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Partizipation im Kontext der Naturschutz-, Umwelt- und Landschaftspolitik

2.4 P ARTIZIPATION

2.4.4 Partizipation im Kontext der Naturschutz-, Umwelt- und Landschaftspolitik

nehmend bedeutendere Rolle eingeräumt. Konsensuale und partizipative Governance-Formen werden vor allem im Umweltbereich wichtiger und zunehmend auch rechtlich institutionalisiert (Newig, 2005, Höppner et al., 2007). Partizipation dient dazu, Nachhaltigkeitsziele effektiver umzusetzen (Feindt und Newig, 2005). Umweltschutz soll verbessert und Umweltziele erreicht werden. Gleichzeitig soll eine Öffentlichkeitsbeteiligung zu einer Erhöhung des Umweltbewusstseins führen (Newig, 2005). Das Aar- hus-Übereinkommen nennt in diesem Zusammenhang den Aspekt der Umweltbildung und -erziehung.

Auch im Naturschutz zeigt sich ein Paradigmenwechsel von einem ausschließenden, statischen und kon- servierenden Naturschutz hin zu einem integrierten und dynamisch-innovativen Naturschutz (Weixlbaumer, 2006). Menschen werden einerseits ausdrücklich in ihrer Funktion als Architekten der Natur und Landschaft und andererseits als NutzerInnen wahrgenommen (Tiemann und Siebert, 2009).

Andererseits entwickelt die Landwirtschaft Interesse an Fragen des Umwelt- und Naturschutzes. Auch VertreterInnen des Naturschutzes signalisierten mit der Präferenz freiwilliger Vereinbarungen vor ord- nungsrechtlichen Maßnahmen Interesse an der Verbesserung des Verhältnisses zwischen beiden. Es zeigt sich, dass die Ziele des Naturschutzes nur zusammen mit den NutzerInnen verwirklicht werden können (Freese und Rüffer, 2005, Ellmauer et al., 2006, Eggers et al., 2007, Gailing et al., 2007, Kostenzer, 2007, Stenseke, 2009, Tiemann und Siebert, 2009).

Eine nachhaltige Landschaftsentwicklung erfordert nicht nur den Naturschutz, sondern auch die Partizi- pation der lokalen Bevölkerung in der Ausformung der Landschaft (Buchecker et al., 2003). Eine gute Strategie einer nachhaltigen Landschaftsentwicklung sollte nicht nur darauf fokussieren, die physischen Landressourcen zu erhalten, sondern sollte garantieren, dass die Bevölkerung in der Landschaftsentwick- lung teilhaben kann. Die AutorInnen beschreiben den Prozess der Urbanisierung und die Effekte, dass große Teile der Bevölkerung keine Möglichkeiten mehr haben, das eigene Land zu formen. Die Folge ist, dass sich die Menschen oft mit ihrer Umgebung nicht mehr identifizieren können. Das direkte Mitent- scheiden – die Teilhabe – in landschaftlichen Entwicklungen kann das Verantwortungsempfinden für die umgebende Landschaft stärken, was möglicherweise den Schlüssel zu einer nachhaltigen Entwicklung darstellt (Buchecker et al., 2003). Ebenso konstatiert Penker(2008) die Veränderung kulturlandschaftli- cher Governanceformen und beschreibt die wichtige Position von „Hybrid organisations“, die private und öffentliche Steuerungselemente kombinieren. Kulturlandschaftsentwicklung braucht komplexe Go- vernancestrukturen, die sich zwischen dem Markt und der staatlichen Kontrolle situieren. Die Autorin beobachtet das mangelnde Wissen über die Landschaftssteuerung, involvierte AkteurInnen und deren Motivationen.

