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2.5 C HANCEN UND H ERAUSFORDERUNGEN PARTIZIPATIVER L ANDSCHAFTSSTEUERUNG

2.5.2 Herausforderungen

Tabelle 7: Effektivitäts- und Legitimitätskomponenten partizipativer Entscheidungsprozesse

Umweltziele erreichen (Implementations-Effektivität)

• Lokales Wissen integrieren Qualität der

Entscheidung • Wissen über Meinungen und Akzeptanz seitens der Öffentlichkeit gewin- nen

• Umweltbewusstsein erhöhen; Bildung und Information

• Akzeptanz und Identifikation mit der Entscheidung

• Vertrauen zwischen zivilgesellschaftlichen AkteurInnen und gegenüber der Verwaltung aufbauen

Effektivität

Qualität der Umsetzung

• Konfliktpotential durch Interessensausgleich verringern

• Transparente Entscheidungsfindung und Kontrolle der staatlichen EntscheidungsträgerInnen

• Eigeninteressen auf Seite der zivilgesellschaftlichen AkteurInnen wahrnehmen Legitimität

• Demokratische Willensbildung Quelle: Newig (2005)

Weiters kann die Einbeziehung lokalen Wissens zu einer effektiveren lokalen Steuerung führen und Transaktionskosten senken (Ostrom, 1990, Hanna, 1995, Carlsson und Berkes, 2005, Feindt und Newig, 2005). Nach Hanna (1995) kann Partizipation positiv zur Kosten-Effektivität der Managementprozesse beitragen, indem sie Informationskosten (Involvierung lokalen Wissens), Monitoringkosten (Compliance aufgrund der Legitimität) und Durchsetzungskosten (kontext-adäquate Lösungen) zu senken vermag.

Auch wenn in der Initialphase eines Co-Managements die Transaktionskosten steigen, so können doch gut angepasste Systeme helfen, Transaktionskosten in späteren Phasen zu senken (Carlsson und Berkes, 2005, 72). Gemäß Hanna (1995) treten in den ersten beiden Phasen der Entwicklung einer Regelung – der Beschreibung des Kontexts und des Programmdesigns – höhere Transaktionskosten in Bottom-up- Ansätzen verglichen mit Top-down Ansätzen auf. Sobald die Implementationsphase erreicht ist, verlagert sich aber diese Balance der Transaktionskosten. Denn eine kostenminimale Ressourcenbeschreibung und eine Regelung entsprechend eines Top-down Ansatzes führen zu höheren Kosten in der Umsetzungspha- se, aufgrund inadäquater Berechnungen der Ressourcenstruktur und der erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Diskrepanz zwischen regulierenden Instrumenten und Ressourcentransaktionen. Ein unzureichen- des Programmdesign und eine ungünstige Programmumsetzung können zusätzliche Kosten hinzufügen, aufgrund einer Nichteinhaltung der Vereinbarungen, hohen Monitoringkosten und hohen Durchset- zungskosten. Im Gegensatz dazu erhöht eine aktive Beteiligung der NutzerInnen in Form eines partizipa- tiven Prozesses die Wahrscheinlichkeit einer problemloseren Implementation (Hanna, 1995, 64f). Andere Autoren wiederum orten höhere Transaktionskosten (Eggers et al., 2007, Hodge, 2007), womit dieses Argument einige Kontroversen beinhalten dürfte. Damit zeigen sich auch diverse Herausforderungen des Co-Managements.

Smith (2008) nimmt in ihrem Beitrag eine kritische Perspektive zu Bottom-up-Ansätzen ein und fasst die Limitationen, die dieser Ansatz mit sich bringt, in vier grundlegenden Kritikpunkten zusammen: Alibipo- litik (Tokenism), Mythos der Gemeinden als kohärente und geschlossene Trägerinnen, Mangel an Res- sourcen und kritischer Mangel an Wissen über den Prozess und dessen Ermöglichung (Smith, 2008). Die Begriffe „Alibipolitik“ oder „Scheinheiligkeit“ beschreiben den Kontrast zwischen offizieller Rhetorik und Umsetzungsrealität. Oftmals dienen lokale AkteurInnen lediglich als Informationsquellen, während sie jedoch aus der tatsächlichen Entscheidungsfindung ausgegrenzt sind. Eine Rolle spielen hier die Machtverteilung und die Bereitschaft zur Machtabgabe von Seite offizieller Behörden (Zachrisson, 2004, Smith, 2008, Ishihara und Pascual, 2009). Besonders die Zeit, die Stakeholder oder lokale AkteurInnen für partizipative Prozesse investieren, ist von großer Bedeutung. Wie in mehreren Studien aufgezeigt, ist Partizipation auch für die involvierten Stakeholder zeitaufwendig und kostenintensiv. Oftmals wird die Zeit der Teilnehmenden genutzt, obwohl die Aktivitäten und Pläne bereits entschieden sind. Desillusio- nierung und Unzufriedenheit können die Folge sein.

