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F ALLSTUDIE 1: K ULTURLANDSCHAFTSPROJEKT M ARIA A NZBACH

Die erste Fallstudie ist die Projektgemeinschaft des Kulturlandschaftsprojektes Maria Anzbach. Auf eine kurze Gebietsbeschreibung folgen in der Darstellung die Aktivitäten der Projektgemeinschaft und ein Überblick zur Gruppenzusammensetzung.

8.1.1 Gebietsbeschreibung

Die Marktgemeinde Maria Anzbach im politischen Bezirk St. Pölten Land in Niederösterreich zählt 2.756 EinwohnerInnen (Stand 2008) und umfasst eine Gemeindefläche von 18,2 km² (Land Niederös- terreich, 2009). Die Gemeinde ist gekennzeichnet durch eine starke Wanderungsbilanz; in der Ge- meinde siedeln sich viele Zweitwohnsitzer an. Teile der Gemeinde Maria Anzbach sind als Vogel- schutzgebiet ausgewiesen. Die Gemeinde ist Teil des Biosphärenparks Wienerwald und Mitglied der Wienerwald Initiativ Region. Der Buchberg-Gipfel wurde im Oktober 2002 durch die drei „WIR- Gemeinden20“ Neulengbach, Maria Anzbach und Asperhofen der Bevölkerung zugänglich gemacht und die neu errichtete Buchbergwarte im September 2004 wiedereröffnet. Die Buchbergwarte (in Abbildung 14 im Norden eingezeichnet) ist eine der Sehenswürdigkeiten und beliebtes Ausflugsziel in der Gemeinde. In der Buchbergwarte fanden viele Ideen aus dem Kulturlandschaftsprojekt in Form von Ausstellungen Umsetzung.

Abbildung 14: Die Gemeinde Maria Anzbach Quelle: NÖ Atlas (2009)

8.1.2 Aktivitäten der Projektgemeinschaft

Das Kulturlandschaftsprojekt wurde im Jahr 2007 auf Initiative des Umweltausschusses der Marktge- meinde Maria Anzbach in Kooperation mit dem Technischen Büro für Landschaftsplanung-Consulting (LACON) gegründet. Mit Herrn Klaus Wanninger (Büro LACON), der die externe Projektbegleitung über hat, wurde in der Konzeptphase der Dissertation ein exploratives Interview geführt und nähere Informationen zum Projekt eingeholt.

Die Ziele des Kulturlandschaftsprojektes sind, naturschutzfachlich wertvolle Flächen in der Gemeinde zu erhalten, Bewusstseinsbildung für die umgebende Landschaft zu forcieren (LACON, 2007) und Bildungsarbeit zu leisten. Ein weiteres Ziel ist, Probleme die aus naturschutzfachlicher Sicht bestehen, wie etwa zuwachsende Kleinbiotope oder Laichgewässer, aufzudecken und Lösungswege aufzuzei- gen. Folgendes Zitat aus einem Flyer stellt die Ziele des Kulturlandschaftsprojektes der Bevölkerung vor (Projektgemeinschaft Kulturlandschaftsprojekt Maria Anzbach, 2008): „Dabei dreht sich alles um Naturschätze und landschaftliche Besonderheiten der Gemeinde. Konkrete Ideen und Aktionen ge- meinsam mit der Bevölkerung umsetzen, Natur erhalten, gestalten und Freude an Tieren und Pflanzen wecken. Darum geht es. Natürlich in enger Abstimmung mit Landwirtschaft und Jagd. Dafür sorgt eine eigens eingerichtete Projektgruppe.“

Die Vorphase des Kulturlandschaftsprojektes dauerte etwa ein halbes Jahr (Wanninger, 2008) und endete mit einer Projektbeschreibung und einer Kostenaufstellung. Im Vorprojekt wurden zwei Ar- beitssitzungen abgehalten und Recherchen zur Landschafts- und Naturgeschichte der Gemeinde ange- stellt. Folgende Fragen standen dabei im Mittelpunkt (LACON, 2007):

• „Wie steht es um die Natur in der Gemeinde, wo sind kritische Bereiche, wo sind besonders wertvolle Flächen, welche schützenswerten Besonderheiten gibt es dort?

