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P ROBLEMZENTRIERTE I NTERVIEWS MIT A USSTEIGER I NNEN

Weitere projektspezifische Kategorien sind etwa „Verhandlungen und Behördengespräche“, „Öffentlich- keitsarbeit“ und „Baubesprechungen“. Um den Befragten die Beantwortung der Fragen zu erleichtern, war es notwendig, den Zeitraum anzugeben, wann die einzelnen Aktivitäten stattgefunden haben. Dies gewährleistete eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Des Weiteren bot sich eine Unterteilung der Aktivi- täten je nach Projektphase an: vor dem Projekt (entspricht bei den Kulturlandschaftsprojekten der Zeit noch vor dem Vorprojekt), während dem Projekt und nach dem Projekt.

7.9.2 Methodische Grundlagen zum Einsatz von problemzentrierten Interviews Im Gegensatz zu den früher beschriebenen ExpertInneninterviews dienen diese problemzentrierten Inter- views zur Erfassung individueller Deutungen, Sichtweisen und Einstellungen. Die Entwicklung und Durchführung der problemzentrierten Interviews im Rahmen der vorliegenden Arbeit stützt sich auf die Empfehlungen und theoretischen Implikationen von Witzel (2000).

„Das problemzentrierte Interview (PZI) ist ein theoriegenerierendes Verfahren, das den vermeintlichen Gegensatz zwischen Theoriegeleitetheit und Offenheit dadurch aufzuheben versucht, dass der Anwender seinen Erkenntnisgewinn als induktiv-deduktives Wechselspiel organisiert“ (Witzel, 2000). Dieses in- duktiv-deduktive Wechselverhältnis ist sowohl im Erhebungs- und im Auswertungsprozess anzuwenden.

Das problemzentrierte Interview basiert auf drei Grundpositionen (Witzel, 2000):

Problemzentrierung: eine gesellschaftlich relevante Problemstellung steht im Mittelpunkt, um die der Erkenntnisgewinn erfolgt. Die Explikationen des Interviewten sollen verstehend nach- vollzogen werden. Der Interviewer spitzt die Kommunikation auf das Forschungsproblem zu.

Gegenstandsorientierung: entsprechend des Untersuchungsgegenstandes sind Methoden flexi- bel einzusetzen. Das Interview kann etwa mit einem standardisierten Fragebogen kombiniert werden, wie dies in der vorliegenden Arbeit vorgenommen wurde.

Prozessorientierung: ein sensibler Kommunikationsprozess im Interview ist notwendig, um Vertrauen und Offenheit herzustellen. Das Vertrauen fördert die Erinnerungsfähigkeit und moti- viert die Interviewten zur Selbstreflexion. So entwickeln sie immer wieder neue Aspekte zum gleichen Thema, allenfalls Redundanzen, Widersprüchlichkeiten, auf die in der Interpretation be- sonders zu achten ist. Widersprüchlichkeiten können individuelle Ambivalenzen, Orientierungs- probleme, Interessenswidersprüche und Entscheidungsdilemmata ausdrücken.

Witzel (2000) nennt vier Instrumente eines problemzentrierten Interviews. Der Kurzfragebogen kann nach Flick (2007) am Ende des Interviews eingesetzt werden, um zu vermeiden, dass sich die Frage- Antwort-Struktur auf den Dialog im Interview auswirkt. Ein Leitfaden begleitet das Interview als Hinter- grundfolie und dient als Gedächtnisstütze und Orientierungsrahmen. Eine Tonträgeraufzeichung dient zur präzisen Erfassung des Interviews und sollte vollständig transkribiert werden. Aufgrund der Tonträ- geraufzeichnung wird nach dem Gespräch ein Postskript erstellt.

7.9.3 Leitfaden

Entsprechend der empfohlenen Vorgehensweise (Witzel, 2000) wurde der Leitfaden in mehrere Ab- schnitte unterteilt und anders als ein standardisierter Fragebogen im Laufe der gesamten Untersuchung je nach Bedarf an die jeweiligen Interviewsituationen angepasst. Gemäß dem Leitfaden (siehe Anhang II.7) begannen die problemzentrierten Interviews mit einer Einführung zur Befragung, zum Rahmen der wis- senschaftlichen Arbeit und einem Hinweis auf die Anonymität der Interviews. Daran anschließend folgte eine erzählanregende Frage, die den Verlauf der individuellen Tätigkeit in der Projektgemeinschaft fas- sen soll. Die erzählgenerierende Frage war zusätzlich mit Unterfragen belegt, um allenfalls nachfragen zu können. An die einleitenden Erzählungen schloss eine offene Frage nach den Gründen für den Aus- stieg aus der Projektgemeinschaft an. Im Weiteren galt es, die theoretischen Analysedimensionen, die einzelnen entwickelten Aufwands-Nutzen-Risiken-Komponenten zu thematisieren, und die Interviewten wurden nach Änderungsvorschlägen zur Aktivität der Projektgemeinschaft befragt. An das problemzent-