Auch das Europäische Raumentwicklungskonzept (EUREK) regt einen „kreativen Umgang mit Kultur- landschaften“ und ihre Inwertsetzung im Rahmen integrierter Raumentwicklungskonzepte an (Europäische Kommission, 1999). Ferner fordert die Europäische Landschaftskonvention basierend auf einem innovativen Landschaftsverständnis, „to establish and implement landscape policies aimed at landscape protection, management and planning“ sowie „to establish procedures for the participation of the general public“ (Kapitel II, Artikel 5). So manifestiert sich in der Kulturlandschaftspolitik der gene- relle Trend, staatliche Instrumente hierarchischer Handlungssteuerung um Aushandlungsprozesse mit

gesellschaftlichen Akteursgruppen in neuen Governanceformen zu ergänzen. Denn bei der Ausgestaltung regionaler Steuerungsformen und den Bemühungen um die Erhaltung prägender historischer Land- schaftselemente sowie damit zusammenhängender Traditionen greift eine ausschließliche Fokussierung auf formelle und gesetzliche Regelungen der nationalen und europäischen Ebene sowie deren Umsetzung über planerisch-politische Instrumente zu kurz (Gailing et al., 2006). Die Entwicklung der Kulturland- schaft macht ein Zusammenwirken regionaler AkteurInnen erforderlich, um ein „Kulturlandschaftsdi- lemma“ zu vermeiden. Dieses entsteht immer dann, wenn AkteurInnen einerseits von kulturlandschaftli- chen Qualitäten profitieren, andererseits jedoch keinen Beitrag zur Erhaltung der Qualitäten leisten oder die Kulturlandschaft qualitativ schädigen. Vielmehr ist die Gestaltung der Kulturlandschaft als akteurs-, projekt- und umsetzungsorientierter Raumentwicklungsprozess zu verstehen (Gailing et al., 2007). Zur Umsetzung kulturlandschaftlicher Belange ist das Zusammenspiel aus formellen und informellen Instru- menten unter Einbindung einer Vielzahl von AkteurInnen erforderlich. Regional verankerte Prozesse sichern die Nachhaltigkeit der Projekte, das Anknüpfen an regionale Identitäten und die Herausbildung regionaler Besonderheiten. Korrespondierend zu Hodge (2007, 425) kann Co-Management für die Wei- terentwicklung charakteristischer Landschaften eingesetzt werden. Co-Management kann Individuen und Organisationen auf lokaler Ebene vernetzen, die Aufmerksamkeit auf die Probleme der Landschaftspfle- ge und auf potentielle Lösungsansätze lenken und Handlungen stimulieren. Das Management der bio- physikalischen Umwelt und der involvierten AkteurInnen verlangt nach einem Governancetypus, der an die Anforderungen einer Diversität entsprechen kann. Eine zentrale Governance ist nicht gut geeignet, um Diversität zu forcieren (Gatzweiler, 2005, 139).

Neben dem EUREK und der Europäischen Landschaftskonvention wird in neuerer Literatur und in Raumentwicklungskonzepten die Forderung nach partizipativen, lokalen Ansätzen zur Landschaftssteue- rung im Sinne einer nachhaltigen Regionalentwicklung laut. Das niederösterreichische Raumentwick- lungskonzept (2004) misst bei der Ausschöpfung der regionalen Entwicklungsmöglichkeiten der Eigen- initiative der Bewohner eine besondere Bedeutung bei. Dadurch kann die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Eigenständigkeit der Regionen gestärkt und ein hohes Maß an regionaler Identität für ihre Be- wohner erreicht werden. Besonders sollen jene Landschaftselemente, Arten und Lebensräume unterstützt werden, die den Charakter eines Gebiets ausmachen und eine große Nähe zum standörtlichen Potential dieses Raumes haben. Neben den eher konservierenden Natur- und Landschaftsschutzmaßnahmen kommt der Erhaltung und Weiterentwicklung der Kulturlandschaftsräume zunehmende und bereits überwiegende Bedeutung zu. Die Umsetzung erfolgt über Ausnutzung des Vertragsnaturschutzes und des partnerschaftlichen Planens und Handelns zwischen allen interessierten Nutzergruppen einer Region (Amt der NÖ Landesregierung, 2004).