• Wie hat sich die Landschaft in den vergangenen Jahrzehnten verändert und was können wir gemeinsam für die Erhaltung unseres Naturerbes tun?“

Daraus weiter wurden folgende Fragen behandelt: „Was soll im Kulturlandschaftsprojekt alles Platz haben? Was ist uns besonders wichtig? Womit möchten wir gerne beginnen?“ (LACON, 2007). Aus dem Vorprojekt entwickelte die Projektgemeinschaft schließlich folgende vier Projektmodule, die in der Zeit vom Frühjahr 2008 bis etwa Herbst 2009 geplant und umgesetzt wurden21 (LACON, 2007):

• Natur- und Informationszentrum Buchbergwarte

• Maria Anzbacher Naturgeschichte(n)

• Beobachtungsprogramm Schmetterlinge und Spechte

• Natur-Kleinode erhalten

Im Modul „Maria Anzbacher Naturgeschichten“ sollen landschaftliche Veränderungen anhand alter Karten, alter Fotografien und mittels Interviews mit EinwohnerInnen nachvollzogen werden. Ziel ist aufzuzeigen, wie sich die Umgebung, die Landschaft verändert und welche Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt damit einhergehen. Die Ergebnisse sollen in einer Ausstellung in der zuvor genannten Buchbergwarte (siehe Abbildung 15) präsentiert werden22.

Abbildung 15: Die Buchberg-Warte Quelle: Eigenes Foto

Im Rahmen des „Beobachtungsprogramms Schmetterlinge und Spechte“ lief eine Schmetterlingsral- lye. Die GemeindebürgerInnen waren aufgerufen, Schmetterlinge zu fotografieren und diese Fotos wurden auf die Gemeinde-Homepage gestellt. Auf diese Weise entstand eine Fotosammlung der Ma- ria-Anzbacher Schmetterlinge, die in einer großen Ausstellung in der Buchberg-Warte vorgestellt wurde. Das Specht-Beobachtungs-Programm thematisierte mit Ausstellungen Spechte und deren Le- bensräume. Der Gedanke für das Modul war, die lokalen Besonderheiten der Bevölkerung nahe zu bringen, eine positive Grundstimmung zu Naturschutz herzustellen und Bildungsarbeit zu leisten. Die Specht-Ausstellung fand von April bis Juni 2009 in der Buchbergwarte statt. Das vierte Projektmodul

„Natur-Kleinode erhalten“ setzt direkte Aktivitäten zur Landschaftserhaltung. Etwa sollen ehemalige,

21 Die Umsetzung dieser Module läuft noch (Stand August 2009). So ist für den Herbst 2009 eine Ausstellung zu den Maria Anzbacher Naturgeschichten in Planung.

verbrachende Feuchtwiesenreste in ihren ursprünglichen Zustand zurückgebracht, die Fläche aufge- lichtet indem Büsche zurück geschnitten und der Wasserkörper stabilisiert werden. Des Weiteren soll eine verbrachende Materialentnahmestelle neu gestaltet werden (LACON, 2007).

Zur Finanzierung des Kulturlandschaftsprojektes Maria Anzbach ist festzuhalten, dass wie bei Kultur- landschaftsprojekten generell der NÖ Landschaftsfonds die Vorphase zum Teil finanziert. Die bewil- ligte Fördersumme betrug € 2.000,- (Der Landschaftsfonds, 2006). Die Projektgemeinschaft – die lokalen AkteurInnen – erhalten jedoch keine finanzielle Aufwandsentschädigung für ihre Teilnahme am Kulturlandschaftsprojekt. Es gibt keine monetäre Abgeltung für die freiwillige Teilnahme an Ar- beitsgruppensitzungen oder Vorbereitungen für eine Exkursion oder eine Ausstellung. Das Hauptpro- jekt wurde anschließend im Rahmen der Ländlichen Entwicklung 2007-2013 gefördert (LACON, 2007).

