• Nenhum resultado encontrado

9.9 U NTERSCHIEDE ZWISCHEN A KTIVEN UND A USSTEIGERN

9.9.3 Nutzen

Die Aktiven unterscheiden sich von den Aussteigern in einigen Nutzen-Komponenten (siehe Abbildung 43). Die Aussteiger ziehen einen relativ niedrigeren oder gar keinen Nutzen aus ihrer Teilnahme (p=0,000).

Abbildung 43: Unterschiede in den Nutzen-Komponenten zwischen Aktiven und Aussteigern Fehlender Nutzen

Ein fehlender Nutzen ist ein wesentlicher Grund für ein Ausscheiden aus der Gruppe und ist auf unter- schiedliche Komponenten zurückzuführen. Die meisten der Befragung zugrunde gelegten Nutzen- Komponenten werden nicht erreicht. Der fehlende Nutzen lässt sich mit folgendem Zitat auf den Punkt bringen: „Ich habe keinen Nutzen, ich habe Null Nutzen“ (Natura-V-PI 1). Der fehlende Nutzen resul- tiert auch daraus, da eigene Zielvorstellungen, wie die der Mittellukrierung für die agrarische Bewirt- schaftung nicht erreicht und getroffene Entscheidungen nicht umgesetzt wurden. „Der Nutzen in dem Sinn ja nur wenn man etwas bewegt“ (Natura-V-PI 1). Auch mangelnde Mitbestimmungsmöglichkeiten wirken sich negativ auf den Nutzen aus. Der fehlende Nutzen ist aber auch durch die fehlende Teilnahme bedingt: etwa meint ein Aussteiger, nicht mit anderen Personen zusammenarbeiten, gemeinsam etwas bewirkt haben zu können, da er nicht in den Treffen anwesend war (KLP-MA-PI 3). Damit sich die rele- vanten Personen beteiligen, ist ein gewisser Nutzen für die Beteiligten notwendig. Denn im erwarteten Nutzen liegt der Motor des eigenen Engagements, auch wenn dieser Nutzen nicht maximiert werden muss (Selle, 1996, Arbter et al., 2005). Wie die Aussteiger in den Interviews betonen, hatten sie keinen überzeugenden Nutzen durch ihre Teilnahme, sondern vielmehr einen Zeitaufwand und somit vor allem Nachteile.

Mittelwerte

-2,0 -1,5 -1,0 -0,5 0,0 +0,5 +1,0 +1,5 +2,0

trifft über- haupt nicht zu

trifft eher nicht

zu

mittel / weiß nicht

trifft eher zu

trifft voll und ganz

zu

ANOVA Signifikanz 0,063 0,017*

0,066 0,197 0,095 0,014*

0,001***

0,000***

0,086 0,000***

0,000***

0,046*

0,145

Fehlende Betroffenheit

Der Nutzen einer weiteren Beteiligung kann fehlen, wenn unerwünschte Pläne, wie der geplante Natur- lehrpfad im Fall des Kulturlandschaftsprojektes verhindert und das Projekt in eine unbedenkliche Rich- tung gelenkt werden konnte, wie folgendes Zitat belegt: „[…] dann hat es mich eigentlich nicht mehr interessiert. […] Das hat ja mich nicht betroffen. […] Ich habe es nicht als wichtig empfunden“ (KLP- MA-PI, 4). Auch von einzelnen Themen, die in der Gruppe diskutiert wurden, waren die Aussteiger nicht persönlich betroffen. Etwa standen touristische statt agrarische Themen auf der Tagesordnung, oder forstliche Themen wurden nicht berührt: „Man redet so belangloses, was [einen] gar nichts angeht“

(Natura-V-PI 3). Die fehlende Betroffenheit war weiters ausschlaggebend, als durch die Pensionierung die Interessensvertretung (Forstwirtschaft, Gemeindevertretung) wegfiel (KLP-MA-PI 2, 3; Natura-V-PI 2). Die Personen identifizieren sich nicht mit diesen Themen, was ein plausibler Grund für ein fehlendes Engagement ist. Diverse AutorInnen zeigen eine fehlende persönliche Betroffenheit als Barriere einer Partizipation auf (Selle, 1996, Diduck und Sinclair, 2002, Plummer und Arai, 2005, Cheng und Mattor, 2006, Hodge, 2007, Prager und Freese, 2009). Wird hingegen – aus welchen Gründen auch immer – angestrebt, dass sich diese Personen beteiligen sollen, müsste sich die Betroffenheit ändern. Etwa müss- ten für diese Personen wirklich relevante Themen besprochen werden, bei denen etwa ein finanzieller Zuschuss für die Bewirtschaftung in Aussicht steht. Dies hat mit den gewährten Entscheidungskompe- tenzen und den finanziellen Ressourcen zu tun.