Der „Mythos der Gemeinden“ (Smith, 2008, 360ff) thematisiert die Problematik, Gemeinden als ge- schlossene, harmonische und homogene Einheiten mit einheitlichen Interessen und Zielen anzusehen, anstatt als komplexe Organisationen mit Personen unterschiedlichster Interessen und Machtverteilungen.

Die Diversität im Hinblick auf Interessen, Ansprüche und Machtpositionen ist bei der Analyse partizipa- tiver Prozesse stets im Blickpunkt zu behalten, da diese Diversität und Komplexität wesentlichen Ein- fluss auf die Entscheidungsfindung haben wird (Zachrisson, 2004, Carlsson und Berkes, 2005, Berkes, 2009, Ishihara und Pascual, 2009). Ferner können die Meinungen der involvierten Stakeholder unrepre- sentativ sein. Einzelne Interessen und Gruppierungen können Macht über andere ausüben (Hodge, 2007, Ishihara und Pascual, 2009). Auch die Anreize für eine Beteiligung sind uneinheitlich. Jene Personen, bei denen viel am Spiel steht, werden geneigt sein zu partizipieren, jene bei denen hingegen nicht viel am Spiel steht, werden nicht teilnehmen (Hodge, 2007).

Der dritte Kritikpunkt umfasst die begrenzten materiellen und finanziellen Kapazitäten zur Ermöglichung partizipativer Prozesse. Daran anknüpfend sind die wahrgenommenen Nutzen der Partizipation im Ver- gleich zu den Interessen der Beteiligten12 ausschlaggebend (Diduck und Sinclair, 2002, Cheng und Mat- tor, 2006). Im Kontext der Entscheidungsfindung in der Umwelt- und Kulturlandschaftsentwicklung partizipieren Stakeholder oft nicht, weil die wahrgenommenen Kosten den erwarteten Nutzen übertref- fen, insbesondere wenn Zeit die größte Kostenvariable darstellt (Cheng und Mattor, 2006). Sowohl der Nutzen als auch der Aufwand sind im Zusammenhang mit der Lebenssituation, dem Zeitbudget und dem Aufwand für andere Aufgaben (wie Familie, Arbeitsbelastung) zu sehen (Selle, 1996).

Der vierte Kritikpunkt ist der kritische Mangel an Wissen über den Prozess und dessen Vorantreibung (Zachrisson, 2004, Smith, 2008). Für partizipative Prozesse sind Personen notwendig, die über entspre- chende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen. Fehlt dieses Wissen, wirkt sich das negativ auf den Pro- zess aus. Dokumente wie die EU-Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie oder die EU-Wasserrahmenrichtlinie betonen zwar den Bedarf an Co-Management, geben aber keine Hinweise über die praktische Implemen- tation. Nach Stenseke (2009) sind Mittel und Wege der Umsetzung partizipativer Ansätze nur grob um- rissen.

12 Beteiligte sind jene Personen, die an einem partizipativen Prozess als Privatperson oder als VertreterIn von Interessensgrup- pen teilnehmen (Arbter et al., 2005). Ein Beteiligungsprozess oder partizipativer Prozess ist als Abfolge von aufeinander auf-

Auch Diduck und Sinclair (2002) geben einen guten Überblick zu Hindernissen der Partizipation und unterscheiden in individuelle und strukturelle Hindernisse. Strukturelle Hindernisse umfassen die Kom- plexität des Alltags, Prozessmängel (mangelnde Unterstützung, bereits vorab getroffene Entscheidun- gen), dominante Diskussionen und den Mangel an organisatorischen Kapazitäten. Zu den individuellen Barrieren zählen folgende Faktoren: eigene Belange wurden bereits adäquat angesprochen, Mangel an persönlicher Betroffenheit, mangelndes Verständnis und Problembewusstsein, Mangel an Fähigkeiten sowie spezifische Charakterzüge.