Eggers (2006) diskutiert in seinem Beitrag die Frage nach Good Governance am Beispiel einer dezentra- len und partizipativen Ausgestaltung der Agrarumweltmaßnahmen in Deutschland. Entsprechend dem Autor wird von verschiedenen Seiten eine weitergehende Dezentralisierung der Agrarumweltpolitik im Allgemeinen und der Agrarumweltmaßnahmen im Speziellen gefordert (Urfei, 1999, Ewers und Hen- richsmeyer, 2000). In der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 wird dies durch die Einführung der LEA- DER-Achse noch verstärkt. Trotzdem spielen dezentrale und partizipative Ansätze im Rahmen der länd- lichen Entwicklung in den meisten EU-Mitgliedsstaaten nur eine geringe Rolle (Eggers, 2006). Der Au- tor konstatiert in seinem Beitrag, dass nicht alle Agrarumweltmaßnahmen auf lokaler Ebene in partizipa- tiver Vorgehensweise konzipiert werden können und sollten. Dennoch wären zum Schutz einiger Um- weltgüter dezentrale und partizipative Lösungsansätze geeignet. LEADER ist als Teil der EU- Agrarpolitik die dritte Säule des Programms zur ländlichen Entwicklung, und wird oftmals als gutes Bei-

tigen Stil von Top-down: Ermöglichen und Fördern statt Befehlen und Kontrollieren (ÖIR- Managementdienste GmbH, 2006). In Bezug auf Partizipation der lokalen Bevölkerung und Kulturland- schaftsentwicklung betont der Endbericht der Midterm-Evaluation (2006, 110) die positive Wirkung des LEADER-Ansatzes. “The area-based and the bottom-up approach contribute to a more efficient use of endogenous resources. By the involvement of local people in a thorough analysis of the local potentials, resources are more channelled.”

Freese und Rüffer (2005) verwenden das Konzept der „Regionalen Partnerschaft“, das die Zusammenar- beit unterschiedlicher AkteurInnen gut veranschaulicht (siehe Abbildung 5). „In regionalen Partnerschaf- ten wird über intensive Öffentlichkeitsbeteiligung die Bevölkerung informiert und über Befragungen und offene Beteiligungsverfahren werden sie dazu ermuntert, aktiv in die Gestaltung ihres Lebensumfeldes einzugreifen“ (Freese und Rüffer, 2005, 272f). Die regionale Partnerschaft verfolgt das Ziel, Natur- schutzstrategien und -instrumente an regionale Gegebenheiten anzupassen und zu einer Akzeptanzsteige- rung für den Naturschutz vor Ort beizutragen. Hierfür ist eine Kommunikations- und Partizipationskultur für Aufgaben des Naturschutzes in der Kulturlandschaft zu etablieren. Die AutorInnen schlagen eine paritätische Besetzung der AkteurInnen vor. Die regionale Partnerschaft pflegt im Optimalfall mit allen AkteurInnen gute Kontakte, bindet sie ein, übernimmt die Projektentwicklung und Mittelakquise, moti- viert die AkteurInnen sich zu engagieren, betreibt die nötige Öffentlichkeitsarbeit und entwickelt ein gemeinsames Problemverständnis (Freese und Rüffer, 2005).

Abbildung 5: Regionale Partnerschaft für den Naturschutz in der Kulturlandschaft Quelle: Eigene Darstellung nach Freese und Rüffer (2005)

Im Kontext der Kulturlandschaftsentwicklung können Co-Management-Arrangements eingesetzt wer- den, wenn außerregionale Förderungen oder Transfers bestehen, die Implementation aber von lokalem Wissen und gemeinsamen Handlungen abhängt. Mit Referenz zum Fokus der vorliegenden Arbeit hat Co-Management ein besonderes Potential (Hodge, 2007):

• in der Umsetzung lokaler Biodiversitäts-Aktionspläne;

• in der Entwicklung charakteristischer Landschaften in ländlichen Gebieten;

• in der Koordination des öffentlichen Zugangs zu Erholungseinrichtungen.