views wurden anhand eines Kurzfragebogens soziodemographische Daten erhoben. Das Interview endete mit der Frage, ob subjektiv wichtige Thematiken noch nicht angesprochen wurden. So sollte das Inter- view mit einer angenehmen Frage abschließen (Gläser und Laudel, 2008). Nach dem Interviewleitfaden war ein Dokumentationsbogen für weitere Notizen zum Interviewverlauf vorgesehen, um Kontextinfor- mationen, Gedanken zur Interviewsituation und für ad-hoc-Schlussfolgerungen notieren zu können.

7.9.4 Auswahl der InterviewpartnerInnen

Die Auswahl der InterviewpartnerInnen für die problemzentrierten Interviews orientierte sich an einem in Abbildung 13 skizzierten Schema. Es galt, Personen zu interviewen, anhand derer eine weitere Per- spektive auf die Fallstudien und damit zur Beantwortung der Forschungsfragen möglich war. Somit wur- de entsprechend der Kategorien nach Patton (1990) ein „Purposeful sampling“ angewendet, wobei Ele- mente des „extreme or deviant case sampling“ (besondere Phänomene, Misserfolge, AussteigerInnen) und des „criterion sampling“ (alle Fälle die bestimmten Kriterien erfüllen) zum Einsatz kommen.

Mit den Kontaktlisten und durch die Erinnerungsanrufe zur schriftlichen Befragung konnten einige Per- sonen ausfindig gemacht werden, die aufgrund unterschiedlichster Motivationen nicht mehr in den Pro- jektgemeinschaften teilnehmen. Diese AussteigerInnen kamen in die nähere Auswahl zu einer weiterfüh- renden Befragung (siehe Abbildung 13). Wie sich zeigte, war für einige Personen (für frühere beruflich Involvierte) schlicht ein Jobwechsel für die Beendigung ihrer Tätigkeit in der Gruppe ausschlaggebend.

Ein früherer Teilnehmer war aufgrund familiärer Umstände ausgetreten. Da die beiden genannten Grün- de einen Ausstieg ausreichend erklären können und Interviews in diesem Fall nicht die interessierenden Inhalte versprechen, schieden diese Personen aus der näheren Auswahl aus. Wie in den Interviews mit den Projektleitern erhoben, gab es beim Kulturlandschaftsprojekt Böheimkirchen keine AussteigerInnen.

Auch bei der Natura 2000-Steuerungsgruppe Schwemm waren nur zwei beruflich Involvierte aufgrund einer beruflichen Veränderung ausgeschieden. Beim LIFE-Natur Projekt Weidmoos gab es laut dem Bürgermeister – der gleichzeitig die lokale Ansprechperson für das Projekt ist – keine AussteigerInnen bzw. nur solche, die aufgrund eines Jobwechsels ausstiegen. Überdies wurde das LIFE-Natur Projekt bereits im Herbst 2007 abgeschlossen, was einen Zugang zu früheren Teilnehmenden erschwert hätte.

Von zehn möglichen InterviewpartnerInnen stimmten schließlich sieben einem Interview zu.

Abbildung 13: Auswahlverfahren zur Runde der problemzentrierten Interviews

7.9.5 Durchführung der Interviews

Die Interviews wurden nach den Regeln der Interviewführung (Froschauer und Lueger, 2003) geführt.

Besonders wichtig war, das Vertrauen der Interviewten aufzubauen, aufgrund der Tatsache, dass die In- terviewten aus den Projektgemeinschaften ausgestiegen sind und damit ein gewisses Misstrauen, Skeptik, Desinteresse mit einem Interview zur Projektgemeinschaft einhergingen. Dieser heiklen Situation wurde begegnet, indem ich meine Unabhängigkeit von Projektinitiatoren, meine Unvoreingenommenheit und neutralen Standpunkt zur Projekttätigkeit betonte. Vielmehr wurde auf die Besonderheit der subjektiven Sichtweisen der Befragten, auf die Bedeutung ihrer Erfahrungen hingewiesen. Dem „anregend-passiven“

Verhalten der interviewenden Person kam bei den Interviews der früheren Teilnehmenden besondere Bedeutung zu, um Erzählungen zu allfälligen Problemen der Projektgemeinschaftsarbeit zu erforschen und den individuellen Gründen des Ausscheidens auf den Grund zu gehen. Um dem Anspruch einer

Fragebogenaussendung entsprechend der Kontaktlisten:

