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Diskussion der Gruppenzusammensetzung und -größe

9.2 G RUPPENZUSAMMENSETZUNG

9.2.3 Diskussion der Gruppenzusammensetzung und -größe

Die Gruppenbildung erfolgte in den Fallstudien einerseits aufgrund eines bestehenden Ausschusses (KLP-B), andererseits wurden eigene Gruppen gebildet (KLP-MA, LIFE-W, Natura-V, Natura-S).

Wie aus den Interviews mit den jeweiligen Verantwortlichen hervorgeht, wurden die Gruppen so be- setzt, dass die Projektverantwortlichen – gemeinsam mit den lokalen Behördenvertretern – alle rele- vanten Stakeholder einluden und noch weiterhin Offenheit für zusätzliche Personen bestand (KLP- MA, LIFE-W, Natura-V, Natura-S). Wie in den Kulturlandschaftsprojekten angesprochen, wünschen die AkteurInnen eine stärkere Beteiligung der restlichen Bevölkerung, besonders auch junger und älte- rer Menschen. Methoden hierzu könnte etwa die Planungszelle sein, anhand der nicht organisierbare Bürgermeinungen einbezogen werden könnten (Arbter et al., 2005, Freese und Rüffer, 2005). Bei einer Planungszelle erstellen zufällig ausgewählte, nicht organisierte BürgerInnen zu einer bestimmten

schiedlichen Bevölkerungsgruppen nicht intendiert. Außerdem ist ein persönliches Interesse eine Vor- aussetzung zur Beteiligung in den Kulturlandschaftsprojekten, da die Teilnahme freiwillig und unent- geltlich ist. Reed et al. (2009) schlagen eine Stakeholder-Analyse vor der Gruppenformierung vor, da ansonsten die Gefahr besteht, dass starke und gut vernetzte AkteurInnen einen größeren Einfluss auf Entscheidungen ausüben können als marginalisierte Gruppen. Denn Voraussetzung für eine effektive Beteiligung der adäquaten Stakeholder ist, zu verstehen, wer Einfluss ausüben kann und wer welche Interessen vertritt. Als Methoden stehen beispielsweise Fokusgruppen, Schneeball-Verfahren, Interes- sen-Einfluss-Matrizen oder Akteur-Verbindungs-Rastern (Reed et al., 2009). Auch Garbe et al. (2005) empfehlen einen partizipativ angelegten Planungsprozess, um die erforderlichen lokalen Interessens- gruppen zu ermitteln und Interessenskonflikte zu erkennen und zu lokalisieren. Prager und Freese (2009) wiederum argumentieren vor dem Hintergrund der Public Choice Theorie für eine Selbstselek- tion der Interessensgruppen, indem anzunehmen ist, dass diese den Nutzen den Transaktionskosten gegenüberstellen. Für die Beteiligung wiederum bedeutet das, dass jene Personen, deren Transaktions- kosten den Nutzen überwiegen, nicht teilnehmen oder ausscheiden. Ein weiterer Hinweis auf die Gruppenzusammensetzung findet sich in Dombrowsky et al. (2003, 14f): „Erfahrungsgemäß haben dabei [Beziehungen herstellen, Akzeptanz bei der Durchsetzung eigener Interessen gewinnen] solche Akteure erhebliche Vorteile, die in Prozesse der Kommunikation eingebunden sind. Gruppen, deren Mitglieder relativ leicht und regelmäßig in Kommunikation treten können, haben es erheblich leichter als andere, gemeinsame Regeln zu finden“ (nach Ostrom, 1998). Dies mag die Gruppenzusammenset- zung und die Charakteristika der involvierten Personen erklären.