8.1.3 Adaption des Fragebogens und Interview mit dem externen Projektbe- gleiter

Bereits in der Runde der explorativen Interviews zu Beginn der Dissertation konnte mit dem externen Projektbegleiter des Kulturlandschaftsprojektes Kontakt hergestellt und nähere Informationen zum generellen Prozess eines niederösterreichischen Kulturlandschaftsprojektes gesammelt werden. Bei einem weiteren Treffen am 12. November 2008 in Wien wurde mit dem Projektbegleiter die Befra- gung der Projektgemeinschaft im Rahmen der Dissertation besprochen und nähere Informationen zu den Aktivitäten der Projektgemeinschaft eingeholt. Der Basisfragebogen wurde mit dem Projektbe- gleiter und der lokalen Projektleiterin – der Vorsitzenden des Umweltausschusses der Gemeinde – angepasst.

Wie in Kapitel 7.8.4 dargelegt, bestanden Bedenken von Seiten der Projektverantwortlichen – des externen Projektbegleiters und der lokalen Projektleiterin – gegenüber einer Befragung. Deshalb war es notwendig, die aus Sicht der Verantwortlichen „kritischen“ Fragen sowie für das konkrete Projekt irrelevaten oder missverständlichen Fragen abzuändern. Die kritischen Fragen waren insbesondere jene nach dem zeitlichen Aufwand der Beteiligten in Relation zum erzielten Nutzen. Im Wesentlichen blieben die Fragen aber erhalten und andere Begrifflichkeiten wurden verwendet, was dem eigentli- chen Ziel, der Verständlichkeit eines Fragebogens für die Befragten, entgegenkommt. Dies wird bei der vergleichenden Fallstudieninterpretation zu berücksichtigen sein.

8.1.4 Schriftliche Befragung

Die Befragung der Teilnehmenden der Projektgemeinschaft fand in der Zeit von Mitte November 2008 bis Ende Juni 2009 statt. Um die Projektgemeinschaft über die Erhebung im Rahmen der Disser- tation zu informieren und damit die Bereitschaft zum Ausfüllen des Fragebogens zu erhöhen, war eine persönliche Teilnahme bei einer Projektsitzung Anfang Oktober 2008 geplant. Die lokale Projektleite- rin wollte jedoch eine mögliche Befragung zuerst alleine mit der Projektgemeinschaft bei dem Treffen besprechen und abklären, ob die Mitglieder an einer Befragung teilnehmen wollten. Aus dem Grund wurde ein Informationsschreiben zur Befragung aufgesetzt, das der externe Projektbegleiter vor Ort austeilte, um so die Gruppe für die Befragung zu motivieren. Nachdem die Projektgemeinschaft schließlich einer Befragung zustimmte, teilte der Projektbegleiter die Fragebögen bei einem Treffen der Projektgemeinschaft an die anwesenden Mitglieder aus. Die restlichen Fragebögen teilte die lokale

Projektleiterin an die weiteren Gruppenmitglieder persönlich aus. Damit konnte der Rücklauf der Fra- gebögen wesentlich gefördert werden.