Kulturlandschaftsprojekt Maria Anzbach

• Kulturlandschaftsprojekt Böheimkirchen

• LIFE-Natur-Projekt Weidmoos

Natura 2000-Steuerungsgruppe Vilsalpsee

Natura 2000-Steuerungsgruppe Schwemm Fragebogen retourniert

Fragebogen vorliegend und

in die Auswertung einbezogen Erinnerungsanruf / Mail

nein

ja

Fragebogen retourniert nein

ja

Erinnerungsanruf / Mail:

Teilnehmender?

nein

Gründe für den Ausstieg?

nein

Bereitschaft zu einem Interview Sonstiges

Berufliche Ver- änderung;

Familiäre Um- stände

Fragebogen nicht vorliegend und

nicht in die Auswertung einbezogen nein

InterviewpartnerInnen; problemzentrierte Interviews;

in die Auswertung einbezogen ja

Diktiergerät vollständig aufgezeichnet und anschließend transkribiert. Die Ergebnisse der problemzent- rierten Interviews finden sich in den fallspezifischen Beschreibungen.

Tabelle 17: Interviews mit ausgeschiedenen Teilnehmenden

Fallstudie Person Ort Datum

Interviewter A Wohnhaus (Terrasse) in Tannheim,

Tirol 9. Juni 2009 (ca. 75 Minuten)

Interviewter B Wohnhaus (Büro) in Tannheim, Tirol 9. Juni 2009 (ca. 45 Minuten) Natura 2000-

Steuerungs- gruppe Vilsalpsee

Interviewter C Wohnhaus in Tannheim, Tirol und Be- gehung des Natura 2000-Gebietes

9. Juni 2009 (ca. 60 Minuten plus ca. 80 Minuten Begehung) Interviewter A Öffentliches Gebäude, Maria Anzbach,

Niederösterreich 17. Juni 2009 (ca. 45 Minuten) Interviewter B Öffentliches Gebäude, Maria Anzbach,

Niederösterreich 17. Juni 2009 (ca. 75 Minuten) Interviewter C Café, Maria Anzbach, Niederösterreich 29. Juni 2009 (ca. 90 Minuten) Kulturland-

schaftsprojekt Maria Anzbach

Interviewter D Wohnhaus (Terrasse) in Maria Anz-

bach, Niederösterreich 29. Juni 2009 (ca. 60 Minuten)

7.9.6 Auswertung der Interviews

Der „Prozess der Fixierung“ besteht aus drei Schritten (Flick, 2007): der Aufzeichnung der Daten, ihrer Transkription und der Konstruktion einer neuen Realität im und durch den erstellten Text. Die Tonträ- geraufzeichnungen wurden mittels des Programms Express Scribe transkribiert. Gemäß Flick (2007) wurde so viel und so genau transkribiert, wie die Fragestellung erforderte. Der nachfolgende Interpretati- onsprozess basiert auf diesen Transkripten und begleitenden Notizen zu Kontextinformationen. Zusätz- lich wurden während des gesamten Forschungsprozesses Notizen (Memos) angefertigt, die in die Analy- se und Schlussfolgerungen einfließen. Diese Dokumentation dient als zusätzliche Erkenntnis und zur Reflexion des Forschungsprozesses (Flick, 2007). Die qualitative Inhaltsanalyse erfolgt in vier groben Phasen: (i) der Transkription, (ii) der Einzelanalyse, (iii) der generalisierenden Analyse und der (iv) Kon- trollphase (Lamnek, 2005).

Die Interpretation der Daten basierte auf Methoden des Kodierens. Unter Kodieren versteht man „die Vorgehensweisen […], durch die die Daten aufgebrochen, konzeptualisiert und auf neue Art zusammen- gesetzt werden. Es ist der zentrale Prozeß, durch den aus den Daten Theorien entwickelt werden“

(Strauss und Corbin, 1990, 39). Das Kodieren besteht demnach aus dem „ständigen Vergleich zwischen Phänomenen, Fällen, Begriffen etc. und die Formulierung von Fragen an den Text“ (Flick, 2007, 388).

Dem empirischen Material werden Kodes zugeordnet, die zuerst möglichst nahe am Text (Kategorien) und später immer abstrakter formuliert sein sollen (Oberkategorien) (Flick, 2007). In Folge basiert die Entwicklung einer Theorie darauf, dass Kategorien als Begriffsnetze und Beziehungen zwischen ihnen zusammengefügt werden. Ferner erläutern Memos auftretende Eindrücke, Assoziationen, Fragen und Ideen (Flick, 2007). Das Kategoriensystem der vorliegenden Arbeit wurde mithilfe des Programms MaxQDA erstellt und stützte sich auf eine Kombination induktiver wie auch deduktiver Kategorienbil- dung (halboffenes Kodieren). Das Kategoriensystem basierte somit auf dem Leitfaden der problemzent- rierten Interviews und wurde sukzessive durch das Material ergänzt.