Wie in den vergleichenden Tabellen zwischen den Fallstudien zur Demographie der involvierten Per- sonen dargestellt, sind sehr unterschiedliche Interessensgruppen vertreten, wie etwa Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft, Jägerschaft, Gemeinde- oder Landesvertretung, Tourismus oder Erholungs- suchende. Der durchschnittliche Beteiligte ist männlich und etwa 48 Jahre alt. Die Beteiligten wün- schen folglich zumeist, dass sich mehr Personen – etwa auch Jugendliche, Pensionisten, Familien – engagieren sollten (KLP-MA). In den Natura 2000-Steuerungsgruppen und dem LIFE-Natur Projekt kann dies nicht festgestellt werden. Viel mehr erweist sich, dass die involvierten ehrenamtlichen oder teils-ehrenamtlichen Personen meist jene sind, die sich auch anderweitig ehrenamtlich engagieren (Natura-V-PI 1, 2; LIFE-W-SB): „Partizipationsgruppen leiden ja auch oft darunter, dass es immer die gleichen Leute sind. Die sind letztendlich dann ausgebrannt“ (EEI 3). Jedoch sollten prinzipiell in Kulturlandschaftsprojekten alle relevanten Nutzergruppen einbezogen sein, niemand darf übergangen werden (EEI 4), wenngleich eine Repräsentativität nicht unbedingt gefragt ist (EEI3). Auch in den anderen Fallstudien war eine Repräsentativität der involvierten Personen nicht gefordert. Zur Grup- penzusammensetzung und dem kritischen Aspekt dominierender Meinungen wurde in den explorati- ven Interviews folgendes gebracht: „Die [Aktiven, Vereinsobmänner] entscheiden dann, was in der Region passiert. Das führt dazu, dass Sachen, die früher nicht so schnell passiert sind – Landschafts- veränderungen – passieren plötzlich schneller und aktiver, weil diese Gruppe etwas macht. Und die anderen werden noch weniger gefragt, also […] dass solche Gruppen plötzlich sehr dominant werden und andere überholen. […] Und das ist so die Frage: wie viel frage ich, wen frage ich, wen beziehe ich ein“ (EEI 3). „Partizipation, wenn sie ernst gemeint ist und wenn sie auch […] Sinn machen soll, dann muss sie sich aus Teilnehmern zusammensetzen, die nicht nur […] in dieser dominanten Rolle drinnen sind. Dann muss sie auch auf Leute zugehen, aktiv sein“ (EEI 3). Die Literatur führt eine aus- gewogene Machtbalance als Erfolgskriterium für Beteiligungsprozesse an (Feindt und Newig, 2005, Stenseke, 2009). Darauf sollte ein Hauptaugenmerk gelegt werden. Darüber hinaus sind für eine Projektgemeinschaft lokale Multiplikatoren notwendig: „Player, die für eine positive Stimmung sor- gen können, […] Multiplikatoren, […] die vielleicht schon länger mit Naturschutz und Umweltaspek-

ten zu tun haben“ (EEI 4). In den Kulturlandschaftsprojekten füllen diese Funktion jeweils engagierte Umweltgemeinderäte und im LIFE-Natur Projekt der Bürgermeister der betroffenen Gemeinde, der selbst Führungen im Natura 2000-Gebiet anbietet. Auch in den Natura 2000-Steuerungsgruppen dürfte dies den beiden Bürgermeistern zukommen, wodurch gleichzeitig eine politische Unterstützung gege- ben ist.

Ambivalente Einstellung zur Gruppengröße

Die Anzahl der beteiligten Personen und insbesondere der lokalen AkteurInnen ist in den Fallstudien relativ gering. Die Prozessverantwortlichen betonen, dass die Gruppen grundsätzlich für weitere Per- sonen offen wären, und die Mitglieder würden auch gerne weitere Personen aus anderen Interessens- gruppen oder weitere GemeindebürgerInnen einbinden. Denn eine engagierte lokale Gruppe ist Vor- aussetzung, damit ein Projekt und dessen Ideen nach Projektabschluss weiterleben und weiter getragen werden. Folgendes Zitat zeigt die Brisanz aus den Kulturlandschaftsprojekten auf: „Hauptidee war, das [Projekt] muss von der Bevölkerung mitgetragen werden, es soll etwa mit den Leuten entstehen.