Die vorliegende Arbeit widmet sich institutionellen Innovationen in der Kulturlandschaftsentwicklung und beschäftigt sich somit mit dem „Wie“ der gesellschaftlichen Organisation, um eine nachhaltige Ent- wicklung zu ermöglichen. „Institutionen sind Ausdruck dieser gesellschaftlichen Organisation. Sie defi- nieren Lern- und Entwicklungsumgebungen, in denen sich Gesellschaften fortentwickeln“

(Schneidewind et al., 1997, 182). Nachhaltige Entwicklung ist demnach als „regulative Idee“ zu verste- hen, als Orientierungsmuster, das gesellschaftliche Entwicklungs- und Suchprozesse leitet, ohne operati- onalisierbare Handlungsziele vorzugeben (Schneidewind et al., 1997). Institutionen in der Kulturland-

schaftsentwicklung sind vor dem Hintergrund eines gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses zu verste- hen. Die Wie-Frage ist in dieser Thematik entscheidend: Wie kann die lokale Bevölkerung über die Kul- turlandschaftsentwicklung mitentscheiden? Die Arbeit geht auch wie der Artikel davon aus, dass die Lösung gesellschaftlicher Probleme nicht mehr auf den Staat beschränkt ist, sondern sich auf diversen Akteursebenen und in verschiedensten Akteurskoalitionen vollzieht. Eine solche Politik ist polyzentrisch.

Der Staat ist auf die Informationen der gesellschaftlichen AkteurInnen angewiesen. Es besteht die Not- wendigkeit, gesellschaftliche AkteurInnen zu aktiven eigenen Leistungen und Verhaltensänderungen zu motivieren. Zur regulatorische, distributiven und redistributiven Politik kommt die Aufgabe hinzu, Hilfe- stellung bei der Orientierung, Koordination und Moderation der gesellschaftlichen AkteurInnen anzubie- ten (Schneidewind et al., 1997, 186). „Die Erkenntnis [zur Einbeziehung lokaler Akteure] entsteht nicht aus Weisheit, sondern die entsteht aus dem Scheitern“ (Pfefferkorn, 2008). Die vorliegende Arbeit ba- siert auf eben diesen Phänomenen, und veranschaulicht sie anhand unterschiedlicher Formen der partizi- pativen Entscheidungsfindung in der Kulturlandschaftsentwicklung. Dem Staat kommt in den beschrie- benen Beispielen insbesondere die Rolle des Ermöglichens und der Koordination zu.

Zusammenfassend seien im Weiteren Argumente für partizipative Entscheidungsprozesse in der Kultur- landschaftsentwicklung angeführt. Prozesse einer breiten Einbindung können zu einem Empowerment der Bevölkerung führen, Möglichkeiten zur Gestaltung geben und der „Entfremdung“ der lokalen Bevöl- kerung von ihrer Landschaft entgegenwirken. Die Gesellschaft wird im Hinblick auf eine steigende Nachfrage nach Erholung im ländlichen Raum und neue Freizeitbedürfnisse die ländliche Landnutzung in Zukunft stark beeinflussen. Diese gesellschaftlichen Veränderungen spiegeln sich wiederum im Er- scheinungsbild der Landschaft. Anzunehmen ist, dass es einer großen institutionellen Vielfalt bedarf, um eine hohe landschaftliche Diversität zu gewährleisten. In dieser institutionellen Vielfalt sind auch die Bedürfnisse unterschiedlichster Interessensgruppen zu berücksichtigen. Dem Prinzip der nachhaltigen Entwicklung gemäß ist in der österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie formuliert: „Partizipation schafft eine bessere Entscheidungsqualität, indem Betroffene zu Beteiligten gemacht werden. […] Ein auf Kon- sens basierender Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen begünstigt nachhaltige Lösungen“

(Tertschnig, s.a.). Regional verankerte Prozesse sichern die Nachhaltigkeit der Projekte, das Anknüpfen an regionale Identitäten und die Herausbildung regionaler Besonderheiten. Ferner ließe sich mit einer breiten Beteiligung möglicherweise die Verteilung von Steuergeldern besser argumentieren (Freese und Rüffer, 2005).