Partizipativen Entscheidungsprozessen stellen sich somit diverse Herausforderungen (Eggers, 2006, Hodge, 2007):

• höhere Transaktionskosten (zumindest in der Initial- und Implementationsphase);

• fehlende Anreize für die Beteiligung relevanter Personen;

• institutionelles Ungleichgewicht hinsichtlich der Interessensvertretung und Involvierung relevan- ter AkteurInnen;

• Risiko einer institutionellen Vereinnahmung;

• erforderliche Transparenz und Verantwortlichkeiten;

• Pfadabhängigkeiten.

Zusätzlich verlagert eine partizipative Entscheidungsfindung (Co-Management) Aufgaben und Kosten von staatlichen Behörden auf lokale AkteurInnen. Während staatliche AkteurInnen etwa beim Monito- ring einsparen können, widmen lokale AkteurInnen ihre Zeit für Informationssammlung und Entschei- dungsfindung (Birner und Wittmer, 2000). Ein Teil der Transaktionskosten in Punkto Planung und Ent- scheidungsfindung wird von der öffentlichen Hand auf Privatpersonen abgeschoben. Diese Verlagerung der Transaktionskosten ist der Grund, warum Co-Management nur erfolgreich sein kann, wenn ein greif- barer Nutzen für lokale AkteurInnen erzielt werden kann (Birner und Wittmer, 2000). Aus diesen Er- kenntnissen und Kritikpunkten abgeleitet ist festzuhalten, dass eine kritische Analyse partizipativer Pro- zesse notwendig ist. Neben den vielen Vorzügen, die partizipative Entscheidungsprozesse versprechen, sind diese Schwierigkeiten im Blick zu behalten, um im besten Fall diese zu bewältigen und neue Lö- sungswege aufzuzeigen. Auch in fallübergreifenden Vergleichen soll das Potential für ein Lernen aus den Erfahrungen der Praxis und für Verbesserungen genutzt werden.

Resümierend ist festzuhalten, dass sich bereits viele Studien mit den Chancen und Herausforderungen auseinandersetzten und Einblicke in die Partizipationspraxis boten. Demnach ließen sich für die vorlie- gende Arbeit literaturbasierte Analysedimensionen – im Hinblick auf Nutzen und Risiken einer Beteili- gung – ableiten. Der Fokus der Arbeit liegt auf den Unsicherheiten bezüglich der Transaktionskosten und deren Relationen zu individuellen Nutzen und wahrgenommenen Risiken.

3 Analytischer Rahmen

Der analytische Rahmen dieser Arbeit stützt sich auf drei Dimensionen: Transaktionskosten, Nutzen und Risiken. Während die erste Dimension auf einer überschaubaren aber anwachsenden empirischen Trans- aktionskosten-Literatur basiert, handelt es sich bei den letzteren beiden Dimensionen um eine Zusam- menfassung unterschiedlicher Quellen aus Partizipationsforschung, Co-Management- und Mehr-Ebenen- Governance-Literatur. Basierend auf der Literatur wird ein analytischer Rahmen definiert, der in Fallstu- dien Anwendung findet. Wie in McCann et al. (2005) dargestellt, sind Fallstudien oder Interviews meist die einzige Option, um implizite Kosten – Opportunitätskosten – zu schätzen. Auch die Fallstudien der vorliegenden Arbeit gehen von Befragungen, im Detail von problemzentrierten Interviews und Fragebö- gen zu individuellen Zeitaufwand und Kosten, Nutzen und Risiken der Beteiligung in Landschafts-Co- Management-Prozessen aus. Der analytische Rahmen wurde neben den Literaturquellen mit Hilfe der Ergebnisse der explorativen Interviews erstellt (siehe Kapitel 6).

Im Fragebogen wurden mehrere geschlossene Fragen zu Nutzen und Risiken verwendet, da bereits be- deutendes Wissen anderer empirischer Erhebungen integriert werden konnte. Die dritte Dimension ba- siert auf der Transaktionskostenökonomik, die des Öfteren zur Analyse der Organisation von Transaktio- nen im ökonomischen Sektor Anwendung fand. Die Anwendungen in Agrar-Umwelt-Fragen sind aber rar (Amblard et al., 2008). Bestehende Literatur zu Transaktionskostenökonomik bietet zwar gute kon- zeptionelle Einblicke (Adhikari und Lovett, 2006), aber dieses Konzept wurde noch nicht für partizipati- ve Prozesse in Fragen der Kulturlandschaftsentwicklung angewendet. Weniger die einzelnen Komponen- ten, sondern die Integration mehrerer Faktoren, die in anderen Studien als relevant ausgewiesen wurden, zeichnen den hier verwendeten analytischen Rahmen aus.