Und wenn die Planer weg sind, soll im besten Fall das weiterleben – was in fast keinem Fall passiert ist. Und das ist so ein Knackpunkt was Beteiligung und [deren] Funktion betrifft“ (EEI 4). Denn

„meistens ist die Gruppengröße zwischen sechs und zehn [Personen], oft ist es so, dass um die fünf übrig bleiben, die Kerngruppe wird meistens kleiner. […] Die wirklich arbeiten sind eine Hand voll“

(EEI 4). Im LIFE-Natur Projekt ist die nachhaltige Weiterführung von Maßnahmen nach Abschluss des LIFE-Projektes durch die intensive Einbindung aller ProjektakteurInnen, der Gemeinden, des Torferneuerungsvereines und der LandnutzerInnen gesichert (Ragger und Riehl, 2007). Die geringe Anzahl der involvierten Personen mag aufzeigen, dass die Bevölkerung bereits entschieden hat, dass die Transaktionskosten im Verhältnis zum erzielten Nutzen zu hoch sind und daher nicht teilnehmen.

Gemäß den Ergebnissen der Interviews mit Aussteigern sind Aufwand-Nutzen-Risiken-Relationen durchaus ausschlaggebend für eine Teilnahme oder für ein Ausscheiden aus der Gruppe. Bei bestimm- ten Gruppenkonstelationen fehlen aber Möglichkeiten zu einer breiteren Partizipation wie etwa im Kulturlandschaftsprojekt Böheimkirchen, wo das Projekt ausschließlich vom Umweltausschuss der Gemeinde getragen wird.

Eine Ausweitung auf mehr GemeindebürgerInnen wäre auch wichtig, da besonders jene Personen abspringen, die in Vertretung ihrer Organisation – etwa in ihrer Tätigkeit in der Gemeindevertretung oder der GrundbesitzerInnen – teilnahmen (KLP-MA). Es braucht überzeugte, engagierte und naturin- teressierte Menschen, damit die Idee des Projektes weiterlebt: „Es hängt wie alles an Einzelpersonen, […][man] kann irgendwelche Moderationsprozesse fahren und irgendwelche Techniken einsetzen und es funktioniert einfach nicht. Entweder du hast Glück und triffst auf […] gute Einzelleute, die mitein- ander können und eine Idee haben, die du schärfen kannst, die du unterstützen kannst, die du mit Pla- nererfahrung etwas lenken kannst, Begeisterung schüren. Aber [sonst] hast du verloren“ (EEI 4).

Dem entgegen meinen die Prozessverantwortlichen und ein früherer Teilnehmender, dass die Gruppe nicht zu groß sein sollte, um Entscheidungen zu ermöglichen (Natura-V; Natura-S; KLP-MA-PI 2).

Ein Grund hierfür mag sein, dass weitere Nutzungsansprüche und Einschränkungen der Grundbesitze- rInnen befürchtet werden. Als Zahl für die ideale Gruppengröße werden 12 oder 13 Personen genannt (Natura-V). Ein Befragter glaubt, dass eine Steuerungsgruppe nur in einem kleinen überschaubaren Schutzgebiet funktioniert (Natura-S), ähnlich zu Mancur Olsen: „Nur wenn die Gruppe klein genug ist, dass der Einzelne fühlbar von geringerem Naturschutz betroffen ist, ist ein Anreiz gegeben sich für den Naturschutz einzusetzen“ (Freese und Rüffer, 2005). Kleine Gruppen fördern die aktive Partizipa- tion aller Mitglieder und ein Konsens kann eher erreicht werden (Olsen, 1965). Auch Eggers et al.

(2007) sprechen lokalen Gruppen ein großes Potential zu, wenn sie nicht zu groß sind und deren Mit- glieder sich mit der Gruppe identifizieren.