Kommunikationsflüsse und fehlende Allparteilichkeit der ProzessbegleiterInnen stören die Zusammen- arbeit zusätzlich (Strategiegruppe Partizipation, 2004b). Dauerhafte Pattsituationen „beeinträchtigen die Handlungsfähigkeit, da es erschwert bis unmöglich gemacht wird, sich in einem Aushandlungsprozess auf gemeinsame, konsensuale Lösungen zu einigen“ (Strategiegruppe Partizipation, 2004b, 7).

Verhaltensrisiko

Die Transaktionskostenökonomik setzt sich ausgehend von den Annahme begrenzter Rationalität und opportunistischem Verhalten intensiv mit der Bedeutung von Vertrauen auseinander. Die Grundannahme ist, dass Vertrauen hilft, Transaktionskosten zu senken, indem es dazu beiträgt „den bürokratischen Koordinations- und Kontrollaufwand zu senken, Verhandlungszeit einzusparen, einen offenen Informati- onsaustausch zu praktizieren und vielleicht sogar auf eine weitgehende schriftliche Fixierung von Ver- trägen und Formalisierung (inter-)organisatorischer Regelungen zu verzichten“ (Loose und Sydow, 1997, 165). Kostenintensive vertragliche Regelungen, Informationsgewinnung und Koordinationsmechanismen lassen sich also zumindest teilweise durch Vertrauen substituieren und wirken so transaktionskosten-

senkend (Sydow, 1995). Vertrauen kann als informale Institution aufgefasst werden (Schweers, 2005).

Eine umfangreiche Literatur über Co-Management setzt sich mit der Bedeutung von Vertrauen auseinan- der (Ostrom, 1990). Gemäß der Autorin lässt sich Vertrauen durch organisatorische und kulturelle Ent- wicklungen erhöhen. Im Kontext der Partizipation in Fragen der Kulturlandschaftsentwicklung kann Vertrauen einerseits die Teilnahmebereitschaft, andererseits die Realität des Prozesses beeinflussen. Be- züglich der Teilnahmebereitschaft kann die Wirkung des Vertrauens in zwei Richtungen ausschlagen.

Einerseits können AkteurInnen teilnehmen, weil sie dem jeweiligen Projekt oder der Projektleitung miss- trauen. Diese Menschen werden danach trachten sich zu beteiligen, um unerwünschte Maßnahmen zu verhindern, eigene Interessen abzusichern und bestmöglich zu vertreten, wenn eine Nicht-Teilnahme eine Schlechterstellung mit sich bringen könnte. Andererseits können sich AkteurInnen engagieren, gerade weil sie der Projektleitung und den Absichten eines Prozesses vertrauen und einen Nutzen aus ihrer Teil- nahme ziehen können. Eine Passivität und Nicht-Beteiligung könnte in diesem Zusammenhang als Kon- sequenz des Misstrauens verstanden werden (Höppner et al., 2008). Das Argument ist, dass ein großes Vertrauen in das Verfahren und die Initiatoren, Personen motiviert sich zu beteiligen, weil sie überzeugt sind, einen wertvollen Beitrag leisten zu können, oder aber sie überlassen die Entscheidungen Vertrete- rInnen oder ExpertInnen, denen sie vertrauen (Parkins und Mitchell, 2005). Vertrauen spielt aber auch für den Prozess eine große Rolle. Vertrauen kann durch Kontinuität im Partizipationsprozess aufgebaut werden. Es braucht eine Kontinuität der involvierten AkteurInnen, damit sie sich kennen lernen und die Ideen und Perspektiven der anderen verstehen können (Ellwanger et al., 2006). Anzunehmen ist also, dass das Vertrauen sich über die Zeit von einer geringen Ebene des anfänglichen Vertrauens zunehmend durch Interaktionen mit anderen Beteiligten erhöht. Andererseits kann aber auch das Vertrauen zerstört werden (Höppner et al., 2007). Das Vertrauen oder Misstrauen in einzelne Personen, die ebenfalls invol- viert sind hat wesentlichen Einfluss auf den Erfolg des Partizipationsprozesses (Höppner et al., 2007).

Der analytische Rahmen findet Anwendung in fünf Fallstudien, deren Methodik in Kapitel Fünf erläutert ist. Die fallspezifischen Ergebnisse der Fallstudien – untergliedert nach den drei Analysedimensionen des analytischen Rahmens – finden sich in Kapitel Neun bzw. im Anhang Teil I. Bevor auf das Untersu- chungsdesign und die verwendeten Methoden eingegangen wird, soll im Folgenden noch die Thematik der Schutzgebiete und damit verbundenen Bedeutung der Partizipation aufgegriffen werden. Vier der fünf Fallstudien sind in Schutzgebieten lokalisiert. Wie eingangs erwähnt, thematisiert die Fauna-Flora- Habitat-Richtlinie die Beteiligung der lokalen Bevölkerung in Fragen des Naturschutzes. Das folgende Kapitel zeigt den Konnex zwischen Partizipation und Schutzgebieten auf.

4 Schutzgebiete und Partizipation