Lokales Wissen einbringen können

Die Aussteiger verbinden ihre persönliche Verbindung mit dem betroffenen Gebiet, ihr Wissen über des- sen Besonderheiten und ihr Wunsch nach einer gemeinsamen Besichtigung vor Ort und Stelle. Gleichzei- tig werfen sie den anderen Mitwirkenden in den Gruppen eine fehlende Verbindung zum betroffenen Gebiet, zur Kulturlandschaft vor. Im Kulturlandschaftsprojekt kommt dies zum Ausdruck, indem die Aussteiger ihre Ansichten, ihr Wissen über die naturschutzfachlichen Besonderheiten und die Art eines Naturschutzes in Gegensatz zu jenen der anderen Involvierten stellen. Die Aussteiger vertreten die Posi- tion, Naturschutz durch Ruhe im Gebiet zu betreiben, während die Mitwirkenden beispielsweise Lehr- pfade anlegen wollten.

Trotz der Skepsis gegenüber Partizipationsprozessen erscheint es allen Aussteigern wichtig, lokales Wis- sen, Wissen über das Gebiet und dessen naturschutzfachlichen Besonderheiten in Entscheidungen einzu- beziehen: „Wenn heute irgendwelche Probleme sind, […] dann muss ich zum Einheimischen gehen, dann muss ich einmal den fragen nach seiner Meinung“ (Natura-V-PI 1). Auch im Hinblick auf die Gruppenzusammensetzung teilen sie die Meinung, dass lokale ExpertInnen stärker einbezogen werden sollten. So ist ein Vorschlag zu den Aktivitäten der Steuerungsgruppe, ein Treffen im Rahmen einer Be- gehung des Gebietes anzusetzen, bei der die InteressensvertreterInnen ihre Anliegen vorbringen könnten.

Ein Aussteiger hätte sich auch eine Begehung mit den Verantwortlichen der Landesregierung vor der Ausweisung als Europaschutzgebiet erwartet. Wie in den Interviews mit Aussteigern zum Ausdruck kommt, fühlten sie sich aber nicht entsprechend ernst genommen. Sie verweisen auf ihr Wissen über lokale Besonderheiten im Schutzgebiet, über die Flora und Fauna. Demzufolge kann angenommen wer- den, dass Prozessverantwortliche oder Steuerungsgruppen nur profitieren, wenn diese Personen einge- bunden werden, und in Zusammenarbeit für die Erhaltung des Schutzgebietes gehandelt wird. Denn das Effektivitäts-Argument besagt, dass lokales, idiosynkratisches Wissen unabdingbar für kontext-adäquate Lösungen lokaler oder regionaler Probleme ist. Externes Planungswissen soll mit lokalem Wissen er- gänzt werden (Korf, 2004, Penker, 2009). Berkes (2009) spricht von einer Wissens-Partnerschaft. Beson- dere Bedeutung kommt Vor-Ort-Begehungen zu, bei denen etwa GrundbesitzerInnen, Natur- und Land- schaftsführerInnen, die Jägerschaft auf Probleme und ihre Bedenken hinweisen können. Von Seiten der

Gruppenleitung sind dazu ein ehrliches Interesse und ein offenes Ohr notwendig. Auch Pfefferkorn et al.

(2006) weisen auf die Bedeutung von Begehungen als Methode der Beteiligung vor allem in Schutzge- bieten hin. Die Ergebnisse von Begehungen sollten dokumentiert und bei der nächsten Sitzung bespro- chen werden (Pfefferkorn, 2006). Diese Art der Kommunikation kann ferner gegenseitiges Vertrauen aufbauen, wenn externe ExpertInnen ehrliches Interesse für die lokalen Bedenken habe und ein Ver- ständnis dafür entgegenbringen (Stenseke, 2009). Finden jedoch keine Begehungen oder Exkursionen im betreffenden Gebiet statt, kann dies für die oben genannten Bevölkerungsgruppen den Eindruck erwe- cken, es handle sich um eine theoretische Diskussion ohne ein Interesse für die tatsächlichen Probleme vor Ort.