Entsprechend der Teilnehmendenliste des ersten Kulturlandschaftsprojekttreffens und einer neu hin- zugekommenen Person retournierten von 18 ausgegebenen Fragebögen zwölf Personen einen Frage- bogen. Die restlichen sechs Personen gaben in den Erinnerungsanrufen an, keinen Fragebogen retour- nieren zu wollen oder zu können. Der häufigste Grund dafür war, nur bei einer oder wenigen Sitzun- gen teilgenommen zu haben und schließlich aus der Projektgemeinschaft ausgetreten zu sein. Diese sechs früheren Teilnehmenden wurden um einen Termin für ein Interview gebeten, um die Gründe für das Ausscheiden zu eruieren. Zwei Personen lehnten ein derartiges Gespräch wegen beruflicher und privater Umstände ab. Vier Personen stimmten schließlich einem Interview zu, und mit ihnen konnte jeweils ein Termin für ein Interview (Face-to-Face, in der Gemeinde) vereinbart werden, um deren Sicht der Projektgemeinschaft im Sinne einer Triangulation in der Fallstudie einzubeziehen. Die Er- gebnisse der problemzentrierten Interviews finden sich in Kapitel 9 bzw. im Anhang Teil I. Somit konnte mit Ausnahme zweier Aussteiger, die keinem Interview zustimmten, alle Beteiligten der Pro- jektgemeinschaft befragt werden, indem zwölf Personen einen Fragebogen retournierten, mit vier Per- sonen in problemzentrierten Interviews gesprochen wurde, und der externe Projektbegleiter in einem Face-to-Face-Interview über die Projektgemeinschaft sprach.

8.1.5 Projektträger und Projektgemeinschaft

Die Idee des Kulturlandschaftsprojektes in der Gemeinde resultierte aus einer Biowertkartierung in der Gemeinde, die der frühere Bürgermeister erstellen ließ, um die lokalen faunistischen und floristischen Besonderheiten zu erheben. Die Erhebung wurde der Bevölkerung in einer Ausstellung präsentiert.

Darauf aufbauend sollte ein weiteres Projekt angegangen werden, was der Auslöser für das Kultur- landschaftsprojekt war. Ein in der Gemeinde ansässiger Landschaftsplaner machte die Initiatoren wie- derum auf die Möglichkeiten eines Kulturlandschaftsprojektes aufmerksam. Er hatte beruflich mit diesen Projekten zu tun und war schließlich auch Mitinitiator. Die Initiatoren des Projektes luden schließlich weitere lokale AkteurInnen ein, um mitzumachen. So wurde etwa ein Vertreter des Dorfer- neuerungsvereines gesucht und die Mitglieder des Umweltausschusses der Gemeinde zu den Treffen eingeladen. Eine weitere Person wurde über ein Informationsblatt und die Projekt-Homepage auf- merksam, und eine weitere Teilnehmerin stieß erst später in die Projektgemeinschaft dazu, als die Module bereits umgesetzt wurden. Sie wurde über eine Ausstellung in der Buchbergwarte auf das Projekt aufmerksam. Hierzu ist anzumerken, dass die Teilnahme jeder und jedem offen stand, was auch über die Projekt-Homepage beworben wurde.

Abbildung 16: Zusammensetzung der Projektgemeinschaft Maria Anzbach (grau schattiert sind die aktuell Teilnehmenden; weiß unterlegt sind frühere Teilnehmende; *Fragebogenerhebung; **problemzentriertes Inter- view)

Quelle: Eigene Darstellung

Die folgenden Erläuterungen zur Projektgemeinschaft stützen sich auf Angaben aus dem Face-to-Face Interview mit dem externen Projektbegleiter. Der externe Projektbegleiter und die lokale Projektleite- rin leiten gemeinsam das Kulturlandschaftsprojekt. Die grundsätzliche Zusammensetzung der Projekt- gemeinschaft ist in Abbildung 16 dargestellt. Bei den einzelnen Treffen und Entscheidungen sind je- doch nicht immer alle hier aufgelisteten Personen anwesend. Die Gruppengröße liegt zwischen 6 und 10 Personen, wobei die Kerngruppe mit etwa fünf Personen kleiner ist. Gemäß dem externen Projekt- begleiter ist mit der breiten Zusammensetzung der Projektgemeinschaft gewährleistet, dass nur jene Projektvorhaben durchgeführt werden, die auf einem breiten Konsens basieren. Die Gemeinde ist in Kulturlandschaftsprojekten auch meist Projektträgerin und somit an der Umsetzung der Entscheidun- gen sehr interessiert.